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E000 EU- Recht allgemeinNorm
BAO §21Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma, den Hofrat Mag. Straßegger, die Hofrätin Dr. Reinbacher, den Hofrat Dr. Bodis und die Hofrätin Dr. Funk-Leisch als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des damaligen Zollamts Eisenstadt Flughafen Wien (nunmehr Zollamt Österreich), gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 21. März 2019, Zl. RV/7200050/2018, betreffend Ausstellung eines Betankungsscheins gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 MinStG iVm § 2 Abs. 3 LfbV (mitbeteiligte Partei: S GmbH [vormals L GmbH] in W, vertreten durch die PKF CENTURION Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbH in 1010 Wien, Hegelgasse 8/14), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.106,40 € binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 9. April 2018 wies das (damalige) Zollamt Eisenstadt Flughafen Wien den Antrag der Mitbeteiligten vom 19. Februar 2018 auf Ausstellung eines Betankungsscheins für ein näher bezeichnetes Luftfahrzeug gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 Mineralölsteuergesetz 1955 (MinStG) iVm § 3 Abs. 5 Luftfahrtbegünstigungsverordnung (LfbV) ab. Gemäß § 3 Abs. 5 LfbV sei zur Erlangung eines Betankungsscheins iSd § 2 Abs. 3 LfbV die ausschließliche Nutzung des betreffenden Luftfahrzeugs in der gewerbsmäßigen Luftfahrt nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. Gewerbsmäßigkeit liege nach § 4 Abs. 3 MinStG vor, wenn die mit dem Luftfahrzeug gegen Entgelt ausgeübte Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werde und der Unternehmer auf eigenes Risiko und eigene Verantwortung handle. Dem vorgelegten Halterschaftsvertrag sei zu entnehmen, dass die Verfügungsmacht des Halters (Operator) über das Luftfahrzeug nur insoweit gegeben sei, als dies aus technischen Gründen oder zur Erfüllung der behördlichen Vorgaben erforderlich sei. Die eigentliche Verfügungsmacht verbleibe beim Eigentümer. Der Operator fungiere nach dem vorgelegten Vertrag bei der Nutzung der Flugzeuge als eine Art „Cost Center“, das anfallende Kosten vorfinanziere und diese monatlich mit dem Eigentümer gegenrechne. Im geprüften Zeitraum seien ausschließlich Flüge des Eigentümers oder aufgrund dessen Veranlassung erfolgt. Es seien somit keine entgeltlichen Luftfahrtdienstleistungen erbracht worden, da die Flüge dem Halterschaftsunternehmen nicht zugutegekommen seien.
2 In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte die Mitbeteiligte zusammengefasst vor, nach dem Halterschaftsvertrag sei die Mitbeteiligte allein und ausschließlich für den Flugbetrieb, den Abschluss von Beförderungsverträgen und die damit verbundene Auslastung des Flugzeugs durch Erbringung von Beförderungsleistungen, sowie für die Verwaltung des Flugzeugs zuständig und erbringe alle diese Leistungen im eigenen Namen. Die Vermutung der Abgabenbehörde, dass die Verfügungsmacht des Operators nur insoweit gegeben sei, als dies aus technischen Gründen und zur Erfüllung behördlicher Auflagen erforderlich sei, widerspreche dem Halterschaftsvertrag sowie den Luftfahrtregeln. Da das Luftfahrzeug auf dem „Air Operator Certificate“ der Mitbeteiligten eingetragen sei, liege die ausschließliche zivil- und luftfahrtrechtliche Verantwortung beim Halter, der Mitbeteiligten. Die Flüge seien regelmäßig und den Usancen im Luftfahrtgeschäft entsprechend abgerechnet und von den Kunden bezahlt worden. Es sei zwar richtig, dass die Einnahmen aus dem Flugbetrieb und die daraus entstandenen Kosten einschließlich der Halterschaftsgebühr monatlich mit dem Eigentümer abgerechnet worden seien, aber auch dies sei der branchenübliche Vorgang, sei der Operator doch verpflichtet, das Flugzeug für den Eigentümer bestmöglich einzusetzen. Auch für die vom (indirekten) Eigentümer bezogenen Flugleistungen seien die jeweiligen Flugkosten bezahlt und von der B Ltd an dessen Auftraggeber weiterverrechnet worden. Die Beförderung des Eigentümers sei als entgeltliche Beförderung und somit als gewerblicher Luftfahrtflug zulässig.
3 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 15. Mai 2018 wies das Zollamt die Beschwerde der Mitbeteiligten ab. Aus den für die Monate August bis Oktober 2017 vorgelegten Abrechnungen sei ersichtlich, dass der Operator während dieses Zeitraums keine Verkaufsprovisionen (für Charterverträge mit Drittkunden) erhalten und außer der monatlichen Managementgebühr keinerlei „Einnahmen“ aus dem Betrieb des Luftfahrzeugs erwirtschaftet habe. Die im Zeitraum August bis Oktober 2017 durchgeführten 36 Flüge seien somit ausschließlich im Auftrag des Eigentümers erfolgt. Rechnungen und Gutschriften seien ausschließlich an Firmen ergangen, die vom tatsächlichen Eigentümer des Luftfahrzeugs kontrolliert würden. Die Voraussetzungen für die Erlangung eines Betankungsscheins lägen unzweifelhaft nicht vor. Dem Operator als Halter des Luftfahrzeugs iSd § 13 Luftfahrtgesetz obliege aufgrund des gegenständlichen Halterschaftsvertrags keinesfalls die uneingeschränkte Verfügungsmacht über das Luftfahrzeug. So müsse der Operator vor jedem Abschluss eines Chartervertrags mit einem Drittkunden die Zustimmung des Eigentümers einholen. Die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Luftfahrzeug liege damit letztlich beim Eigentümer. Im Halterschaftsvertrag seien die Nutzungs- und Abrechnungsmodalitäten sowie die Dienstleistungen, die der Operator zu erbringen habe, geregelt. Weiters sei festgelegt, wie die Kosten und Dienstleistungen weiterverrechnet würden und vom Eigentümer zu begleichen seien. Ein Beförderungsentgelt sei in den Vereinbarungen nicht angeführt. Eine fremdübliche Verrechnung einer unmittelbaren entgeltlichen Luftfahrtdienstleistung durch den Eigentümer dürfe daher bezweifelt werden. Es erfolge lediglich die Verrechnung von Aufwandskosten zwischen beiden Parteien. Seitens des Operators sei im überprüften Zeitraum keine unmittelbar mit dem Flug zusammenhängende gewerbliche Dienstleistung iSd § 4 Abs. 3 MinStG zustande gekommen. Da der Operator bei 36 durchgeführten Flügen keinen Gewinn erwirtschaftet habe, lägen die Voraussetzungen für die Gewerbsmäßigkeit iSd 4 Abs. 3 MinStG bzw. die ausschließliche gewerbliche Nutzung des Luftfahrzeugs iSd § 3 Abs. 5 LfbV nicht vor. Der Operator habe das Luftfahrzeug nicht unmittelbar für die entgeltliche Erbringung von Luftfahrtdienstleistungen verwendet.
4 Mit Schriftsatz vom 17. Mai 2018 begehrte die Mitbeteiligte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde der Mitbeteiligten Folge und sprach aus, dass folgender Betankungsschein ausgestellt werde:
„Über Antrag vom 19. Februar 2018 wird der [Mitbeteiligten] als Inhaberin des eingeschränkten Freischeines Nr. [...] gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 Mineralölsteuergesetz 1995 (MinStG) iVm § 2 Abs. 3 Luftfahrtbegünstigungsverordnung (LfbV) die Bewilligung zum unversteuerten Bezug von Luftfahrtbetriebsstoffen aus einem österreichischen Steuerlager und die steuerfreie Verwendung zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen oder Sachen für die Dauer von 27. Februar 2018 bis 26. Februar 2021 für das Luftfahrzeug [...] erteilt. Der Luftfahrtbetriebsstoff ist in direkter Abfolge an das Luftfahrzeug abzugeben. Es ist nicht gestattet, ihn nach Abgabe aus dem Steuerlager und vor der Nutzung als Luftfahrtbetriebsstoff in irgendeiner Form ‚zwischenzulagern‘.“
Weiters sprach das Bundesfinanzgericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
6 In der Begründung führte das Bundesfinanzgericht aus, die Mitbeteiligte habe mit der in Guernsey ansässigen S Ltd, die Eigentümerin eines näher bezeichneten Luftfahrzeugs sei, einen Halterschaftsvertrag über dieses Flugzeug abgeschlossen. Danach sei die Mitbeteiligte als „Operator“ für den wirtschaftlichen Betrieb und Transportdienstleistungen an Dritte verantwortlich und erbringe die Beförderungsleistungen im eigenen Namen. Der Operator sei insbesondere für Buchungsanfragen des Eigentümers und dritter Personen zuständig. Er habe auch dem Eigentümer ein anderes Flugzeug seiner Flotte zur Verfügung zu stellen, wenn es zu Buchungskonflikten oder Wartungsausfällen komme. Weiters sei er mit der Weiterbildung der Crew und der Wartung des Flugzeugs beauftragt. Dem Operator gebühre eine monatliche „Managementgebühr“ iHv 10.000 €. Zusätzlich habe der Eigentümer dem Operator alle Auslagen (Personalkosten und damit zusammenhängende Kosten, Landegebühren, Cateringkosten, Security- und Transportgebühren, Wartungskosten und Ersatzteile, sonstige Kosten im Zusammenhang mit dem Betrieb des Flugzeugs wie Reinigungskosten oder Kosten des Hangars) zu erstatten und dafür eine Kaution iHv 100.000 € zu erlegen. Festgelegt sei, dass der Operator eine von den Chartereinnahmen abhängige Verkaufsprovision iHv 8% des in Rechnung gestellten Bruttobetrags erhalte. Der Operator sei verpflichtet, vor jedem Abschluss eines Chartervertrags mit einem Drittkunden die Zustimmung des Eigentümers einzuholen. Der Operator habe dem Eigentümer innerhalb von zwei Wochen nach Ende eines jeden Kalendermonats eine Liste der Flugzeiten während dieses Monats sowie der Kosten und Auslagen, die der Eigentümer zu tragen habe, zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus habe der Operator dem Eigentümer innerhalb von drei Wochen nach Ablauf eines Kalendermonats eine Rechnung über die monatliche Managementgebühr und allfällige Verkaufsprovisionen sowie der Differenz zwischen den vom Operator den Kunden in Rechnung gestellten Einnahmen und den von Lieferanten in Rechnung gestellten Kosten auszustellen.
7 Mit Bescheid des Zollamts vom 27. Februar 2018 sei der Mitbeteiligten gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 MinStG iVm § 2 Abs. 2 Z 2 LfbV als Luftfahrtunternehmen ein eingeschränkter Freischein erteilt worden. Für den unversteuerten Bezug von Luftfahrtbetriebsstoffen sei daher zusätzlich je begünstigtem Luftfahrzeug ein auf der Grundlage dieses Freischeins ausgestellter gesonderter Betankungsschein gemäß § 2 Abs. 3 iVm Abs. 5 LfbV erforderlich.
8 Im Beobachtungszeitraum August bis Oktober 2017 habe die Mitbeteiligte 36 Flüge durchgeführt, die der in Guernsey ansässigen B Ltd in Rechnung gestellt worden seien. Im August 2017 seien 123.628 € (10 Flüge), im September 2017 53.574 € (13 Flüge) und im Oktober 2017 148.448 € (13 Flüge) unter Angabe des jeweiligen Datums, der Flugroute, der Abflugs- und Ankunftszeit sowie der Flugdauer und der Anzahl der Passagiere verrechnet worden. Seien Passagiere mitgeflogen, sei einer von ihnen immer X gewesen. Die Verrechnung sei pro Flugminute mit einem Gesamtbetrag pro Kalendermonat erfolgt. Die Einnahmen aus diesen Flügen seien den getätigten Ausgaben und der Managementgebühr gegenübergestellt und das Ergebnis (August 2017: Gewinn iHv 23.903,09 €, September 2017: Verlust iHv 52.924 €, Oktober 2017: Verlust iHv 22.156,46 €) monatlich mit der Eigentümerin des Luftfahrzeugs abgerechnet worden. Der Mitbeteiligten sei in jedem Monat die Managementgebühr verblieben. Verkaufsprovisionen seien nicht verrechnet worden.
9 Im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung führte das Bundesfinanzgericht aus, die Mitbeteiligte trage kein eigenes finanzielles Risiko, weil sie für ihre Leistungen ein monatliches Fixum erhalte und sämtliche Kosten an die Eigentümerin des Luftfahrzeugs weiterverrechne. Damit liege eine gewerbsmäßige Betätigung iSd § 4 Abs. 3 MinStG nicht vor.
10 Jedoch könne sich die Mitbeteiligte unmittelbar auf Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG berufen, wonach die Mitgliedstaaten Lieferungen von Energieerzeugnissen zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt befreiten. Unter der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt seien nach dieser Richtlinienbestimmung andere als kommerzielle Zwecke zu verstehen, insbesondere nicht die entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren oder die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen.
11 Aus der geforderten Nutzung eines Luftfahrzeugs für die Luftfahrt folge, dass im Falle der Vermietung oder Vercharterung eines Luftfahrzeugs die Gewährung oder Versagung der in Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG vorgesehenen Befreiung davon abhänge, in welcher Weise das Luftfahrzeug vom Mieter oder Charterer genutzt werde (Hinweis auf EuGH 21.12.2011, C-250/10, Halterschaftsgemeinschaft LBL GbR; VwGH 22.4.2015, Ro 2015/16/0007).
12 Die Mitbeteiligte sei die Halterin des verfahrensgegenständlichen Flugzeugs iSd § 13 Luftfahrtgesetz, sodass ihr die ausschließliche zivil- und luftfahrtrechtliche Verantwortung zukomme. Die Mitbeteiligte sei daher als nutzungsberechtigte juristische Person des Luftfahrzeugs iSd Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG anzusehen. Sie erbringe gemäß dem Halterschaftsvertrag die Flugleistungen als Operator im eigenen Namen und führe die Beförderung von Personen (Waren) im eigenen Namen durch. Der Operator habe die Beförderungsleistung zu bewirken und gegebenenfalls sogar ein anderes Luftfahrzeug bereitzustellen. Dass der Operator vor Abschluss eines Chartervertrags mit Drittkunden im Innenverhältnis die Zustimmung des Eigentümers einholen müsse, vermöge an dessen ausschließlicher Nutzungsberechtigung nichts zu ändern.
13 Ob die Kunden des Operators und die Eigentümerin des Luftfahrzeugs direkt oder indirekt derselben natürlichen oder juristischen Person zuzuordnen seien, sei ohne Belang. Selbst wenn der Operator demselben Konzern angehören würde, wäre eine gewerbsmäßige Personenbeförderung denkbar (Hinweis auf BFH 8.7.2014, VII R 9/13; VwGH 22.4.2015, Ro 2015/16/0007).
14 Zu prüfen bleibe daher, ob die Mitbeteiligte unmittelbar eine entgeltliche Luftfahrtdienstleistung erbringe. Der Begriff „Luftfahrt“ in Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG verlange, dass die entgeltliche Dienstleistung unmittelbar mit dem Flug des Luftfahrzeugs zusammenhänge (Hinweis auf EuGH 1.12.2011, C-79/10, Systeme-Helmholz GmbH, Rn. 21).
15 Die Durchführung der Flüge für die B Ltd und die Beförderung des X stellten wie die Beförderung etwaiger anderer Kunden eine entgeltliche Erbringung von Luftfahrtdienstleistungen durch die Mitbeteiligte dar, die den Kunden von der Mitbeteiligten für jede erbrachte Flugminute in Rechnung gestellt werde. Für die in Rechnung gestellten Flugleistungen behalte sich die Mitbeteiligte für ihre Leistungen ein pauschales Entgelt von 10.000 € monatlich ein, was im Beobachtungszeitraum von August bis Oktober 2017 ca. 9,2% des Umsatzes entspreche. Der Restbetrag werde abzüglich der entstandenen Kosten an die Eigentümerin des Luftfahrzeugs überwiesen. Die Höhe dieser monatlichen Managementgebühr indiziere eine mit der Personenbeförderung verbundene kommerzielle Zweckverfolgung, da sie es dem Erbringer der Luftfahrtdienstleistung ermögliche, am Markt zu bestehen, zumal das Entgelt im Beobachtungszeitraum prozentuell höher gewesen sei, als die Provision iHv 8% bei der Durchführung von Charterflügen von Drittkunden.
16 Das Bundesfinanzgericht sei daher der Ansicht, dass die Mitbeteiligte als nutzungsberechtigte juristische Person Luftfahrtdienstleistungen des Entgelts wegen erbringe, somit eine entgeltliche Beförderung von Passagieren und eine entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen durchführe und das Luftfahrzeug für kommerzielle Zwecke nutze, sodass ihr auf Grundlage des eingeschränkten Freischeins Luftfahrt ein gesonderter Betankungsschein auszustellen sei.
17 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision des Zollamts, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Einleitung des Vorverfahrens (§ 36 VwGG) und Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch die Mitbeteiligte erwogen hat:
18 Gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
19 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden; er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
20 In der außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit zusammengefasst vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, was unter „sonstigen gewerbsmäßigen Dienstleistungen“ iSd § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG und unter dem Begriff „kommerziell“ iSd Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG zu verstehen sei. Das angefochtene Erkenntnis stehe nicht im Einklang mit der Judikatur des EuGH, wonach die Steuerbefreiung des Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG daran anknüpfe, dass der Kraftstoff für ein Luftfahrzeug verwendet werde, das unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrtdienstleistungen diene. Solche unmittelbar mit dem Flug des Luftfahrzeugs zusammenhängende entgeltliche Dienstleistungen lägen im revisionsgegenständlichen Fall nicht vor, schulde die Mitbeteiligte doch nicht als Operator in eigener Verantwortung die Beförderung von Passagieren (Waren), sondern erbringe sie lediglich mit der Haltung und dem Betrieb von Luftfahrzeugen zusammenhängende Dienstleistungen. Das Bundesfinanzgericht habe selbst die Gewerbsmäßigkeit gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG verneint. Da Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG nicht weiter gefasst sei, könne die Befreiung auch nicht unmittelbar auf diese Richtlinienbestimmung gestützt werden.
21 Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.
22 § 4 des Bundesgesetzes, mit dem die Mineralölsteuer an das Gemeinschaftsrecht angepasst wird - Mineralölsteuergesetz 1995 (im Folgenden: MinStG), BGBl. Nr. 630/1994 idF BGBl. I Nr. 117/2016, lautete auszugsweise wie folgt:
„Steuerbefreiungen
§ 4. (1) Von der Mineralölsteuer sind befreit:
1. Mineralöl, das als Luftfahrtbetriebsstoff an Luftfahrtunternehmen aus Steuerlagern oder Zolllagern abgegeben wird und unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen dient; als Luftfahrt-Dienstleistungen gelten die gewerbsmäßige Beförderung von Personen oder Sachen und sonstige gewerbsmäßige Dienstleistungen, die mittels eines Luftfahrzeuges unmittelbar an den Kunden des Luftfahrtunternehmens erbracht werden;
[...]
(2) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, durch Verordnung
1. [...]
[...]
5. die steuerfreie Verwendung von Luftfahrtbetriebsstoffen nach Abs. 1 Z 1 [...] zu regeln und die dazu notwendigen Verfahrensvorschriften zu erlassen.
(3) Gewerbsmäßigkeit im Sinne des Abs. 1 Z 1 und 2 liegt vor, wenn die mit Luft- oder Wasserfahrzeugen gegen Entgelt ausgeübte Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird und der Unternehmer auf eigenes Risiko und eigene Verantwortung handelt.“
23 § 12 MinStG, BGBl. Nr. 663/1994 idF BGBl. I Nr. 117/2016, lautete auszugsweise wie folgt:
„Freischein, Ausstellung
§ 12. (1) Wer Mineralöl
1. der im § 4 Abs. 1 Z 1 bezeichneten Art oder
2. [...]
steuerfrei verwendet will, bedarf einer Bewilligung (Freischein).
(2) Freischeine sind auf Antrag des Inhabers des Betriebes, in dem das Mineralöl verwendet werden soll (Verwendungsbetrieb) oder eines Unternehmens im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 1 auszustellen, wenn kein Ausschließungsgrund (Abs. 3) vorliegt.
[...]“
24 Die - aufgrund des § 4 Abs. 2 Z 5 MinStG ergangene - Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur näheren Regelung der steuerbegünstigten Verwendung von Luftfahrtbetriebsstoffen - Luftfahrtbegünstigungsverordnung (im Folgenden: LfbV), BGBl. II Nr. 185/2017, lautete auszugsweise wie folgt:
„Definitionen
§ 1. In dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
1. [...]
[...]
4. ‚Luftfahrtunternehmen‘ Luftverkehrsunternehmen im Sinne des Luftfahrtgesetzes sowie sonstige Unternehmen, die über eine Berechtigung zur entgeltlichen Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen verfügen:
5. ‚Freischein Luftfahrt‘ (§ 2 Abs. 2) die Bewilligung zur steuerfreien Verwendung von Luftfahrtbetriebsstoffen nach § 12 Abs. 1 Z 1 MinStG für nach § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG begünstigte Luftfahrtunternehmen. Je nach Bewilligungsumfang ist dieser nach § 2 Abs. 2 dieser Verordnung als globaler, eingeschränkter oder Einzelfreischein auszustellen. Im Falle von § 2 Abs. 2 Z 1 (globaler Freischein) und Z 3 (Einzelfreischein) ist der Freischein als solcher auch Betankungsschein. Im Falle von § 2 Abs. 2 Z 2 (eingeschränkter Freischein) ist für nach § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG begünstigte Luftfahrzeuge jeweils ein gesonderter Betankungsschein auszustellen (§ 2 Abs. 3);
6. ‚Betankungsschein‘ (§ 2 Abs. 3) die Bewilligung zur steuerfreien Verwendung von Luftfahrtbetriebsstoffen nach § 12 Abs. 1 Z 1 MinStG für nach § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG begünstigte Luftfahrzeuge.
Bewilligungsarten
§ 2. (1) Die unversteuerte Abgabe von Luftfahrtbetriebsstoffen setzt einen Freischein Luftfahrt für das nach § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG begünstigte Luftfahrtunternehmen samt gültigem Betankungsschein für das Luftfahrzeug voraus, in das die Luftfahrtbetriebsstoffe nach § 15 Abs. 3 MinStG abgegeben werden und von dem sie verwendet werden.
(2)
1. [...]
2. Eingeschränkter Freischein: Mit einem eingeschränkten Freischein wird einem Luftfahrtunternehmen die steuerfreie Verwendung von Luftfahrtbetriebsstoffen im Bedarfsflugverkehr bewilligt. Die Bewilligung umfasst nur jene Luftfahrzeuge, deren ausschließliche Nutzung in der gewerbsmäßigen Luftfahrt nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden kann. Das Zollamt kann in berücksichtigungswürdigen Einzelfällen Ausnahmen von der ausschließlichen gewerbsmäßigen Nutzung gewähren, wenn durch die Ausnahme Steuerbelange nicht beeinträchtigt werden, insbesondere die bestimmungsgemäße Verwendung der Luftfahrtbetriebsstoffe sichergestellt werden kann.
3. [...]
(3) Mit einem Betankungsschein wird dem Inhaber eines Freischeines Luftfahrt nach Abs. 2 der unversteuerte Bezug von Luftfahrtbetriebsstoffen für das betreffende Luftfahrzeug sowie deren steuerfreie Verwendung bewilligt. [...] Im Falle von Abs. 2 Z 2 (eingeschränkter Freischein) ist auf Grundlage des Freischeins Luftfahrt für jedes einzelne Luftfahrzeug der unversteuerte Bezug und die steuerfreie Verwendung durch einen gesonderten Betankungsschein zu bewilligen. Solche gesondert ausgestellten Betankungsscheine sind zu befristen (Höchstdauer drei Jahre). Auf Antrag des Freischeininhabers ist eine Verlängerung um jeweils bis zu drei Jahre möglich. § 14 MinStG ist auf derartige Verlängerungen sinngemäß anzuwenden.
(4) [...]
(5) Im gesonderten Betankungsschein sind insbesondere anzugeben:
1. Verweis auf den Freischein Luftfahrt;
2. der Name (die Firma) und die Anschrift des zum unversteuerten Bezug und zur steuerfreien Verwendung berechtigten Luftfahrtunternehmens;
3. Angaben zum Luftfahrzeug (Registrierung des Luftfahrzeuges, Herstellerbezeichnung, Seriennummer);
4. gegebenenfalls eine Beschreibung der begünstigten Luftfahrt-Dienstleistung;
5. der Zeitraum, innerhalb dessen Luftfahrtbetriebsstoffe unversteuert bezogen und steuerfrei verwendet werden dürfen.
Bewilligungserteilung
§ 3. (1) Der Antragsteller hat die Voraussetzungen für die Ausstellung des Freischeines Luftfahrt einschließlich Betankungsschein darzulegen und nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen. Jedenfalls ist die gewerbsmäßige Luftfahrt-Dienstleistung zu beschreiben und anzugeben, welche Art Freischein Luftfahrt beantragt wird.
(2) [...]
[...]
(5) Zur Erlangung eines gesonderten Betankungsscheines (§ 2 Abs. 3) ist der Freischein Luftfahrt, zu dem der Betankungsschein ausgestellt werden soll, anzugeben und die ausschließliche Nutzung des betreffenden Luftfahrzeugs in der gewerbsmäßigen Luftfahrt nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. Weiters ist die Dauer anzugeben, für die der Betankungsschein ausgestellt werden soll. Die Befristung endet jedenfalls zum Zeitpunkt des Ablaufs des betreffenden Freischeins Luftfahrt.
(6) [...]“
25 Im Revisionsfall ist strittig, ob das Bundesfinanzgericht der Mitbeteiligten zu Recht für das verfahrensgegenständliche Luftfahrzeug einen gesonderten Betankungsschein iSd § 2 Abs. 3 LfbV für den steuerfreien Bezug von Mineralöl iSd § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG ausgestellt hat.
26 § 4 Abs. 1 Z 1 MinStG ist unionsrechtskonform iSd Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom, ABl. L 283 vom 31. Oktober 2003, auszulegen (vgl. VwGH 22.4.2015, Ro 2015/16/0007).
27 Art. 14 der Richtlinie 2003/96/EG lautet:
„(1) Über die allgemeinen Vorschriften für die steuerbefreite Verwendung steuerpflichtiger Erzeugnisse gemäß der Richtlinie 92/12/EWG hinaus und unbeschadet anderer Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen, die sie zur Sicherstellung der korrekten und einfachen Anwendung solcher Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und -vermeidung oder Missbrauch festlegen, die nachstehenden Erzeugnisse von der Steuer:
a) [...]
b) Lieferungen von Energieerzeugnissen zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt.
Im Sinne dieser Richtlinie ist unter der ‚privaten nichtgewerblichen Luftfahrt‘ zu verstehen, dass das Luftfahrzeug von seinem Eigentümer oder der durch Anmietung oder aus sonstigen Gründen nutzungsberechtigten natürlichen oder juristischen Person für andere als kommerzielle Zwecke und insbesondere nicht für die entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen oder für behördliche Zwecke genutzt wird.
[...]“
28 Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG bezieht sich auf eine bestimmte Art der Nutzung eines Luftfahrzeugs, und zwar auf die Nutzung für die Luftfahrt, mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt.
29 Daraus folgt nach der Rechtsprechung des EuGH, dass im Falle der Vermietung oder Vercharterung eines Luftfahrzeugs die Gewährung oder Versagung der in Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG vorgesehenen Befreiung davon abhängt, in welcher Weise der Mieter oder Charterer das Luftfahrzeug nutzt (vgl. EuGH 21.12.2011, C-250/10, Halterschaftsgemeinschaft LBL GbR, Rn. 22; sowie VwGH 22.4.2015, Ro 2015/16/0007).
30 Im revisionsgegenständlichen Fall ist somit die Art der Nutzung des Luftfahrzeugs durch die Mitbeteiligte maßgebend, ist sie es doch, die aufgrund des mit der S Ltd abgeschlossenen Halterschaftsvertrags und somit als die „aus sonstigen Gründen“ nutzungsberechtigte juristische Person iSd Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG das verfahrensgegenständliche Luftfahrzeug für die Luftfahrt nutzt.
31 Daran vermag, wie das Bundesfinanzgericht zu Recht ausführt, die aus dem Halterschaftsvertrag resultierende Verpflichtung der Mitbeteiligten, vor Abschluss eines Beförderungsvertrags mit einem Dritten die Zustimmung des Eigentümers einzuholen, nichts zu ändern, ist die Mitbeteiligte doch aufgrund des mit der S Ltd abgeschlossenen Halterschaftsvertrags für den Flugbetrieb, den Abschluss von Beförderungsverträgen und die Erbringung von Transportdienstleistungen an Dritte zuständig. Auch gehen die Verfahrensparteien übereinstimmend davon aus, dass die Mitbeteiligte die Halterin des Luftfahrzeugs iSd § 13 Luftfahrtgesetz ist und damit die zivil- und luftfahrtrechtliche Verantwortung für das Luftfahrzeug trägt.
32 Nach der Rechtsprechung des EuGH folgt aus dem Ausdruck „nicht für die entgeltliche Beförderung von Passagieren oder Waren oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen“ in Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG, dass bei der Luftfahrt, die unter die Befreiung fällt, der Kraftstoff für ein Luftfahrzeug verwendet wird, das unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrtdienstleistungen dient. Der Begriff „Luftfahrt“ verlangt somit, dass die entgeltliche Dienstleistung unmittelbar mit dem Flug des Luftfahrzeugs zusammenhängt (vgl. EuGH C-79/10, Systeme Helmholz GmbH, Rn. 21, mwN).
33 Das Bundesfinanzgericht ist im angefochtenen Erkenntnis aufgrund des mit der S Ltd abgeschlossenen Halterschaftsvertrags und der für den Beobachtungszeitraum August bis Oktober 2017 vorgelegten Unterlagen zum Ergebnis gelangt, dass die Mitbeteiligte mit dem verfahrensgegenständlichen Luftfahrzeug entgeltliche Luftfahrtdienstleistungen, nämlich die Beförderung von Personen (Waren) im eigenen Namen erbringt. Die Durchführung der Flüge für die B Ltd und die Beförderung des X seien wie die Beförderung etwaiger anderer Kunden entgeltliche Luftfahrtdienstleistungen, die den Kunden von der Mitbeteiligten für jede erbrachte Flugminute in Rechnung gestellt würden.
34 In der Revision wird dagegen vorgebracht, es fehle an einer entgeltlichen Leistungserbringung durch die Mitbeteiligte, weil diese kein finanzielles Risiko trage, sondern alle Aufwendungen (abzüglich der erzielten Einnahmen) an die Eigentümerin des Luftfahrzeugs weiterverrechne und ihr nur die Managementgebühr verbleibe.
35 Dem ist, worauf in der Revisionsbeantwortung zu Recht hingewiesen wird, entgegen zu halten, dass zwischen den Flugleistungen, die die Mitbeteiligte im eigenen Namen an ihre Kunden gegen Verrechnung eines entsprechenden Entgelts erbringt und den an die S Ltd erbrachten und mit der Managementgebühr abgegoltenen Dienstleistungen unterschieden werden muss. Der Umstand, dass die Mitbeteiligte nicht das Risiko für den wirtschaftlichen Betrieb des Luftfahrzeugs trägt, vermag an der Qualifikation der an die Kunden erbrachten Leistungen als entgeltliche Luftfahrtdienstleistungen nichts zu ändern. So hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 22. April 2015, Ro 2015/16/0007, zum Ausdruck gebracht, dass auch dann eine entgeltliche Luftfahrtdienstleistung vorliegen kann, wenn Flugleistungen zwischen Konzerngesellschaften gegen Kostenerstattung mit Gewinnaufschlag verrechnet werden (und damit der Erbringer der Luftfahrtdienstleistung kein finanzielles Risiko trägt).
36 Dass die Mitbeteiligte ihren Kunden die nach Flugminuten abgerechneten Flugleistungen nicht oder gegen ein zu geringes Entgelt erbracht hätte, wird in der Revision nicht behauptet. Damit ist dem Bundesfinanzgericht aber nicht entgegen zu treten, wenn es die von der Mitbeteiligten an ihre Kunden erbrachten und verrechneten Flugleistungen als unmittelbar mit dem Flug des Luftfahrzeugs zusammenhängende entgeltliche Luftfahrtdienstleistungen der Mitbeteiligten beurteilt hat.
37 In der Revision wird weiters vorgebracht, dass sowohl die Eigentümerin des Luftfahrzeugs, die S Ltd, als auch die B Ltd, an welche die Flugleistungen im Beobachtungszeitraum verrechnet worden seien, im Besitz derselben Person stünden und das „Dazwischenschalten“ eines Halters bzw. Operator nicht dazu führen könne, dass der Eigentümer des Luftfahrzeugs einen Steuervorteil beanspruchen könne, der im nicht zustünde, würde er das Luftfahrzeug selbst betreiben.
38 Dazu ist zunächst auszuführen, dass es grundsätzlich jedermann freisteht, innerhalb der gesetzlichen Grenzen seine Rechtsverhältnisse und wirtschaftlichen Beziehungen so zu gestalten, dass eine möglichst geringe Abgabenbelastung erreicht wird (vgl. etwa VwGH 6.11.1991, 89/13/0093).
39 Auch hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 22. April 2015, Ro 2015/16/0007, dem Argument, wonach durch die Konstruktion von (konzerninternen) Geschäftsmodellen und Verrechnungen die Anwendung der Richtlinie 2003/96/EG zu einer allgemeinen Steuerbefreiung führen könne, die anderen Steuerpflichtigen, die nicht die Möglichkeit zur Zwischenschaltung einer (Tochter-)Gesellschaft hätten, versagt bleibe, eine Absage erteilt und auf die Ausführungen des EuGH in seinem Urteil Systeme Helmholz GmbH (aaO, Rn. 22) verwiesen, wonach schon die Kommission in ihrem Richtlinienvorschlag bei der Steuerbefreiung für Kraftfahrstoff, der für die Luftfahrt verwendet werde, lediglich zwischen kommerzieller und privater Luftfahrt unterschieden habe.
40 Dass im revisionsgegenständlichen Fall die Voraussetzungen für die Annahme einer missbräuchlichen Gestaltung vorlägen, wird auch in der Revision nicht behauptet.
41 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
42 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 1. September 2022
Gerichtsentscheidung
EuGH 62010CJ0079 Systeme Helmholz VORABSchlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4 Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019160104.L00Im RIS seit
04.10.2022Zuletzt aktualisiert am
04.10.2022