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40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AuslBG §2 Abs2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die außerordentliche Revision des A B in C, vertreten durch Mag. Bernhard Schuller, Rechtsanwalt in 2130 Mistelbach, Marktgasse 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 21. Juni 2022, LVwG-S-1213/001-2022, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Mistelbach), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem im Beschwerdeverfahren nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich (Verwaltungsgericht) wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, weil er als Arbeitgeber drei namentlich genannte Ausländer beschäftigt habe, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen erteilt oder Bestätigungen ausgestellt gewesen sei. Er habe dadurch drei Übertretungen nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) begangen, weshalb über ihn drei Geldstrafen (für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt wurden. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
2 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
3 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Der Revisionswerber sieht die Zulässigkeit seiner Revision darin gelegen, dass das Verwaltungsgericht von näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zum ASVG) abgewichen sei, wonach von einer Bestrafung abzusehen sei, wenn der Beschuldigte glaubhaft mache, dass ihn kein Verschulden an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift treffe. Es sei dargetan worden, dass es sich bei den dem Revisionswerber zur Last gelegten Taten um Delikte handle, die aus Fahrlässigkeit bzw. Unkenntnis der Rechtslage begangen worden seien. Der Revisionswerber sei sich zu keinem Zeitpunkt bewusst gewesen, dass die bloße Zurverfügungstellung von Kost und Logis für Hilfsdienste eine entsprechende Bewilligungspflicht nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz auslöse. Überdies fehle Rechtsprechung dazu, ob die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch bei Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes anwendbar sei.
5 Vorauszuschicken ist, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch gelegentliche oder kurzfristige Beschäftigungen grundsätzlich als (der Bewilligungspflicht unterworfene) Beschäftigungsverhältnisse im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG anzusehen sind (vgl. VwGH 2.7.2020, Ra 2020/09/0016, mwN) und die Leistung von Kost und Logis durchaus als Entgelt angesehen werden kann (vgl. VwGH 6.10.2020, Ra 2020/09/0053, mwN).
6 Die dem Revisionswerber zur Last gelegte Übertretung nach § 28 Abs. 1 AuslBG ist ein Ungehorsamsdelikt, bei dem im Sinn des zweiten Satzes des § 5 Abs. 1 VStG der Täter glaubhaft zu machen hat, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist. Solange dies nicht der Fall ist, hat die Behörde (bzw. das Verwaltungsgericht) anzunehmen, dass der Verstoß bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte vermieden werden können. Es ist daher Sache des Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden traf (vgl. VwGH 21.12.2020, Ra 2020/09/0065 bis 0066, mwN).
7 Soweit sich der Revisionswerber auf eine Rechtsunkenntnis beruft, ist er darauf hinzuweisen, dass die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift gemäß § 5 Abs. 2 VStG den Täter nur dann entschuldigt, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschriften nicht einsehen konnte. Die Unkenntnis des Gesetzes, wie auch eine irrige Gesetzesauslegung, müssen somit unverschuldet sein. Die bloße Argumentation mit einer - allenfalls sogar plausiblen - Rechtsauffassung allein vermag ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen. Es bedarf vielmehr einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen bei der zuständigen Stelle; wer dies verabsäumt, trägt das Risiko des Rechtsirrtums (vgl. VwGH 13.4.2021, Ra 2021/09/0056 bis 0057, mwN). Dass der Revisionswerber derartige Erkundigungen eingeholt hätte, hat er nicht behauptet. Warum ihm Erkundigungen nicht zumutbar gewesen sein sollen sein sollen oder welche zusätzlichen Feststellungen das Verwaltungsgericht zu dieser Frage hätte treffen sollen, ist nicht ersichtlich und wird auch in der Revision nicht dargelegt.
8 Da in der Revision somit keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war diese gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 9. September 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022090101.L00Im RIS seit
10.10.2022Zuletzt aktualisiert am
10.10.2022