TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/19 96/19/0592

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Veröffentlicht am 19.04.1996
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 idF 1995/351 §2 Abs3 Z4;
AufG 1992 idF 1995/351 §6 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
MRK Art8 Abs1;
MRK Art8;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/19/0613

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerden

1. des mj. O B und 2. des mj. A B, beide in W, beide vertreten durch den Vater I B, dieser vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres je vom 5. Jänner 1996, 1. Zl. 102.645/5-III/11/96 und

2. Zl. 102.645/4-III/11/96, je betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden des Bundesministers für Inneres je vom 5. Jänner 1996 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 und 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 und Z. 6 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß unbeschadet des Vorbringens der Beschwerdeführer bei der Beurteilung ihres Antrages allein maßgeblich sei, daß § 5 Abs. 1 AufG zwingend die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ausschließe, wenn ein Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des Fremdengesetzes vorliege. Feststehe, daß die Beschwerdeführer sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet eingereist seien und sich bereits längere Zeit illegal in Österreich aufgehalten hätten. Dies werde insbesondere durch die von ihnen vorgelegten Schulbesuchsbestätigungen dokumentiert. Die Tatsache des unerlaubten Aufenthaltes der Beschwerdeführer im Bundesgebiet stelle eine Gefährdung für die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit dar, weil deren Verhalten auf andere Fremde durchaus Beispielwirkung haben könne.

Weiters sei aufgrund der Aktenlage zu ersehen, daß die Anträge der Beschwerdeführer von deren Vater bei der österreichischen Botschaft in Preßburg eingereicht worden seien. Da sich die Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt bereits im Bundesgebiet aufgehalten hätten, sei das Erfordernis des § 6 Abs. 2 AufG nicht erfüllt und könne auch aus diesem Grunde keine Bewilligung erteilt werden.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof machen die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und (erkennbar) Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie erachten sich in ihren Rechten auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung und auf Durchführung eines mängelfreien Verfahrens verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen, persönlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen Beschwerden erwogen:

Nach dem Beschwerdevorbringen sind die Beschwerdeführer im Jahr 1993 nicht unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich gekommen, sondern es sei ihnen die Einreise im Hinblick auf das Erdbeben (in der Türkei) von den Grenzkontrollorganen am Flughafen in Schwechat, wohin sie ohne Begleitpersonen aus der Türkei (ihre Eltern befanden sich bereits in Österreich) gekommen waren, gestattet worden. Daß die Grenzkontrollorgane dies nicht in Form eines Sichtvermerkes in ihren Reisepässen bestätigt hätten, könne ihnen nicht zum Nachteil gereichen. Ihr Vater habe daher unmittelbar nach ihrer Einreise die erforderlichen Anträge auf Erteilung eines Sichtvermerkes bei der Bundespolizeidirektion Wien gestellt. Nach deren Abweisung seien die vorliegenden Anträge - wie sich aus den bekämpften Bescheiden ergibt - am 3. Jänner 1995 bei der österreichischen Botschaft in Preßburg gestellt worden.

Schon aufgrund dieses Beschwerdevorbringens ergibt sich, daß die Beschwerdeführer eine Bewilligung für ihren Aufenthalt im Inland nicht hatten - die formlose Gestattung der Einreise durch das Grenzkontrollorgan vermochte den Beschwerdeführern keine Aufenthaltsbewilligung zu verschaffen -, sodaß sie gemäß § 6 Abs. 2 AufG (in der hier anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995) zur Antragstellung aus dem Ausland verpflichtet waren. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. August 1995, Zl. 95/19/0638 mwN) entspricht jedoch die Stellung eines Antrages auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vom Ausland aus durch einen Vertreter des Fremden bei gleichzeitigem Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet - wie er hier unbestritten vorliegt - nicht dem Gesetz, sodaß schon aus diesem Grunde die Abweisung der Anträge der Beschwerdeführer durch die belangte Behörde nicht als rechtswidrig angesehen werden kann. Soweit sich die Beschwerdeführer auf die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides in Kraft stehende Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 berufen, ist ihnen zu entgegnen, daß gemäß § 3 Z. 3 der in Rede stehenden Verordnung lediglich solche Familienangehörige von Personen, für die eine Arbeitserlaubnis ausgestellt ist, zur Antragstellung im Inland berechtigt sind, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 96/19/0161). Die Erfüllung dieser Voraussetzung wird jedoch von den Beschwerdeführern nicht einmal behauptet. Da sie auch die übrigen Ausnahmebestimmungen des § 6 Abs. 2 AufG für sich nicht in Anspruch nehmen können, hatte die Nichterfüllung der Voraussetzung des § 6 Abs. 2 AufG zwingend die Abweisung ihrer Anträge nach sich zu ziehen (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 22. Februar 1996).

Im Hinblick auf Art. 8 MRK ist noch auszuführen, daß der Gesetzgeber der Aufenthaltsgesetz-Novelle 1995 mit den Bestimmungen des § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG und des § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG sowie der darin enthaltenen - von der Bundesregierung auch genützten - Verordnungsermächtigung jedenfalls in Ansehung von Angehörigen von Fremden, die eine Arbeitserlaubnis besitzen, bereits auf die durch die in Rede stehende Bestimmung der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützten Rechtsgüter Bedacht genommen hat. Gegen die in § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG enthaltene Determinierung der Verordnungsermächtigung, wonach nur jene Familienangehörige von Inhabern einer Arbeitserlaubnis zur Antragstellung im Inland ermächtigt werden können, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten, bestehen beim Verwaltungsgerichtshof keine verfassungsrechtlichen Bedenken aus dem Grunde des Art. 8 Abs. 1 MRK (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 22. Februar 1996).

Da bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung jeweils nicht vorliegt, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996190592.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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