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82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;Norm
PsychotherapieG §26 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde der H in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom 22. Februar 1994, Zl. 279.728/0-II/D/14/94, betreffend Eintragung in die Psychotherapeutenliste, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund ist schuldig, der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. Februar 1994 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 10. September 1992 auf Eintragung in die Psychotherapeutenliste gemäß § 26 Abs. 3 des Psychotherapiegesetzes, BGBl. Nr. 361/1990, abgewiesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, erklärte in ihrem Schreiben vom 6. Juli 1994, eine Gegenschrift nicht zu erstatten, und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde führte im angefochtenen Bescheid - nach ausführlicher Darstellung der Rechtslage - im wesentlichen aus, daß sie über den Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 26 Abs. 1 in Verbindung mit § 17 Abs. 5 und § 21 Abs. 1 Z. 7 PsychotherapieG ein Sachverständigengutachten des Psychotherapiebeirates eingeholt habe. In seinem Gutachten vom 17. November 1992 habe dieser dargelegt, daß auf Grund der von der Beschwerdeführerin beigebrachten Nachweise von einer inhaltlich der Psychotherapieausbildung gleichzuhaltenden psychotherapeutischen Qualifikation im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. nicht ausgegangen werden könne. Die psychotherapeutische Qualifikation setze eine entsprechende berufliche Tätigkeit voraus, wobei die für die Qualifikation notwendige Ausbildung im Sinne des § 1 Abs. 1 leg. cit. definiert werde. Wesentlich sei dabei, daß das PsychotherapieG auf eine "vermittelte Kompetenz" bei der Behandlung von Leidenszuständen und Verhaltensstörungen, also insbesondere bei Krankheiten, durch eine Ausbildung mit wissenschaftlich-psychotherapeutischen Methoden abstelle. Wesentliche Elemente dieser Ausbildungsqualifikation seien absolvierte Theorie, Selbsterfahrung und Supervision. In diesen Bereichen müsse jedenfalls, um den genannten Kriterien einer Krankenbehandlung etc. entsprechen zu können, eine eindeutige, nachvollziehbare, psychotherapeutisch-wissenschaftliche Kompetenz erworben und ausgeübt worden sein. Hiebei sei nach den gesetzlichen Bestimmungen die Absolvierung einer bestimmten (näher genannten) Stundenanzahl erforderlich. Weiters sei inhaltlich zu fordern, daß eine Psychotherapieausbildung zumindest in einer eigenständigen Methode erfolgt sein müsse, um so die für eine bewußte und geplante Behandlung von psychosozial oder auch psychosomatisch bedingten Verhaltensstörungen und Leidenszuständen mit wissenschaftlich-psychotherapeutischen Methoden notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt zu erhalten. Aus dem Gutachten des Psychotherapiebeirates ergebe sich schlüssig und nachvollziehbar, daß die Beschwerdeführerin keine ausreichenden psychotherapeutisch-spezifisch theoretischen Kenntnisse nachweisen habe können und auch der Nachweis ausreichender psychotherapeutischer Supervision und psychotherapeutischer Praxis nicht gelungen sei. Darüber hinaus könne auch inhaltlich von einer Gleichwertigkeit der von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Unterlagen mit der nach Absolvierung einer Psychotherapieausbildung verbundenen Qualifikation nicht ausgegangen werden. Aus dem Gutachten ergebe sich auch, daß sie eine ausreichende kontinuierliche Selbsterfahrung nicht nachgewiesen habe. Das Gutachten sei ihr zur Stellungnahme vorgelegt worden, sie habe sich hiezu nicht geäußert. Mangels ausreichender Ausbildungs- und Tätigkeitsnachweise sei daher ihr Antrag abzuweisen.
Die Beschwerdeführerin wendet demgegenüber im wesentlichen ein, daß sie mit ihrem Antrag nicht nur diverse (näher bezeichnete) Unterlagen vorgelegt, sondern auch detailliertes Vorbringen über ihre theoretische Ausbildung und praktische Tätigkeit erstattet habe, woraus hervorgehe, daß sie die Erfordernisse des § 26 Abs. 1 PsychotherapieG erfülle. Das von der Behörde beigeschaffte Gutachten habe sich nur mit einem Teil des Vorbringens der Beschwerdeführerin, nämlich soweit hiezu Urkunden vorgelegt worden waren, auseinandergesetzt. Auch die belangte Behörde sei nicht auf das gesamte Vorbringen der Beschwerdeführerin eingegangen und habe ihre tatsächlich erlangten Kenntnisse und ausgeübte praktische Tätigkeit nicht vollständig berücksichtigt. Derart könne es der Beschwerdeführerin auch nicht als Verletzung der Mitwirkungspflicht angelastet werden, wenn sie eine Stellungnahme zum Gutachten, das sich nur mit einem Teil des Antragsvorbringens auseinandergesetzt habe, nicht abgegeben habe. Allenfalls hätte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin auffordern müssen, weitere erforderliche Bescheinigungs- oder Beweismittel beizubringen.
Gemäß § 26 Abs. 1 PsychotherapieG hatte der Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz nach Anhörung des Psychotherapiebeirates bis längstens 30. Juni 1993 auch jene Personen in die Psychotherapeutenliste einzutragen, die (Z. 1) auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit eine psychotherapeutische Qualifikation im Sinne des § 1 Abs. 1, die inhaltlich einer nach diesem Bundesgesetz absolvierten Psychotherapieausbildung gleichzuhalten ist, erworben haben.
§ 1 Abs. 1 PsychotherapieG definiert die Ausübung der Psychotherapie im Sinne dieses Bundesgesetzes als die nach einer allgemeinen und besonderen Ausbildung erlernte, umfassende, bewußte und geplante Behandlung von psychosozial oder auch psychosomatisch bedingten Verhaltensstörungen und Leidenszuständen mit wissenschaftlich-psychotherapeutischen Methoden in einer Interaktion zwischen einem oder mehreren Behandelten und einem oder mehreren Psychotherapeuten mit dem Ziel, bestehende Symptome zu mildern oder zu beseitigen, gestörte Verhaltensweisen und Einstellungen zu ändern und die Reifung, Entwicklung und Gesundheit des Behandelten zu fördern.
Nach § 2 PsychotherapieG hat die theoretische und praktische Ausbildung zum Psychotherapeuten in einem allgemeinen Teil (psychotherapeutisches Propädeutikum) und in einem besonderen Teil (psychotherapeutisches Fachspezifikum) zu erfolgen.
§ 3 PsychotherapieG, der den Inhalt des psychotherapeutischen Propädeutikums regelt, lautet:
"(1) Der theoretische Teil hat in einer Gesamtdauer von zumindest 765 Stunden jedenfalls folgende Inhalte zu umfassen:
1. Grundlagen und Grenzbereiche der Psychotherapie einschließlich der Supervision, insbesondere eine Einführung in die Problemgeschichte und Entwicklung der psychotherapeutischen Schulen, in die tiefenpsychologischen, systemischen, lerntheoretischen und kommunikationstheoretischen Konzepte in der Dauer von zumindest 120 Stunden, in die Persönlichkeitstheorien in der Dauer von zumindest 30 Stunden, in die allgemeine Psychologie und die Entwicklungspsychologie in der Dauer von zumindest 60 Stunden, in die Rehabilitation und die Sonder- und Heilpädagogik in der Dauer von zumindest 30 Stunden, in die psychologische Diagnostik und Begutachtung in der Dauer von zumindest 60 Stunden und in die psychosozialen Interventionsformen in der Dauer von zumindest 60 Stunden;
2. Grundlagen der Somatologie und Medizin, insbesondere eine Einführung in die medizinische Terminologie in der Dauer von zumindest 30 Stunden, in die klinischen Sonderfächer der Medizin unter besonderer Berücksichtigung der Psychiatrie, der Psychopathologie und der Psychosomatik aller Altersstufen, vor allem im Hinblick auf die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie und die Gerontopsychotherapie in der Dauer von zumindest 120 Stunden, in die Pharmakologie unter besonderer Berücksichtigung der Psychopharmakologie und der psychotropen Wirkung von Pharmaka in der Dauer von zumindest 45 Stunden und in die Erste Hilfe in der Dauer von zumindest 15 Stunden;
3. Grundlagen der Forschungs- und Wissenschaftsmethodik in der Dauer von zumindest 75 Stunden;
4.
Fragen der Ethik in der Dauer von zumindest 30 Stunden;
5.
Rahmenbedingungen für die Ausübung der Psychotherapie, insbesondere eine Einführung in die institutionellen, gesundheitsrechtlichen und psychosozialen Rahmenbedingungen in der Dauer von zumindest 90 Stunden.
(2) Der praktische Teil hat in einer Gesamtdauer von zumindest 550 Stunden jedenfalls folgende Inhalte zu umfassen:
1. Einzel- oder Gruppenselbsterfahrung in der Dauer von zumindest 50 Stunden;
2. Praktikum im Umgang mit verhaltensgestörten oder leidenden Personen in einer im psychosozialen Feld bestehenden Einrichtung des Gesundheits- oder Sozialwesens unter fachlicher Anleitung und Aufsicht des Leiters dieser Einrichtung oder eines Stellvertreters in der Dauer von zumindest 480 Stunden samt
3. begleitender Teilnahme an einer Praktikumssupervision in Dauer von zumindest 20 Stunden."
§ 6 PsychotherapieG, der den Inhalt des psychotherapeutischen Fachspezifikums regelt, lautet:
"(1) Der theoretische Teil hat in einer Gesamtdauer von zumindest 300 Stunden, wobei zumindest 50 Stunden für eine Schwerpunktbildung in den unter Z. 1 bis 3 genannten Bereichen je nach methodenspezifischer Ausrichtung vorzusehen sind, jedenfalls folgende Inhalte zu umfassen:
1. Theorie der gesunden und der psychopathologischen Persönlichkeitsentwicklung in der Dauer von zumindest 60 Stunden;
2. Methodik und Technik in der Dauer von zumindest 100 Stunden;
3. Persönlichkeits- und Interaktionstheorien in der Dauer von zumindest 50 Stunden;
4. psychotherapeutische Literatur in der Dauer von zumindest 40 Stunden.
(2) Der praktische Teil hat in einer Gesamtdauer von zumindest 1.600 Stunden, wobei zumindest 100 Stunden für eine Schwerpunktbildung in den unter Z. 1 und 4 genannten Bereichen je nach methodenspezifischer Ausrichtung vorzusehen sind, jedenfalls folgende Inhalte zu umfassen:
1. Lehrtherapie, Lehranalyse, Einzel- oder Gruppenselbsterfahrung in der Dauer von zumindest 200 Stunden;
2. Erwerb praktischer psychotherapeutischer Kenntnisse und Erfahrungen im Umgang sowohl mit verhaltensgestörten als auch leidenden Personen unter fachlicher Anleitung eines zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie berechtigten Psychotherapeuten durch ein Praktikum in einer im psychotherapeutisch-psychosozialen Feld bestehenden Einrichtung des Gesundheits- oder Sozialwesens in der Dauer von zumindest 550 Stunden, davon zumindest 150 Stunden innerhalb eines Jahres in einer facheinschlägigen Einrichtung des Gesundheitswesens, samt
3. begleitender Teilnahme an einer Praktikumssupervision in der Dauer von zumindest 30 Stunden;
4. psychotherapeutische Tätigkeit mit verhaltensgestörten oder leidenden Personen in der Dauer von zumindest 600 Stunden, die unter begleitender Supervision in der Dauer von zumindest 120 Stunden zu erfolgen hat."
Die Entscheidung über ein Eintragungsbegehren nach § 26 Abs. 1 PsychotherapieG erfordert nach der Z. 1 dieser Bestimmung einen Vergleich der von einer Person "auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit" erlangten psychotherapeutischen Qualifikation mit jener, die durch eine nach dem PsychotherapieG absolvierte Ausbildung erlangt wird. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. April 1994, Zlen. 93/11/0125, 94/11/0074), daß auch frühere Ausbildungen zur Erlangung von Kenntnissen und Erfahrungen in den in den §§ 3 und 6 leg. cit. genannten Bereichen zu berücksichtigen sind. Je nach Umfang und Intensität einer solchen Ausbildung würde es zusätzlich einer entsprechend längeren oder kürzeren einschlägigen Berufstätigkeit bedürfen, um beim Antragsteller eine Qualifikation, wie sie eine Ausbildung nach dem PsychotherapieG vermittelt, annehmen zu können. Für den Anwendungsbereich des § 26 Abs. 1 leg. cit. gilt es daher, die auf einschlägiger Ausbildung einerseits und beruflicher Tätigkeit andererseits beruhende psychotherapeutische Qualifikation des Betreffenden festzustellen und sie mit der durch eine Ausbildung nach dem PsychotherapieG vermittelten fachlichen Kompetenz zu vergleichen.
Das von der belangten Behörde hinsichtlich der Beschwerdeführerin eingeholte Gutachten des Psychotherapiebeirates vom 17. November 1992 hat folgenden Inhalt:
"A.) Befund
Der um die Eintragung in die Psychotherapeutenliste Angemeldete hat insbesondere folgende Belege für seine Qualifikation aus subjektiver Sicht vorgelegt:
1.) Best. Grundausbildung ÖGWG. W. K/A. P, 79, an 18 Tagen,
7.5.81
2.)
Rigorosenzeugnis Psychologie/Psychopathologie, 19.1.84
3.)
Best. Einzelselbsterf., J. L, 200 St., 79-81, 9/92
4.)
Tnbest. Psychodramaausbildungsgruppe, A. R, 160 Dst., 83-86, 10.3.92
5.) 3 Tnbest. ÖAGG, Selbsterfahrungsgruppe, A. P, 70 Dst.,
21.9.81 Kriseninterventionskurs, 20 Dst., R, 18.7.80, Kreativität u. Psychodrama, 20 Dst., 26.8.81
6.)
Tnbest. Psychodrama ..., F M, 10 Dst., 1.11.81
7.)
4 Zeugnis + Kolloquienzeugnisse Psychoanlyse I, II, 5.2.75, 27.6.75, Tiefenpsychologie, 26.10.75, Spezielle Psychiatrie,
11.10.76
B.) Sachverhaltswürdigung aus
psychotherapeutisch-wissenschaftlicher Sicht und den Psychotherapeutischen Erfahrungen der Gutachter des Psychotherapiebeirates.
Im Psychotherapiegesetz werden in den §§ 3 u. 6 an Selbsterfahrung und Supervision insgesamt 420 Stunden, davon mindestens 250 Stunden an Selbsterfahrung und mindestens 170 Stunden an Supervision, und mindestens 1065 Stunden allgemeine und spezifische Theorie (300 St.) angeführt.
Im Sinne der Übergangsregelung müssen die Kriterien:
Selbsterfahrung, die jedoch nachweislich von einem Psychotherapeuten in einer wissenschaftlich anerkannten Methode geleitet worden sein muß, psychotherapeutische allgemeine und spezifische Theorie, wobei die Seminare der psychotherapeutischen Schulen sowie Lit. A Veranstaltungen der Universitäten zu psychotherapeutischen Themen angerechnet werden, Supervision durch einen Lehrpsychotherapeuten und Praxis geleisteter Patientenstunden unter Supervision im wesentlichen Kernbereich, und damit näherungsweise den im Psychotherapiegesetz vorgesehenen Stunden für eine qualifizierte psychotherapeutische Tätigkeit nachgewiesen werden.
Eine therapeutische oder beratende Tätigkeit kann mit Patienten auch von Ärzten, Krankenschwestern, Sozialarbeitern, Sozialtherapeuten und klinischen Psychologen oder Gesundheitspsychologen etc. nachgewiesen werden. Die Tätigkeit mit Patienten gibt also für sich alleine kaum eine Auskunft über die psychotherapeutische Qualifikation, daher müssen auch Ausbildungskriterien für die Bewertung der psychotherapeutischen Tätigkeit nicht im allgemeinen Sinn, sondern nach dem Sinn des PthG herangezogen werden.
Bei langjähriger psychotherapeutischer Tätigkeit, zB mehr als 20 Jahren, kann auch der praktische Erwerb durch die Erfahrung teilweise als Kriterium herangezogen werden.
Aus den gesamten eingereichten Unterlagen und der Stellungnahme, sowie den Belegen des Antragstellers geht hervor, daß:
a.) die Selbsterfahrung angerechnet werden konnte (Belege 1,3,4,5,6).
b.) ungenügend spezifische theoretische Kenntnisse nachgewiesen wurden (Belege 1,2,5,7).
Allgemeine Erläuterung: Über genügend spezifische Kenntnisse in Psychotherapie verfügt jemand dann, wenn er über Vorlesungen hinausgehend spezielle, meist in den Seminaren der psychotherapeutischen Schulen sowie in entsprechenden Lit.- A-Veranstaltungen der Universitäten zu psychotherapeutischer Theorie und Praxis angebotene, psychotherapeutisch-wissenschaftliche Theorien, Hypothesen und Konzepte intensiv erarbeitet hat. Ausreichende Detailkenntnis sind bei positiver Absolvierung von anderen als Lit.-A-Veranstaltungen der Universitäten als gute Vorbildung, aber keineswegs als fach- oder methodenspezifische Theorieausbildung zu werten.
Im vorliegenden Ansuchen ist die notwendige Kenntnis der verschiedenen Methoden, und deren Konzepte sowie der Überblick darüber und das Erlernen der Theorie einer speziellen Methode mit dem erfolgreichen Besuch von Universitätsvorlesungen in Psychologie und Psychopathologie sowie einer Grundausbildung in Gesprächsführung nicht ausreichend nachgewiesen. Es sind daher zuwenig Kenntnisse in den verschiedenen psychotherapeutischen Modellen und Konzepten sowie in einer speziellen Methode zu erwarten.
Es konnten 136 Stunden für die psychotherapeutische Theorie angerechnet werden.
c.) keine psychotherapeutische Supervision nachgewisen wurde (Beleg Ansuchen).
Allgemein Erläuterung: Die psychotherapeutische Supervision ist in ihrer positiven Wirkung abhängig von der Frequenz, der Dauer und der Qualifikation des Supervisors, sowie von den Rahmenbedingungen. Bei einer ungenügend absolvierten Supervision werden die wertneutrale Haltung und der notwendige Umgang mit Distanz und Nähe zuwenig trainiert, sowie die eigenen konzeptuellen psychotherapeutischen Anwendungen nicht ausreichend eingeübt und zuwenig auf deren Stimmigkeit überprüft. Die kollegiale oder Teamsupervision ist methodisch und inhaltlich von der psychotherapeutischen Supervision zu unterscheiden. Es geht bei den ersteren um das Umgehen mit der Institution oder den Kommunikationsproblemen im Team, und nicht wie im weiteren um die verantwortliche Überarbeitung der Therapiegestaltungen mit Patienten.
Obwohl im vorliegenden Ansuchen teilweise Supervision glaubhaft gemacht wurde, muß die psychotherapeutische Orientierung (keine psychoth. Lehrtherapeutensupervision nachgewiesen) sowie das Ausmaß und die Dauer als mangelhaft festgestellt werden.
Es ist keine Supervision von Einzel- oder Gruppentherapien pathologischer Fälle nachgewiesen.
Es kann daher die angegebene Supervision nicht als
psychotherapeutisch und muß als berufsbegleitend
(Kl. Psychologe) gewertet werden.
Es konnten keine Stunden für die psychotherapeutische
Supervision angerechnet werden.
d.) eine ungenügende psychotherapeutische Praxis vorliegt (Belege).
Allgemeine Erläuterung: Der Erwerb von ausreichender psychotherapeutischer Praxistätigkeit ist im PthG mit 600 Patientenstunden bei gleichzeitig 120 Stunden Supervision angegeben. Eine Qualifikation, die ja auf genügender Praxis beruht, ist dann nicht gegeben, wenn eine unzureichende Psychotherapiestundenanzahl mit pathologischen Fällen geleistet wurde.
Eine Qualifikation liegt auch dann nicht vor, wenn aufgrund der Unterlagen vermutet werden muß, daß die als psychotherapeutisch bezeichneten Stunden als klinisch psychologische Behandlungen und Beratungen stattgefunden haben. Die angeführten Tätigkeiten und Arbeiten weisen überwiegend Merkmale einer klinisch psychologisch-wissenschaftlichen Konzeptualisierung auf, und sehr wenig Merkmale einer psychotherapeutisch-wissenschaftlichen. Insofern ist die vorliegende nachgewiesene Praxis als ungenügend im psychotherapeutisch-wissenschaftlichen Sinn, möglicherweise aber als klinisch psychologisch-wissenschaftliche, sowie Behandlung und Beratung zu werten.
Höchst aufklärungsbedürftig ist ferner die psychotherapeutische Tätigkeit seit 1981 ohne Nachweis einer Supervision.
Es konnten keine Stunden für die psychotherapeutische Praxis unter Supervision angerechnet werden.
Zusammenfassend ist festzustellen, daß die psychotherapeutische Qualifikation im Sinne des § 26 PthG nicht gegeben ist."
Dieses Gutachten reicht jedoch zur Beurteilung, ob der Antrag der Beschwerdeführerin begründet ist, oder nicht, nicht aus. Es enthält mit seinem mit "Befund" bezeichneten Teil nur eine Aufzählung der von der Beschwerdeführerin für ihre psychotherapeutische Qualifikation "aus subjektiver Sicht vorgelegten Belege", es fehlt jedoch eine im einzelnen auf Inhalt und Umfang jener Ausbildungsschritte und beruflichen Tätigkeiten Bedacht nehmende Darstellung, die auf den Erwerb der für eine psychotherapeutische Qualifikation notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten der Beschwerdeführerin insgesamt schließen ließe, sowie ein darauf aufbauender wertender Vergleich mit einer Ausbildung nach dem PsychotherapieG.
Die Beschwerdeführerin bestreitet - unter Hinweis auf ihren Antrag vom 10. September 1992 - das Fehlen jeglicher Supervision. Sie verweist ferner auf den von ihr erworbenen Grad eines Doktors der Philosophie und die im Rahmen des Studiums hiefür erworbene theoretische Ausbildung, die von der belangten Behörde nur ungenügend berücksichtigt worden sei. Die Beschwerdeführerin rügt dies mit Recht, weil die diesbezüglichen Ausführungen des Gutachtens - denen die Behörde folgte - nur auf einzelne - von der Beschwerdeführerin vorgelegte - Belege eingehen, sich jedoch nicht umfassend mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin auseinandersetzt. Der Psychotherapiebeirat führt selbst in seinem Gutachten unter anderem aus, daß die psychotherapeutische Tätigkeit der Beschwerdeführerin seit 1981 "höchst aufklärungsbedürftig" sei. Der Hinweis im Gutachten, daß nur bei psychotherapeutischer Tätigkeit von "mehr als 20 Jahren" auch der praktische Erwerb durch die Erfahrung "teilweise als Kriterium" herangezogen werden könne, ist mangels näherer Begründung nicht nachvollziehbar.
Auch wenn der Beirat in seinem Gutachten bemerkte, daß "aus den gesamten eingereichten Unterlagen und der Stellungnahme, sowie den Belegen des Antragstellers" Schlußfolgerungen gezogen würden, läßt dennoch das Gutachten eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, insoweit hiezu keine Belege vorlagen, vermissen. Sowohl dieser Umstand als auch der Hinweis, daß die Tätigkeit seit 1981 aufklärungsbedürftig sei, hätte die belangte Behörde veranlassen müssen, von Amts wegen die Beschwerdeführerin durch gezielte Fragestellung zu einer Ergänzung ihres Vorbringens und erforderlichenfalls zur Vorlage weiterer Unterlagen aufzufordern, um anschließend eine Ergänzung des Gutachtens einzuholen. Die in der Sache kommentarlose Zustellung des Gutachtens an die im Verwaltungsverfahren rechtsanwaltlich nicht vertretene Beschwerdeführerin, um ihr "Gelegenheit zur Kenntnisnahme sowie zur Wahrung ihres Rechtes auf Parteiengehör" zu geben, reichte unter den gegebenen Umständen hiezu nicht aus.
Da somit der Sachverhalt in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedarf und Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994110124.X00Im RIS seit
29.10.2001