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VwGGNorm
B-VG Art131 Abs1 Z1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft K in T, WG und EP in T, gegen den Bescheid des Staatsamtes für Volksernährung vom 26. November 1945, Zl. II/4-628/45, betreffend die Genehmigung eines Pachtvertrages, gemäss § 34 Abs. 1 VwGG den Beschluss gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 14. Oktober 1948, Zl. 1373/47 und 27/48, die Beschwerden des Firmengesellschafters WG und der K in T, offenen Handelsgesellschaft in T, gegen den Bescheid des Staatsamtes für Volksernährung vom 26. November 1945, Zl. II/4-628/45, mit welchem der vom öffentlichen Verwalter JK mit den Proponenten der in Gründung befindlichen Grosseinkaufsgesellschaft Österreichischer Konsumvereine (GÖO) über das Unternehmen K in T und über mehrere Liegenschaften abgeschlossene Pachtvertrag genehmigt wurde, wegen Versäumung der Einbringungsfrist gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof erblickte die Versäumung der Beschwerdefrist darin, dass die Beschwerdeführer gegen den angefochtenen Bescheid, der ihnen von der Behörde nicht zugestellt worden, aber schon in der ersten Hälfte des Jahres 1946 bekannt gewesen war, erst zu Ende des Jahres 1947 und anfangs Jänner 1948 Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof erhoben. Wie die gegenständliche Beschwerde ausführt, hat nun das Bundesministerium für Vermögenssicherung und Wirtschaftsplanung nach wiederholtem schriftlichem Verlangen der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid am 17. Dezember 1948 zu Handen des Rechtsanwaltes der Beschwerdeführer zugestellt. Die Beschwerdeführer bringen nun neuerdings gegen den oberwähnten, ihnen nunmehr zugestellten Bescheid eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ein.
Die Beschwerde ist unzulässig.
Nach § 26 Abs. 2 des VwGG vom 12. Oktober 1945, StGBl. Nr. 208, läuft die sechswöchige Frist zur Erhebung der Beschwerde a) in den Fällen, in denen der Bescheid der Verwaltungsbehörde dem Beschwerdeführer schriftlich zugestellt wurde, vom Tage der Zustellung, dem Beschwerdeführer bloss mündlich verkündet wurde, vom Tag der Verkündung; b) in allen anderen Fällen, in denen ein Bescheid ergangen ist, vom Tag, an dem der Beschwerdeführer von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat. Diese Bestimmungen hat der Gerichtshof zu Gunsten der Beschwerdeführer so ausgelegt, dass die Parteien nicht gezwungen sein sollen, zur Wahrung der sechswöchigen Beschwerdefrist schon auf Grund erlangter Kenntnis eines Bescheides vor dessen Zustellung die Beschwerde zu ergreifen, sondern dass das Gesetz nur die Möglichkeit schaffen wollte, auch nicht zugestellte Bescheide anzufechten, den Parteien aber nicht das Recht genommen hat, statt dessen gemäss § 62 AVG die Zustellung des Bescheides zu verlangen und ihre Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erst nach dieser Zustellung innerhalb der sechswöchigen Frist gemäss § 26 (2) lit. a VwGG einzubringen. Wählen jedoch die Parteien den ihnen durch § 26 Abs. 2 lit. b VwGG eröffneten Weg, schon nach erlangter Kenntnis des Bescheides die Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof zu erheben, so haben sie ihr Beschwerderecht konsumiert und sich dadurch der anderen Möglichkeit, die Beschwerde erst nach der schriftlichen Zustellung des Bescheides zu ergreifen, selbst begeben.
Zu Unrecht berufen sich die Beschwerdeführer auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. November 1948, Zl. 992/47, um darzulegen, dass für sie ab 17. Dezember 1948, als dem Tage der Zustellung des Bescheides, eine neue Frist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde laufe. Diese Rechtsansicht findet in dem bezogenen hiergerichtlichen Erkenntnisse keine Stütze und ist rechtsirrig. Diesem Erkenntnis lag die rechtlich bedeutsame Tatsache zugrunde, dass die damaligen Beschwerdeführer von dem Inhalt eines noch nicht zugestellten Genehmigungsbescheides hinsichtlich eines Kaufvertrages zwar Kenntnis erlangt hatten und daher gemäss § 26 (2) lit. b VwGG berechtigt gewesen wären, binnen sechs Wochen die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu ergreifen, dass sie jedoch von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hatten. Hingegen haben im gegenständlichen Fall die Beschwerdeführer den ihnen vorerst nicht zugestellten Bescheid vom 26. November 1945 auf Grund ihrer Kenntnis des Bescheidinhaltes bereits vor Jahresfrist mit Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochten und diese Beschwerde ist mit dem hiergerichtlichen Beschluss vom 14. Oktober 1948 zurückgewiesen worden.
Der Gerichtshof musste daher die Beschwerde, der offenbar die Einwendung der entschiedenen Sache entgegensteht, ohne auf die Prüfung der Beschwerdepunkte einzugehen, gemäss § 34 Abs. 1 VwGG zurückweisen. Von der beantragten mündlichen Verhandlung war gemäss § 39 Abs. 2 VwGG abzusehen.
Wien, am 1. Februar 1949
Schlagworte
Einwendung der entschiedenen SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1949:1949000047.X00Im RIS seit
29.09.2022Zuletzt aktualisiert am
29.09.2022