Entscheidungsdatum
31.05.2022Index
66/01 Allgemeines SozialversicherungsgesetzNorm
ASVG §33 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Schmied über die Beschwerde des Herrn Ab. B., vertreten durch Rechtsanwälte Gesellschaft m.b.H., gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 21.7.2021, Zl. MBA/…/2020, betreffend zwei Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Tatumschreibung im Spruch lautet:
„Sie (Herr Ab. B.) haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der C. GmbH mit Sitz in 1020 Wien, D.-straße, zu verantworten, dass es diese Gesellschaft als Dienstgeberin am 22.4.2020 unterlassen hat, die von ihr auf der Baustelle in 1160 Wien, C.-gasse, beschäftigten, nach dem ASVG in der Unfallversicherung pflichtversicherten Personen
1) E. F., geb. … und
2) G. H., geb. …
vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden, wobei die Anmeldeverpflichtung so erfüllt hätte werden können, dass die Dienstgeberin in zwei Schritten meldet, und zwar vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummern, Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme und die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung.
Die Übertretungsnorm lautet: „§ 111 Abs. 1 Z 1 Allgenmeines Sozuialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 113/2015, in Verbindung mit § 33 Abs. 1 und 2 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 44/2016“.
Die Strafsanktionsnorm lautet: „§ 111 Abs. 2 erster Strafsatz ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 113/2015 “.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG wird dem Beschwerdeführer ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens von EUR 292,--, das sind 20% der verhängten Geldstrafen, vorgeschrieben.
III. Der Haftungsausspruch gemäß § 9 Abs. 7 VStG entfällt.
IV. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der A. Bau GmbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Dienstgeberin es am 22.4.2020 unterlassen hat, die auf der Baustelle in 1160 Wien, C.-gasse beschäftigten, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherten Personen E. F. und G. H. vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.
Wegen dieser Übertretung des § 111 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 33 Abs. 1 und 2 ASVG wurden über den Beschwerdeführer gemäß § 111 Abs. 2 ASVG zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils 730,-- Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit zwei Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 20 Stunden verhängt. Außerdem wurde dem Beschwerdeführer ein Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens von insgesamt 146,-- Euro vorgeschrieben und wurde die A. Bau GmbH gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur Haftung für die Geldstrafe und die Verfahrenskosten verpflichtet.
Das Straferkenntnis basiert auf den in der Anzeige festgehaltenen Wahrnehmungen des Polizeibeamten Insp. J. und auf den von der Polizei auf den Handys der bosnischen Arbeiter sichergestellten und fotografisch dokumentierten Chats der Arbeiter mit ihrem bosnischen Arbeitgeber K.. Diese Chats indizieren eine Beschäftigung der beiden Arbeiter auf der im Verantwortungsbereich des Beschwerdeführers gelegenen Baustelle in Wien 16., C.-gasse.
Aufgrund der fristgerecht erhobenen Beschwerde des Beschuldigten wurde am 29.4.2022 eine öffentliche, mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien durchgeführt.
In der Verhandlung bestritt der anwaltliche Vertreter des Beschwerdeführers, dass sich aus den im Akt einliegenden Chatprotokollen erschließen lasse, dass die Arbeiter E. F. und G. H. für den Beschwerdeführer gearbeitet hätten. Es werde nach wie vor bestritten, dass diese Arbeiter Ausführungsarbeiten erbracht haben. Außerdem handle es sich bei den Chatprotokollen um Chats zwischen bosnischen Staatsangehörigen, die „Bosnisch“ sprechen. Der vom Gericht beauftragte Dolmetscher, der die Protokolle übersetzt habe, spreche aber von schlechtem „Serbisch“. Diesbezüglich wandte die vom Gericht beigezogene gerichtlich beeidete Dolmetscherin für BSK (Bosnisch-Serbisch-Kroatisch) ein, dass es sich bei Bosnisch und Serbisch nicht um verschiedene Sprachen handle.
Der anwaltliche Vertreter des Beschwerdeführers betonte weiters, dass die Chats mit K., dem Besitzer der Firma L., bei der die betreffenden Arbeiter sozialversicherungsrechtlich angemeldet und beschäftigt waren, geführt wurden.
Außerdem gehe aus der in der Verhandlung vorgelegten Rechnung der Firma „M.“, hervor, dass die Arbeiten in den Kellerabteilen von diesem Unternehmen und nicht von der L. geleistet und in Rechnung gestellt wurden. Die Balkone seien überhaupt von einer anderen Firma gemacht worden. Die L. habe nur Teile für die Kellerabteile geliefert. Diese Metallteile seien auf den vom Beschwerdeführer vorgelegten Fotos vom 22.04.2020 ersichtlich. Die Fotos habe er gemacht, weil der Polizist nicht in der Baustelle nachsehen wollte. Die Arbeiter der Firma L. hätten nur die auf den Fotos ersichtlichen Teile geliefert und sonst nichts auf der gegenständlichen Baustelle gemacht. Deshalb seien sie auch in einer Kurzparkzone gestanden.
Warum diese Arbeiter länger in Österreich geblieben sind, könne der Beschwerdeführer nicht sagen. Vielleicht seien sie auf anderen Baustellen beschäftigt gewesen. Es gebe schließlich mehrere Personen mit dem Vornamen Ab., die auf verschiedenen Baustellen als Chefs in Frage kommen würden.
Im Chatprotokoll Nr. 10 sei von zwei Glasplatten die Rede, die in einem Geschäftsraum aufgestellt werden sollten. Im gesamten Projekt C.-gasse habe es keinen Geschäftsraum gegeben, in dem Glasplatten aufgestellt werden sollten. Er habe keine Ahnung, was die Arbeiter im Chat Nr. 12 mit „Gläser“ gemeint haben, er wisse nichts von Gläsern auf der gegenständlichen Baustelle. Auch von einer Anlieferung von Glasplatten wisse er nichts.
Konfrontiert mit der Aussage auf Bild Nr. 3 der Chatprotokolle wonach die Arbeiter, wenn sie die Blecharbeiten abschließen, in C. gehen und die Keller machen sollen, führte der anwaltliche Vertreter des Beschwerdeführers aus, dass damit gemeint sei, dass sie die Metallteile in die Keller von C. bringen sollten.
Ladungsfähige Adressen der beiden bosnischen Arbeiter könne der Beschwerdeführer nicht bekanntgeben. Er habe sie nur anlässlich der Polizeikontrolle auf der Baustelle gesehen.
Der Beschwerdeführer selbst betonte, dass er seit 25 Jahren unternehmerisch tätig sei und noch nie Schwarzarbeiter beschäftigt habe. Die Firma A. Bau GmbH habe mit dem gegenständlichen Vorfall überhaupt nichts zu tun, sie habe dort auch keinen Auftrag gehabt. Projektabwicklerin und Bauherrin sei vielmehr die Firma C. GmbH gewesen. Diese Firma habe alle Arbeiten beauftragt, nachdem die ursprünglich mit der Bauausführung befasste Firma N. Bau GmbH insolvent geworden war.
Der Polizeibeamte Insp J. erstattete folgende Aussage:
„Ich kann mich an die gegenständliche Amtshandlung noch ganz gut erinnern und verweise im Übrigen auf die Anzeige. Uns ist damals ein Fahrzeug mit bosnischem Kennzeichen aufgefallen, das vorschriftswidrig geparkt war. Bei diesem Fahrzeug haben wir 2 Personen angetroffen, beide haben nicht Deutsch gesprochen und trugen verunreinigte Arbeitskleidung. Ich habe gesehen, dass sie von der nahegelegenen Baustelle C.-gasse herausgekommen sind. Ich habe mich mit ihnen in englischer Sprache verständigt und sie haben gesagt, für eine bosnische Metallfirma zu arbeiten und Material geliefert zu haben. Laut vorgelegtem Lieferschein wäre die Lieferung in den 2. Bezirk in die D.-straße gegangen. Ich habe dann die Reisepässe eingesehen und festgestellt, dass die beiden schon am 15.04.2020 eingereist sind, also schon länger als bloß für eine kurze Lieferung in Österreich waren.
Es ist dann der Beschwerdeführer dazugekommen und hat teilweise als Dolmetsch fungiert, teilweise selbst Aussagen gemacht. Er hat uns erklärt, am Lieferschein wäre fälschlich eine Örtlichkeit im 2. Bezirk genannt worden, das Material sei aber immer schon für die Baustelle im 16. Bezirk bestimmt gewesen. Dorthin sei es auch am 15.04.2020 geliefert worden, doch habe er die beiden Arbeiter nochmals angefordert, um das gelieferte Material umzuschlichten. Die beiden Bosnier waren nicht in Österreich gemeldet, gaben aber an, in einem Apartment im 20. Bezirk aufhältig zu sein und hatten auch einen Schlüssel zu diesem Apartment. Ich habe dann mit dem Apartment telefonisch Kontakt aufgenommen und in Erfahrung gebracht, dass eine Reservierung des Herr H. bis 22.04.2020 vorliegt. Wieso sie für eine Lieferung 9 Tage in Wien sein müssen, konnten die beiden Arbeiter nicht schlüssig erklären. Ich habe dann die beiden Arbeiter für die weitere Amtshandlung auf die Polizeiinspektion gebracht. Bevor sie mir mit ihrem Wagen dorthin gefolgt sind, haben sie noch aus der Baustelle in der C.-gasse einen oder zwei Rücksäcke geholt. Darin befanden sich Kleidungsstücke zum Wechseln.
In der Polizeiinspektion konnten wir dann das Handy sichten und haben Screenshots angefertigt. Zur Amtshandlung wurde ein BKS-sprachkundiger Kollege hinzugezogen. Dieser hat auch mitbekommen, dass die beiden Arbeiter auf der Polizeiinspektion wiederholt mit dem Beschwerdeführer telefonisch Kontakt aufgenommen haben und ging es darum, dass die Strafen bezahlt werden sollten und die beiden nicht sagen sollten, dass sie für den Beschwerdeführer gearbeitet haben. Bei dem BKS-sprachkundigem Kollegen handelte es sich um Insp. O.. Ich glaube mich auch erinnern zu können, dass der Beschwerdeführer noch vorbeigekommen ist, um die Strafen zu bezahlen. Bei den Strafen ging es um Strafen nach dem FPG wegen illegalen Aufenthalts, vielleicht auch um das Falschparken.
Auf den Lieferort im 2. Bezirk bin ich gekommen, weil auf Bild 1 und 2 der Lichtbildanlage im Akt diese Adresse als Lieferort angegeben ist. Ich war nicht in der Baustelle C.-gasse. Ob mir der Beschwerdeführer angeboten hat, mir die Baustelle anzusehen, kann ich nicht mehr sagen. Die beiden Arbeiter habe ich nicht beim Arbeiten beobachten können. Mit wem der Arbeiter, dessen Handychats fotografiert wurden, gechattet hat, kann ich nicht mehr sicher sagen. Auf den Chats steht K., diese Person kann ich nicht zuordnen. Wieso die beiden Arbeiter zum Fahrzeug gekommen sind, das von uns gerade inspiziert wurde, kann ich nicht sagen. Es kann sein, dass sie gesehen haben, dass die Polizei bei ihrem Fahrzeug ist. Es kann auch sein, dass der Beschuldigte sie geholt hat. Ob der Beschwerdeführer mir eine Visitenkarte angeboten hat, weiß ich nicht mehr.“
Der Beschwerdeführer nahm zur Zeugenaussage wie folgt Stellung:
„Es kann sein, dass ich mit K. telefoniert habe und er mir gesagt hat, ich solle für seine Arbeiter die Geldstrafen auslegen. Es kann auch sein, dass mich die Arbeiter von der Polizei aus angerufen haben und mich darum ersucht haben. Ich habe das Geld von K. zurückbekommen.
Ich war es, der die Arbeiter von der Baustelle zur Polizei geholt hat, weil ich gerade zur Baustelle gegangen bin und dabei gesehen habe, dass die Polizisten beim Fahrzeug der beiden Bosnier stehen und das Kennzeichen aufschreiben. Ich habe dann auch meine Visitenkarten dem Polizeibeamten ausgehändigt.
Es hat keine Fehllieferung in die D.-straße im 2. Bezirk (dort ist der Firmensitz der C. GmbH) gegeben. Die Arbeiter haben das Material sofort richtig geliefert und zwar ca. 1 Woche vor dem 22.04.2021. Das Material haben sie aber im Haus im Gang abgestellt und sind dann wieder weggefahren. Deswegen habe ich K. angerufen und habe ihm gesagt, die beiden sollten das Material umschlichten.“
Nachdem keine Beweisanträge mehr gestellt wurden und das Ermittlungs-verfahren geschlossen wurde, verzichtete der anwaltlich Vertreter des Beschwerdeführers auf die Fortsetzung der Verhandlung und erklärte sich ausdrücklich mit der schriftlichen Erledigung des Verfahrens einverstanden.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Sachverhalt:
Aufgrund der Aktenlage und der in der mündlichen Verhandlung aufgenommenen Beweise wird folgender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:
Der Beschwerdeführer war zur Tatzeit handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma C. GmbH mit Sitz in 1020 Wien, D.-straße. Dieses Unternehmen war Projektabwicklerin und Bauherrin des Bauvorhabens in Wien 16, C.-gasse. Zu Beginn des Bauvorhabens war die Firma N. Bau GmbH mit der Bauausführung beauftragt worden, nach deren Insolvenz (eingetragen im Firmenbuch am 20.2.2019) beauftragte die C. GmbH verschiedene Firmen mit den auf der Baustelle durchzuführenden Arbeiten. Die Firma A. Bau GmbH hatte keinen Auftrag auf der gegenständlichen Baustelle. Die bosnische Firma L. ist von der C. GmbH nur für die Lieferung von Metallteilen für die Kellerabteile, aber weder für Montagearbeiten noch für sonstige Arbeiten in den Kellerabteilen oder für Arbeiten an den Metallgeländern beauftragt worden.
Diese Feststellungen sind unstrittig und gründen sich auf den Firmenbuchstand und auf die Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung.
Die Arbeiter E. F. und G. H., beide Staatsangehörige von Bosnien-Herzegovina, waren bei der bosnischen Firma L. angestellt und von dieser in Bosnien-Herzegovina zur Sozialversicherung angemeldet. Sie haben am 15.4.2022 im Auftrag der Firma C. GmbH Metallteile für die Kellerabteile im Bauprojekt C.-gasse geliefert und im Keller abgestellt.
Diese Feststellungen sind unstrittig und basieren auf dem Beschwerdevorbringen und auf den Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung.
In der der Lieferung folgenden Woche, so auch am 22.4.2020 haben E. F. und G. H. im Bauobjekt C.-gasse diverse Montagearbeiten in den Kellerabteilen und auf den Balkonen geleistet. Über den Verlauf und Fortschritt dieser Arbeiten haben sie regelmäßig via Handy mit dem Chef der L. in Bosnien, dessen Vorname K. lautet, kommuniziert.
Diese vom Beschwerdeführer bestrittenen Feststellungen ergeben sich aus den von der Polizei sichergestellten und im Behördenakt einliegenden Chatprotokollen. Die Chatprotokolle wurden im Auftrag des Verwaltungsgerichts von einem Dolmetscher für die Sprache BSK (Bosnisch/Kroatisch/Serbisch) ins Deutsche übertragen. Im Chatprotokoll vom 16.4.2020 (Bild Nr. 3) ist davon die Rede, dass die beiden Arbeiter F. und H. an K. berichten, dass sie mit Arbeiten am großen Balkon beschäftigt waren und nun die Ware aus dem Kombi abladen würden. Vorher hätten sie das nicht tun können, weil sich der Schlüssel bei A. (es handelt sich um eine geläufige Abkürzung für den Vornamen des Beschwerdeführers, der Ab. heißt) befunden habe. Danach erkundigt sich K., ob A. gekommen sei und was er sage. K. will auch wissen, ob man die Gläser montieren könne. F. und H. bejahen dies und sagen, dass sie, wenn sie mit den derzeitigen Arbeiten fertig sind, die Keller machen. Des Weiteren fragt K., wie viele Blechteile noch auf den Balkonen zu montieren seien und bekommt von den Arbeitern F. und H. mitgeteilt, dass es an den Balkonen noch Arbeit für zwei Tage gebe. Am 18.6.2020 ist unter anderem die Rede davon, dass im „C.“ die Unterteilung der Keller leichter wirkt (als die Arbeit auf den Balkonen). Im Chat auf Bild 15 berichten die Arbeiter K., dass A. (der Beschwerdeführer) vor kurzem dagewesen sei und sie ihm gesagt hätten, dass zu wenig Blech da sei.
Aufgrund dieser oben auszugsweise wiedergegebenen Chats wird als erwiesen festgestellt, dass die bosnischen Arbeiter F. und H. nicht nur am 15.4.2020 eine Lieferung durchgeführt und die gelieferten Teile am 22.4.2020 im Keller des Bauvorhabens C.-gasse umgeschlichtet haben, wie dies vom Beschwerdeführer behauptet wird, sondern dass sie auch mit Montagearbeiten an den Balkonen und in den Kellerabteilen betraut waren.
Da die bosnische Firma L. unstrittig keinen Auftrag für diese Arbeiten hatte, zudem unstrittig keine Vereinbarung zwischen der L. und der C. GmbH betreffend die Überlassung der Arbeiter an die C. GmbH vorlag und die geleisteten Arbeiten einzig der C. GmbH in ihrer Eigenschaft als Bauherrin zu Gute kamen, wird des Weiteren als erwiesen festgestellt, dass nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt die beiden Arbeiter F. und H. zur Tatzeit in einem Beschäftigungsverhältnis zur C. GmbH standen.
Dieses Beweisergebnis wird auch durch die zeugenschaftliche Aussage des Polizeibeamten Inspektor J. bekräftigt, wonach die beiden Arbeiter F. und H. in verschmutzter Arbeitskleidung aus der Baustelle gekommen sind und einen Rucksack mit Kleidung zum Wechseln aus der Baustelle holten, bevor sie den Polizeibeamten zum Wachzimmer folgten. Außerdem weist der Umstand, dass die beiden Arbeiter beginnend mit 15.4.2020 bis 22.4.2020, also für eine Dauer von 7 Tagen in Wien ein Appartement gemietet hatten, darauf hin, dass sie sich nicht nur für eine Liefertätigkeit hier aufgehalten haben. Schließlich ist auch nur schwer nachzuvollziehen, dass der Beschwerdeführer eigens auf das Polizeiwachzimmer gefahren ist, um den beiden Arbeitern Geld für die Begleichung der über sie verhängten Geldstrafen wegen unrechtmäßigen Aufenthalts bzw. wegen eines Verkehrsdelikts vorzustrecken, wenn es sich bei den Arbeitern bloß um Mitarbeiter eines Baustofflieferanten gehandelt hätte.
Am Beweisergebnis vermag der Umstand, dass die Arbeiter F. und H. grundsätzlich bei der bosnischen Firma L. beschäftigt und von dieser in Bosnien zur Sozialversicherung angemeldet waren, nichts zu ändern, ist doch im Fall der Beschäftigung von Arbeitnehmern aus Drittstatten die Einholung einer arbeitsmarktrechtlichen Bewilligung ebenso wie deren Anmeldung bei dem in Österreich zuständigen Träger der Sozialversicherung (ÖGK) auch für jene Arbeitnehmer geboten, die in ihrem Herkunftsstaat bei einem anderen Unternehmen beschäftigt und zur Sozialversicherung angemeldet sind. Es trifft zwar zu, dass – wie der oben auszugsweise wiedergegebenen Chatverlauf zeigt - auch der Arbeitgeber von E. F. und G. H. in Bosnien über deren Beschäftigung auf der Baustelle des Beschwerdeführers Bescheid wusste, doch kann mangels Anhaltspunkten im Akt und vor dem Hintergrund der Bestreitung jeglicher über die bloße Lieferung von Metallteilen hinausgehenden vertraglichen Vereinbarungen zwischen der L. und der C. GmbH durch den Beschwerdeführer nicht davon ausgegangen werden, dass die Arbeitsleistungen von F. und H. auf der Baustelle der C. GmbH in der C.-gasse der Firma L. oder deren Chef K. zuzurechnen wären. Dass - wie der Beschwerdeführer vorgebracht hat – mit den Arbeiten in den Kellerabteilen und an den Balkonen grundsätzlich andere Firmen von der C. GmbH beauftragt waren, sagt nichts darüber aus, dass nicht auch die gegenständlich relevanten Arbeiter F. und H. in diesen Bereichen gearbeitet haben. Schließlich vermag auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, von Glasplatten, die in einem Geschäftsraum des Bauobjekts aufzustellen gewesen wären, nichts zu wissen, das Beweisergebnis nicht zu erschüttern, lässt doch der gesamte Chatverlauf keinen Zweifel zu, dass darin jedenfalls (auch) über Arbeiten im Objekt C.-gasse (abgekürzt C.), und zwar auf den Balkonen und in den Kellerabteilen gesprochen wird. Auf den vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten Fotos ist im Übrigen ersichtlich, dass im betreffenden Bauobjekt zahlreiche Balkone mit Metallgittern und auch Abtrennungen zwischen den Kellerabteilen herzustellen waren. Soweit der Beschwerdeführer schließlich vorgebracht hat, es gebe viele Personen, die A. genannt werden, ist darauf hinzuweisen, dass in den Chatprotokllen nicht nur die Abkürzung „A.“ (für Ab. B.), sondern auch die Abkürzung „C.“ (für die Firma C. GmbH bzw. für das Bauprojekt C.-gasse) vorkommt. Außerdem wurden die beiden Arbeiter mit verschmutzter Arbeitskleidung aus der Baustelle in der C.-gasse kommend von der Polizei angetroffen und hatten beide ihre saubere Straßenkleidung in einem in der Baustelle deponierten Rucksack. Vor diesem Hintergrund kann ausgeschlossen werden, dass in den Chats der Arbeiter F. und H. auf eine andere Baustelle als jene der C. GmbH und auf einen anderen A. als den Beschwerdeführer Bezug genommen wird.
Unstrittig wird schließlich festgestellt, dass von der C. GmbH für die Arbeiter F. und H. weder eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung eingeholt noch eine Anmeldung zur Sozialversicherung veranlasst wurde.
Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber die Anmeldung zur Pflichtversicherung oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.
Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.
Gemäß § 33 Abs. 2 ASVG gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensions-versicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.
Gemäß § 111 Abs. 2 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2 180 €, im Wiederholungsfall von 2 180 € bis zu 5 000 €, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.
Vor dem Hintergrund der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen war von einem zur Tatzeit bestehenden Dienstverhältnis zwischen der C. GmbH und den im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses genannten Arbeitern E. F. und G. H., auszugehen, wobei gemäß § 33 Abs. 2 in Verbindung mit § 33 Abs. 1 ASVG selbst unter der Annahme einer bloß geringfügigen Beschäftigung jedenfalls eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Unfallversicherung bestand. Eine Anmeldung beim zuständigen Krankenversicherungsträger, bei dem auch die bloß in der Unfallversicherung Pflichtversicherten zu melden sind, ist gegenständlich unstrittig nicht erfolgt. Der objektive Tatbestand einer Übertretung der oben zitierten Rechtsvorschriften des § 33 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG wurde sohin bezüglich beider Arbeitnehmer verwirklicht. Der Beschwerdeführer, der zur Tatzeit unstrittig handelsrechtlicher Geschäftsführer der C. GmbH und daher zur Außenvertretung dieser Gesellschaft berufen war, ist für diese Verwaltungsübertretungen gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.
Dass den Beschwerdeführer an diesen Verwaltungsübertretungen kein Verschulden treffe, wurde von ihm im gesamten Verfahren nicht glaubhaft dargelegt. Da es sich bei den in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen um sog. Ungehorsamsdelikte handelt, zu deren Begehung vorsätzliches Verhalten nicht gefordert ist und zu deren Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, war in Ansehung der unwiderlegt gebliebenen gesetzlichen Vermutung des § 5 Abns. 1 VStG jedenfalls von fahrlässigem und somit schulC.aftem Verhalten des Beschwerdeführers auszugehen.
Das angefochtene Straferkenntnis war daher in der Schuldfrage zu bestätigen.
Änderungen im Spruch:
Durch die Neufassung der Tatumschreibung im Spruch wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass im Zuge der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung hervorgekommen ist, dass nicht die A. Bau GmbH, sondern vielmehr die C. GmbH (der Beschwerdeführer war in beiden Gesellschaften zur Tatzeit handelsrechtlicher Geschäftsführer) als inländischer Beschäftiger der beiden im Spruch genannten bosnischen Arbeiter fungierte. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH stellt es keine unzulässige Änderung des Tatvorwurfs oder eine Überschreitung der Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde (nunmehr des Verwaltungsgerichts) dar, wenn der Beschuldigte als nach § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich verantwortliche Person für eine andere Gesellschaft als jene in Anspruch genommen hat, für welche er im erstinstanzlichen Straferkenntnis verantwortlich gemacht worden war (siehe VwGH 24.4.2008, 2007/07/0124 und die darin verwiesene Judikatur). Der Umstand, ob der Beschuldigte die Tat in eigener Verantwortung oder als zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer Gesellschaft oder als verantwortlicher Beauftragter zu verantworten hat, ist außerdem nicht Sachverhaltselement der ihm zur Last gelegten Übertretung, sondern ein die Frage der Verantwortlichkeit der von Anfang an als Beschuldigter angesprochenen Person betreffendes Merkmal. Es ist daher nicht rechtswidrig und es liegt auch keine Verjährung vor, wenn die Berufungsbehörde (nunmehr das Verwaltungsgericht) erst nach Ablauf der Frist des § 31 Abs 2 VStG dem Beschuldigten vorwirft, die Übertretung in seiner Eigenschaft als Verantwortlicher nach § 9 VStG begangen zu haben (VwGH 24.1.2008, 2004/03/0007). Außerdem wurde klargestellt, dass die betreffenden Dienstnehmer (jedenfalls) in der Unfallversicherung pflichtversichert waren.
Schließlich wurden die Normzitate im Spruch entsprechend den von der höchstgerichtlichen Judikatur im Hinblick auf § 44a VStG gestellten Anforderungen ergänzt, sodass nunmehr die zur Tatzeit geltende Fassung der jeweiligen Übertretungs- und Strafsanktionsnormen ersichtlich ist.
Strafbemessung:
Da gegenständlich seitens der belangten Behörde jeweils nur die gesetzliche Mindeststrafe verhängt wurde, käme eine Strafherabsetzung nur unter den Voraussetzungen des § 20 VStG oder nach § 111 Abs. 2 letzter Satz ASVG in Betracht. Abgesehen von der laut Aktenlage gegebenen verwaltungs-strafrechtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers sind im Verfahren keine Milderungsgründe hervorgekommen, sodass nicht von einem deutlichen Überwiegen der Milderungsgründe auszugehen war und, zumal es sich beim Beschwerdeführer auch nicht um einen noch jugendlichen Straftäter handelt, die außerordentlich Strafmilderung nach § 20 VStG nicht zur Anwendung kam. Da beide Arbeiter auch Balkonen arbeiteten und somit einem vergleichsweise hohen Unfallrisiko ausgesetzt waren, kann der objektive Unrechtsgehalt der Unterlassung ihrer Anmeldung zur gesetzlichen Unfallversicherung keineswegs als bloß gering eingestuft werden, sodass auch eine Strafmilderung nach § 111 Abs. 2 letzter Satz ASVG nicht in Betracht zu ziehen war. Ein Absehen von der Strafe oder der Ausspruch einer bloßen Ermahnung nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG scheidet aus, da gegenständlich das tatbildliche Verhalten nicht hinter dem in der gesetzlichen Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt.
Haftungsausspruch:
Der an die A. Bau GmbH gerichtete Haftungsausspruch hatte zu entfallen, da sich im Beschwerdeverfahren herausgestellt hat, dass nicht die A. Bau GmbH, sondern vielmehr die C. GmbH (der Beschwerdeführer war in beiden Gesellschaften zur Tatzeit handelsrechtlicher Geschäftsführer) als inländischer Beschäftiger der beiden im Spruch genannten bosnischen Arbeiter fungierte. Der C. GmbH wiederum wurde das behördliche Straferkenntnis nicht zugestellt und enthält selbiges auch keinen gegen diese Gesellschaft gerichteten Haftungsausspruch, sodass es dem Verwaltungsgericht verwehrt war, die Haftung dieser Gesellschaft (erstmals) auszusprechen. Außerdem wurde die C. GmbH seit 12.4.2022 im Firmenbuch gelöscht.
Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Gegenständlich standen einer ordentlichen Revision nicht zugängliche Fragen der Beweiswürdigung im Vordergrund. Bei den verbliebenen Rechtsfragen hat sich das Verwaltungsgericht an der keineswegs uneinheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs orientiert und selbige in den Entscheidungsgründen zitiert.
Schlagworte
Pflichtversicherung; Anmeldeverpflichtung; Meldepflicht; Krankenversicherungsträger; Beschäftigungsverhältnis; Dienstnehmer; ÄnderungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2022:VGW.041.046.12712.2021Zuletzt aktualisiert am
30.09.2022