TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/17 95/21/0292

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Veröffentlicht am 17.04.1996
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §3 Abs1;
AufG 1992 §3 Abs2;
AufG 1992 §3 Abs3;
AufG 1992 §9 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des F in N, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Oktober 1994, Zl. 102.607/2-III/11/94, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) wurde der (im Wege der Österreichischen Botschaft in Bern gestellte) Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen der ehemaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, vom 22. August 1993 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 9 Abs. 3 dieses Gesetzes (idF vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995) abgewiesen.

Begründet wurde diese Entscheidung damit, daß die mit der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1994, BGBl. Nr. 72/1994, für das Bundesland Tirol festgesetzte Höchstzahl von 1.000 Bewilligungen nunmehr erreicht sei, sodaß keine weiteren Bewilligungen mehr erteilt werden dürften. Dem Gesamtvorbringen des Beschwerdeführers könne ein Rechtsanspruch für die Erteilung einer Bewilligung zum Aufenthalt nicht abgeleitet werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde bleibt unbestritten, daß die maßgebliche Höchstzahl von 1.000 Bewilligungen "nunmehr", also im Zeitpunkt der Entscheidung durch die belangte Behörde erreicht gewesen sei. Der Beschwerdeführer macht aber geltend, daß die belangte Behörde übersehen habe, daß er am 27. August 1993 eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet habe, seinen Antrag ausdrücklich auf den Rechtsgrund der "Familienzusammenführung" gestützt habe und auch die Voraussetzungen für eine Verkürzung der im § 3 Abs. 2 leg. cit. angeführten Frist vorlägen. Demgemäß hätte die belangte Behörde - ein Sichtvermerksversagungsgrund liege nicht vor - den Antrag auf Aufenthaltsbewilligung nicht abweisen dürfen, sondern die Entscheidung über diesen Antrag auf das folgende Jahr verschieben müssen.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es im Grunde des § 9 Abs. 3 AufG nicht allein darauf an, ob ein Rechtsanspruch nach § 3 Abs. 1 und 2 AufG besteht, vielmehr schließt die Wendung "Anträge gemäß § 3" die Bedachtnahme auf die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 3 leg. cit. mit ein. Die Behörde hat somit - bei entsprechendem Vorbringen des Fremden im Verfahren - auch diese Bestimmung in ihre Erwägungen einzubeziehen.

Die Erteilung einer Bewilligung gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 AufG setzt allerdings gemäß § 3 Abs. 2 leg. cit. voraus, daß die Ehe zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits mindestens ein Jahr besteht. Eine Verkürzung der Frist des § 3 Abs. 2 AufG erfordert gemäß § 3 Abs. 3 erster Satz leg. cit. unter anderem, daß der Ehegatte im gemeinsamen Haushalt mit dem Fremden gelebt hat.

Im Beschwerdefall wurde das Bestehen eines gemeinsamen Haushaltes vor der Eheschließung im Bescheid der Behörde erster Instanz ausdrücklich festgestellt. Im Hinblick auf das erstinstanzliche Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe in der Schweiz (dort sei ein von ihm gestellter Asylantrag rechtskräftig abgewiesen worden) die unmittelbar drohende Abschiebung in den Kosovo zu befürchten gehabt, erscheint grundsätzlich eine Verkürzung der Frist des § 3 Abs. 2 AufG auf nur wenige Tage im Rahmen der gemäß § 3 Abs. 3 AufG anzustellenden Ermessensentscheidung nicht als ausgeschlossen.

Aus § 3 Abs. 2 leg. cit. folgt weiters, daß eine Verkürzung der Frist des § 3 Abs. 2 AufG allerdings nur dann in Frage kommt, wenn in dem dort genannten Zeitpunkt (nämlich der Antragstellung) die Ehe überhaupt bestanden hat. Dies kann aber hier aufgrund der mangelnden Sachverhaltsbasis nicht ausreichend beurteilt werden. Die belangte Behörde selbst geht zwar im angefochtenen Bescheid - allerdings ohne jegliche Begründung - von einer Antragstellung bei der österreichischen Botschaft in Bern am 22. August 1993 aus. Der Beschwerdeführer wiederum bestreitet diese Feststellung insofern, als er sowohl in der Berufung als auch in der vorliegenden Beschwerde behauptet, er habe seinen Antrag auf Aufenthaltsbewilligung am 28. August 1993, somit einen Tag nach Eheschließung eingebracht. Dem Antrag selbst und den diesen angeschlossenen Beilagen wiederum kann lediglich entnommen werden, daß der Antrag jedenfalls am 20. September 1993 bei der Botschaft in Bern eingelangt gewesen sein mußte.

Da somit die im Bescheid dazu getroffene Feststellung entgegen der verwendeten Diktion nur eine Wiedergabe des Antragsdatums sein kann, dem Akteninhalt eine diese Feststellung belegende Beweisgrundlage nicht entnommen werden kann und dem Bescheid selbst eine nachvollziehbare Begründung für diese relevante Sachverhaltsannahme mangelt, war dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung an Stempelgebühren lediglich S 270,-- (zwei Beschwerdeausfertigungen S 240,-- eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides S 30,--) zu entrichten waren.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995210292.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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