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Auswertung in Arbeit!Norm
Auswertung in Arbeit!Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann-Preschnofsky, über die Revision der M B in W, vertreten durch Mag. Norbert Piech in 1010 Wien, Gluckgasse 2/6a, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 11. Jänner 2021, 1. VGW-031/085/11698/2020, 2. VGW-031/085/11700/2020 und 3. VGW-031/085/11702/2020, betreffend Übertretungen des TNRSG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnissen der belangten Behörde vom 7. August 2020, MBA/200000037096/2020 und MBA/200000037364/2020, wurde die Revisionswerberin - soweit hier verfahrensgegenständlich - wegen zwei Übertretungen des § 14 Abs. 4 iVm. § 12 Abs. 1 Z 4 und Abs. 5 iVm. § 13c Abs. 2 Z 1 Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz (TNRSG) schuldig erkannt, weil sie als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der C GmbH mit Sitz an einer näher genannten Adresse in 1150 Wien zu verantworten habe, dass diese Gesellschaft als Inhaberin eines Gastgewerbebetriebes in der Betriebsart Bar an der angeführten Adresse 1.) am 31. Mai 2020, um 23:17 Uhr, sowie 2.) am 28. Mai 2020, um 23:03 Uhr, in den Gasträumen des betreffenden Betriebs entgegen § 12 Abs. 1 Z 4 und § 13c Abs. 2 Z 1 TNRSG nicht dafür Sorge getragen habe, dass in diesen Räumen nicht geraucht werde, weil (ad 1.) im hinteren Bereich des Lokals eine Shisha aufgestellt gewesen und diese von Gästen geraucht worden sei sowie (ad 2.) im Lokal mehrere Shishas aufgestellt und in Gebrauch bzw. von Gästen geraucht worden seien. Aufgrund der beiden Verwaltungsübertretungen wurde über die Revisionswerberin jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von € 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 20 Stunden) gemäß § 14 Abs. 4 TNRSG verhängt. Ferner wurde ausgesprochen, dass sie betreffend die beiden Verwaltungsübertretungen jeweils einen Beitrag in der Höhe von € 80,-- zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Strafverfahrens zu entrichten und die C GmbH gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die verhängten Geldstrafen, für die Verfahrenskosten sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen zur ungeteilten Hand hafte.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien die u.a. gegen die erwähnten Straferkenntnisse gerichtete Beschwerde der Revisionswerberin gemäß § 50 VwGVG als unbegründet ab und bestätigte die beiden Straferkenntnisse mit der Maßgabe, dass die Strafnormen § 12 Abs. 1 Z 4 und Abs. 5 TNRSG iVm. § 13c Abs. 2 Z 1 TNRSG, sowie die Strafsanktionsnorm § 14 Abs. 4 erster Strafsatz TNRSG, jeweils in einer näher genannten Fassung, lauteten. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, die Revisionswerberin habe einen Beitrag in der Höhe von € 320,-- zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
3 Das Verwaltungsgericht stellte fest, es hätten sich zu den Tatzeitpunkten (ad 1.) 20 bis 25 Gäste bzw. (ad 2.) mehrere Gäste in der Betriebsstätte der C GmbH aufgehalten, Wasserpfeifen seien im Gebrauch gestanden und Gäste hätten noch Getränke konsumiert. Es sei (ad 1.) im hinteren Bereich des Lokals eine Shisha bzw. es seien (ad 2.) im Lokal mehrere Shishas aufgestellt gewesen, die von Gästen geraucht worden sei(en). Während der Kontrolle am 31. Mai 2020 seien keine weiteren Personen in das Lokal gekommen. Am 28. Mai 2020 hingegen hätten während der Amtshandlung weitere Personen das Lokal betreten.
4 Das gegenständliche Lokal werde über ein Zugangssystem mit elektronischem Schließmechanismus betreten. Dieser Mechanismus werde mithilfe einer App am Smartphone geöffnet, die durch die Mitglieder der F GmbH betätigt werde. Nach einer entsprechenden Bewerbung erfolge die Auswahl und Aufnahme einer Person als Mitglied der F GmbH insbesondere danach, ob der oder die Kandidat(in) ein Ausweisdokument zum Nachweis der Volljährigkeit vorlege und den Mitgliedschaftsbeitrag in der Höhe von € 3,-- pro Monat entrichte. Die Lokalbetreiber hätten monatlich € 380,-- an die F GmbH zu bezahlen und keinen Einfluss auf die Auswahl der Mitglieder. Die Angestellten der Lokalbetreiber benützten eigene Zutrittskarten.
5 In seiner rechtlichen Beurteilung verwies das Verwaltungsgericht auf die Angaben des Geschäftsführers der F GmbH in der mündlichen Verhandlung, denen zufolge das in Rede stehende Geschäftskonzept der F GmbH angesichts der Rechtsprechung zum TNRSG entwickelt worden sei, um das Rauchen am Betriebsstandort von Gastronomiebetrieben wieder zu ermöglichen. Der gegenständliche Raum des Gastronomiebetriebes der C GmbH diene - so das Verwaltungsgericht weiter - jedenfalls nicht ausschließlich privaten Zwecken im Sinn von § 12 Abs. 6 TNRSG. Daran ändere das in Rede stehende Zugangssystem nichts. Selbst wenn von Lokalmitarbeitern tatsächlich sichergestellt würde, dass nur Mitglieder der F GmbH das Lokal beträten, sei davon auszugehen, dass es sich bei dem genannten Zugangssystem bloß um eine Umgehung des § 12 Abs. 1 TNRSG handle (und das Lokal tatsächlich allgemein zugänglich sei).
6 Gegen die Bestätigung der beiden erwähnten Straferkenntnisse richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Begründung ihrer Zulässigkeit geltend gemacht wird, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, und in der ausgeführt wird, das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit der „tatsächlichen Gegebenheit von privaten Räumen“ auseinandergesetzt und den Sachverhalt „nach den geltenden Rauchverbotsnormen im Bezug unter Nebenräume subsumiert“. Judikatur, der zufolge Rauchfreiheit in Räumen, die ausschließlich privat genutzt würden und sich in Gastronomiebetrieben befänden, welche im Regelfall öffentlich zugänglich seien, jedoch im konkreten Fall für die Allgemeinheit nicht zugänglich gewesen seien, existiere nicht. Die Klärung dieser Rechtsfrage sei für sämtliche Gastronomiebetriebe von Bedeutung, zumal aufgrund der „Implementierung“ von privaten Räumen ein Konsumieren von Tabakerzeugnissen ermöglicht werde.
Die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG liegen nicht vor:
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen (VwGH 27.4.2020, Ra 2019/11/0045, mwN).
10 Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. aus vielen den Beschluss VwGH 22.3.2018, Ra 2018/11/0034, mwN).
11 Die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision zielt zusammengefasst darauf ab, darzulegen, bei dem in Rede stehenden Raum eines Gastronomiebetriebes handle es sich tatsächlich um einen ausschließlich privat genutzten Raum im Sinn von § 12 Abs. 6 TNRSG. Es gelingt ihr jedoch nicht, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen, weil sie sich mit ihrem Vorbringen von den im angefochtenen Erkenntnis getroffenen, auf den Ermittlungsergebnissen einer mündlichen Verhandlung basierenden gegenteiligen Feststellungen des Verwaltungsgerichts entfernt und zudem nicht konkret dargelegt, weshalb die darauf aufbauende rechtliche Subsumption des angefochtenen Erkenntnisses zu beanstanden wäre.
12 Das Verwaltungsgericht hielt fest, dass es sich bei dem gegenständlichen Raum eines Gastronomiebetriebs ungeachtet des etablierten Zugangssystems tatsächlich nicht um einen ausschließlich privat genutzten Raum handle und der betreffende Zugangsmodus lediglich der Umgehung des Rauchverbots in Gastronomiebetrieben diene.
13 Dazu bringt die Revision nichts Konkretes vor. Weshalb aufgrund des konkret in Rede stehenden Zugangssystems bzw. eines (auf Basis des Erreichens der Volljährigkeit und der Entrichtung eines „Mitgliedbeitrages“ von monatlich € 3,--) erfolgenden „Auswahlverfahrens“ für Gäste der betreffende Raum der C GmbH, in dem überdies abgesehen von den „Gästen“ bzw. „Mitgliedern“ auch Lokalmitarbeiter bzw. Kellner anwesend waren (vgl. angefochtenes Erkenntnis S. 33; Angaben des Mitarbeiters P, Verhandlungsprotokoll S 11), als ausschließlich privat genutzter Raum zu qualifizieren wäre, ist anhand der Zulässigkeitsbegründung nicht ersichtlich (zum Gesundheitsschutz in Bezug auf Passivrauchen in Gastronomiebetrieben und insbesondere zu den Interessen der dort beschäftigten Arbeitnehmer siehe VfGH 3.10.2019, G 189/2019, mwN; zu einer Umgehungskonstruktion im Zusammenhang mit einem „Shisha-Verein“ vgl. VwGH 14.7.2022, Ra 2021/11/0186).
14 Ausgehend davon zeigt die ausschließlich maßgebliche Zulässigkeitsbegründung nicht auf, unter welchen fallbezogen relevanten Gesichtspunkten es einer „Rechtsentwicklung“ durch den Verwaltungsgerichtshof bedürfte bzw. inwieweit Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs im Hinblick auf im Revisionsfall maßgebliche Rechtsfragen fehlte.
15 Da somit eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht dargelegt wird, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
16 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 5. September 2022
Schlagworte
Auswertung in Arbeit!European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021110078.L00Im RIS seit
03.10.2022Zuletzt aktualisiert am
03.10.2022