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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AuslBG §28a idF 1995/895;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, in der Beschwerdesache der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Tirol gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 22. August 1995, Zl. 11/98-3/1995, betreffend Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (mitbeteiligte Partei: P in K; weitere Partei: Bundesminister für Arbeit und Soziales), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 22. August 1995 wurde der Berufung der mitbeteiligten Partei gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck vom 30. März 1995 gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 Abs. 1 und 51e Abs. 1 VStG Folge gegeben, das genannte erstinstanzliche Straferkenntnis behoben und das wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes geführte Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende "Bescheidbeschwerde". Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem von ihr angenommenen Recht, daß "der Beschuldigte gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG bestraft werde", verletzt.
Soweit die beschwerdeführende Partei ihre Beschwerde auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG stützt, kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob und bejahendenfalls in welchem Umfang ihr wegen ihrer Organparteistellung im Verwaltungsstrafverfahren eine derartige Beschwerdebefugnis zukommt. Das von ihr geltend gemachte Recht auf Bestrafung der mitbeteiligten Partei steht ihr jedenfalls nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht zu. Ihre Beschwerde wäre daher, soweit sie sich auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG beruft, schon deshalb zurückzuweisen, weil sie kein subjektives Recht auf Bestrafung des Beschuldigten (mitbeteiligte Partei) hat.
Soweit die Beschwerde als Amtsbeschwerde nach § 28a AuslBG i. V.m Art. 131 Abs. 2 B-VG zur Wahrung der objektiven Rechtmäßigkeit zu werten ist, ist folgendes zu bemerken:
Nach der durch das Arbeitsmarktservice-Begleitgesetz (AMS-BegleitG; BGBl. Nr. 314/1994) ab 1. Juli 1994 neu geschaffenen Rechtslage stand die Befugnis zur Erhebung einer Amtsbeschwerde in einem Verwaltungsstrafverfahren nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (Art. 131 Abs. 2 B-VG i.V.m. § 28a AuslBG in der Fassung BGBl. Nr. 314/1994) gegen Entscheidungen des unabhängigen Verwaltungssenates dem Bundesminister für Arbeit und Soziales zu. Hingegen war die beschwerdeführende Partei (Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Tirol) zufolge § 34 Abs. 13 AuslBG (in der Fassung BGBl. Nr. 314/1994) lediglich zur zeitlich begrenzten Wahrung der dem Bundesminister für Arbeit und Soziales zukommenden Beschwerdebefugnis ermächtigt (vgl. insoweit den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. März 1996, Zl. 95/09/0144, auf dessen ausführliche Begründung gemäß § 43 Abs. 2 und 8 VwGG verwiesen wird).
Während des (seit 27. Dezember 1995) beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahrens änderte sich diese Rechtslage durch das am 29. Dezember 1995 im Bundesgesetz kundgemachte Antimißbrauchsgesetz (BGBl. Nr. 895/1995). Die durch das genannte Antimißbrauchsgesetz im Beschwerdefall in Betracht zu ziehenden maßgeblichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes lauten nunmehr wie folgt:
"Beteiligung am Verwaltungsstrafverfahren und Bestellung von verantwortlichen Beauftragten
§ 28a (1) Das Arbeitsinspektorat hat in Verwaltungsstrafverfahren nach § 28 Abs. 1 Z. 1, nach § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. c bis f dann, wenn die Übertretung die Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes durch das Arbeitsinspektorat betrifft, Parteistellung und ist berechtigt, Berufung gegen Bescheid sowie Einspruch gegen Strafverfügungen zu erheben.
...
§ 30a. Das Arbeitsinspektorat kann die Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen wiederholter unerlaubter Beschäftigung von Ausländern beantragen. Das Arbeitsinspektorat hat im Verfahren Parteistellung und ist berechtigt, Berufung gegen Bescheide zu erheben. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist berechtigt, gegen Bescheide, die in letzter Instanz ergangen sind, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
§ 34 (15) § 1 Abs. 2 lit. e und 1, § 14a Abs. 2 und 3, § 27 Abs. 2 und 5, § 27a, § 28 Abs. 1 Z. 1 letzter Halbsatz, § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. d und f, § 28 Abs. 1 Z. 2 letzter Halbsatz, § 28 Abs. 5 bis 7, § 28a und § 28b sowie § 30a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 895/1995 treten mit 1. Jänner 1996 in Kraft."
Ausgehend von dieser neu geschaffenen Normenlage ergibt sich, daß dem Bundesminister für Arbeit und Soziales - anders als nach der früher in Geltung gestandenen Bestimmung des § 28a AuslBG in der Fassung BGBl. Nr. 314/1994 oder nach der nunmehr geschaffenen Bestimmung des § 30a AuslBG in Ansehung eines Verfahrens über die Entziehung der Gewerbeberechtigung - in einen Verwaltungsstrafverfahren nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit 1. Jänner 1996 keine Berechtigung zur Erhebung einer sogenannten objektiven Verwaltungsgerichtshofbeschwerde (nach Art. 131 Abs. 2 B-VG) mehr zusteht. Übergangsbestimmungen hinsichtlich anhängiger bzw. vor dem 1. Jänner 1996 erhobener Beschwerden wurden nicht erlassen.
Die ab 1. Jänner 1996 weggefallene Berechtigung des Bundesministers für Arbeit und Soziales zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde im dargelegten Sinne bewirkt, daß der beschwerdeführenden Partei (Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice) diese Befugnis gleichfalls nicht mehr zusteht, weil die Beschwerdelegitimation der beschwerdeführenden Partei eine vom genannten Bundesminister abgeleitete bzw. von diesem zeitlich begrenzt übertragene ist und demnach keine vom Bundesminister für Arbeit und Soziales abweichende Rechtsstellung sein kann. Die dem Bundesminister für Arbeit und Soziales gemäß § 34 Abs. 13 AuslBG eingeräumte Verordnungsermächtigung - von der der genannte Bundesminister durch Erlassung der Verordnung vom 20. Dezember 1994 (BGBl. Nr. 994/1994) Gebrauch machte - regelte die Aufgabenübertragung bzw. den Zeitpunkt und die näheren Umstände dieser Übertragung im Verhältnis zwischen dem Bundesminister für Arbeit und Soziales und den Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice. Die genannte Verordnung kann daher nicht als eine Rechtsgrundlage im Sinne des Art. 131 Abs. 2 B-VG angesehen werden, mit der - losgelöst von der dem Bundesminister für Arbeit und Soziales zukommenden Berechtigung - der beschwerdeführenden Partei (Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice) eine Beschwerdelegitimation eingeräumt wurde bzw. in verfassungsrechtlich zulässigerweise hätte eingeräumt werden dürfen.
Für das gegenständliche Beschwerdeverfahren folgt daraus, daß die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes wohl im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde noch gegeben waren (weshalb - soweit die Beschwerde als Amtsbeschwerde zu werten ist - kein Zurückweisungsgrund vorliegt), jedoch nachträglich - mit dem Inkrafttreten der genannten Bestimmungen des Antimißbrauchsgesetzes am 1. Jänner 1996 - weggefallen sind (ohne daß Klaglosstellung erfolgt wäre).
Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist in einem solchen Fall das Rechtsinstitut der Gegenstandslosigkeit anzuwenden und das Verfahren über die Beschwerde in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen (vgl. beispielsweise neben vielen anderen die hg. Beschlüsse vom 25. Februar 1993, Zl. 92/18/0481, vom 5. Mai 1994, Zl. 93/06/0055, und vom heutigen Tag, Zl. 95/09/0286).
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995090347.X00Im RIS seit
18.05.2001