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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AufG 1992 §2 Abs3 Z4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der S in W, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Juli 1995, Zl. 302.052/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Juli 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe im Zeitpunkt der Antragstellung bereits im Bundesgebiet Unterkunft genommen und sei vor, während und nach der Antragstellung in Österreich polizeilich gemeldet und auch aufhältig gewesen. Sie habe daher den Antrag nicht vor der Einreise, mit der ihr Aufenthalt begonnen habe, gestellt. Damit sei der Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG nicht Genüge getan, weshalb die Erteilung einer Bewilligung ausgeschlossen sei. Die öffentlichen Interessen überwögen die persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag, den Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (25. Juli 1995) hatte die belangte Behörde § 6 Abs. 2 AufG in der Fassung der AufG-Novelle 1995, BGBl. Nr. 351, sowie die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides in Kraft gestandene Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 anzuwenden.
Die Beschwerdeführerin tritt der - im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1995, Zl. 95/19/0986) zutreffenden - Beurteilung der belangten Behörde, wonach durch ihre Antragstellung die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG nicht erfüllt worden seien, nicht entgegen. Sie verweist allerdings darauf, daß ihr Sohn über einen unbefristeten Wiedereinreisesichtvermerk verfüge und für ihn ein Befreiungsschein ausgestellt sei.
Gemäß § 3 Z. 3 der Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 sind aber lediglich solche Familienangehörige von Personen, für die ein Befreiungsschein ausgestellt ist, zur Antragstellung im Inland berechtigt, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten. Die Erfüllung dieser Voraussetzung wird von der Beschwerdeführerin nicht einmal behauptet. Da die Beschwerdeführerin auch die übrigen Ausnahmebestimmungen des § 6 Abs. 2 AufG für sich nicht in Anspruch nehmen kann, hatte sie ihren Antrag unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des § 3 Abs. 4 AufG vorlagen oder nicht, vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Bei diesem Erfordernis handelt es sich um eine Voraussetzung, deren Nichterfüllung zwingend die Abweisung des Antrages nach sich zieht.
Insoweit die Beschwerdeführerin die Auffassung vertritt, sie sei durch den Inhalt des angefochtenen Bescheides in ihrem durch Art. 8 MRK geschützten Recht auf Familienleben verletzt, ist ihr zu entgegnen, daß der Gesetzgeber der AufG-Novelle 1995 mit den Bestimmungen des § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG und des § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG sowie der darin enthaltenen - von der Bundesregierung auch genützten - Verordnungsermächtigung jedenfalls in Ansehung von Angehörigen von Fremden, für die ein Befreiungsschein ausgestellt ist, bereits auf die durch die in Rede stehende Bestimmung der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützten familiären Interessen Bedacht genommen hat. Gegen die im § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG enthaltene Determinierung der Verordnungsermächtigung, wonach nur jene Familienangehörigen von Inhabern eines Befreiungsscheines zur Antragstellung im Inland ermächtigt werden können, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten, bestehen beim Verwaltungsgerichtshof keine verfassungsrechtlichen Bedenken aus dem Grunde des Art. 8 Abs. 1 MRK (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 96/19/0161).
Die Bürgerkriegssituation in der Heimat der Beschwerdeführerin begründet keine über die familiären Interessen hinausgehenden, durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten persönlichen Interessen in Österreich. Im übrigen ist auf private Interessen, die während (durch) einen illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet begründet wurden, auch aus dem Grunde des Art. 8 Abs. 1 MRK, nicht Bedacht zu nehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 1994, Zl. 94/18/0340).
Aufgrund dieser Ausführungen gehen auch die geltend gemachten Verfahrensrügen ins Leere, legt die Beschwerdeführerin doch ausschließlich dar, die belangte Behörde wäre bei Vermeidung der behaupteten Verfahrensfehler zum Ergebnis gekommen, daß sie als Kriegsflüchtling besonderer Not und Gefahr ausgesetzt sei und ausschließlich familiäre Beziehungen zu ihren in Österreich lebenden Söhnen besitze. Aufgrund dieser Umstände hätte die belangte Behörde aber nicht zu einem anderen Bescheid kommen können.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995190798.X00Im RIS seit
02.05.2001