TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/23 96/11/0072

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Veröffentlicht am 23.04.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des N in H, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 30. Jänner 1996, Zl. Senat-KO-93-040, betreffend Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund des Inhaltes der Beschwerde und der dieser beigelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgendes:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. Jänner 1996 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der Firma H Gesellschaft m.b.H., in H, etabliert, zu verantworten, daß die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes nicht eingehalten worden seien, weil bei den in der Filiale in Wien, L-Straße n1, beschäftigten Arbeitnehmern die wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden um mehr als 10 Stunden überschritten worden sei, obwohl auch bei Vorliegen eines erhöhten Arbeitsbedarfes wöchentlich nicht mehr als zehn Überstunden zulässig seien. Dies beziehe sich auf die Arbeitnehmerinnen 1) M Gertrud und 2) R Ursula, die an im Bescheidspruch jeweils näher bezeichneten Tagen eine jeweils näher bezeichnete Stundenanzahl der Überschreitung aufgewiesen hätten, und zwar M Gertrud zusammen 64 Stunden, R Ursula zusammen 58 Stunden. Dadurch habe der Beschwerdeführer zu 1) und 2) je eine Übertretung gemäß § 9 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 des Arbeitszeitgesetzes (AZG) begangen, weshalb über ihn gemäß § 28 Abs. 1 AZG Geldstrafen in der Höhe von je S 6.000,-- (insgesamt S 12.000,--) und Ersatzfreiheitsstrafen verhängt wurden.

Aus dem angefochtenen Bescheid ist ersichtlich, daß die Erstbehörde als Adresse der betreffenden Filiale im Spruch ihres Bescheides "W, L-Straße n2" (wo das Unternehmen des Beschwerdeführers seinem Vorbringen nach keine Filiale betreibe) angeführt hatte, welche Anschrift die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid berichtigt hatte.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber erwogen:

Strittig ist nach dem Beschwerdevorbringen die Frage, ob im vorliegenden Fall Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Der Beschwerdeführer bringt hiezu vor, daß das Arbeitsinspektorat in seiner Strafanzeige gegen den Beschwerdeführer ausgeführt habe, daß in der Filiale des Unternehmens des Beschwerdeführers in Wien, L-Straße n1, Arbeitszeitüberschreitungen stattgefunden hätten. In der Folge habe jedoch die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg einen gegen den Beschwerdeführer gerichteten Ladungsbescheid erlassen, worin ihm zur Last gelegt worden sei, daß bei der am 26. März 1993 in der Filiale Wien, L-Straße n2, durchgeführten Kontrolle festgestellt worden sei, daß bei zwei Arbeitnehmern die gesetzlich zulässige, wöchentliche Arbeitszeit überschritten worden sei. Diese Adresse habe die Erstbehörde auch in den Spruch ihres Bescheides aufgenommen. In den gegen den Beschwerdeführer gerichteten Verfolgungshandlungen seien Widersprüche hinsichtlich der Anschrift der Filialadresse aufgetreten, auch der Beschäftigungsort der Arbeitnehmer müsse jedoch von der Verfolgungshandlung erfaßt werden. Das Unternehmen des Beschwerdeführers betreibe 120 Betriebsstätten in ganz Österreich, darunter mehrere in der L-Straße in W, es bestehe daher die Gefahr einer Doppelbestrafung.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer nicht durchzudringen: Eingangs ist darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die betreffende - und vom Beschwerdeführer nicht bestrittene - Filialadresse als Beschäftigungsort der beiden gegenständlichen Arbeitnehmerinnen präzisiert hat. Daß im vorliegenden Fall zwei weitere Arbeitnehmerinnen mit dem gleichen Namen wie die beiden eingangs genannten im gegenständlichen Unternehmen beschäftigt seien, bringt er nicht vor.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. April 1994, Zl. 94/11/0095, mit weiteren Hinweisen, uva.) ist bei in Filialen gegliederten Unternehmen im Falle von Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz Tatort nicht die betreffende Filiale, sondern der Sitz der Unternehmensleitung. Das gilt nicht, wenn für den Filialbetrieb ein verantwortlicher Beauftragter im Sinne des zweiten Satzes des § 9 Abs. 2 VStG bestellt wurde, dann liegt nämlich der Tatort einer von diesem zu verantwortenden Verwaltungsübertretung nicht am Sitz der (zentralen) Unternehmensleitung, sondern Tatort ist in diesem Fall der jeweilige Filialbetrieb (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. April 1994, Zl. 94/11/0055).

Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 VStG) vorgenommen worden ist. Die Verfolgungshandlung muß, damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt, von einer Behörde ausgehen, gegen eine individuell bestimmte Person als Beschuldigten gerichtet sein, innerhalb der Verjährungsfrist nach außen in Erscheinung treten und wegen eines bestimmten strafbaren Sachverhaltes erfolgen. Dies erfordert somit insbesondere, daß sie sich auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente, zu beziehen hat. Sachverhaltselemente, die nicht notwendige Spruchbestandteile sind, unterliegen nicht der Verjährung in dem Sinn, daß sie nicht außerhalb der Verjährungsfrist zur Ergänzung eines Schuldspruchs herangezogen werden könnten (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, auf Seiten 880 ff angeführten Judikaturhinweise). Unbestritten hat die Behörde die Verfolgungshandlung gegen den Beschwerdeführer als zur Vertretung nach außen berufenes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) eines Unternehmens mit Sitz in H in Ansehung der vorliegenden Delikte geführt. Damit wurde der Tatort im Sinne der eingangs beschriebenen Rechtsprechung als notwendiges Tatbestandselement (vgl. Hauer/Leukauf, a.a.O., Seiten 938 ff und die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes) umschrieben und dem Beschwerdeführer innerhalb der Verjährungsfrist vorgehalten. Die Angabe des Filialbetriebes war dagegen im vorliegenden Fall nicht notwendiges Tatbestandselement (vgl. das den Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1991, Zl. 90/19/0189), sodaß der offensichtlich irrtümlichen Angabe einer falschen Hausnummer als Filialadresse im Ladungsbescheid und im Straferkenntnis erster Instanz keine rechtserhebliche Bedeutung zukommt und damit auch die vom Beschwerdeführer behauptete Verjährung nicht eingetreten ist.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht gegeben ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996110072.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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