Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte
Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Rutter, über die Beschwerde der D in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 29. Jänner 1996, Zl. SD 1464/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 29. Jänner 1996 wurde die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführerin seien in der Zeit von März 1991 bis Ende Mai 1994 aufgrund von Verpflichtungserklärungen mehrere Sichtvermerke bzw. eine Aufenthaltsbewilligung erteilt worden.
Ein am 15. April 1994 gestellter Verlängerungsantrag sei vom "Amt der Wiener Landesregierung" mit Bescheid vom 30. Juni 1994 abgewiesen worden. Die Beschwerdeführerin sei - selbst bei Anwendung der Novelle zum Aufenthaltsgesetz
BGBl. Nr. 351/1995 - seit Erlassung dieses Bescheides nicht mehr zum Aufenthalt berechtigt. Seit Erlassung des Berufungsbescheides des Bundesministers vom 16. März 1995 stehe auch § 17 Abs. 4 FrG der Ausweisung nicht mehr entgegen. Die Beschwerdeführerin befinde sich daher seit mehr als einem Jahr nicht rechtmäßig in Österreich. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes den (rechtskräftigen) Bescheid bzw. das zugrunde liegende Gesetz prüften. Die Beschwerdeführerin sei wegen des unerlaubten Aufenthaltes nach dem Fremdengesetz bestraft worden.
Im Hinblick darauf, daß sich der Ehegatte der Beschwerdeführerin, gegen den allerdings auch ein "Aufenthaltsverfahren" anhängig sei, sowie ein Bruder und dessen Gattin in Österreich aufhielten, liege ein relevanter Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin i.S. des § 19 FrG vor. Im Vergleich dazu sei aber durch den mehr als einjährigen illegalen Aufenthalt der Beschwerdeführerin und die Tatsache, daß sie trotz Bestrafung nicht freiwillig ausreise, die öffentliche Ordnung (d.h. ein geordnetes Fremdenwesen), also eines der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele, höchst gefährdet und die Erlassung einer Ausweisung dringend geboten.
Einem geordneten Fremdenwesen komme ein hoher Stellenwert zu. Auch eine (allfällige) Aufhebung gesetzlicher Bestimmungen und des Bescheides "betreffend die Aufenthaltsbewilligung" würde der Beschwerdeführerin nicht ipso iure eine Aufenthaltsbewilligung verschaffen. Eine weitere Tolerierung des illegalen Aufenthaltes trotz Versagung der Aufenthaltsbewilligung und Bestrafung erscheine nicht vertretbar.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesem Grund aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleibt die Ansicht der belangten Behörde, daß sich die Beschwerdeführerin jedenfalls seit Erlassung des ihren Antrag auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung abweisenden Bescheides des Landeshauptmannes von Wien vom 30. Juni 1994 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte (§ 6 Abs. 3 AufG idF BGBl. Nr. 351/1995), unbekämpft. Diese Beurteilung stößt auf dem Boden der unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen auf keine Bedenken.
2.1. Ungeachtet der somit zu bejahenden Verwirklichung des Tatbestandes des § 17 Abs. 1 FrG - vorbehaltlich der Prüfung nach § 19 leg. cit. - hält die Beschwerde die verfügte Ausweisung aus drei Gründen für unrechtmäßig. Keiner der ins Treffen geführten Einwände ist zielführend.
2.2.1. Entgegen der Beschwerdemeinung wurde "§ 17 des Fremdengesetzes" durch "Urteil des Verfassungsgerichtshofes" nicht "außer Kraft gesetzt". Vielmehr hat der Verfassungsgerichtshof mit seinem - in der Beschwerde offensichtlich angesprochenen - Erkenntnis vom 1. Dezember 1995, G 1306/95, § 17 Abs. 3 und den zweiten Satz des § 27 Abs. 3 FrG als verfassungswidrig aufgehoben, wobei die Aufhebung mit Ablauf des 30. Juni 1996 in Kraft tritt (vgl. die Kundmachung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 43/1996). Die Aufhebung dieser Normen ist aber für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit/Rechtswidrigkeit der vorliegend bekämpften Entscheidung ohne Relevanz, da sie sich ausschließlich auf § 17 Abs. 1 (iVm § 19) FrG stützt.
2.2.2. Ein Abwarten des Ausganges des vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahrens betreffend die Versagung einer Aufenthaltsbewilligung war für die belangte Behörde nicht geboten. § 17 Abs. 4 FrG idF BGBl. Nr. 110/1994 sieht lediglich vor, daß bei rechtzeitiger Stellung eines Antrages auf Verlängerung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (§ 6 Abs. 3) über die Ausweisung erst "nach Erledigung dieses Antrages" zu entscheiden ist. Dieser Anordnung hat die belangte Behörde - unter Zugrundelegung der unbestritten gebliebenen einschlägigen Tatsachenfeststellungen im bekämpften Bescheid - entsprochen. Daß die Beschwerdeführerin eine Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde gegen den ihren Antrag abweisenden Ministerialbescheid erhob, vermochte an dessen Rechtskraft nichts zu ändern. Im übrigen wurde der Beschwerde, wie sich aus dem betreffenden Beschwerdeakt (Zl. 96/21/0118) ergibt, aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.
2.2.3. Was schließlich die Ansicht der Beschwerdeführerin anlangt, es lägen in ihrem Fall keineswegs "so schwerwiegende Gründe wie Kriminaltourismus oder ähnliches" vor, daß eine Ausweisung notwendig wäre, so teilt der Gerichtshof die von der belangten Behörde vertretene Rechtsauffassung, daß die besagte Maßnahme dringend geboten und daher nach § 19 FrG zulässig sei, aus den dafür im bekämpften Bescheid angeführten Gründen (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa die Erkenntnisse vom 23. November 1995, Zl. 95/18/1353, und vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/18/1355).
3. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996180130.X00Im RIS seit
02.05.2001