Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
ABGB §696;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der R in B, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Berufungskommission beim BMAS vom 21. September 1995, Zl. 42.024/69-6a/94, betreffend Erteilung der Zustimmung zu einer Kündigung gemäß § 8 Behinderteneinstellungsgesetz (mP: X AG in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Berufung der mitbeteiligten Partei gegen den Bescheid des Behindertenausschusses für das Bundesland Wien beim Bundessozialamt Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 3. Juni 1994 betreffend Zustimmung zur Kündigung der Beschwerdeführerin (als Arbeitnehmerin der mitbeteiligten Partei) teilweise Folge gegeben, der erstinstanzliche Bescheid insoweit bestätigt, als darin die nachträgliche Zustimmung zu der am 6. Juli 1993 zum 15. Oktober 1993 ausgesprochenen Kündigung der Beschwerdeführerin nicht erteilt wurde, im übrigen jedoch der bekämpfte Bescheid dahin abgeändert, daß einer künftig auszusprechenden Kündigung die Zustimmung erteilt werde.
Nach der Begründung dieses Bescheides sei hinsichtlich der am 8. November 1947 geborenen Beschwerdeführerin mit Bescheid des Landesinvalidenamtes für Wien, NÖ und Bgld. vom 7. Oktober 1993 die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten ab 8. Februar 1993 festgestellt worden, wobei der Grad der Behinderung 70 % betrage. Die Beschwerdeführerin habe eine zweijährige Handelsschule besucht und sei seit 1. Oktober 1980 bei der Mitbeteiligten als Werbeassistentin in der Verwendungsgruppe III beschäftigt. Am 29. November 1993 habe die mitbeteiligte Partei bei der Behörde erster Instanz die Zustimmung zur Kündigung der Beschwerdeführerin beantragt. Sie habe die Kündigung mit der Notwendigkeit einer Ertragsverbesserung sowie damit begründet, daß der Arbeitsplatz der Beschwerdeführerin wegfalle und diese seit Sommer 1993 dienstfrei gestellt sei. In der Verhandlung vor der Behörde erster Instanz vom 3. März 1994 habe die mitbeteiligte Partei den Eventualantrag auf Zustimmung zu einer Änderungskündigung dahin gestellt, daß die Beschwerdeführerin, die derzeit in Verwendungsgruppe IV eingestuft sei, in die Verwendungsgruppe II (ergänze nach der Aktenlage: oder in die Verwendungsgruppe III) zurückgestuft werde.
Mit Bescheid vom 3. Juni 1994 habe die Behörde erster Instanz die Erteilung der nachträglichen Zustimmung zu der bereits ausgesprochenen Kündigung sowie die Zustimmung zu einer künftig auszusprechenden Kündigung bzw. zu künftig auszusprechenden Änderungskündigungen mit einer Rückstufung der Beschwerdeführerin abgelehnt.
Nach Wiedergabe des von der Behörde erster Instanz festgestellten Sachverhaltes und einer Darstellung der im Berufungsverfahren vorgenommenen Verfahrensergänzungen stellte die belangte Behörde folgenden Sachverhalt fest:
"Die (mitbeteiligte Partei) ist die österreichische Gesellschaft des ... -Konzerns mit dem Sitz in der Schweiz. Bei der (mitbeteiligten Partei) fand am 1.10.1991 eine Divisionalisierung statt. Dabei wurde die (Beschwerdeführerin) dem Bereich Building Control (BC) zugeteilt.
Die (Beschwerdeführerin), die nach dem Besuch einer Handelsschule eine 10 Jahre dauernde Praxis in der Werbung erwarb, war ab 1.10.1980 als Werbeassistentin zunächst in der Verwendungsgruppe III bei der (mitbeteiligten Partei) tätig.
Sie beschäftigte sich u.a. mit Anzeigenwerbung,
Prospektbestellungen beim Stammhaus in der Schweiz, mit
Geschenkartikeln, Organisierung von Messen und Ausstellungen,
mit der Imagewerbung im Rahmen der Public Relations, mit einer
Kunden- und Hauszeitschrift, mit PR-Artikeln, mit der
Organisation und Durchführung von Veranstaltungen, diversen
Büroarbeiten, nämlich Administrationstätigkeiten und internen
Tätigkeiten. Etwa 30 % ihrer Arbeitszeit entfiel auf Messen und
Ausstellungen, etwa weitere 30 % auf Werbegeschenke, 5 % auf
Werbung bzw. Einschaltungen in diversen Fachmagazinen und
Kontakten zur Presse, der Rest auf Direktmarketing,
Userhandbuchpreislisten und Personalführung. 1992 hatte die
(mitbeteiligte Partei) ein gutes Geschäftsjahr. Sie bearbeitete
von Österreich aus den osteuropäischen Markt. Insbesondere
betreute sie die Messen in Prag, Brünn, Pressburg, Kattowitz,
Posen und Budapest. Die (Beschwerdeführerin) erledigte für den
Großteil dieser Messen die Administration. Ab Mitte 1992 wurden
in den Nachbarländern Österreichs eigene ... Gesellschaften
gegründet, dadurch entfiel für die mitbeteiligte Partei die Marktbearbeitung in den ehemaligen Ostblockländern.
Erst 1993 organisierten die ... Gesellschaften in Tschechien,
der Slowakei, Ungarn usw. die Messen selbständig. Die mitbeteiligte Partei betreute nur noch bis zum 1.10.1993 die Messen in Polen. Mit dem Wegfall des Organisierens von Messen ab Ende 1992 fiel auch etwa 30 % der Tätigkeit der (Beschwerdeführerin) weg. Die Konzernleitung verlangte bei Werbeinseraten erhöhte Professionalität und vergab die Inseratenwerbung an externe Werbespezialisten. Auch dadurch wurde die Einsatzmöglichkeit der Beschwerdeführerin beschränkt. Ab 1992 wurde die Konzernsprache immer mehr auf Englisch umgestellt. Die Beschwerdeführerin konnte Englisch nicht ausreichend, sodaß ihr Vorgesetzter ihr Konzerntexte übersetzen mußte, bevor sie sie bearbeiten konnte.
Ab 1993 machte sich ein starker Preisverfall bei den im Konzern erzeugten Produkten geltend. Dementsprechend mußten Mitarbeiter freigestellt werden. Die Erzeugung von einigen Produkten z.B. die Zählerproduktion wurde nach Griechenland wegen der dort niedrigeren Lohnkosten verlegt.
Durch diese Änderungen fielen 85 % der Tätigkeit der (Beschwerdeführerin) weg; die restlichen 15 % ihrer Tätigkeit wurden auf andere Dienstnehmer aufgeteilt. Die (Beschwerdeführerin) wurde wegen ihrer fehlenden Kenntnisse bei der Verwendung von Computern und in der Buchhaltung ab 6.7.1993 von der (mitbeteiligten Partei) freigestellt.
Die (Beschwerdeführerin) ist nicht bereit, bei einer Verwendung auf einem anderen Arbeitsplatz in eine niedrigere Gehaltsstufe gestuft zu werden. Sie wäre grundsätzlich bereit, einen Englischkurs zu besuchen, wenn ihr dieser von der (mitbeteiligten Partei) angeboten und bezahlt wird. Aus eigener Initiative besuchte die (Beschwerdeführerin) einen Englischkurs bei der Volkshochschule Liesing.
Die von der (Beschwerdeführerin) erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten aus dem Bereich der Werbung entsprechen der Verwendungsgruppe IV eines Werbefachmannes bzw. Werbeassistenten. Im Bereich der Administration der (mitbeteiligten Partei) kann die (Beschwerdeführerin) keinen Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe IV oder III ausfüllen. Um einen solchen Arbeitsplatz ausfüllen zu können, müßte die (Beschwerdeführerin) zusätzliche Fremdsprachenkenntnisse in Englisch und Französisch erwerben. Ferner müßte sie Kenntnisse der Betriebs- und Konzernorganisation sowie Kenntnisse der Kommunikationssysteme erwerben. Für einen Arbeitsplatz im Bereich der Buchhaltung der (mitbeteiligten Partei) müßte die (Beschwerdeführerin) zusätzliche Kenntnisse der EDV, Arbeit mit Großrechenanlagen, Kreditoren- und Debitoren-Buchhaltung, Hauptbuchführung, Verkehr mit Kreditinstituten sowie mit Reiseabrechnungen und unter Umständen auch Lohnverrechnung können. Für solche Umschulungskurse müßte man sechs Monate ansetzen. Falls die (Beschwerdeführerin) die Umschulungskurse erfolgreich beendet, hätte sie Kenntnisse, die etwa der Gruppe III des Entlohnungsschemas entsprechen würden. Die Differenz zwischen der Entlohnungsgruppe III und IV liegt bei S 7.000,-- monatlich. Die (Beschwerdeführerin) ist zwar bereit, sich sechs Monate auf Kosten der (mitbeteiligten Partei) umschulen zu lassen, sie ist aber nicht bereit, sich in die Entlohnungsgruppe III rückstufen zu lassen. Sie wäre nur bereit, auf einem Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe III weiterzuarbeiten, wenn sie nach der Verwendungsgruppe IV entlohnt würde.
Dazu ist aber die (mitbeteiligte Partei) nicht bereit, denn die (Beschwerdeführerin) wäre nach einer solchen Umschulung erst eine Berufsanfängerin und würde höher entlohnt werden als die Leute, die in der Arbeitsgruppe die Arbeit bereits beherrschen."
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, § 8 Abs. 2 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) enthalte zwar keine nähere Regelung, in welchen Fällen einem Kündigungsbegehren stattgegeben werden und in welchen die Zustimmung versagt werden solle. Das freie Ermessen der Berufungskommission finde aber seine oberste Grenze in den Schutzbestimmungen, die das Arbeitsverfassungsgesetz für die Kündigung von Betriebsratsmitgliedern vorsehe. Es komme demnach im vorliegenden Fall auf die Frage an, ob der Betriebsinhaber bei der dauernden Einschränkung des Betriebes hinsichtlich der Werbetätigkeit den Nachweis erbracht habe, daß er die Beschwerdeführerin trotz ihres Verlangens an einem anderen Arbeitsplatz im Betrieb ohne erheblichen Schaden nicht weiterbeschäftigen könne. Die Ablehnung der Übernahme in den Restbetrieb könne nur erfolgen, wenn sie dem Arbeitgeber zum Schaden gereiche, wenn also die Übernahme ohne erheblichen Schaden nicht möglich wäre. Dabei müsse der Arbeitgeber Gelegenheit zu einer Einarbeitung und die nötige Anleitung geben. Der Grund für die Einschränkung sei dagegen nicht maßgebend. Eine Kündigung nach § 121 Z. 1 ArbVG sei dann gerechtfertigt, wenn ein gesundes, wirtschaftlich tragbares Gleichgewicht zwischen der möglichen Arbeitsleistung eines Betriebsratsmitgliedes und dem ihm gebührenden Entgelt nicht herzustellen sei (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1960, Zl. 1507/58, Arb 7162). Gerade dies würde aber im Beschwerdefall eintreten:
Die Beschwerdeführerin könnte selbst bei einer Umschulung, die etwa sechs Monate dauern würde und deren Erfolg nicht garantiert sei, nur auf einen Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe III eingeordnet werden, obwohl sie einen Dienstvertrag nach der Verwendungsgruppe IV habe. Die Differenz des Bruttolohnes liege bei S 7.000,-- monatlich. Auch nach dieser Umschulung wäre die Beschwerdeführerin auf dem neuen Arbeitsplatz quasi eine Berufsanfängerin, die voraussichtlich mehr Fehler machen würde als ein bereits in der Arbeitsgruppe eingesetzter Mitarbeiter. Zwischen einem solchen eingearbeiteten Mitarbeiter, der nach der Verwendungsgruppe III entlohnt würde, und der Beschwerdeführerin, die zunächst noch fehlerhaft arbeiten würde, aber bereits nach der Entlohnungsgruppe IV eingestuft würde, würden mit großer Wahrscheinlichkeit Spannungen auftreten. Darüber hinaus sei es der Arbeitgeberin im Sinne eines gesunden, wirtschaftlich tragbaren Gleichgewichtes nicht zuzumuten, daß sie auf Dauer einen Arbeitnehmer, der nur Leistungen der Verwendungsgruppe III erbringe, nach der Verwendungsgruppe IV entlohne. Die mitbeteiligte Partei habe daher die Voraussetzungen des § 121 Z. 1 ArbVG im vorliegenden Fall bewiesen, weshalb auch im Sinne der Interessensabwägung des § 8 Abs. 2 Behinderteneinstellungsgesetz das Kündigungsinteresse der mitbeteiligten Partei höher zu bewerten sei als das Bestandsinteresse der Beschwerdeführerin, obwohl diese voraussichtlich keinen Arbeitsplatz mehr bekommen werde und für ein Kind sorgepflichtig sei. Im übrigen begründet die belangte Behörde, aus welchen Gründen sie der bereits erfolgten Kündigung nicht die Zustimmung erteilen konnte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die mitbeteiligte Partei wendet in ihrer Gegenschrift zunächst ein, daß die Beschwerde verspätet sei: Der Bescheid vom 21. September 1995 sei (an diesem Tag) mündlich verkündet worden. Ein Antrag auf Zustellung dieses Bescheides sei von der Beschwerdeführerin nicht ausdrücklich gestellt worden. Die Frist zur Erhebung der Beschwerde habe daher anläßlich der mündlichen Verhandlung am 21. September 1995 zu laufen begonnen, weshalb die am 2. Jänner 1996 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Beschwerde verspätet sei.
Diesen Ausführungen vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizupflichten:
Gemäß § 62 Abs. 1 AVG können Bescheide sowohl schriftlich als auch mündlich erlassen werden, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist.
Gemäß § 62 Abs. 3 AVG ist eine schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides den bei der Verkündung nicht anwesenden und jenen Parteien zuzustellen, die spätestens drei Tage nach der Verkündung eine Ausfertigung verlangen; über dieses Recht ist die Partei bei Verkündung des mündlichen Bescheides zu belehren.
Die Beschwerdefrist beginnt gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 VwGG im Falle von Bescheidbeschwerden dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer bloß mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung zu laufen.
Gemäß § 13g Abs. 7 des Behinderteneinstellungsgesetzes sind der Bescheid und seine wesentliche Begründung aufgrund der Verhandlung, tunlichst zugleich nach deren Ende, zu beschließen und öffentlich zu verkünden. Überdies ist den Parteien eine schriftliche Ausfertigung zuzustellen.
Entgegen der Auffassung der mitbeteiligten Partei ist somit durch eine besondere Verwaltungsvorschrift, nämlich die zuletzt zitierte Vorschrift des Behinderteneinstellungsgesetzes, klargestellt, daß auch ohne ausdrückliches Verlangen der Parteien der Berufungsbescheid - ungeachtet einer mündlichen Verkündung - jedenfalls schriftlich zuzustellen ist. Damit beginnt die Beschwerdefrist im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 1 VwGG jedenfalls erst mit der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides zu laufen. Da diese der Beschwerdeführerin am 20. November 1995 zugestellt wurde, erweist sich die am 2. Jänner 1996 beim Gerichtshof überreichte Beschwerde als rechtzeitig.
2. Die im Beschwerdefall relevanten Bestimmungen des § 8 Behinderteneinstellungsgesetz lauten:
"(1) Das Dienstverhältnis eines begünstigten Behinderten darf vom Dienstgeber, soferne keine längere Kündigungsfrist einzuhalten ist, nur unter Einhaltung einer Frist von vier Wochen gekündigt werden. ...
(2) Die Kündigung eines begünstigten Behinderten (§ 2) darf von einem Dienstgeber erst dann ausgesprochen werden, wenn der Behindertenausschuß (§ 12) nach Anhörung des Betriebsrates ...
zugestimmt hat; dem Dienstnehmer kommt in diesem Verfahren
Parteistellung zu. Eine Kündigung ohne vorherige Zustimmung des
Behindertenausschusses ist rechtsunwirksam, wenn dieser nicht
in besonderen Ausnahmefällen nachträglich die Zustimmung
erteilt. Gesetzliche Bestimmungen, die die Beendigung des
Dienstverhältnisses an zusätzliche Voraussetzungen knüpfen,
bleiben unberührt. Auf die Kündigung eines begünstigten
Behinderten finden die Bestimmungen des § 105 Abs. 2 bis 6 des
Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974 ... keine
Anwendung.
(3) Abs. 2 findet auf das Dienstverhältnis eines
begünstigten Behinderten keine Anwendung, soweit ihm als
Mitglied des Betriebsrates (Jugendvertrauensrates) ... der
besondere Kündigungsschutz aufgrund der §§ 120 und 121 des
Arbeitsverfassungsgesetzes ... zusteht."
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 10.September 1959, Zl. 534/56, VwSlg. 5.037/A, vom 19. Februar 1986, Zl. 85/09/0215, vom 26. Mai 1988, Zl. 87/09/0263, vom 27. April 1989, Zl. 88/09/0006, VwSlg. 12.921/A, vom 27. April 1989, Zlen. 88/09/0124, 0125, VwSlg. 12.922/A, und vom 13. September 1994, Zlen. 93/09/0346, 0358) liegt die Entscheidung darüber, ob die Zustimmung zu einer künftigen Kündigung einer dem Kreis der begünstigten Personen nach § 2 BEinstG angehörenden Person nach § 8 Abs.2 erster Satz BEinstG oder die nachträgliche Zustimmung zu einer bereits ausgesprochenen Kündigung nach § 8 Abs. 2 zweiter Satz BEinstG erteilt werden soll, im freien Ermessen der Behörde. Nach dem Zweck des BEinstG, das der Eingliederung der begünstigten Person in den Arbeitsprozeß und der Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz dienen soll (vgl. zum Gesetzeszweck auch die Erkenntnisse vom 22. Februar 1990, Zl. 89/09/0147, VwSlg.Nr. 13.126/A, und vom 25. April 1991, Zl. 90/09/0139, und das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Dezember 1991, VfSlg. Nr. 12.933), ist es bei dieser Ermessensentscheidung Aufgabe der Behörde, das berechtigte Interesse des Dienstgebers an der Beendigung des Dienstverhältnisses und die besondere soziale Schutzbedürftigkeit des zu kündigenden bzw. schon gekündigten Dienstnehmers im Einzelfall gegeneinander abzuwägen und unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände zu prüfen, ob dem Dienstgeber die Fortsetzung des Dienstverhältnisses oder dem Dienstnehmer der Verlust seines Arbeitsplatzes eher zugemutet werden kann, wobei unter Bedachtnahme auf § 8 Abs. 3 BEinstG der in diesem Gesetz normierte Kündigungsschutz nach dem Willen des Gesetzgebers jedenfalls nicht weitergehen soll als etwa im Falle eines Betriebsratsmitgliedes.
Um eine dem Sinn des BEinstG entsprechende Interessenabwägung zugunsten des die Kündigung beabsichtigenden Dienstgebers vorzunehmen, brauchen die Kündigungsgründe im Sinne des § 8 Abs. 2 BEinstG nicht im Verhalten oder in der Person des Gekündigten zu liegen und ist insbesondere nicht sein Verschulden erforderlich, sondern können an sich (freilich neben noch zu behandelnden weiteren Umständen) auch sachliche, im Betrieb gelegene Gründe genügen (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 21. Mai 1954, Zl. 3402/53, ArbSlg. 5.998, vom 19. Februar 1986, Zl. 85/09/0215, vom 19. März 1986, Zl. 84/09/0194, und vom 27. April 1989, Zl. 86/09/0092). Betriebliche Belange reichen aber in der Regel für eine Zustimmung zu einer in Aussicht genommenen Kündigung eines begünstigten Behinderten nicht aus, es sei denn, seine Kündigung wäre unabdingbar, um nicht das Fortbestehen des Unternehmens konkret zu gefährden. In diesem Zusammenhang dürfen die zur Entscheidung berufenen Verwaltungsbehörden zwar nicht die Zweckmäßigkeit einer unternehmerischen Entscheidung überprüfen, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes eines behinderten Arbeitnehmers führt bzw. bei Veränderung des Arbeitsplatzes den Einsatz des behinderten Arbeitnehmers für diese Arbeit nicht mehr zuläßt, sofern nicht diese unternehmerische Entscheidung ausschließlich zum Zweck der Benachteiligung des begünstigten Behinderten getroffen worden sein sollte. Die Behörden haben aber - um die gebotene, umfassende Abwägung nicht nur der objektiven betrieblichen Interessen des Dienstgebers, sondern auch und vor allem der unter dem Gesichtspunkt der sozialen Schutzbedürftigkeit des begünstigten Behinderten bestehenden Interessen an der Aufrechterhaltung seines Dienstverhältnisses vornehmen zu können - festzustellen, ob in dem Betrieb, in dem der behinderte Dienstnehmer beschäftigt ist, noch andere Arbeitsplätze vorhanden sind, auf denen er unter Berücksichtigung seiner eingeschränkten Leistungsfähigkeit tätig werden könnte. Besteht eine solche Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des begünstigten Behinderten auf einem anderen, von ihm akzeptierten Arbeitsplatz des Dienstgebers, und führt die (bei vergleichender Würdigung der wirtschaftlichen und gesundheitlichen Situation des Behinderten, insbesondere auch seiner künftigen Berufsaussichten im Falle einer Auflösung des Dienstverhältnisses gebotene) Weiterbeschäftigung nicht zu unzumutbaren Belastungen für den Dienstgeber, sei es aus den im Verhalten oder in der Person des Behinderten gelegenen, sei es aus objektiven betrieblichen Gründen (so z.B. wegen äußerster Einschränkung der Weiterverwendungsmöglichkeit des begünstigten Behinderten: vgl. die Erkenntnisse vom 27. April 1989, VwSlg. 12.922/A, und vom 25. April 1991, Zl. 90/09/0139), so widerspricht eine auf Antrag des Dienstgebers erteilte Zustimmung zu einer beabsichtigten Kündigung eines solchen begünstigten Behinderten dem Sinn des BEinstG (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 22. Februar 1990, VwSlg. 13.126/A, vom 25. April 1991, Zl. 90/09/0139, und vom 23. April 1992, Zl. 92/09/0046, sowie OGH, DRdA 1991, 324, mit Anmerkung von Ritzberger-Moser).
Diese aus der Zweckbestimmung des BEinstG abgeleiteten Grundsätze haben als Richtlinie für die Handhabung des der Behörde vom Gesetz eingeräumten Ermessens zu dienen. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Ermessensentscheidung entsprechend dem Art. 130 Abs. 2 B-VG ausschließlich daraufhin zu prüfen, ob die belangte Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat oder ob dies - in Form einer Ermessensüberschreitung oder eines Ermessensmißbrauches - nicht der Fall gewesen ist. Eine solche Prüfung setzt freilich voraus, daß alle für diese Entscheidung wesentlichen tatsächlichen Umstände unter Einhaltung der maßgebenden Verfahrensvorschriften ermittelt und in der Bescheidbegründung festgestellt wurden.
2.1. Unter Bedachtnahme auf diese Grundsätze reichen die oben wiedergegebenen Feststellungen der belangten Behörde über die von der Beschwerdeführerin als Voraussetzung für eine Weiterbeschäftigung im Betrieb zu erwerbenden Kenntnisse und Fähigkeiten deshalb nicht aus, weil sie teilweise unschlüssig sind, im allgemeinen bleiben und nicht auf die konkrete Situation im Betrieb Bezug nehmen.
2.1.1. Unschlüssig sind diese Feststellungen insoweit, als nicht näher begründet wird, warum eine Dienstnehmerin, die - wie die Beschwerdeführerin - bis zu ihrer Dienstfreistellung seit mindestens rund 13 Jahren im Konzern der mitbeteiligten Partei tätig gewesen ist, "Kenntnisse der Betriebs- und Konzernorganisation, sowie der Kommunikationssysteme" erst erwerben muß.
2.1.2. Unvollständig sind die Feststellungen deshalb, weil sie nur die Anforderungen an den Arbeitsplatz einer Buchhalterin ganz allgemein beschreiben. Solange nicht feststeht, welcher konkrete Arbeitsplatz (welche konkreten Arbeitsplätze) im Betrieb (sei es in Verwendungsgruppe IV oder III) hinsichtlich seiner (ihrer) Anforderungen den Kenntnissen und Fähigkeiten der Beschwerdeführerin am nächsten kommt (kommen) und welche (unter Umständen auch nur einzelne) zusätzlichen Kenntnisse sich die Beschwerdeführerin verschaffen muß, um den Anforderungen zumindest auf einem dieser Arbeitsplätze nachzukommen, fehlt es an wesentlichen Sachverhaltsfeststellungen für die im Rahmen der Ermessensübung vorzunehmende Abwägung. Auf die allgemeinen Anforderungen des Arbeitsmarktes kommt es dabei nicht an, sondern auf die konkreten Anforderungen der für eine Weiterbeschäftigung der Beschwerdeführerin in Betracht kommenden betrieblichen Arbeitsplätze. Erst nach Feststellung dieser Anforderungen ließe sich im übrigen auch verläßlich der voraussichtliche Schulungsaufwand ermitteln.
2.2. Aber auch die Rechtsrüge der Beschwerdeführerin ist insoweit berechtigt, als sie die als "Mutmaßung" bezeichneten, im Rahmen der Ermessensentscheidung von der belangten Behörde berücksichtigten Feststellungen rügt, daß es nach erfolgter Einschulung der Beschwerdeführerin zu Spannungen mit anderen Mitarbeitern kommen würde.
2.2.1. Nach der eingangs dargelegten Rechtslage setzt die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Prüfung, ob eine Ermessensüberschreitung oder ein Ermessensmißbrauch vorliegt, voraus, daß alle für diese Entscheidung wesentlichen tatsächlichen Umstände unter Einhaltung der maßgebenden Verfahrensvorschriften ermittelt und in der Bescheidbegründung festgestellt wurden.
Dies bedeutet, daß es der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, ob alle für die Ermessensübung maßgebenden Umstände in die Abwägung einbezogen wurden, sowie ferner, ob die Behörde Umstände in ihre Erwägungen einbezogen hat, die bei richtiger rechtlicher Beurteilung dabei nicht zu berücksichtigen sind.
2.2.2. Die Feststellungen der belangten Behörde über die "mit großer Wahrscheinlichkeit" auftretenden Spannungen (zwischen der Beschwerdeführerin und anderen Mitarbeitern) stützen sich auf zwei Überlegungen, nämlich einerseits darauf, daß die Beschwerdeführerin nach der Einschulung "noch fehlerhaft arbeiten würde", gleichzeitig aber ein höheres Entgelt (nämlich jenes der Verwendungsgruppe IV) erhielte. Damit stützt sich die belangte Behörde in Ermangelung anderer Grundlagen für ein solches Beweisergebnis offenbar auf allgemeine Erfahrungssätze, die der Verwaltungsgerichtshof in dieser Form nicht zu teilen vermag: Zum einen gibt es keinen allgemeinen Erfahrungssatz, daß jemand, der zu bestimmten Kenntnissen und Fähigkeiten soeben eingeschult worden ist, fehlerhafter arbeitet als andere Mitarbeiter, wenn es sich nicht um besonders fehleranfällige Tätigkeiten, bei denen der Routine eines Arbeitnehmers besondere Bedeutung zukommt, handelt (was die belangte Behörde nicht festgestellt hat).
Anders als im Falle einer von vornherein ungleichen Arbeitsverteilung zu Lasten anderer, die zu einer Störung des geordneten Betriebsablaufes führen kann (vgl. die Erkenntnisse vom 27. April 1989, Slg. Nr. 12.922/A, und vom 25. April 1991, Zl. 90/09/0139), kann auch nicht gesagt werden, daß eine Gehaltsdifferenz (soweit sie den übrigen Mitarbeitern überhaupt zur Kenntnis gelangt) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu Spannungen führen wird, weil es dem Dienstgeber bei Beschäftigung einer begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteinstellungsgesetzes auch obliegt, bei Auftreten allfälliger Beschwerden auf die Mitarbeiter entsprechend beruhigend und aufklärend einzuwirken. Eine Prognose wie jene der belangten Behörde, die schon jetzt Grundlage einer Ermessensentscheidung darstellen könnte, entspricht bei dieser Sachlage nicht den Denkgesetzen. Sollten künftig tatsächlich trotz zumutbarer Bemühungen des Arbeitgebers Spannungen auftreten, die zu einer wesentlichen Störung eines geordneten Betriebsablaufes führen, so könnten diese Umstände nach ihrem Eintreten allenfalls zur Grundlage eines neuerlichen Ansuchens um Zustimmung zu einer Kündigung gemacht werden.
2.2.3. Dies führte aber dann nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wäre der belangten Behörde in ihrem zweiten, für sich allein (arg.: darüber hinaus) als tragend angesehenen Begründungselement beizupflichten, es sei der mitbeteiligten Partei (ohne Bedachtnahme auf allfällige Spannungen unter den Arbeitnehmern) nicht zuzumuten, auf Dauer einen Arbeitnehmer, der nur Leistungen der Verwendungsgruppe III erbringt, nach der Verwendungsgruppe IV zu entlohnen.
2.3. Die Frage, ob der Kündigung einer begünstigten Behinderten die Zustimmung erteilt werden darf, wenn in einem solchen Fall die Dienstnehmerin nicht bereit ist, einer der neuen Verwendung entsprechenden Herabsetzung ihres Entgelts (Verschlechterungsvereinbarung) zuzustimmen, wurde bisher in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung in diesem Zusammenhang noch nicht behandelt.
2.3.1. Zur Vermeidung von Mißverständnissen sei zunächst daran erinnert, daß für die rechtlich maßgebende Frage, ob mit der Weiterbeschäftigung einer behinderten Dienstnehmerin auf einem anderen Arbeitsplatz des Betriebes oder Unternehmens im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung unzumutbare Belastungen für den Dienstgeber verbunden sind, nicht nur Entgeltfragen, sondern auch andere Umstände eine Rolle spielen können, die im Verhalten der Person aber auch in betrieblichen Gründen gelegen sein können.
Der Nachteil, den ein Dienstgeber dadurch erlitte, daß ein Dienstnehmer bei einer Weiterbeschäftigung an dem in Betracht kommenden Arbeitsplatz bei Fortzahlung seiner bisherigen Bezüge nicht nur geringfügig, sondern, jedenfalls im Verhältnis zu vergleichbaren Arbeitnehmern, deutlich überbezahlt wäre, ist als ein Element in die Gesamtbeurteilung einzubeziehen: Da der Kündigungsschutz eines begünstigten Behinderten zwar den allgemeinen Kündigungsschutz im Sinne des § 105 ArbVG verdrängt (vgl. § 8 Abs. 2 letzter Satz BEinstG), nach der Rechtsprechung aber nicht weiterreicht als der Kündigungsschutz des Belegschaftsvertreters im Sinne des § 121 ArbVG, muß dieses sowohl beim allgemeinen Kündigungsschutz als auch beim Kündigungsschutz für Belegschaftsvertreter maßgebliche Sachverhaltsmoment auch bei der Kündigung eines Behinderten (bzw. bei der Prüfung, ob er ohne Schaden für den Betrieb weiterbeschäftigt worden kann) beachtlich sein (zur Einbeziehung der Lohnkosten als ein dem Arbeitgeber durch die Weiterbeschäftigung entstehender Schaden vgl. auch die im Zusammenhang mit dem Kündigungsschutz von Betriebsratsmitgliedern ergangenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1960, Arb 7162, und des Einigungsamtes Graz vom 13. Jänner 1981, Arb 9932 - zustimmend Wiesleitner, ecolex 1992, 109 - und des OGH vom 25. Jänner 1989, 9 ObA 211/88; ähnlich zum Sozialvergleich beim allgemeinen Kündigungsschutz im Sinne des § 105 ArbVG: OGH 22. Februar 1989, 9 ObA 39/89, sowie Schrank, Der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses als Schutzobjekt der Rechtsordnung, 294 f (297 ff)).
2.3.2. Ob in der in Betracht kommenden Weiterverwendung eine nicht nur geringfügige Gehaltsdifferenz auftreten würde, ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes in der Weise zu ermitteln, daß der betroffene Arbeitnehmer - unter voller Berücksichtigung der in der bisherigen höheren Verwendungsgruppe zurückgelegten Zeiten (vgl. auch dazu die Entscheidung des OGH vom 22. Februar 1989, 9 ObA 39/89) - in die entsprechende neue Verwendungsgruppe eingereiht, eine allfällige an diesem Arbeitsplatz betriebsübliche Überzahlung über den Kollektivvertrag hinzugerechnet und das so ermittelte Entgelt dem zuletzt bezogenen Entgelt dieses Dienstnehmers gegenübergestellt wird.
2.3.3. Die so ermittelte Gehaltsdifferenz ist in die von der Behörde vorzunehmende Abwägung jedenfalls dann einzubeziehen, wenn sich nicht der Dienstnehmer gegenüber dem Dienstgeber im Verfahren (rechtsverbindlich, zum Beispiel in Form eines unwiderruflichen Anbots) bereit erklärt, einer entsprechenden neuen Entgeltvereinbarung, bestehend in einer Reduktion auf das nach den obigen Grundsätzen ermittelte Vergleichsentgelt, zuzustimmen.
2.3.3.1. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung sind Verschlechterungsvereinbarungen dieser Art und innerhalb der durch das zwingende Recht vorgegebenen Grenzen nicht schlechthin unzulässig; sie finden ihre Grenze vielmehr in der Sittenwidrigkeit (vgl. Spielbüchler in Spielbüchler-Floretta, Arbeitsrecht I3, 86; Schrank, Zur Zulässigkeit von Verschlechterungsvereinbarungen bei aufrechtem Arbeitsverhältnis, RdW 1983, 12 ff; OGH 18. Oktober 1983, DRdA 1984, 352 mit Anmerkung Eypeltauer = RdW 1983, 113; aus den in der Beschwerde - insoweit zu Unrecht für die Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin reklamierten - Entscheidungen des OGH Arb 9774, 9862 und 9999 läßt sich nichts Gegenteiliges ableiten).
2.3.3.2. Es kann auf sich beruhen, ob und inwieweit solche Vereinbarungen einer Inhaltskontrolle dahin unterliegen, ob sie durch besondere wirtschaftliche oder soziale Gründe auf seiten des Arbeitgebers gerechtfertigt sind, um eine rechtsmißbräuchliche Gestaltung von Arbeitsverträgen als Folge des Verhandlungsungleichgewichtes zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber auszuschließen (vgl. dazu etwa OLG Wien 1992, ARD 4452/7/93, sowie die Rechtsprechung des OGH zu den Kettenarbeitsverträgen, wie etwa DRdA 1985, 127, mit Anmerkung von Pfeil und zahlreichen weiteren Hinweisen), weil eine Verschlechterungsvereinbarung aus den Gründen des Beschwerdefalles jedenfalls auch einer solchen Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhielte.
2.3.4. Wenn der behinderte Dienstnehmer - wie die Beschwerdeführerin im vorliegenen Fall - eine rechtsverbindliche Erklärung, sich zu einer solchen Vereinbarung bereit zu finden, nicht abgibt, dann ist die Gehaltsdifferenz als wirtschaftlicher Nachteil für den Dienstgeber in die bei der Ermessensübung abzuwägenden Belange einzubeziehen.
2.4. Soweit (im Beschwerdefall: nach Ausscheiden fehlerhafter Abwägungsgesichtspunkte) die durch die Verwendung in einer niedrigeren Verwendungsgruppe entstehende "Überzahlung" als für die Zustimmung zur Kündigung sprechender (oder ausschlaggebender) Umstand in Betracht kommt, ist - vor den Zwecken des Behinderteneinstellungsgesetzes, dem behinderten Arbeitnehmer tunlichst einen Arbeitsplatz zu erhalten - sodann auch zu prüfen, ob damit nicht die Voraussetzungen für die Erteilung der Zustimmung (nur) zu einer Änderungskündigung vorliegen.
Eine solche, unter einer Bedingung - hier: Nichtzustimmung des Arbeitnehmers zu einer entsprechenden Rückstufung - ausgesprochene Kündigung ist jedenfalls dann zulässig, wenn der Eintritt der Bedingung vom Willen des Gekündigten abhängt (vgl. Spielbüchler, aaO, 262, Dungl, Zur Änderungskündigung, in:
FS Floretta, 357 ff, insbesondere 362 ff, Schwarz-Löschnigg, AR5, 511 ff, Strasser, DRdA 1988, 1 ff (5), zur Gültigkeit einer im Wege einer Änderungskündigung erzwungenen Vereinbarung aaO, 14).
2.4.2. Es kann auf sich beruhen, ob die Behörde für diesen Fall nur die beantragte Zustimmung zur Kündigung zu versagen oder von sich aus stattdessen (nur) die Zustimmung zu einer künftigen Änderungskündigung zu erteilen hätte, da im Beschwerdefall die mitbeteiligte Partei ohnehin ausdrücklich einen Eventualantrag auf Zustimmung zu einer Änderungskündigung durch Rückstufung in Verwendungsgruppe II oder III gestellt hat.
2.4.3. Die Erteilung der Zustimmung zu einer Änderungskündigung setzt allerdings die genaue Feststellung und (im Falle des Entgelts: auch ziffernmäßige) Umschreibung der zulässigerweise zu ändernden Arbeitsbedingungen im Bescheid voraus.
2.5. Die Weigerung des behinderten Dienstnehmers, schon im Zustimmungsverfahren einer vertraglichen Änderung seines Arbeitsvertrages im Entgeltbereich zuzustimmen, vermag die Zustimmung zu einer Kündigung des gesamten Arbeitsverhältnisses noch nicht zu begründen: Zum einen aus der Überlegung, daß es dem Dienstnehmer unbenommen sein muß, seinem Rechtsstandpunkt im Verfahren auch durch Anrufung eines Höchstgerichtes Geltung zu verschaffen (was nicht möglich wäre, wenn schon dieses Verhalten einen Grund für die Zustimmung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses geben würde); zum anderen muß dem Dienstnehmer Gelegenheit gegeben werden, sich erst dann, wenn sich der Dienstgeber nach Erteilung der Zustimmung zu einer Änderungskündigung tatsächlich entschlossen hat, für oder gegen den Fortbestand des Dienstverhältnisses zu entscheiden, welche Entscheidung dann auch der Dienstgeber gegen sich gelten lassen muß.
2.6. Auf den Beschwerdefall angewendet wird daher die belangte Behörde in Bindung an die vom Verwaltungsgerichtshof vertretene Rechtsauffassung nach Verfahrensergänzung zu beurteilen haben, welche Umstände in die für die Ermessensentscheidung erforderliche Abwägung einzubeziehen sind und - gegebenenfalls - ob auch mit einer (arbeitsplatzerhaltenden) Änderungskündigung im Sinne der Eventualanträge der mitbeteiligten Partei das Auslangen gefunden werden könnte. In diesem Fall wird die belangte Behörde die erforderlichen Änderungen des Arbeitsvertrages (bei vertragsändernder Umstufung: das neue Entgelt ziffernmäßig) im Spruch ihres Bescheides so genau zu umschreiben haben, daß dieser Spruch Grundlage und Maßstab für eine derartige Änderungskündigung (bzw. für die Prüfung ihrer Wirksamkeit durch die ordentlichen Gerichte) sein kann.
3. Der angefochtene Bescheid ist daher - wegen des Vorranges des Aufhebungsgrundes der Rechtswidrigkeit des Inhaltes - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Kostenmehrbegehren mußte im Hinblick darauf abgewiesen werden, daß nur die in der genannten Pauschalierungsverordnung genannten Beträge zugesprochen werden können, in denen die Umsatzsteuer daher bereits eingeschlossen ist.
Schlagworte
Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete GesetzesbestimmungInhalt des Spruches DiversesErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996080002.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
14.10.2009