TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/23 93/08/0002

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Veröffentlicht am 23.04.1996
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §231;
ASVG §232;
ASVG §308 Abs1;
ASVG §308;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter in Wien, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 24. November 1992, Zl. SV-913/3-1992, betreffend Überweisungsbetrag gemäß § 308 ASVG (mitbeteiligte Parteien: 1. Bund - Korpskommando III, Vöslauerstraße 106, 2500 Baden; 2. D), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Bescheid vom 12. März 1992 rechnete der öffentlich-rechtliche Dienstgeber (erstmitbeteiligte Partei) dem Zweitmitbeteiligten D (in der Folge Zweitmitbeteiligter genannt) unter anderem die beim Österreichischen Bundesheer als zeitverpflichteter Soldat verbrachte Zeit vom 1. Mai 1984 bis 30. September 1991, gemäß § 53 Abs. 2 lit. d des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965) unbedingt als Ruhegenußvordienstzeit an.

Dieser Bescheid erwuchs nach der Aktenlage in Rechtskraft.

Mit Bescheid vom 3. August 1992 gab die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt dem Antrag der erstmitbeteiligten Partei auf Leistung eines Überweisungsbetrages für den Zweitmitbeteiligten anläßlich von dessen Übernahme in ein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis zum Bund unter Berufung auf die §§ 308 und 309 ASVG statt und sprach aus, daß der Überweisungsbetrag S 61.425,-- betrage. Diese Summe ergebe sich unter Zugrundelegung der mit dem Bescheid der erstmitbeteiligten Partei vom 12. März 1992 angerechneten Zeiten. Die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt habe 52 Monate Beitragszeit (1.4.1979 bis 30.9.1980 und 9.6.1981 bis 31.3.1984) sowie 91 Monate Ersatzzeit (1.10.1980 bis 31.5.1981, 1.5.1984 bis 29.2.1988 und 1.9.1988 bis 30.9.1991) berücksichtigt.

Die erstmitbeteiligte Partei erhob Einspruch mit der Begründung, daß auch für die Zeit vom 1.3. bis 31.8.1988 ein Überweisungsbetrag an den Dienstgeber zu leisten sei. Für diesen Zeitraum sei zu Unrecht (mit einem weiteren Bescheid vom 3. August 1992) eine Erstattung an den Dienstnehmer (Zweitmitbeteiligten) erfolgt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Einspruch der erstmitbeteiligten Partei insoweit Folge gegeben, als ausgesprochen wurde, daß die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt für den Zweitmitbeteiligten auch für die Ersatzzeit vom 1.3. bis 31.8.1988 einen Überweisungsbetrag im gesetzlichen Ausmaß (S 810,--) an die erstmitbeteiligte Partei zu leisten habe. Nach der Begründung stehe fest, daß die erstmitbeteiligte Partei mit Bescheid vom 12. März 1992 dem Zweitmitbeteiligten unter anderem die Zeit vom 1.5.1984 bis 30.9.1991, während der er Zeitsoldat gewesen sei, gemäß § 53 Abs. 2 lit. d PG 1965 als Ruhegenußvordienstzeit angerechnet habe. Schon daraus ergebe sich bereits, daß die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt für diese Zeit, die gemäß § 227 ASVG als Ersatzzeit gelte, einen Überweisungsbetrag in Höhe von 1 v.H. zu leisten habe. Daran könne auch die Tatsache nichts ändern, daß der Zweitmitbeteiligte (neben dem Dienst als Zeitsoldat) in der Zeit vom 1.3. bis 31.8.1988 auch selbständig erwerbstätig gewesen und der Pflichtversicherung nach dem GSVG unterlegen sei. Hätte die erstmitbeteiligte Partei diese Beitragszeiten als Ruhegenußvordienstzeiten angerechnet, wäre nicht 1 v.H., sondern 7 v.H. der Berechnungsgrundlage als Überweisungsbetrag zu leisten gewesen. Der beschwerdeführenden Pensionsversicherungsanstalt könne nicht gefolgt werden, wenn sie die Auffassung vertrete, daß der vorliegende Sachverhalt unter Berücksichtigung der §§ 231 bzw. 251a ASVG zu beurteilen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 308 Abs. 7 ASVG ist Stichtag für die Feststellung der nach Abs. 1 zu berücksichtigenden Versicherungsmonate der Tag der Aufnahme in das pensionsversicherungsfreie Dienstverhältnis (§ 11 Abs. 1), wenn sie an einem Monatsersten erfolgt. Im Beschwerdefall ist dies beim Zweitmitbeteiligten der 1. Oktober 1991.

§ 308 Abs. 1 ASVG in der zu diesem Stichtag in Verbindung mit Art. VI Abs. 7 der 44. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 609/1987, anzuwendenden Fassung lautet auszugsweise:

"Wird ein Versicherter in ein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis (Abs. 2) aufgenommen und rechnet der Dienstgeber nach den für ihn geltenden dienstrechtlichen Vorschriften

a)

Beitragsmonate nach diesem Bundesgesetz, Ersatzmonate nach § 229, § 228 Abs. 1 Z. 1 und 4 bis 6, § 227 Abs. 1 Z. 1, soweit sie leistungswirksam sind, Z. 2, 3 und 7 bis 9 dieses Bundesgesetzes,

b)

Beitragsmonate nach dem Gewerblichen Selbständigen-Pensionsversicherungsgesetz, Ersatzmonate nach § 62 Abs. 1 Z. 1 und 2 des Gewerblichen Selbständigen-Pensionsversicherungsgesetzes,

c)

...

für die Begründung des Anspruches auf einen Ruhe(Versorgungs)genuß bedingt oder unbedingt an, so hat der nach Abs. 5 zuständige Versicherungsgträger auf Antrag dem Dienstgeber einen Überweisungsbetrag in der Höhe von je 7 v.H. der Berechnungsgrundlage nach Abs. 6 für jeden in der Pensionsversorgung bedingt oder unbedingt angerechneten Beitragsmonat und von je 1 v.H. dieser Berechnungsgrundlage für jeden in der Pensionsversorgung bedingt oder unbedingt angerechneten Ersatzmonat zu leisten. Zur Stellung des Antrages ist sowohl der Dienstgeber als auch der Dienstnehmer berechtigt."

§ 308 Abs. 3 lit. a ASVG lautet auszugsweise :

"Ist nach Abs. 1 ein Überweisungsbetrag zu leisten, so hat der zuständige Versicherungsträger dem Versicherten

a)

die Beiträge für jeden vor dem Stichtag nach Abs. 7 liegenden Beitragsmonat der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz, nach dem Gewerblichen Selbständigen-Pensionsversicherungsgesetz bzw. nach dem Bauern-Pensionsversicherungsgesetz und für jeden vor dem Stichtag nach Abs. 7 liegenden Beitragsmonat nach § 61 Abs. 1 Z. 2 des Gewerblichen Selbständigen-Pensionsversicherungsgesetzes bzw. nach § 55 Abs. 1 Z. 2 des Bauern-Pensionsversicherungsgesetzes, der nicht nach Abs. 1 in der Pensionsversorgung angerechnet wurde, mit 7 v.H. der Berechnungsgrundlage nach Abs. 6,

b)

...

.....

zu erstatten. Diese Beiträge sind dem Versicherten auf seinen Antrag auch dann zu erstatten, wenn ein Überweisungsbetrag nach Abs. 1 deswegen nicht zu leisten ist, weil der Dienstgeber keinen Vesicherungsmonat anrechnet. § 108 ist sinngemäß anzuwenden."

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist ausschließlich die Frage strittig, ob für die Zeit vom 1.3. bis 31.8.1988, in der der Beschwerdeführer sowohl zeitverpflichteter Soldat als auch selbständig erwerbstätig und damit nach dem GSVG pflichtversichert war, ein Anspruch des öffentlich-rechtlichen Dienstgebers auf Leistung eines Überweisungsbetrages nach § 308 Abs. 1 ASVG besteht. Der öffentlich-rechtliche Dienstgeber hat unter anderem diese Zeit nach § 53 Abs. 2 lit. d PG 1965 (Zeit der Erfüllung einer inländischen Wehrpflicht) angerechnet. Eine Anrechnung nach § 53 Abs. 3 lit. a PG 1965 (Zeit selbständiger Erwerbstätigkeit) erfolgte nicht.

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde (und der erstmitbeteiligten Partei) sind bei der Anwendung des § 308 ASVG die §§ 231 und 232 ASVG zu berücksichtigen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 27. März 1990, Zl. 89/08/0047).

Diese Bestimmungen lauten folgendermaßen:

"§ 231. Zur Feststellung der Leistungen aus der Pensionsversicherung und der Überweisungsbeträge nach den §§ 308 und 311 sind die Versicherungszeiten in Versicherungsmonate in folgender Weise zusammenzufassen:

1. Jeder Kalendermonat, in dem mindestens Versicherungszeiten in der Dauer von 15 Tagen oder zwei ganze Beitragswochen, für die der Beitrag nach Beitragsklassen berechnet worden ist, oder eine solche Beitragswoche und acht Tage an sonstigen Versicherungszeiten liegen, ist ein Versicherungsmonat.

2. Liegen in einem Kalendermonat nicht Versicherungszeiten in dem in Z. 1 angegebenen Mindestausmaß vor, so sind diese Versicherungszeiten solchen in den nachfolgenden Kalendermonaten desselben Kalenderjahres, die nicht schon nach Z. 1 Versicherungsmonate sind, so lange zuzuschlagen, bis in einem Kalendermonat Versicherungszeiten in dem in Z. 1 angegebenen Mindestausmaß vorliegen; dieser Kalendermonat ist sodann ein Versicherungsmonat. Der letzte im Kalenderjahr liegende Kalendermonat, in dem - auch nach dem Zuzählen von Versicherungszeiten aus vorangegangenen Kalendermonaten - Zeiten vorliegen, die das Mindestausmaß nach Z. 1 nicht erreichen, gilt jedenfalls als Versicherungsmonat.

Hiebei ist für die Feststellung der Wartezeit (§ 235) und der Leistungszugehörigkeit (§ 245) von Versicherungszeiten, die sich zeitlich decken, nur eine zu zählen, wobei eine Beitragszeit der Pflichtversicherung einer Ersatzzeit oder einer Beitragszeit der freiwilligen Versichung und eine Ersatzzeit einer Beitragszeit der freiwilligen Versicherung vorangeht. Bei Versicherungszeiten gleicher Art gilt nachstehende Reihenfolge: knappschaftliche Pensionsversicherung, Pensionsversicherung der Angestellten, Pensionsversicherung der Arbeiter; innerhalb der Pensionsversicherung der Arbeiter: Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen. Die Bestimmungen des § 244 Abs. 2 und des § 249 Abs. 1 bleiben hievon unberührt.

§ 232. (1) Der einzelne Versicherungsmonat gilt als Beitragsmonat der Pflichtversicherung, als Beitragsmonat der freiwilligen Versicherung oder als Ersatzmonat, je nachdem Beitragszeiten der Pflichtversicherung, Beitragszeiten der freiwilligen Versicherung oder Ersatzzeiten in dem betreffenden Monat das zeitliche Übergewicht haben. Hat keine der in dem Versicherungsmonat liegenden Arten von Versicherungszeiten das zeitliche Übergewicht, so bestimmt sich die Art des Versicherungsmonates nach der im § 231 Z. 2 drittletzter und vorletzter Satz angegebenen Reihenfolge."

    Die Zeit vom 1.3. bis 31.8.1988 stellt

sozialversicherungsrechtlich sowohl eine Ersatzzeit (§ 227

Abs. 1 Z. 7 bzw. 8 ASVG) als auch eine Beitragszeit (§ 2 Abs. 1

Z. 1 GSVG) dar. Nach § 231 Z. 1 ASVG handelt es sich dabei um

sechs Versicherungsmonate, die gemäß § 232 Abs. 1 letzter Satz

iVm § 231 Z. 2 drittletzter Satz ASVG als Beitragsmonate der

Pflichtversicherung zu werten sind. Da der

öffentlich-rechtliche Dienstgeber diese Zeiten nicht nach § 53

Abs. 3 lit. a, sondern nach § 53 Abs. 2 lit. d PG 1965

angerechnet hat, ist dafür kein Überweisungsbetrag an den

öffentlichen Dienstgeber, sondern ein Erstattungsbetrag an den

Dienstnehmer nach § 308 Abs. 3 lit. a ASVG zu leisten. Denn

§ 308 Abs. 1 ASVG ("... rechnet der Dienstgeber nach den für

ihn geltenden dienstrechtlichen Vorschriften Beitragsmonate ...

Ersatzmonate ... an") ist dahin zu verstehen, daß es darauf

ankommt, wie die (nach den dienstrechtlichen Vorschriften und

daher nach anderen Gesichtspunkten als solchen des

Sozialversicherungsrechtes) erfolgte Anrechnung

SOZIALVERSICHERUNGSRECHTLICH zu werten ist.

Aufgrund dieser Erwägungen war daher für die streitgegenständliche Zeit kein Überweisungsbetrag an die erstmitbeteiligte Partei zu leisten. Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Kostenersatz war mangels eines entsprechenden Antrages nicht zuzusprechen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1993080002.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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