TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/19 95/19/1171

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Veröffentlicht am 19.04.1996
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Index

E2D Assoziierung Türkei;
E2D E02401013;
E2D E05204000;
E2D E11401020;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

ARB1/80 Art6;
AufG 1992 §1 Abs3 Z1;
AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §45 Abs2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden 1. des M A,

2. des S A, 3. der U A, 4. der G A, und 5. der M A, alle in K und vertreten durch die Eltern A und F A, diese vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in K, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres je vom 21. Juni 1995, Zl. 114.678/4-III/11/95 Zl. 114.678/7-III/11/95, Zl. 114.678/8-III/11/95, Zl. 114.678/6-III/11/95 und Zl. 114.678/5-III/11/95, jeweils betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) jeweils vom 21. Juni 1995 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG) gemäß § 5 Abs. 1 dieses Gesetzes abgewiesen.

Mit Beschluß vom 2. Oktober 1995, B 2839/95-3, B 2838/95-3, B 2837/95-3, B 2836/95-3 und B 2840/95-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerden ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbunden und hierüber erwogen:

Soweit sich die Beschwerdeführer auf ein ihnen als türkischen Staatsbürgern zustehendes Recht aufgrund des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 des durch das Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei geschaffenen Assoziationsrates, somit einen unmittelbar anwendbaren Rechtsakt der Europäischen Union, berufen, wäre ein solches Recht gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 des Aufenthaltsgesetzes vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes ausgenommen. In ein danach allenfalls bestehendes Aufenthaltsrecht wäre durch die bekämpften Bescheide nicht eingegriffen worden; die Frage, ob den Beschwerdeführern eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt werden durfte, war nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1996, Zl. 95/19/1549) allein danach zu beurteilen, ob die Voraussetzungen nach dem Aufenthaltsgesetz vorliegen oder nicht.

Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf Fremden eine Bewilligung nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.

Die belangte Behörde hat hiezu - in den Beschwerden insoweit nicht mehr bekämpft - jeweils die Ansicht vertreten, daß das Einkommen des Vaters der Beschwerdeführer in der Höhe von etwa S 13.000,-- monatlich nicht ausreiche, den dauernden Aufenthalt einer siebenköpfigen Familie in Tirol zu sichern.

Im Hinblick auf diese, in ähnlicher Weise bereits von der erstinstanzlichen Behörde gebrauchte Begründung haben jedoch die Beschwerdeführer in ihren Berufungen darauf verwiesen, daß auch das Vermögen ihrer (unterhaltspflichtigen) Mutter heranzuziehen sei. Diese verfüge neben einer bareingezahlten Stammeinlage an einer näher bezeichneten GmbH in der Höhe von S 250.000,-- auch über ein Barvermögen in der Höhe von S 200.000,--. Dieses Vermögen reiche für die Deckung des Lebensunterhaltes durch zumindest 20 Monate aus. Die Beschwerdeführer beriefen sich insoweit auf die zeugenschaftliche Einvernahme ihrer Eltern und die Vorlage der "entsprechenden Bankunterlagen".

Die belangte Behörde hat in den bekämpften Bescheiden dem nur entgegengehalten, daß das als "gering" bezeichnete Sparguthaben nicht "dokumentiert" worden sei und weiters "im gesamten Verfahren keine anderen nennenswerten finanziellen Mittel vorgebracht" worden seien. Die Beschwerdeführer seien ihrer Pflicht, am Verfahren entsprechend mitzuwirken, nicht ausreichend nachgekommen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 95/19/1175, die Mutter der Beschwerdeführer betreffend, näher dargelegt hat, ist das Vorbringen hinsichtlich der Beteiligung an der GmbH nicht zur Dartuung ausreichender Mittel iS des § 5 Abs. 1 AufG geeignet. Auch wäre es an den Beschwerdeführern gelegen gewesen, die von ihnen als Beweismittel angebotenen, nicht näher bezeichneten "Bankunterlagen" initiativ der Behörde vorzulegen. Die Mitwirkungspflicht reicht jedoch nicht soweit, daß die belangte Behörde nicht gehalten wäre, keine (beantragten) Beweise aufzunehmen. Die in der Berufung beantragte Einvernahme des Vaters und der Mutter der Beschwerdeführer zum Nachweis des Barvermögens der Mutter hat die belangte Behörde zu Unrecht nicht durchgeführt.

Indem die belangte Behörde es im aufgezeigten Umfang unterließ, Ermittlungen hinsichtlich des in den Berufungen erstatteten Vorbringens durchzuführen, hat sie jeweils Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Begründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995191171.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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