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16/01 Medien, PresseförderungNorm
B-VG Art139 Abs1 Z1Leitsatz
Gesetzwidrigkeit einer Verordnungsbestimmung eines Steiermärkischen Bezirkshauptmannschaft betreffend das Anschlagen und Aushängen von Druckwerken an öffentlichen Orten mangels Angabe der für das "freie" Anschlagen zur Verfügung stehenden Flächen; Verstoß der weitreichenden Einschränkung der Plakatierfreiheit ohne Durchführung einer nachvollziehbaren Interessenabwägung gegen die MeinungsäußerungsfreiheitRechtssatz
Aufhebung des §1 Abs1 und Abs2 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg (BH) vom 17.04.1999 betreffend das Anschlagen und Aushängen von Druckwerken an öffentlichen Orten, ZS.268/1999 (Antrag des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark - LVwG).
Der VfGH bezweifelt nicht, dass die durch die angefochtene Verordnung erfolgte Beschränkung der Plakatierfreiheit dem Schutz eines legitimen Zieles dient: Nach seiner stRsp sind Interessen des Ortsbild-, Natur- und Umweltschutzes taugliche öffentliche Interessen, die Einschränkungen der Meinungsäußerungsfreiheit im Sinne des Art10 Abs2 EMRK rechtfertigen können.
Die angefochtenen Regelungen der Verordnung führen nach dem im Verfahren vor dem VfGH nicht widerlegten Vorbringen des LVwG - wonach den Verordnungsakten nicht zu entnehmen sei, wie viele Flächen für das "freie" Anschlagen von Druckwerken zur Verfügung stünden - zu einem weitreichenden Plakatierungsverbot. Zwar existieren laut dem im Verfahren vor dem LVwG übermittelten Schreiben der Gemeinde Wies sechs Standorte für die Aufstellung von Plakatständern; nähere Angaben dazu und eine Darlegung der der Verordnungserlassung vorangegangenen Abwägungen zu den tatsächlich zur Verfügung stehenden Flächen durch die verordnungserlassende Behörde erfolgten aber im Verfahren vor dem VfGH nicht.
Damit überschreiten die in Prüfung gezogenen Bestimmungen der Verordnung die gesetzliche Grundlage des §48 MedienG, denn eine derart weitreichende Einschränkung der grundrechtlich gewährleisteten Plakatierfreiheit ist ohne nachvollziehbare Abwägung einerseits des Interesses des Einzelnen auf freie Äußerung und andererseits der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sowie der Verfolgung umweltschutzrechtlicher und abfallwirtschaftlicher Ziele - die den Verordnungsunterlagen zum Teil zu entnehmen sind - nicht adäquat und sohin unverhältnismäßig.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Medienrecht, Auslegung verfassungskonforme, Meinungsäußerungsfreiheit, Plakatierungsverordnung, Verordnungserlassung, Verbreitungsbeschränkung, Ortsbildschutz, Naturschutz, Umweltschutz, VfGH / Gerichtsantrag, WerbungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:V183.2021Zuletzt aktualisiert am
14.10.2022