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KFGNorm
AVG §18 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sittenthaler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des A in B, vertreten durch C, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 1. Dezember 1987, Zl. MA 70-7/4573/87/Str, betreffend die Strafhöhe bei Bestrafung wegen Übertretungen nach der Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat X, vom 22. Juni 1987 wurde der Beschwerdeführer zweier Übertretungen nach § 102 Abs. 1 KFG 1967 in Verbindung mit 1. § 4 Abs. 5 (Z. 2 lit.) c KDV und 2. § 4 Abs. 5 (Z. 2 lit.) e KDV für schuldig befunden und es wurden über ihn jeweils Geldstrafen und zwar zu 1. von S 2.000,-- (zwei Tage Ersatzarrest) sowie zu 2. S 300,-- (18 Stunden Ersatzarrest) verhängt. Der Beschwerdeführer erhob gegen diese Strafverfügung Einspruch hinsichtlich der Strafhöhe. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 1. Dezember 1987 gab der Landeshauptmann von Wien (belangte Behörde) gemäß § 49 Abs. 2 VStG 1950 diesem als Berufung anzusehenden Einspruch teilweise Folge und es wurde die zu Punkt 1. verhängte Strafe auf S 1.000,-- (36 Stunden Ersatzarrest) herabgesetzt; im übrigen wurde der Berufung keine Folge gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Verwaltungsgerichtshof hat auf Grund der Rüge des Beschwerdeführers, den angefochtenen Bescheid belaste das Fehlen der Unterschrift des Genehmigenden bzw. der Beglaubigung der Kanzlei, die Urschrift des angefochtenen Bescheides eingeholt, die die Unterschrift des Genehmigenden aufweist. Im Beschwerdefall läßt die vorliegende Ausfertigung des dem Beschwerdeführer zugestellten Bescheides unzweifelhaft erkennen, daß es sich zumindest um eine Vervielfältigung dieser Urschrift handelt. Diese vervielfältigte Ausfertigung enthält die Beisetzung des Namens des Genehmigenden und hat daher dem Erfordernis des § 18 Abs. 4 vierter Satz AVG 1950, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 199/1982 entsprochen (vgl. hiezu das Erkenntnis eines verstärkten hg. Senates vom 20. Dezember 1985, Slg. Nr. 11.983/A). Auf die Frage, ob die dem Beschwerdeführer zugestellte Ausfertigung mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt wurde (eine „DVR“-Nr. ist nicht angeführt), wie dies die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift behauptet, und daher nach § 18 Abs. 4 letzter Satz AVG 1950 weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung bedurft hätte, brauchte deshalb nicht mehr eingegangen werden.
Insoweit der Beschwerdeführer vermeint, die belangte Behörde hätte auf Grund seiner Einwendungen im Einspruch auch zu prüfen gehabt, ob ihm nicht ein Schuldausschließungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG 1950 einzuräumen sei, ist darauf hinzuweisen, daß er den Einspruch ausdrücklich „nur hinsichtlich der Höhe der Strafe, da diese nicht seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen entspricht“ erhoben hat. Selbst in seiner Beschwerde gibt er an anderer Stelle zu, daß er den Einspruch nur hinsichtlich der Strafhöhe erhoben habe. Der mit Strafverfügung der Erstbehörde verhängte Schuldspruch ist sohin in Rechtskraft erwachsen. Die Berufungsbehörde hat sich zu Recht nicht mehr in die Schuldfrage eingelassen, die bei dem bloß auf die Straffrage eingeschränkten Einspruch gar nicht aufzugreifen war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 1987, Zl. 87/02/0111). Es gehen daher die Beschwerdeausführungen, mit denen die Rechtswidrigkeit des Schuldspruches geltend gemacht wird - auch das Vorbringen in Hinsicht auf das „Doppelverwertungsverbot“ kann nur in diesem Zusammenhang verstanden werden - ins Leere. Für das vorliegende Beschwerdeverfahren ist sohin auch unbeachtlich, daß in der Strafverfügung der Erstbehörde unzutreffenderweise § 4 Abs. 5 c und § 4 Abs. 5 e KDV als verletzte Verwaltungsvorschriften, anstatt richtig § 4 Abs. 5 Z. 2 lit. c und e KDV, angeführt wurden.
Zu Unrecht rügt der Beschwerdeführer aber auch, daß die belangte Behörde ihre Erwägungen zur Strafbemessung nicht hinlänglich dargelegt habe.
Was den Unrechtsgehalt der Tat anlangt, den die belangte Behörde als „nicht gering“ gewertet hat, so vermag der Gerichtshof dies schon deshalb nicht als rechtswidrig zu erkennen, weil der Beschwerdeführer die in der genannten Verordnung vorgesehene Frist immerhin um sechs Tage überschritten hat. Es erübrigt sich daher eine weitere Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen in dieser Hinsicht.
Die auf eine Geringfügigkeit des Verschuldens bezüglichen Ausführungen des Beschwerdeführers vermögen einen Begründungsmangel nicht darzutun:
Der dem Beschwerdeführer gemachte Vorwurf liegt gerade darin, daß er sich als geprüfter Fahrzeuglenker zu 1. nicht ausreichend Kenntnis über die durch die 21. Novelle zur KDV geänderte Frist über die Benutzungsdauer von Spikesreifen verschafft und mit dem Fahrzeug sechs Tage nach Ablauf der Benutzungsfrist noch mit derartigen Reifen gefahren ist und zu 2. das bei Verwendung derartiger Reifen erforderliche Zeichen in Entsprechung der normierten Warnpflicht bezüglich nachfolgender Autofahrer nicht angebracht hatte. Das Vorbringen, der Führerschein sei ihm bereits am 29. September 1979 ausgestellt worden und das von ihm verwendete Fahrschullehrbuch verweise noch auf eine Benutzungsdauer bis Ende April, geht damit am Wesentlichen der diesbezüglichen Strafbemessung vorbei. Der Beschwerdeführer hatte die durch die Novelle geänderte Frist zu beachten, gleichgültig wie lange sie schon in Kraft war. Sollte er die Frist nicht gekannt haben, wie er darzutun versucht, so begründet dieser Umstand keineswegs ein geringes Verschulden auf seiner Seite.
Die Rüge, die belangte Behörde habe nicht dargelegt, aus welchen Erwägungen sie unterschiedlich hohe Strafen hinsichtlich der beiden Verwaltungsübertretungen verhängt habe, bleibt abstrakt und unbestimmt, weil nicht ausgeführt wurde, inwiefern die Kriterien der Strafzumessung hiebei rechtswidrigerweise herangezogen worden seien.
Aus dem angefochtenen Bescheid sind auch die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu entnehmen. Nach der Judikatur des Gerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. September 1988, Zl. 88/02/0109) kann weiters ein Geständnis einen Milderungsgrund dann nicht abgeben, wenn dem Täter - wie im vorliegenden Fall - im Hinblick auf sein Betretenwerden auf frischer Tat nichts anderes übrig geblieben ist, als die Übertretung zuzugeben. In Anbetracht der solcherart dargelegten Verhältnisse vermag der Verwaltungsgerichtshof, auch bei der gegebenen bisherigen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde bei der Bemessung der Geldstrafe mit S 1.000,-- zu Punkt 1. und mit S 300,-- zu Punkt 2. innerhalb des in § 134 Abs. 1 KFG vorgesehenen Strafrahmens bis zu S 30.000,-- von dem ihr zustehenden Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hätte.
Soweit der Beschwerdeführer bei der Strafbemessung bezüglich beider Übertretungen die Anwendung des § 21 VStG 1950 vermißt, ist darauf hinzuweisen, daß dies u.a. ein geringfügiges Verschulden des Beschwerdeführers zur Voraussetzung gehabt hätte, wofür sich - wie oben dargelegt - im Beschwerdefall kein Anhaltspunkt bietet. Es kann daher der von ihm behauptete diesbezügliche Begründungsmangel nicht wesentlich sein.
Da es der Beschwerde somit nicht gelungen ist, die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 14. Dezember 1988
Schlagworte
Berufungsrecht Begriff des Rechtsmittels bzw der Berufung Wertung von Eingaben als Berufungen Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch den Berufungsantrag Umfang der Anfechtung Teilrechtskraft Teilbarkeit der vorinstanzlichen Entscheidung Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verwaltungsstrafrecht Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Bindung an den Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens Allgemein Erschwerende und mildernde Umstände Allgemein Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Unterschrift des Genehmigenden Vervielfältigung von AusfertigungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1988:1988020027.X00Im RIS seit
28.09.2022Zuletzt aktualisiert am
28.09.2022