TE OGH 1984/11/8 8Ob608/84

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Veröffentlicht am 08.11.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F*Ges.m.b.H., Nfg. KG, *, vertreten durch Dr. Lothar Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei J* K*, vertreten durch DDr. Heinrich Erlach und Dr. Arnold Käll, Rechtsanwälte in Villach, wegen 244.494,82 S sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 26. Juni 1984, GZ 1 R 127/84-9, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 11. Mai 1984, GZ 26 Cg 102/84-5, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit 2.700,15 S bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin die Barauslagen von 240 S und die USt von 223,65 S) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt von dem in Villach wohnenden Beklagten die Bezahlung von 244.494,82 S samt Anhang, wobei sie diese Ansprüche wie folgt aufgliedert: 27.977,80 S als restliches Entgelt aus einem Mietvertrag über eine Baumaschine; 44.473,02 S Schadenersatz an Reparaturkosten des genannten Baugerätes aus der unsachgemäßen Bedienung auf der Baustelle Wien-Reichsbrücke durch den Beklagten; 172.044 S Schadenersatz wegen Ausfallskosten des genannten Mietgerätes wischen der Beschädigung und der Schadensbehebung. Für die Zuständigkeit des Erstgerichts beruft sich die Klägerin auf § 92a JN und § 227 Abs. 2 ZPO.

In der gemäß § 243 Abs. 4 ZPO erstatteten Klagebeantwortung bestritt der Beklagte die örtliche Zuständigkeit des Handelsgerichts Wien hinsichtlich der Ansprüche auf das restliche Mietentgelt von 27.977,80 S und der „Ausfallskosten des Mietgerätes“ von 172.044 S, wofür das Landesgericht Klagenfurt zuständig sei; lediglich den Reparaturkostenersatzanspruch könne die Klägerin auf den Gerichtsstand des § 92a JN stützen. Die Klägerin beharrte jedoch auf ihrem Standpunkt und stellte keinen Überweisungsantrag.

Das Erstgericht verwarf die Unzuständigkeitseinrede des Beklagten. Die Klägerin könne nicht nur die Reparaturkosten, sondern auch die aus der Sachbeschädigung abgeleiteten Mietausfallsforderungen auf den Gerichtsstand der Schadenszufügung gemäß § 92a JN stützen. An sich wäre das Erstgericht für den Mietentgeltsanspruch weder örtlich noch sachlich zuständig, gemäß § 227 Abs. 2 ZPO könne dieser Anspruch aber mit den ihn übersteigenden Ansprüchen, für den das Handelsgericht Wien zuständig sei, verbunden werden, weil dem Gesetz nicht entnommen werden könne, dass die genannte Bestimmung nur die sachliche (Un-)Zuständigkeit bei der Anspruchsverbindung betreffe.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Beklagten teilweise Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluss dahin ab, daß es das Erstgericht für die Verhandlung und Entscheidung über das Mietentgeltsbegehren von 27.977,80 S sA für unzuständig erkannte und die Klage insoweit zurückwies. Im Übrigen bestätigte es die erstgerichtliche Entscheidung hinsichtlich des Schadenersatzbegehrens von 172.044 S sA. Der Revisionsrekurs wurde hinsichtlich des abändernden Teils der Entscheidung gemäß §§ 528 Abs. 2, 526 Abs. 3 und 500 Abs. 3 ZPO für zulässig erklärt.

Das Gericht zweiter Instanz stimmte mit dem Erstgericht darin überein, dass das Klagebegehren, soweit es Schadenersatzansprüche zum Gegenstand hat, gemäß § 92a JN auch beim Gerichtsstand der Schadenszufügung, also zulässigerweise beim Erstgericht, geltend gemacht wurde. Für den Mietentgeltsanspruch sei jedoch folgendes zu erwägen:

Zwar versage das Argument des Rekurses, dass der Mietentgeltanspruch gemäß § 49 Abs. 2 Z 5 JN in die Eigenzuständigkeit der Bezirksgerichte falle, weil der vorliegende bewegliche Mietgegenstand nicht von dieser Zuständigkeitsbestimmung erfaßt werde; § 227 Abs. 2 ZPO ersetze jedoch für den Fall der Anspruchsverbindung lediglich die sachliche (Wert-)Unzuständigkeit, nicht aber die örtliche; auf die weitere Frage, ob dadurch auch Eigenzuständigkeiten beseitigt werden können, brauche demgemäß nicht eingegangen zu werden. Eine Verbindung im Sinne des § 227 Abs. 2 ZPO sei nur dann gestattet und zulässig, wenn für alle Ansprüche die örtliche Zuständigkeit gegeben ist, was hier hinsichtlich der Mietentgeltsforderung nicht zutreffe. Die vorliegenden Ansprüche könnten daher bei der Inanspruchnahme des allgemeinen Wohnsitzgerichtsstandes des Beklagten beim Landesgericht Klagenfurt miteinander verbunden werden, nicht aber bei der Inanspruchnahme des für die Schadenersatzforderungen eröffneten Wahlgerichtsstandes des § 92a JN. Dem Erstgericht sei zuzugeben, dass diese Ableitung sich weder ausdrücklich aus der gesetzlichen Regelung, noch aus den Erläuterungen oder dem Justizausschussbericht ergibt, allein der gesamte Sinn des § 227 ZPO könne nur zu dieser Auslegung führen.

Gegen diese Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, den Beschluss des Rekursgerichts dahin abzuändern, dass die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt und seine Zuständigkeit auch für das Mietentgeltsbegehren von 27.977,80 S ausgesprochen werde.

In der Revisionsrekursbeantwortung beantragt der Beklagte, dem Revisionsrekurs der Klägerin den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Durch die Zivilverfahrensnovelle 1983 sollten weitergehende Klagehäufungen als bisher in Fällen ermöglicht werden, in welchen dies prozessökonomisch unter den Voraussetzungen des § 227 ZPO gerechtfertigt erscheint (Fasching, Zivilprozessrecht, 1119). Während die grundsätzliche Regelung des Abs. 1 der zitierten Bestimmung ebenso wie schon korrespondierende Gesetzesstelle alter Fassung für die Klagehäufung verlangt, dass dazu das Prozessgericht – örtlich und sachlich (Fasching Kommentar zu den Zivilprozessgesetzen III, 42) für sämtliche Ansprüche zuständig und dieselbe Art des Verfahrens zulässig ist, sieht § 227 Abs. 2 nF ZPO ausdrücklich für Ansprüche, die den in § 49 Abs. 1 Z 1 JN bezeichneten Betrag von 30.000 S nicht übersteigen, eine Ausnahme von dem grundsätzlichen Erfordernis des § 227 Abs. 1 ZPO vor. Nach dem Sinngehalt dieser Ausnahme können darunter jedoch nur Fälle verstanden werden, in denen der im § 49 Abs. 1 Z 1 JN festgesetzte Streitwert das einzige Verbindungshindernis wäre. Ansprüche, die nach der Wertzuständigkeit vor die Bezirksgerichte gehören, können nunmehr mit solchen gemeinsam eingeklagt werden, welche vor dem Gerichtshof erster Instanz geltend zu machen sind (Fasching, Zivilprozessrecht, 1119). Von § 227 Abs. 2 Satz 1 ZPO wird nur das Verbindungshindernis der dergestalt umrissenen sachlichen Zuständigkeit betroffen und beseitigt; die sonstigen Zuständigkeitserfordernisse für die Häufung von Ansprüchen gemäß § 227 Abs. 1 ZPO bleiben durch die Ausnahmebestimmung des § 227 Abs. 2 erster Satz ZPO unberührt.

Richtig hat das Rekursgericht erkannt, dass das Mietentgeltsbegehren von 27.977,80 S sA demnach nicht mit den übrigen Schadenersatzansprüchen des Klägers, die er vor dem Wahlgerichtsstand des § 92a JN geltend macht, verbunden werden können. Hiezu fehlt es an der örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts für den Mietentgeltsanspruch. Zutreffend hat das Gericht zweiter Instanz daher insoweit die Unzuständigkeit des Handelsgerichts Wien ausgesprochen und die Klage in dem dargestellten Belang zurückgewiesen.

Dem Rekurs war somit der Erfolg zu versagen.

Dem Beklagten waren für die gemäß § 521a Abs. 1 Z 3 ZPO zulässige Rekursbeantwortung gemäß §§ 41, 50 ZPO die geltend gemachten Kosten zuzuerkennen.

Textnummer

E135877

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0080OB00608.840.1108.000

Im RIS seit

28.09.2022

Zuletzt aktualisiert am

28.09.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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