TE Vwgh Beschluss 1996/4/11 95/09/0286

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Veröffentlicht am 11.04.1996
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28a idF 1995/895;
AuslBG §30a idF 1995/895;
B-VG Art131 Abs2;
VwGG §33 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, in der Beschwerdesache des Bundesministers für Arbeit und Soziales in Wien I, Stubenring 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 21. Juli 1995, Zlen. 2/26-4/1995 und 18/83-1/1995, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (mitbeteiligte Partei: O in I), den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr im Umfang seines Spruchpunktes II angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 21. Juli 1995 wurde - soweit für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung - der Berufung des Arbeitsinspektorates für den 14. Aufsichtsbezirk insoweit Folge gegeben, als über den Mitbeteiligten wegen der im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 31. März 1995 unter den Punkten 6) und 7) festgestellten Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes Geldstrafen von S 10.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfalle 6 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) und S 12.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfalle 7 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt und die Beiträge zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu diesen Punkten mit S 1.000,-- und S 1.200,-- festgesetzt wurden. Diesen Übertretungen lag der Vorwurf zugrunde, die mitbeteiligte Partei habe am 14. Jänner 1995 sowie in der Zeit vom 26. Jänner 1995 bis 2. Februar 1995 Ausländer entgegen den Bestimmungen des AuslBG beschäftigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 18. Oktober 1995 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Beschwerde des Bundesministers für Arbeit und Soziales mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid in seinem Spruchpunkt II. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben. Sie stützt sich auf § 28 (richtig wohl: § 28a) AuslBG.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens (eingelangt beim Verwaltungsgerichtshof am 19. Februar 1996) vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Die mitbeteiligte Partei hat trotz gebotener Gelegenheit keine Gegenschrift erstattet.

Vorab ist zu bemerken, daß die vorliegende Beschwerde als Beschwerde im Sinne des § 28a AuslBG (iVm Art. 131 Abs. 2 B-VG) zu werten ist; eine Beschwerdebefugnis des Bundesministers für Arbeit und Soziales nach Art. 131 Abs. 1 B-VG kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil dem genannten Bundesminister im zugrundeliegenden Verwaltungsstrafverfahren nicht einmal Organparteistellung eingeräumt war.

Nach Art. 131 Abs. 2 B-VG wird in den die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder Landesgesetzen bestimmt, unter welchen Voraussetzungen auch in anderen als den in Abs. 1 angeführten Fällen Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden wegen Rechtswidrigkeit zulässig sind.

Von der solcherart verfassungsgesetzlich bestehenden Möglichkeit, sogenannte objektive Verwaltungsgerichtshofbeschwerden einzurichten, hat der Gesetzgeber (des Bundes) im Rahmen des am 28. April 1994 im Bundesgesetzblatt kundgemachten Arbeitsmarktservice-Begleitgesetz (AMS-BegleitG; BGBl. Nr. 314/1994) mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1994 durch die folgende Erweiterung des § 28a

Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG; Stammfassung BGBl. Nr. 218/1975) Gebrauch gemacht:

"Beteiligung am Verwaltungsstrafverfahren

§ 28a.

...

Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist berechtigt, gegen Entscheidungen der unabhängigen Verwaltungssenate Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben."

Während des (seit 18. Oktober 1995) beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahrens änderte sich jedoch diese Rechtslage durch das am 29. Dezember 1995 im Bundesgesetzblatt kundgemachte Antimißbrauchsgesetz (BGBl. Nr. 895/1995). Die durch das Antimißbrauchsgesetz im Beschwerdefall in Betracht zu ziehenden maßgeblichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes lauten nunmehr wie folgt:

"Beteiligung am Verwaltungsstrafverfahren und Bestellung von verantwortlichen Beauftragten

§ 28a (1) Das Arbeitsinspektorat hat in Verwaltungsstrafverfahren nach § 28 Abs. 1 Z. 1, nach § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. c bis f dann, wenn die Übertretung die Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes durch das Arbeitsinspektorat betrifft, Parteistellung und ist berechtigt, Berufung gegen Bescheide sowie Einspruch gegen Strafverfügungen zu erheben.

...

§ 30a. Das Arbeitsinspektorat kann die Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen wiederholter unerlaubter Beschäftigung von Ausländern beantragen. Das Arbeitsinspektorat hat im Verfahren Parteistellung und ist berechtigt, Berufung gegen Bescheide zu erheben. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist berechtigt, gegen Bescheide, die in letzter Instanz ergangen sind, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

§ 34 (15) § 1 Abs. 2 lit. e und l, § 14a Abs. 2 und 3, § 27 Abs. 2 und 5, § 27a, § 28 Abs. 1 Z. 1 letzter Halbsatz, § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. d und f, § 28 Abs. 1 Z. 2 letzter Halbsatz, § 28 Abs. 5 bis 7, § 28a und § 28b sowie § 30a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 895/1995 treten mit 1. Jänner 1996 in Kraft."

Ausgehend von dieser neugeschaffenen Normenlage ergibt sich, daß dem Bundesminister für Arbeit und Soziales - anders als nach der im Zeitpunkt der Erhebung der Beschwerde in Geltung gestandenen Bestimmung des § 28a AuslBG in der Fassung BGBl. Nr. 314/1994 - in einem Verwaltungsstrafverfahren nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit 1. Jänner 1996 keine Berechtigung mehr zur Erhebung einer sogenannten objektiven Verwaltungsgerichtshofbeschwerde (nach Art. 131 Abs. 2 B-VG) zusteht. Übergangsbestimmungen hinsichtlich vor dem 1. Jänner 1996 erhobener Beschwerden wurden nicht erlassen.

Für das gegenständliche Beschwerdeverfahren folgt daraus, daß die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes wohl im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde gegeben waren (weshalb kein Zurückweisungsgrund vorliegt), jedoch nachträglich - mit dem Inkrafttreten der genannten Bestimmungen des Antimißbrauchsgesetzes am 1. Jänner 1996 - weggefallen sind (ohne daß Klaglosstellung erfolgt wäre). Mangels Übergangsregelungen gibt es niemanden, der die inzwischen untergegangene Beschwerdelegitimation des Bundesministers für Arbeit und Soziales in Ansehung der von diesem in seiner Beschwerde geltend gemachten Rechtsverletzungen fortsetzt (vgl. hiezu sinngemäß etwa die hg. Beschlüsse in VwSlg. NF Nr. 8612/A, 7183/A, und 4492/A).

Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist in einem solchen Fall das Rechtsinstitut der Gegenstandslosigkeit anzuwenden und das Verfahren über die Beschwerde in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen (vgl. beispielsweise neben vielen anderen die hg. Beschlüsse vom 25. Februar 1993, Zl. 92/18/0481, und vom 5. Mai 1994, Zl. 93/06/0055; hinsichtlich der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 33 Abs. 1 VwGG auf Amtsbeschwerden vgl. das hg. Erkenntnis in VwSlg. NF Nr. 9495/A).

Die Abweisung des Antrages der belangten Behörde auf Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 Abs. 4 und 58 VwGG.

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995090286.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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