TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/17 95/21/0297

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Veröffentlicht am 17.04.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §67;
MRK Art8;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. Oktober 1994, Zl. 102.147/3-III/11/94, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 17. Oktober 1994 wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) den Antrag der Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen der ehemaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz ab. Gemäß dieser Bestimmung könne Fremden eine Aufenthaltsbewilligung nicht erteilt werden, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert sei. Die Beschwerdeführerin lebe in der antragsgegenständlichen Wohnung mit einer Nutzfläche von 55 m2 gemeinsam mit sechs anderen Personen. Ausgehend von einem grundsätzlichen Mindestbedarf von 10 m2 Nutzfläche pro Person könne im Hinblick auf eine derartige Beengtheit eine für Inländer ortsübliche Unterkunft "jedenfalls nicht vorliegend". Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften oder Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, sah

jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zutreffend zeigt die Beschwerdeführerin einen dem angefochtenen Bescheid anhaftenden Begründungsmangel auf. Die belangte Behörde ging davon aus, daß eine für Inländer ortsübliche Unterkunft nicht vorliege, wenn nicht jeder Person 10 m2 an Wohnnutzfläche zur Verfügung stünden. Welche Erwägungen dieser Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes "ortsübliche Unterkunft" zugrundeliegen, kann der Begründung des angefochtenen Bescheides jedoch nicht entnommen werden. Da es sich hiebei keineswegs um eine offenkundige Tatsache handelt, hindert das Fehlen der Bekanntgabe der maßgebenden Erwägungen die Nachprüfung des Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1995, Zl. 95/21/0089, mwN).

Der belangten Behörde fällt somit ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß § 58 Abs. 2 iVm § 67 AVG zur Last, weshalb ihr Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 600 ff).

Im fortgesetzten Verfahren wird sich die belangte Behörde im Falle der neuerlichen Versagung der Bewilligung mangels Vorliegens einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft mit der in der Beschwerde aufgeworfenen Frage auseinanderzusetzen haben, ob und inwieweit durch die Versagung der Bewilligung die privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK beeinträchtigt werden (vgl. dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. März 1995, B 2259/94).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994; der Stempelaufwand war nur insoweit zuzusprechen, als dieser für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung erforderlich war. Die geltend gemachte Umsatzsteuer für den Schriftsatzaufwand war nicht zuzusprechen, weil diese in dem festgesetzten Pauschalbetrag bereits enthalten ist.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel"zu einem anderen Bescheid"

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995210297.X00

Im RIS seit

02.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

23.09.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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