Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des G in A, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8. Februar 1996, Zl. 316.870/1-III/4/96, betreffend Verweigerung der Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit Schreiben vom 19. Jänner 1995 stellte der Beschwerdeführer beim Landeshauptmann von Salzburg das Ansuchen um "Nachsicht vom Entzug der Gewerbeberechtigung". Im Zuge des darüber eingeleiteten Verwaltungsverfahrens präzisierte er sein Ansuchen dahin, daß er um "Nachsicht vom Gewerbeausschluß gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 für das Handelsgewerbe" ansuche. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 23. Oktober 1995 wurde dieses Ansuchen mit der Begründung abgewiesen, die gerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers wegen fortgesetzten Betruges und fahrlässiger Krida (Urteil des Landesgerichtes Landshut vom 20. Juli 1972; 1 Jahr 6 Monate Freiheitsstrafe) sei im Zusammenhang mit der Geschäftsgebarung - insbesondere beim Abschluß von Kaufverträgen - im Rahmen eines Handelsgewerbes erfolgt; mit Rücksicht auf die Art der Straftat lägen daher unzweifelhaft Umstände vor, die im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Besorgnis der Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat in Hinsicht auf die durch das in Rede stehende Gewerbe gebotenen Gelegenheiten befürchten lasse. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 8. Februar 1996 gemäß § 26 Abs. 4 GewO 1994 keine Folge gegeben. Zur Begründung führte der Bundesminister nach Darstellung des Inhaltes der Bestimmungen des § 13 und des § 26 Abs. 4 GewO 1994 sowie des Verfahrensganges aus, durch Einsichtnahme in den Gewerbeakt des Amtes der Salzburger Landesregierung sowie in die beglaubigte Abschrift aus dem Handelsregister des Kreis- als Handelsgerichtes Ried/Innkreis sei festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer handelsrechtlicher Geschäftsführer einer Gesellschaft m.b.H., und zwar zwischen April 1988 und September 1989 kollektivvertretungsbefugt, ab September 1989 selbständig vertretungsbefugt, gewesen sei. Über das Vermögen dieses Unternehmens sei mit Beschluß des Kreisgerichtes Ried/Innkreis vom 27. April 1990 der Konkurs eröffnet worden. Dem Beschwerdeführer sei auf Grund seiner Tätigkeit ein maßgeblicher Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte dieses Unternehmens zugekommen. Er sei deshalb von der Ausübung eines Gewerbes als Gewerbetreibender ausgeschlossen (§ 13 Abs. 5 GewO 1994). Frei von Gewerbeausschlußgründen müßten jedoch auch Personen sein, denen ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte einer juristischen Person, die ein Gewerbe ausübe, zustehe. Der Beschwerdeführer müsse aus den genannten Gründen neben dem Strafausschließungsgrund, über den im erstbehördlichen Bescheid abgesprochen worden sei, auch einen im erstinstanzlichen Verfahren nicht berücksichtigten Insolvenzausschlußgrund gegen sich gelten lassen. Es sei daher § 26 Abs. 4 GewO 1994 zur Anwendung zu bringen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Erteilung der angestrebten Nachsicht verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer vor, die Erstbehörde habe sich in ihrer Entscheidung ausschließlich mit dem Gewerbeausschlußgrund nach § 13 Abs. 1 GewO 1994 auseinandergesetzt, wogegen die belangte Behörde einen neuen bzw. einen anderen Versagungsgrund, nämlich jenen des § 26 Abs. 4 GewO 1994, zur Anwendung gebracht habe. Da diese Änderung des Versagungsgrundes dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde nie vorgehalten worden sei, habe die belangte Behörde das Recht des Beschwerdeführers auf Parteiengehör erheblich verletzt. Dieser Verfahrensmangel sei erheblich, da sich schon aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers in erster Instanz ergebe, daß er vermeine, es könne erwartet werden, daß er auf Grund seiner nunmehrigen wirtschaftlichen Lage bzw. auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Rechtsträgers, dessen Organ er sei, den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen werde. Es sei also bereits im erstinstanzlichen Verfahren "eine Antragstellung gemäß § 26 Abs. 2 GewO 1994 impliziert". Es seien auch entsprechende Beweise vom Beschwerdeführer der Behörde erster Instanz vorgelegt worden. Hätte also die belangte Behörde das Recht des Beschwerdeführers auf Parteiengehör nicht verletzt und ihm die Möglichkeit, die im Berufungsverfahren noch bestanden hätte, gegeben, klarzustellen, daß er auch um Nachsicht gemäß § 26 Abs. 2 GewO 1994 ersuche, hätte sie jedenfalls zu einem anderen Verfahrensergebnis kommen können und das Ansuchen des Beschwerdeführers nicht abweisen müssen.
Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer eine zu seiner Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.
Gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde (§ 346 Abs. 1 Z. 1) im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 die Nachsicht von diesem Ausschluß zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist.
Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat die Behörde im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 3 die Nachsicht von diesem Ausschluß zu erteilen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Rechtsträgers erwartet werden kann, daß er den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen werde.
Gemäß § 26 Abs. 4 GewO 1994 ist die Nachsicht gemäß Abs. 1, 2 oder 3 nicht zu erteilen, wenn andere Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen, als jene, für die die Nachsicht erteilt werden soll.
Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde selbst vor, daß er in erster Instanz lediglich um die Nachsicht vom Gewerbeausschluß gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 und somit vom Ausschlußgrund des § 13 Abs. 1 oder 2 ansuchte. Er bestreitet ferner nicht, daß er auch den Ausschlußgrund des § 13 Abs. 3 bzw. Abs. 5 GewO 1994 gegen sich gelten lassen muß. Er meint allerdings, hätte die belangte Behörde nicht das Parteiengehör verletzt, so hätte er einen Antrag auf Nachsicht auch von dem zuletzt genannten Ausschlußgrund noch im Zuge des Berufungsverfahrens stellen und damit die Rechtsfolge des § 26 Abs. 4 GewO 1994 abwenden können.
Mit diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer die Bestimmung des § 66 Abs. 4 AVG, wonach die Berufungsbehörde außer dem hier nicht gegebenen im Abs. 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden hat. Als Sache ist in diesem Zusammenhang nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Entscheidungsgegenstand des erstbehördlichen Bescheides anzusehen, soweit er mit Berufung angefochten wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. November 1980, Slg. N. F. Nr. 10.305/A).
Im vorliegenden Fall war entsprechend dem Antrag des Beschwerdeführers alleiniger Entscheidungsgegenstand des erstbehördlichen Bescheides die Verweigerung der Nachsicht vom Gewerbeausschlußgrund des § 13 Abs. 1 GewO 1994. Es wäre daher der belangten Behörde als Berufungsbehörde auch dann verwehrt gewesen, über eine Nachsicht vom Ausschlußgrund des § 13 Abs. 3 bzw. Abs. 5 GewO 1994 zu entscheiden, wenn der Beschwerdeführer ein derartiges Ansuchen im Zuge des Berufungsverfahrens nachgetragen hätte.
Ausgehend von dieser Rechtslage kann es dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde tatsächlich, wie der Beschwerdeführer behauptet, das ihm zustehende Parteiengehör verletzte, weil selbst bei Zutreffen dieser Behauptung der damit aufgezeigte Verfahrensmangel mangels Relevanz im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof führen könnte.
Hat aber der Beschwerdeführer zulässigerweise in dem dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren lediglich um die Nachsicht vom Ausschlußgrund des § 13 Abs. 1 GewO 1994 angesucht, so vermag es der Verwaltungsgerichtshof mit Rücksicht darauf, daß er gegen sich auch den Ausschlußgrund des § 13 Abs. 3 bzw. Abs. 5 GewO 1994 gelten lassen muß, nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde dieses Ansuchen, gestützt auf die Bestimmung des § 26 Abs. 4 GewO 1994, abwies.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996040072.X00Im RIS seit
20.11.2000