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Auswertung in Arbeit!Norm
Auswertung in Arbeit!Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann-Preschnofsky, in den Rechtssachen 1. des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Revision sowie 2. der Revision der L H in H, vertreten durch die Kocher & Bucher Rechtsanwälte OG in 8010 Graz, Friedrichgasse 31, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. November 2021, W254 2225212-1/22E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
1. Die Revision wird zurückgewiesen.
2. Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird eingestellt.
Begründung
1 Die aus dem Iran stammende Revisionswerberin stellte am 27. Dezember 2018 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.
2 Mit Bescheid vom 10. Oktober 2019 wurde dieser Antrag vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl abgewiesen, der Revisionswerberin kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, gegen sie eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass ihre Abschiebung in den Iran zulässig sei, und für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.
3 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung - mit einer hier nicht weiter wesentlichen Korrektur eines im Bescheid enthaltenen Ausspruches - mit Erkenntnis vom 12. November 2021 als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der dagegen an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom 29. April 2022, E 4432/2021-7, ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
5 In der Folge wurden die gegenständliche Revision sowie ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Revision eingebracht.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Die Revisionswerberin wendet sich in der Begründung für die Zulässigkeit der Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG gegen jene Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts, mit dem dieses dem Vorbringen der Revisionswerberin zu einer Hinwendung zum Christentum und einer daraus resultierenden Verfolgung im Heimatland die Glaubwürdigkeit abgesprochen hat. In diesem Zusammenhang wird auch geltend gemacht, der Verlobte der Revisionswerberin sei dazu vom Bundesverwaltungsgericht unzureichend befragt worden.
10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. etwa VwGH 30.5.2022, Ra 2021/20/0484; 31.1.2022, Ra 2021/20/0486, jeweils mwN).
11 Es gelingt der Revisionswerberin nicht aufzuzeigen, dass die beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel behaftet wären.
12 Darauf, dass auch ein anderer Sachverhalt hätte schlüssig begründet werden können, kommt es nach dem oben dargestellten, im Revisionsverfahren anzuwendenden Prüfungsmaßstab nicht an (vgl. nochmals VwGH Ra 2021/20/0486).
13 Werden Verfahrensmängel - wie hier das Unterbleiben einer ergänzenden Befragung des in der Verhandlung vom Bundesverwaltungsgericht als Zeugen vernommenen Verlobten der Revisionswerberin - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 13.5.2022, Ra 2022/20/0094 bis 0096, mwN).
14 Im Fall einer unterbliebenen Vernehmung ist - um die Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers darzutun - in der Revision konkret darzulegen, was die betreffende Person im Fall ihrer Vernehmung hätte aussagen können und welche anderen oder zusätzlichen Feststellungen auf Grund dessen zu treffen gewesen wären (vgl. auch dazu VwGH Ra 2022/20/0094 bis 0096, mwN). Das gilt auch für jenen Fall, in dem nicht das gänzliche Unterbleiben der Vernehmung geltend gemacht wird, sondern die Notwendigkeit einer ergänzenden Befragung einer vernommenen Person ins Treffen geführt wird (vgl. etwa VwGH 20.9.2017, Ra 2017/19/0320; 24.9.2020, Ra 2020/20/0330; 21.12.2020, Ra 2020/14/0503).
15 Eine solche Darstellung lässt die Revision allerdings zur Gänze vermissen.
16 Die Frage, ob das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner amtswegigen Ermittlungspflicht weitere Ermittlungsschritte setzen muss, unterliegt außerdem einer einzelfallbezogenen Beurteilung. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge insoweit nur dann vor, wenn die Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre (vgl. VwGH 17.5.2020, Ra 2020/20/0399, mwN).
17 Es wird allerdings in der Revision auch nicht ausgeführt, weshalb das Bundesverwaltungsgericht von der Notwendigkeit weiterer von ihm an den Zeugen zu stellender Fragen hätte ausgehen müssen. Das erscheint fallbezogen umso mehr geboten, als der - im Übrigen durch eine in der Verhandlung anwesende Mitarbeiterin der Diakonie und Flüchtlingsdienst gem. GmbH rechtskundig vertretenen - Revisionswerberin nach dem Inhalt des im Akt des Bundesverwaltungsgerichts einliegenden Verhandlungsprotokolls die Möglichkeit eingeräumt worden war, im Rahmen der Verhandlung Fragen an den Zeugen zu stellen. Davon wurde von ihr aber kein Gebrauch gemacht.
18 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
19 Angesichts dieses Ergebnisses kommt der Frage, ob die Revision rechtzeitig erhoben wurde und gegebenenfalls eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht zu ziehen ist, nur mehr theoretische Bedeutung zu, weshalb sich eine Entscheidung in der Wiedereinsetzungssache erübrigt. Das diesbezügliche Verfahren war daher mangels rechtlichen Interesses der Revisionswerberin nach Art 133 Abs. 6 Z 1 B-VG im Sinn des § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen (vgl. VwGH 3.3.2015, Ra 2015/02/0031, mwN).
Wien, am 25. August 2022
Schlagworte
Auswertung in Arbeit!European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022200182.L00Im RIS seit
30.09.2022Zuletzt aktualisiert am
30.09.2022