TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/23 95/04/0204

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Veröffentlicht am 23.04.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §339 Abs2;
GewO 1994 §340 Abs1;
GewO 1994 §341 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der F Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. B., Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 22. August 1995, Zl. 318.230/1-III/5/95, betreffend Verweigerung der Bewilligung der Gewerbeausübung und der Genehmigung der Bestellung eines Geschäftsführers, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 27. März 1995 richtete die Beschwerdeführerin an den "Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den

22. Bezirk" einen als "I. Anmeldung des Gewerbes der Kontaktlinsenoptiker (§ 127 Z. 17 GewO 1994) und II. Geschäftsführerbestellung" überschriebenen Schriftsatz, in welchem sie erklärt, "bei der hiefür zuständigen Behörde die Anmeldung der Ausübung des Gewerbes der Kontaktlinsenoptiker (§ 127 Z. 17 GewO 1994)" in einem näher bezeichneten Standort zu erstatten. Unter Punkt II. dieses Schriftsatzes erklärte die Beschwerdeführerin: "Gleichzeitig wird für das hiemit angemeldete Gewerbe der Kontaktlinsenoptiker zum Geschäftsführer bestellt Herr .....". Der Schriftsatz endet mit den Worten: "Es wird daher ersucht, auch diese, hiemit angezeigte Geschäftsführerbestellung zur Kenntnis zu nehmen."

Über dieses Ansuchen erging in erster Instanz der Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 14. Juni 1995, dessen Spruch, vom Kostenausspruch abgesehen, wie folgt lautet:

"Das Amt der Wiener Landesregierung verweigert gemäß § 175 Abs. 2 GewO 1994 der F Gesellschaft m.b.H. die Bewilligung zur Ausübung des Gewerbes: Kontaktlinsenoptiker (§ 223 GewO 1994) mit dem Standort in Wien, X-Straße 81, und gibt weiters gemäß § 176 Abs. 3 GewO 1994 dem Ansuchen um Genehmigung der Bestellung des Herrn A zum Geschäftsführer bei Ausübung dieses Gewerbes keine Folge."

Der gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung gab der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Bescheid vom 22. August 1995 keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid gemäß § 175 Abs. 2 und § 176 Abs. 3 GewO 1994. Zur Begründung führte der Bundesminister im wesentlichen aus, C käme als Geschäftsführer der Beschwerdeführerin auf den Betrieb der Geschäfte der Beschwerdeführerin solche Befugnisse zu, deren Wahrnehmung die Ausübung eines maßgebenden Einflusses auf den Betrieb der Geschäfte darstelle. Die sich in den zahlreichen verwaltungsbehördlich geahndeten Verfehlungen manifestierende Vorgangsweise des C und das daraus zu gewinnende Persönlichkeitsbild ließen die Befürchtung gerechtfertigt erscheinen, er werde beim Betrieb des von der Beschwerdeführerin angestrebten Gewerbes gegen die hiebei zu beachtenden öffentlichen Interessen verstoßen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Bewilligung der Ausübung des Gewerbes der Kontaktlinsenoptiker verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes legt sie dar, warum sie der Meinung ist, die über C verhängten Verwaltungsstrafen seien kein Grund, an dessen Zuverlässigkeit zu zweifeln. Die belangte Behörde habe überdies ihr Recht auf rechtliches Gehör verletzt, weil sie ihr nicht ausreichend Gelegenheit gegeben habe, zu den einzelnen über C verhängten Verwaltungsstrafen im Detail Stellung zu nehmen.

Die Beschwerde erweist sich auf Grund folgender Erwägungen als berechtigt.

Gemäß § 5 Abs. 1 GewO 1994 dürfen Gewerbe, soweit dieses Bundesgesetz hinsichtlich einzelner Gewerbe (§ 127) nicht anderes bestimmt, bei Erfüllung der allgemeinen und der etwa vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen auf Grund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes (§ 339) ausgeübt werden.

Die im § 127 leg. cit. genannten Gewerbe, zu denen nach der Z. 17 dieser Gesetzesstelle auch das Gewerbe der Kontaktlinsenoptiker zählt, dürfen nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle erst nach Erlangung einer Bewilligung ausgeübt werden.

Zufolge § 339 Abs. 1 leg. cit. hat, wer ein Gewerbe ausüben will, soweit es sich nicht um ein bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe handelt, die Gewerbeanmeldung bei der Bezirksverwaltungsbehörde des Standortes zu erstatten.

Gemäß § 340 Abs. 1 GewO 1994 hat die Bezirksverwaltungsbehörde auf Grund der Anmeldung des Gewerbes (§ 339 Abs. 1) zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen. Über das Ergebnis ihrer Feststellungen hat die Behörde einen Bescheid zu erlassen, sofern nicht die Bestimmung des Abs. 4 anzuwenden ist. Liegen die im Abs. 1 erwähnten Voraussetzungen nicht vor, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde nach dem Abs. 7 dieser Gesetzesstelle - unbeschadet eines Verfahrens nach § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 - dies mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen.

Wer ein bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe (§ 127) ausüben will, hat zufolge § 341 Abs. 1 GewO 1994 das Ansuchen bei der Behörde (§ 177), die für den beabsichtigten Standort zuständig ist, einzubringen.

Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, daß es sich sowohl bei dem im § 340 Abs. 1 leg. cit. genannten Feststellungsbescheid als auch bei dem auf Grund eines Ansuchens nach § 341 Abs. 1 GewO 1994 ergehenden Bewilligungsbescheid um einen der Parteiendisposition unterliegenden Verwaltungsakt handelt. Die Behörde ist bei ihrer jeweiligen Entscheidung an den Inhalt des Antrages bzw. der Anmeldung gebunden. Insbesondere ist es ihr verwehrt, entgegen dem erklärten Willen der Partei ihrer Eingabe eine Deutung zu geben, die aus deren Wortlaut nicht unmittelbar erschlossen werden kann, mag auch das Begehren, so wie es gestellt worden ist, von vornherein aussichtslos oder gar unzulässig sein (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1980, Slg. N. F. Nr. 10.179/A). Im vorliegenden Fall kann der eingangs in seinen wesentlichen Passagen wiedergegebene Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 27. März 1995 nur als Anmeldung der Ausübung eines nicht bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbes verstanden werden. Es war daher verfehlt, wenn die belangte Behörde dieser Gewerbeanmeldung entgegen ihrem ausdrücklichen Wortlaut den Inhalt eines Ansuchens um Erteilung einer Bewilligung für die Ausübung eines bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbes beilegte und dieses Ansuchen mit dem angefochtenen Bescheid abwies. Daß es sich bei dem von der Beschwerdeführerin zur Ausübung angemeldeten Gewerbe in Wahrheit um ein bewilligungspflichtiges Gewerbe handelte, vermag an der Rechtswidrigkeit dieser Vorgangsweise nichts zu ändern.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995040204.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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