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Auswertung in Arbeit!Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Mayr sowie Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision 1. der A H, 2. des M H, 3. des A K und 4. der N K alle in R, alle vertreten durch Mag. Heinrich Luchner, Rechtsanwalt in 6290 Mayrhofen, Waldbadstraße 537, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 21. Juni 2022, Zl. LVwG-2021/40/0864-18, betreffend gewerberechtliches Betriebsanlagengenehmigungsverfahren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft S; mitbeteiligte Partei: S E GmbH in R), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die mitbeteiligte Partei beantragte mit den Eingaben vom 4. November 2021 bzw. 11. November 2021 die baubehördliche und gewerbebehördliche Genehmigung für die Neuerrichtung des bestehenden näher genannten Gastgewerbebetriebes. Die Revisionswerber sind Nachbarn dieser Betriebsanlage.
2 Mit Bescheid vom 25. Februar 2021 erteilte die belangte Behörde neben der baubehördlichen Genehmigung gemäß §§ 81 Abs. 1, 74 Abs. 2 und 356b Abs. 1 Z 6 GewO 1994 auch die gewerbebehördliche Genehmigung für die beantragte Änderung der bestehenden Betriebsanlage im Sinne der näher dargelegten Beschreibung und nach Maßgabe der einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Pläne und sonstiger Unterlagen unter Vorschreibung näher dargelegter Auflagen bzw. Nebenstimmungen.
3 Die gegen die gewerbebehördliche Genehmigung erhobenen Beschwerden der Revisionswerber wies das Landesverwaltungsgericht Tirol (Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vor, die Gutachten des lärmtechnischen sowie des medizinischen Amtssachverständigen, auf die das angefochtene Erkenntnis im Wesentlichen gründe, entsprächen nicht dem Stand der Technik.
8 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt klargestellt hat, ist die Würdigung eines Sachverständigengutachtens Teil der Beweiswürdigung. In Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 31.1.2022, Ra 2020/04/0125, Rn. 12, mwN; zur vollständigen Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände dabei vgl. VwGH 30.1.2019, Ra 2018/03/0131, Rn. 13, mwN).
9 Die Revision moniert in ihrem Zulässigkeitsvorbringen, bei der Zugrundelegung der gewählten Beurteilungsmethoden ergäben sich bei beiden Gutachten Bedenken. Der medizinische Amtssachverständige habe es unterlassen, „einzelne Lärmereignisse (z. B. Impulscharakter, Informationshältigkeit, etc.)“ in seine Beurteilung einzubeziehen und darzulegen, warum er zum Ergebnis gelange, „dass diese Besonderheiten des Einzelfalles einer Heranziehung der bei den von ihm zitierten Untersuch[ung]en, denen vermutlich ganz anders gelagerte Lärmereignisse zugrunde lassen [lagen], gewonnen[en] Ergebnissen nicht entgegenstehen“.
10 Entgegen diesem Vorbringen hat sich der medizinische Amtssachverständige sehr wohl in seinem Gutachten, insbesondere im Rahmen der Gutachtenserörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht mit Lärmspitzen, deren Impulshaltigkeit und Tonhaltigkeit auseinandergesetzt, indem nach den Ausführungen des Amtssachverständigen „mit lästigen Charakteristika wie Ton- oder Impulshaltigkeit nicht zu rechnen“ sei. In Anbetracht der Entfernung und der Höhe der errechneten Immissionen sei mit einer Verständlichkeit der Gespräche beim diesbezüglich wesentlichen Immissionspunkt in der Regel nicht zu rechnen. Überdies repräsentiere der generelle Anpassungswert von 5 dB die „Lästigkeit des Geräusches“ und solle alles berücksichtigen, was Impulshaltigkeit oder Tonhaltigkeit betreffe. Inwiefern unter anderem diese Ausführungen des Amtssachverständigen unschlüssig seien und vom Verwaltungsgericht nicht hergezogen werden hätten sollen, legt die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen fallbezogen nicht dar.
11 Überdies vermeint die Revision zur Zulässigkeit in Bezug auf das lärmtechnische und medizinische Gutachten, „dass bei beiden Gutachten die Öffnungszeiten fehlen bzw. keine korrekten Öffnungszeiten bei den Berechnungen herangezogen wurden“. Die Sachverständigen seien davon ausgegangen, dass der Betrieb um 22.00 Uhr geschlossen werde. Gemäß Sperrstundenverordnung seien Gastgewerbebetriebe jedoch erst um spätestens 02.00 Uhr zu schließen. Dies sei von den Sachverständigen völlig außer Acht gelassen worden.
12 Bei der Änderung nach § 81 GewO 1994 (wie auch einer Erteilung einer Genehmigung nach § 77 GewO 1994) handelt es sich um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt. Der Gegenstand eines antragsbedürftigen Verfahrens wird durch den Antrag (bzw. das Anbringen) festgelegt (vgl. etwa VwGH 24.5.2022, Ro 2022/04/0011-0014, Rn. 12, mwN). Gegenstand der Genehmigung ist die konkrete Betriebsanlage, wie sie anhand der Projektunterlagen beantragt worden ist (vgl. VwGH 1.7.2010, 2004/04/0166). Dies betrifft unter anderem in den Projektunterlagen angeführte Öffnungszeiten.
13 Dementsprechend haben die beiden Amtssachverständigen zu Recht die in den Projektunterlagen der mitbeteiligten Partei angeführten Öffnungszeiten ihren Gutachten zugrunde gelegt.
14 Die Revision vermag somit in ihrem Zulässigkeitsvorbringen keine außerhalb der Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegende Fehlbeurteilung aufzuzeigen.
15 Vor diesem Hintergrund werden in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 7. September 2022
Schlagworte
Auswertung in Arbeit!European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022040093.L00Im RIS seit
29.09.2022Zuletzt aktualisiert am
29.09.2022