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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
KFG 1967 §102 Abs5 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des D in G, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 7. September 1995, Zl. UVS 30.9-19 + 20/95-12, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967,
Spruch
I. den Beschluß gefaßt:
Die Behandlung der Beschwerde wird hinsichtlich der im erstinstanzlichen Bescheid unter den Punkten 2, 4, 6, 7 und 15 angeführten Verwaltungsübertretungen abgelehnt.
II. zu Recht erkannt:
Im übrigen, also hinsichtlich der im erstinstanzlichen Bescheid unter den Punkten 3, 5, 8, 9 und 10 angeführten Verwaltungsübertretungen, wird der angefochtene Bescheid einschließlich des darauf entfallenden Kostenanteiles wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer - unter anderem - wegen der Verwaltungsübertretungen nach § 97 Abs. 5, § 9 Abs. 6, § 13 Abs. 1, § 20 Abs. 2 und § 99 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 5 Abs. 2 StVO 1960 mit Geldstrafen in der Höhe von S 1.000,--, S 700,-- S 700,-- S 1.000,-- und S 10.000,-- bestraft (Punkte 2, 4, 6, 7 und 15).
Zu I.:
Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in einer Verwaltungsstrafsache durch Beschluß ablehnen, wenn weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der unabhängige Verwaltungssenat von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Soweit sich die Beschwerde gegen die Bestrafung wegen der genannten Verwaltungsübertretungen richtet, sind die Voraussetzungen für die Ablehnung ihrer Behandlung gemäß der angeführten Bestimmung gegeben.
Zu II.:
Der Beschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen Bescheid ferner der Verwaltungsübertretungen nach § 99 Abs. 3 KFG 1967 (Punkt 3), § 11 Abs. 2 StVO 1960 (Punkte 5 und 8), § 13 Abs. 2 StVO 1960 (Punkt 9) sowie § 102 Abs. 5 lit. a KFG 1967 (Punkt 10) schuldig erkannt und hiefür bestraft.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die mit dem angefochtenen Bescheid übernommenen Tatumschreibungen des erstinstanzlichen Straferkenntnisses lauten in den genannten Punkten:
"Sie haben am 23.3.1994, um 23.10 Uhr, in Graz 15., Straßganger Str. 229, als Lenker des KFZ XX ... 3) vorschriftswidrig das Begrenzungslicht verwendet; weiters haben (sind) Sie am 23.3.1994, um 23.12 Uhr, in Graz, Krzg. Straßganger Str. - Peter Rosegger-Str., als Lenker des KFZ XX ...5) den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens nicht angezeigt; ... weiters haben (sind) Sie am 23.3.1994, um
23.12 Uhr, in Graz 15., Krzg. Peter Rosegger-Str. - Josef Bayer G., als Lenker des KFZ XX 8) die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung nicht angezeigt; 9) nach links nicht in weitem Bogen eingebogen; weiters haben Sie am 23.3.1994 um
23.13 Uhr, in Graz 15., Josef Bayer-Gasse 16, als Lenker des KFZ XX 10) auf der Fahrt den Führerschein nicht ausgehändigt;
..."
Gemäß § 99 Abs. 3 zweiter Satz KFG 1967 darf Begrenzungslicht nur zusammen mit Fernlicht, Abblendlicht oder von Nebelscheinwerfern ausgestrahltem Licht oder zur Beleutung abgesteller Kraftfahrzeuge verwendet werden.
Aus dem Tatvorwurf einer Übertretung dieser Bestimmung muß daher hervorgehen, daß Begrenzungslicht nicht zusammen mit Fernlicht, Abblendlicht oder von Nebelscheinwerfern ausgestrahltem Licht oder zur Beleuchtung abgestellter Kraftfahrzeuge verwendet wurde. Der bloße Vorwurf, "vorschriftswidrig" das Begrenzungslicht verwendet zu haben (Punkt 3), entspricht nicht dem Gebot des 44a Z. 1 VStG, im Spruch die als erwiesen angenommene Tat hinsichtlich aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale zu konkretisieren.
Gemäß § 11 Abs. 2 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung oder den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, daß sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können.
Den diese Verwaltungsübertretung betreffenden Tatvorwürfen (Punkte 5 und 8) mangelt im Anschluß an den Vorwurf, den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens bzw. die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung nicht angezeigt zu haben, das wesentliche Tatbildmerkmal, daß sich andere Straßenbenützer nicht auf den beabsichtigten Vorgang einstellen hätten können. Im Sinne der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 22. März 1995, Zl. 94/03/0319) liegt daher ein Verstoß gegen
§ 44a Z. 1 VStG vor.
§ 13 Abs. 2 StVO 1960 ordnet an, daß auf Kreuzungen beim
Linkseinbiegen nach dem Einordnen (§ 12) bis unmittelbar vor die Kreuzungsmitte vorzufahren ist; sobald es der Gegenverkehr zuläßt, ist einzubiegen, wobei am Kreuzungsmittelpunkt links vorbeizufahren ist, sofern sich aus Bodenmarkierungen oder Hilfszeichen (§ 41) nichts anderes ergibt.
Der dem Beschwerdeführer unter Beziehung auf diese Bestimmung (§ 44a Z. 2 VStG) erhobene Tatvorwurf, er sei "nach links nicht in weitem Bogen eingebogen", ist der genannten Norm nicht zuzuordnen. Wird im Spruch ein Sachverhalt einem Straftatbestand unterstellt, der durch die Tat nicht verletzt wurde, so ist der Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, 968, zitierte Judikatur).
§ 102 Abs. 5 lit. a KFG 1967 sieht - unter anderem - vor, daß der Lenker den Führerschein den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen hat.
Für eine Übertretung dieser Bestimmung ist daher das Tatbestandsmerkmal wesentlich, daß der Führerschein nicht "den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung" ausgehändigt wurde. Da dieses Tatbestandsmerkmal der entsprechenden Tatumschreibung (Punkt 10) fehlt, wurde auch in diesem Punkt dem Gebot des § 44a Z. 1 VStG nicht entsprochen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Verwaltungsvorschrift Mängel im Spruch falsche Subsumtion der TatEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995030330.X00Im RIS seit
12.06.2001