Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §360 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des P W und der M W, beide in A, beide vertreten durch den zum Verfahrenshelfer bestellten Rechtsanwalt Dr. N in B, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22. September 1995, Zl. Ge-441596/5-1995/Ha/Sta, betreffend Verfahren gemäß § 360 GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit zwei getrennten Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 9. August 1995 erging an die beiden Beschwerdeführer, gestützt auf § 360 Abs. 1, zweiter Satz GewO 1994, der gleichlautende Auftrag, "die Gastgewerbeausübung im Standort A, mit dem Tag der Übernahme dieses Bescheides SOFORT einzustellen und den Gasthausbetrieb zu schließen", sowie im Eingangsbereich zum Gastgewerbebetrieb eine Tafel mit der Aufschrift "Gasthausbetrieb behördlich geschlossen" anzubringen. Nach der Begründung dieser Bescheide ging die Behörde erster Instanz davon aus, die Gewerbeberechtigung der Zweitbeschwerdeführerin zur Ausübung des Gastgewerbebetriebes in der Betriebsart Gasthaus im Standort A, R-Straße 54, sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 28. Oktober 1993, bestätigt mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 8. April 1994, rechtskräftig mit Wirkung vom 20. April 1994 entzogen worden. Eine Gastgewerbeberechtigung für das Gasthaus der Tochter an diesem Standort sei bis 31. Dezember 1994 befristet gewesen. Tatsächlich betrieben die Beschwerdeführer gemeinsam dieses Gasthaus seit 1. Jänner 1995 bis zum heutigen Tag, obwohl hiefür eine Gewerbeberechtigung weder für den Erstbeschwerdeführer noch für die Zweitbeschwerdeführerin bestehe.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22. September 1995 wurden die Berufungen der beiden Beschwerdeführer gegen diese Bescheide abgewiesen und die angefochtenen Bescheide bestätigt. Auch der Landeshauptmann ging nach der Begründung dieses Bescheides davon aus, die Beschwerdeführer hätten an dem in Rede stehenden Standort entgegen der in der Verfahrensanordnung vom 18. Juli 1995 festgesetzten Frist weiterhin ohne Gewerbeberechtigung das Gastgewerbe ausgeübt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Weiterbetrieb des in Rede stehenden Gasthauses verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringen sie vor, die belangte Behörde habe es rechtswidrigerweise unterlassen, im angefochtenen Bescheid für die Schließung des Gasthauses eine angemessene Frist zu setzen, sie habe vielmehr die sofortige Schließung angeordnet. Für eine solche Vorgangsweise gebe es keine gesetzliche Grundlage. Die Schließung eines Gastgewerbebetriebes mit sofortiger Wirkung sei auch technisch gar nicht durchführbar, weil beispielsweise verderbliche Lebensmittel verkauft und entsorgt werden müßten und weitere Maßnahmen zu treffen seien, die eine Stillegung eines Betriebes erst ermöglichten. Auch seien die erstbehördlichen Bescheide insofern mangelhaft, als die Bezeichnung des Standortes des in Rede stehenden Gasthauses mit lediglich "PLZ, A" nicht ausreichend bestimmt sei. Gegen die Annahme, die Beschwerdeführer seien nicht im Besitz einer Gewerbeberechtigung, werde vorgebracht, es sei gegen den diesbezüglichen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 8. April 1995 das Rechtsmittel der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde erhoben worden, weshalb die belangte Behörde eine großzügigere, nämlich angemessene Frist anzuordnen gehabt hätte. Dazu komme, daß ein Vertreter der Erstbehörde den Beschwerdeführern zugesichert habe, auf Grund der anhängigen Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde betreffend den Entzug der Gewerbeberechtigung werde von einer Schließung des Betriebes bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes abgesehen werden. Insbesondere auf Grund der Tatsache, daß der Gastgewerbebetrieb für beide Beschwerdeführer die einzige Einnahmequelle darstelle und für den Unterhalt existenznotwendig sei, hätte die Behörde eine längere Frist anordnen müssen.
Gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 360 Abs. 1 Z. 1, 2 oder 3 GewO 1994 besteht, unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; ... Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stillegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes, zu verfügen.
Nach dem Abs. 3 dieser Gesetzesstelle hat die Behörde, wenn der der Rechtsordnung entsprechende Zustand trotz Anwendung des Abs. 1 oder des Abs. 2 nicht erreicht wird oder als notwendige Maßnahme im Sinne des Abs. 1 oder Abs. 2 nur die Schließung des gesamten Betriebes in Betracht kommt oder eine Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 offenkundig ist, ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides den gesamten der Rechtsordnung nicht entsprechenden Betrieb an Ort und Stelle zu schließen.
Die Beschwerdeführer verkennen den normativen Gehalt der Bestimmung des § 360 Abs. 1 GewO 1994, wenn sie meinen, die belangte Behörde hätte ihnen im angefochtenen Bescheid eine angemessene Frist für die Schließung des in Rede stehenden Gasthauses setzen müssen. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Gesetzesstelle hat die Behörde dem Gewerbetreibenden lediglich in der nach dem ersten Satz ergehenden Verfahrensanordnung eine Frist zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes zu setzen. Kommt er dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, hat die Behörde sodann die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen ohne Einräumung einer weiteren Frist zu verfügen.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich auch nicht der Ansicht der Beschwerdeführer anzuschließen, der ihnen erteilte Auftrag sei mangels näherer Bezeichnung des Standortes des betroffenen Gewerbebetriebes nicht ausreichend bestimmt. Denn auch die Beschwerdeführer behaupten nicht, durch die Bezeichnung des Standortes des betroffenen Gewerbebetriebes lediglich durch die Benennung der Ortsgemeinde darüber in Zweifel gewesen zu sein, um welchen Gewerbebetrieb es sich handelt.
Zu ihrem Vorbringen über die gegen den Entziehungsbescheid des Landeshauptmannes vom 8. April 1994 erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof sind die Beschwerdeführer auf die Bestimmung des § 30 Abs. 1 VwGG hinzuweisen, wonach einer solchen Beschwerde eine aufschiebende Wirkung, sofern ihr diese nicht nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle zuerkannt wird, nicht zukommt. Einer gegenteiligen "Zusicherung" eines Behördenvertreters kommt in diesem Zusammenhang kein Gewicht zu.
Schließlich vermögen die Beschwerdeführer auch mit dem Hinweis auf die Gefährdung ihrer Existenz durch die Schließung der in Rede stehenden Betriebsanlage eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht darzutun, weil diese Frage keine Tatbestandsvoraussetzung nach § 360 GewO 1994 bildet.
Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, daß der angefochtene Bescheid zwar insofern objektiv das Gesetz verletzt, als nach dem Wortlaut der Bestimmung des § 360 Abs. 1 GewO 1994 als schärfstes Mittel einer einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahme die Schließung (lediglich) von Teilen des gesetzwidrig betriebenen Betriebes in Betracht kommt. Die Schließung des gesamten Betriebes darf hingegen nur in einem Verfahren nach § 360 Abs. 3 leg. cit. erfolgen, wenn die dort genannten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind.
Es war daher verfehlt, wenn im vorliegenden Fall die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit dem die (gänzliche) Schließung des in Rede stehenden Gewerbebetriebes angeordnet wurde, auf diese Gesetzesstelle und nicht auf die Bestimmung des § 360 Abs. 3 leg. cit. stützte. Durch diese Vorgangsweise wurden allerdings subjektiv-öffentliche Rechte der Beschwerdeführer nicht verletzt. Denn einerseits erweist sich die verfügte Maßnahme, bezogen auf den ermittelten Sachverhalt, unter dem Gesichtspunkt des § 360 Abs. 3 leg. cit. als gerechtfertigt. Andererseits stellt sich das Verfahren nach dieser Gesetzesstelle gegenüber jenem nach dem Abs. 1 des § 360 als ein verkürztes dar, sodaß in der Anwendung der Verfahrensvorschriften der zuletzt genannten Bestimmung eine Rechtsverletzung der Beschwerdeführer nicht begründet sein kann. Auch die unrichtige Zitierung der anzuwendenden Norm begründet für sich allein keine Verletzung subjektiver Rechte der Beschwerdeführer.
Die Beschwerde erweist sich somit als nicht begründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996040009.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
29.09.2008