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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §6 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 28. Juni 1995, Zl. Fr 511/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) wurde der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 FrG ausgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer am 27. Dezember 1994 illegal - ohne im Besitze eines gültigen Reisedokumentes und einer entsprechenden Aufenthaltsberechtigung zu sein - nach Österreich eingereist sei. Da mit dem Iran kein Sichtvermerksabkommen bestehe und der Beschwerdeführer zur sichtvermerksfreien Einreise in das Bundesgebiet nicht berechtigt sei, sei er unter Mißachtung der Bestimmungen des Fremdengesetzes in das Bundesgebiet gelangt. Er sei innerhalb eines Monats nach seiner Einreise betreten worden und der Bescheid der Erstbehörde sei innerhalb eines Monats erlassen worden.
Die Behörde erster Instanz habe festgestellt, daß der Beschwerdeführer die Mittel zu seinem Unterhalt nicht besitze. In der Berufung habe der Beschwerdeführer dazu vorgebracht, daß die Mittellosigkeit aufgrund der Betreuung durch die Caritas nicht mehr gegeben sei.
Die Unterbringung und Versorgung durch die Caritas - so die belangte Behörde weiter - reiche für die Erbringung des Nachweises der Mittel zum Unterhalt nicht aus. Eine nicht bloß vorübergehende Sicherung des künftigen Unterhaltes könne daraus mangels eines durchsetzbaren Rechtsanspruches nicht abgeleitet werden.
Es seien somit sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 FrG erfüllt; die Behörde habe daher die Ausweisung zu erlassen.
Der Beschwerdeführer habe am 28. Dezember 1994 einen Asylantrag eingebracht. Dieser sei mit Bescheid vom 12. Jänner 1995 gemäß § 3 Asylgesetz 1991 abgewiesen worden. Da beim Beschwerdeführer der Tatbestand der direkten Einreise nicht vorliege, komme ihm auch nicht die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz zu. Aufgrund dieser Tatsache und des Umstandes, daß sein Asylantrag abgewiesen worden sei, seien die fremdengesetzlichen Bestimmungen auf den Beschwerdeführer anwendbar. Der rechtskräftige Abschluß des Asylverfahrens sei für die Zuständigkeit der Fremdenpolizeibehörde nicht erforderlich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen kostenpflichtig aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde bleibt die maßgebliche Sachverhaltsfeststellung, daß der Beschwerdeführer ohne gültigen Reisepaß und ohne Aufenthaltsberechtigung in das Bundesgebiet gelangt ist, unbestritten. Auf dem Boden dieser Sachverhaltsannahme ist der von der belangten Behörde gezogene rechtliche Schluß auf die Verwirklichung des Tatbestandes des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG unbedenklich.
Der Rechtmäßigkeit der Ausweisung hält der Beschwerdeführer entgegen, daß ihm die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 6 Asylgesetz 1991 i.V.m. § 7 leg. cit. zukomme; diese Bestimmungen seien auch auf jene Asylwerber anzuwenden, für die eine direkte Einreise aus tatsächlichen Gründen nicht möglich sei.
Mit diesem Vorbringen kann der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen. Gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 kommt unter weiteren, hier nicht strittigen Voraussetzungen einem Asylwerber, der gemäß § 6 leg. cit. eingereist ist, eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zu. Unbestritten ist aber, daß der Beschwerdeführer weder "direkt" aus einem Gebiet, wo sein Leben oder seine Freiheit im Sinne des Art. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention bedroht war (Art. 31 Z. 1 der Konvention), noch "direkt" aus dem Staat, in dem er behauptete, insoweit Verfolgung befürchten zu müssen (§ 6 Abs. 1 Asylgesetz 1991), nach Österreich gekommen ist; hiebei ist es unerheblich, ob der Asylwerber aufgrund der geografischen Lage seines Herkunftslandes oder seiner Wahl des Beförderungsmittels nicht "direkt" in das Bundesgebiet einreisen konnte. Ferner liegt im Beschwerdefall auch kein Anhaltspunkt für die Annahme vor, der Beschwerdeführer hätte gemäß § 37 FrG wegen Vorliegens der dort genannten Gründe nicht in den Staat, aus dem er direkt einreiste (Ungarn) zurückgewiesen werden dürfen (§ 6 Abs. 2 zweiter Fall Asylgesetz 1991). Schließlich wurde vom Beschwerdeführer gar nicht behauptet, daß ihm die Einreise in das Bundesgebiet formlos gestattet worden ist. Umstände, die den Beschwerdeführer gehindert hätten, anläßlich seiner Einreise in das Bundesgebiet bei der Grenzkontrollstelle den Wunsch bzw. die Absicht kundzutun, einen Asylantrag zu stellen, sodaß ihm die Einreise formlos gestattet hätte werden können, werden in der Beschwerde nicht aufgezeigt. Der am 28. Dezember 1994 gestellte Asylantrag konnte dem Beschwerdeführer somit keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 verschaffen.
Entgegen der Auffassung der belangten Behörde hat sie bei Anwendung des § 17 Abs. 2 FrG Ermessen zu üben. Die Ermessensübung der Behörde hat sich aber davon leiten zu lassen, von welchem Gewicht die Störung der öffentlichen Ordnung ist. Andere Umstände hat die Behörde bei der Ermessensübung nicht zu berücksichtigen, insbesonders ist es ihr verwehrt, auf allenfalls für den Fremden sprechende Umstände im Sinne der §§ 19 und 20 FrG Bedacht zu nehmen. Lediglich in Fällen, in denen die öffentliche Ordnung nur ganz geringfügig berührt wird, wird im Lichte einer gesetzmäßigen Ermessensübung von der Erlassung einer Ausweisung abzusehen sein (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 20. März 1996, Zl. 95/21/1146). Bereits aufgrund der Verwirklichung des Tatbestandes des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG ist im hier vorliegenden Fall die Ausweisung des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung des hohen Stellenwertes, der den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten zukommt, gerechtfertigt.
Aus diesem Grunde kann dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde die Ausweisung auch rechtens auf § 17 Abs. 2 Z. 4 FrG stützen konnte.
Da - wie ausgeführt - bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996210253.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
16.04.2010