TE Vwgh Erkenntnis 2022/9/8 Ra 2022/15/0069

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Veröffentlicht am 08.09.2022
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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des Finanzamts Österreich, Dienststelle Gmunden-Vöcklabruck, in 4810 Gmunden, Tagwerkerstraße 2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 26. April 2022, Zl. RS/5100002/2022, betreffend Körperschaftsteuer 2010 (mitbeteiligte Partei: H GmbH in H, vertreten durch die TPA Steuerberatung GmbH in 1100 Wien, Wiedner Gürtel 13, Turm 24), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1        Mit dem am 14. Juni 2011 ergangenen Körperschaftsteuerbescheid 2010 wurde - nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) - die Körperschaftsteuer der mitbeteiligten GmbH festgesetzt und dabei eine steuerliche Tangente der HH GmbH & atypisch Still in Höhe von Null berücksichtigt, woraus sich Einkünfte aus Gewerbebetrieb und ein Einkommen der mitbeteiligten GmbH für das Jahr 2010 in Höhe von Null ergaben.

2        Auf Grund des am 7. Juli 2011 nachfolgend ergangenen Feststellungsbescheides der HH GmbH & atypisch Still entfiel auf die mitbeteiligte GmbH jedoch eine negative Tangente in Höhe von - 548.025,81 €. Eine Folgeänderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO hinsichtlich des Körperschaftsteuerbescheids 2010 der mitbeteiligten GmbH erging jedoch nicht.

3        Mit Eingabe vom 2. Juli 2019 erhob die mitbeteiligte GmbH schließlich Säumnisbeschwerde gemäß § 284 Abs. 1 BAO betreffend den Körperschaftsteuerbescheid 2010 an das BFG.

4        Das BFG wies diese Säumnisbeschwerde zunächst wegen eingetretener Festsetzungsverjährung ab, wogegen die mitbeteiligte GmbH Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhob, der das angefochtene Erkenntnis daraufhin mit hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2021, Ra 2020/15/0037, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behob.

5        Mit dem nunmehr angefochtenen (im zweiten Rechtsgang ergangenen) Erkenntnis gab das BFG der Säumnisbeschwerde Folge und änderte den Körperschaftsteuerbescheid 2010 gemäß § 295 Abs. 1 BAO ab, wobei es den Gesamtbetrag der Einkünfte mit - 548.025,81 €, das Einkommen mit (unverändert) null und die Körperschaftsteuer unverändert mit der Mindestkörperschaftsteuer von 1.750 € festsetzte. Begründend verwies das BFG zunächst auf die vom Verwaltungsgerichtshof seinem Erkenntnis Ra 2020/15/0037 zu Grunde gelegte Sachverhaltsfeststellung des BFG (wie oben Rz 1 f) und führte dazu aus, der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis das Vorliegen der Voraussetzungen des § 209a Abs. 2 BAO iVm § 209a Abs. 4 BAO als gegeben angenommen und das von der mitbeteiligten GmbH angefochtene Erkenntnis aufgehoben. Er gehe eindeutig davon aus, dass das Tatbestandsmerkmal „wenn die nach Eintritt der Verjährung vorzunehmende Abgabefestsetzung zu einer Gutschrift führen würde“ gegeben sei. Auch wenn sich die Höhe der Körperschaftsteuer 2010 nicht ändere (insofern keine Gutschrift vorliege), gehe der Verwaltungsgerichtshof offensichtlich davon aus, dass für das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals Gutschrift iSd § 209a Abs. 4 BAO das Vorliegen eines vortragsfähigen Verlustes bei der mitbeteiligten GmbH ausreiche. Der Säumnisbeschwerde sei daher Folge zu geben.

6        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision, zu deren Zulässigkeit das Finanzamt insbesondere ausführt, im Revisionsfall stelle sich die grundsätzliche Rechtsfrage, ob auch ein im Erstbescheid nicht erfasster Verlust, der sich potenziell in Zukunft steuermindernd als Verlustvortrag auswirken könnte, als „Gutschrift“ im Sinn des § 209a Abs. 4 BAO anzusehen sei. Im vorausgegangenen Verfahren habe der Verwaltungsgerichtshof nur über die in der Revision der Mitbeteiligten vorgebrachte Frage zu § 209a Abs. 2 BAO dahingehend entschieden, dass eine Verletzung der Entscheidungspflicht über Abgabenerklärungen auch dann vorliege, wenn die mit dem Feststellungsverfahren gleichsam verbundene Pflicht zur amtswegigen Anpassung der abgeleiteten Abgabenfestsetzungen über § 295 BAO gegenüber der Mitbeteiligten nicht wahrgenommen worden sei. Zum Begriff der „Gutschrift“ in § 209a Abs. 4 BAO und ihrem Verständnis (Auslegungsfrage) habe der Verwaltungsgerichtshof im Aufhebungserkenntnis vom 15.12.2021, Ra 2020/15/0037, keine Rechtsansicht dargelegt, zumal dies auch nicht Gegenstand der seinerzeitigen Revision gewesen sei.

7        Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

8        Die Amtsrevision ist zur Klarstellung der von ihr angesprochenen Rechtsfrage zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

9        Hängt eine Abgabenfestsetzung (hier: die Festsetzung der Körperschaftsteuer 2010 der mitbeteiligten GmbH) mittelbar von der Erledigung eines in Abgabenvorschriften vorgesehenen Antrages (hier: der Feststellungserklärung iSd § 188 BAO der HH GmbH & atypisch Still) ab, so steht der Abgabenfestsetzung gemäß § 209a Abs. 2 iVm 4 BAO der Eintritt der Verjährung nicht entgegen, wenn der Antrag (also im Revisionsfall: die Feststellungserklärung der HH GmbH & atypisch Still) vor diesem Zeitpunkt eingebracht wird und die Abgabenfestsetzung zu einer Gutschrift führen würde, also zu Gunsten der betroffenen Abgabenpflichtigen wirkt.

10       Eine Feststellungserklärung iSd § 188 BAO bewirkt sohin für alle Beteiligten, denen (insbesondere negative) Einkünfte aus der Personenvereinigung zuzurechnen sind, dass ihnen im Einkommensteuerverfahren bzw. Körperschaftsteuerverfahren nicht die Bemessungsverjährung entgegengehalten werden kann, wenn es um eine zu ihren Gunsten vorzunehmende Anpassung gemäß § 295 Abs. 1 BAO an den wirksam erlassenen Feststellungsbescheid nach § 188 BAO geht.

11       Wie das BFG richtig dargestellt hat, ist der Verwaltungsgerichthof im hg. Vorerkenntnis Ra 2020/15/0037 von dem vom BFG festgestellten Sachverhalt, wie er in Rz 1 und 2 dieses und des Vorerkenntnisses beschrieben wurde, ausgegangen. Daraus ergab sich bereits eindeutig, dass der ursprüngliche Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2010 der mitbeteiligten GmbH ein Einkommen in Höhe von Null aufwies und die streitgegenständliche Folgeänderung auf Grund des nachfolgend ergangenen Feststellungsbescheides lediglich eine negative Verlusttangente (und nicht den Ausweis der festzusetzenden Steuer) betraf.

12       Dem VwGH hat es daher für das Tatbestandsmerkmal „Gutschrift“ iSd § 209a Abs. 4 BAO ausgereicht, dass durch die Änderung des Körperschaftsteuerbescheids der mitbeteiligte GmbH ein Verlust ausgewiesen wird, der sich potentiell in Zukunft steuermindernd auswirkt (vgl. auch RdW 3/2022, 220).

13       Dies erweist sich als sachgerecht, weil über die Höhe des vorzutragenden Verlustes stets für das Jahr abgesprochen wird, in welchem der Verlust entstanden ist, wobei der Bescheid dieses Jahres diesbezüglich, nämlich die Höhe des Verlustes, bindende Tatbestandswirkung auch für die Folgejahre hat (vgl. VwGH 29.1.2015, 2013/15/0166). Aus dem korrigierten Verlustausweis für das Jahr 2010 folgen daher potentielle Gutschriften iSd § 209a Abs. 4 BAO in den Folgejahren.

14       Da somit der Inhalt der Revision bereits erkennen lässt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Revision - in einem gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 gebildeten Senat - gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 8. September 2022

Schlagworte

Auswertung in Arbeit!

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022150069.L00

Im RIS seit

14.10.2022

Zuletzt aktualisiert am

14.10.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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