Index
E1N;Norm
11994N EU-Beitrittsvertrag ohne spezifische Gliederung;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der F in K, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Juni 1995, Zl. 114.678/3-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 21. Jänner 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG) gemäß § 5 Abs. 1 dieses Gesetzes abgewiesen.
Mit Beschluß vom 2. Oktober 1995, B 2835/95-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG ab. Dieser hat erwogen:
Soweit sich die Beschwerdeführerin auf ein ihr als türkischer Staatsbürgerin zustehendes Recht aufgrund des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 des durch das Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei geschaffenen Assoziationsrates, somit einen unmittelbar anwendbaren Rechtsakt der Europäischen Union, beruft, wäre ein solches Recht gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 des Aufenthaltsgesetzes vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes ausgenommen. In ein danach allenfalls bestehendes Aufenthaltsrecht wäre durch den bekämpften Bescheid nicht eingegriffen worden; die Frage, ob der Beschwerdeführerin eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt werden durfte, war nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1996, Zl. 95/19/1549) allein danach zu beurteilen, ob die Voraussetzungen nach dem Aufenthaltsgesetz vorliegen oder nicht.
Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf Fremden eine Bewilligung nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.
Die belangte Behörde hat hiezu - in der Beschwerde insoweit nicht mehr bekämpft - die Ansicht vertreten, daß das Einkommen des Ehegatten der Beschwerdeführerin in der Höhe von etwa S 13.000,-- monatlich nicht ausreiche, den dauernden Aufenthalt einer siebenköpfigen Familie in Tirol zu sichern.
Im Hinblick auf diese, in ähnlicher Weise bereits von der erstinstanzlichen Behörde gebrauchte Begründung hat jedoch die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung darauf verwiesen, daß auch ihr Vermögen im gegebenen Zusammenhang zu berücksichtigen sei. Die Beschwerdeführerin verfüge neben einer bareingezahlten Stammeinlage an einer näher bezeichneten GmbH in der Höhe von S 250.000,-- auch über ein Barvermögen in der Höhe von S 200.000,--. Dieses lasse den Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin als gesichert erscheinen. Die Beschwerdeführerin berief sich zum Nachweis ihres Vorbringens auf ihre eigene Einvernahme sowie die zeugenschaftliche Einvernahme ihres Ehegatten und "vorzulegende Bankunterlagen".
Die Beschwerdeführerin rügt die Unterlassung der Aufnahme der beantragten Beweismittel durch die belangte Behörde als Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Soweit sich diese Rüge auf den Nachweis der behaupteten Beteiligung an der GmbH bezieht, kommt ihr schon aus rechtlichen Überlegungen keine Relevanz zu. Die Beschwerdeführerin hat es nämlich unterlassen, Angaben über den Wert ihrer Beteiligung (dieser ist keinesfalls von vornherein mit dem von ihr eingezahlten Stammkapital gleichzusetzen) und ihre Absicht (und Möglichkeit), diese (kurzfristig) zur Deckung des Lebensunterhaltes zu veräußern, zu machen. Ebenso kann aus der Bestätigung über den der Beschwerdeführerin für den Zeitraum vom 26. Februar 1994 bis 31. Mai 1994 zustehenden Gewinnanteil noch kein Schluß auf die Lage nach Antragstellung (4. Oktober 1994) gezogen werden. Ein diesbezügliches nachprüfbares Vorbringen zu erstatten, wäre Sache der Beschwerdeführerin gewesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. September 1995, Zl. 94/18/0767).
Gleichfalls wäre es - im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht - an der Beschwerdeführerin gelegen gewesen, die von ihr in ihrer Berufung angebotenen, nicht näher bezeichneten "Bankunterlagen" hinsichtlich des behaupteten Barvermögens vorzulegen, sodaß auch insoweit die Beschwerde die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht darzutun vermag.
Anders jedoch verhält es sich mit der als Beweismittel angebotenen Einvernahme des Ehegatten der Beschwerdeführerin. Hier wäre die belangte Behörde gehalten gewesen, ihn zum - entscheidungsrelevanten - Beweisthema des behaupteten Barvermögens zu vernehmen. Daß sie dies nicht getan hat, belastet den bekämpften Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage RechtsquellenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995191175.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
08.09.2015