TE Vfgh Erkenntnis 2022/6/23 E710/2021

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Veröffentlicht am 23.06.2022
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Index

L7400 Fremdenverkehr, Tourismus

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gerichtsakt
StGG Art2
F-VG 1948 §8 Abs5
FAG 2017 §16 Abs1
Oö TourismusG 2018 §9, §47, §54, §55, §56, §57
Oö TourismusabgabeG 1991 §2
Gebäude- und WohnungsregisterG §2 Z4
VfGG §7 Abs1
  1. VfGG § 7 heute
  2. VfGG § 7 gültig ab 22.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 16/2020
  3. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 21.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  4. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/2014
  5. VfGG § 7 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  6. VfGG § 7 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  7. VfGG § 7 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. VfGG § 7 gültig von 01.10.2002 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2002
  9. VfGG § 7 gültig von 01.01.1991 bis 30.09.2002 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 329/1990
  10. VfGG § 7 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 311/1976

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Vorschreibung einer – finanzverfassungsrechtlich als Fremdenverkehrsabgabe zu qualifizierenden – Freizeitwohnungspauschale nach dem Oö TourismusG 2018; keine Ermittlungen, ob die Wohnung eine Freizeitwohnung iSd Oö TourismusG 2018 ist; keine Abgabepflicht für eine "Freizeitwohnung", die auf Grund einer länger als 26 Wochen dauernden Sanierung nicht als Freizeitwohnsitz genutzt werden kann

Spruch

I. Die Beschwerdeführerin ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG) verletzt worden.

Das Erkenntnis wird aufgehoben.

II. Das Land Oberösterreich ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihrer Rechtsvertreter die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin einer Liegenschaft in Linz, auf der sich unter anderem eine Wohnung mit einem ungefähren Flächenausmaß von 140 m2 befindet. Die Wohnung war vom 1. Oktober 1980 bis zum 31. Mai 2019 vermietet und wurde von der Mieterin auch als Hauptwohnsitz genutzt. Danach war eine Nutzung der Wohnung als Hauptwohnsitz nicht möglich, weil die Beschwerdeführerin in der Wohnung Sanierungsarbeiten, und zwar die Sanierung des gesamten Bodens, eine Fenstererneuerung und eine Sanierung der gesamten Elektro-, Gas- und Wasserinstallation, durchführte. Auf Grund von Verzögerungen bei den Sanierungsarbeiten konnte die Wohnung erst seit 1. September 2020 wieder vermietet werden und wird seither auch wieder als Hauptwohnsitz genutzt.

2. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 28. April 2020 wurde der Beschwerdeführerin für die eben genannte Wohnung eine Freizeitwohnungspauschale für das Kalenderjahr 2019 in der Höhe von € 72,– vorgeschrieben. Unter einem wurde der Beschwerdeführerin vom Magistrat der Stadt Linz ein Zuschlag zur Freizeitwohnungspauschale für das Kalenderjahr 2019 in der Höhe von € 144,– vorgeschrieben.

3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Erkenntnis vom 11. Jänner 2021 als unbegründet ab. Begründend führte es im Wesentlichen das Folgende aus:

3.1. Die Wohnung der Beschwerdeführerin sei in das Gebäude- und Wohnungsregister eingetragen, habe im Jahr 2019 länger als 26 Wochen keinen Hauptwohnsitz dargestellt und sei auch nicht überwiegend zu den in §54 Abs2 Z3 lita bis e Oö Tourismusgesetz 2018 (im Folgenden: Oö TG 2018) genannten Zwecken benötigt worden, weshalb der Beschwerdeführerin für das Jahr 2019 zu Recht eine Freizeitwohnungspauschale samt Zuschlag vorgeschrieben worden sei. Auch die Höhe der festgesetzten Beiträge sei unter Berücksichtigung von §55 Oö TG 2018 richtig. Daran änderten auch die von der Beschwerdeführerin durchgeführten Sanierungsarbeiten nichts.

3.2. §54 Abs2 Oö TG 2018 verweise auf den Wohnungsbegriff des §2 Z4 Bundesgesetz über das Gebäude- und Wohnungsregister (im Folgenden: GWR-Gesetz), demzufolge eine Wohnung als ein baulich abgeschlossener, nach der Verkehrsauffassung selbständiger Teil eines Gebäudes definiert sei, der nach seiner Art und Größe geeignet sei, der Befriedigung individueller Wohnbedürfnisse von Menschen zu dienen. Nach dem Wortlaut der Bestimmung komme es für das Vorliegen einer Wohnung also nur darauf an, dass ein Gebäudeteil geeignet sein müsse, der Befriedigung individueller Wohnbedürfnisse zu dienen. Der Zustand des Gebäudeteiles sei für die Abgabepflicht nicht relevant. Im Übrigen sei die Begriffsbestimmung "Wohnung" im GWR-Gesetz den Gesetzesmaterialien (IA 309/A XXII. GP) zufolge vom Bundesgesetz über das Wohnungseigentum übernommen worden. Nach der dazu ergangenen Judikatur schade auch eine vorübergehende und durch Sanierungsmaßnahmen behebbare momentane Unbenützbarkeit der Wohnung nicht (Verweis auf OGH 6.6.2001, 6 Ob 327/00g).

3.3. Bei den Sanierungsarbeiten in der Wohnung der Beschwerdeführerin habe es sich außerdem um "normale" Instandhaltungs- bzw Sanierungsarbeiten gehandelt, die bei jedem Gebäude anfallen könnten und regelmäßig die Möglichkeit des Bewohnens nur vorübergehend einschränkten oder verhinderten und die grundsätzlich nicht zum Entfall der Verpflichtung zur Entrichtung der Freizeitwohnungspauschale führten. Durch die in §54 Abs2 Z2 Oö TG 2018 normierte Ausnahme für Wohnungen, die länger als 26 Wochen keinen Hauptwohnsitz darstellten, habe der Gesetzgeber den Gesetzesmaterialien (Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und EU-Angelegenheiten betreffend das Landesgesetz zur Förderung des Tourismus in Oberösterreich [Oö Tourismusgesetz 2018], Oö Landtag, Beilage 553/2017, XXVIII. GP) zufolge gerade dem Umstand Rechnung tragen wollen, dass Wohnungen regelmäßig bei einem Verkauf oder Mieterwechsel eine Zeit lang nicht als Hauptwohnsitz verwendet würden. Die Durchführung der Sanierungsarbeiten ändere daher nichts an der Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Entrichtung einer Freizeitwohnungspauschale samt Zuschlag nach dem Oö TG 2018.

3.4. Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich liege es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, für Wohnungen, die länger als 26 Wochen keinen Hauptwohnsitz darstellten, eine Freizeitwohnungspauschale vorzuschreiben. Dass es in Einzelfällen dazu kommen könne, dass auf Grund von länger andauernden Sanierungsarbeiten eine Vermietung einer Wohnung länger als 26 Wochen nicht möglich sei, ändere daran nichts. Es bestünden auch keine Bedenken dagegen, Unternehmen, deren Betriebsgegenstand die Schaffung von Wohnraum sei, sowie gemeinnützige Bau-, Wohnungs- und Siedlungsvereinigungen von der Abgabepflicht auszunehmen und eine solche Ausnahme nicht auch für Privatpersonen vorzusehen, die durch die Vermietung einer Eigentumswohnung Einkünfte erzielten. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich sehe sich daher nicht veranlasst, einen Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.

4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art7 B-VG bzw Art2 StGG sowie auf Unversehrtheit des Eigentums sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (§§54 bis 57 Oö TG 2018) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird. Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

4.1. Gemäß §54 Oö TG 2018 entstehe für sämtliche Wohnungen, die länger als 26 Wochen keinen Hauptwohnsitz darstellten und nicht überwiegend für die in §54 Abs2 Z3 Oö TG 2018 genannten Zwecke genützt würden, ohne Berücksichtigung der tatsächlichen Nutzung eine Abgabepflicht. Diese Regelung sei verfassungswidrig, zumal es dadurch zu einem sachlich nicht gerechtfertigten Eingriff in das Eigentum komme und die Regelung überdies den Intentionen des Gesetzgebers widerspreche. Der Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und EU-Angelegenheiten (Oö Landtag, Beilage 553/2017, XXVIII. GP) führe entgegen dem nunmehrigen Gesetzeswortlaut aus, dass nur Inhaber von Ferienwohnungen der Abgabepflicht unterworfen sein sollten. Im Bericht werde klargestellt, dass Anlass des Oö TG 2018 die Bündelung des touristischen Angebotes durch Neustrukturierung der Landestourismusorganisationen und Schaffung marktrelevanter Strukturen für Tourismusmarketing sei. Die Vereinfachung der Vollzugspraxis könne jedoch nicht als sachliche Rechtfertigung für einen Eigentumseingriff gelten, zumal dies kein berechtigter Grund für die Einhebung einer Abgabe sein könne, die einen bestimmten Zweck, nämlich in der Regel die Finanzierung staatlicher Leistungen, worunter jedoch nicht die Vereinfachung der Vollzugspraxis falle, voraussetze.

4.2. Halte man sich die Erwägungen des Gesetzgebers vor Augen, wonach "Personen, die Ferienwohnungen benutzen, häufig ähnliche Bedürfnisse wie Touristen haben: sie frequentieren vielfach die Freizeit- und Erholungseinrichtungen der Tourismusgemeinde. Die touristische Infrastruktur wird von den Ferienwohnungsinhabern meist in gleicher Weise benutzt und nachgefragt wie von den übrigen Gästen. Sie sollen daher auch der Abgabenpflicht unterworfen werden […]", so bestehe keine sachliche Rechtfertigung für die Einhebung einer damit begründeten Abgabe, solange kein Anhaltspunkt dafür gegeben sei, dass eine Wohnung tatsächlich ähnlich "touristisch genutzt" werde. Es müsse ebenso wie für die Ausnahmetatbestände des §54 Oö TG 2018 möglich sein, durch Glaubhaftmachung, dass eine Wohnung nicht als Freizeitwohnung genutzt werde, eine Ausnahme von der Abgabenvorschreibung zu erwirken. Fehle – wie im Fall der nunmehr angefochtenen Bestimmung – eine solche Möglichkeit, sei das Gesetz verfassungswidrig. Das Erfordernis eines solchen Ausnahmetatbestandes werde insbesondere dann deutlich, wenn sich die vermeintliche Freizeitwohnung – wie im vorliegenden Fall – im selben Gebäude befinde, in dem deren Eigentümer seinen Hauptwohnsitz begründet habe. Die Nutzung der (touristischen) Infrastruktur würde in diesem Fall nicht mehr oder auf andere Weise erfolgen. Die Einhebung einer Freizeitwohnungspauschale sei auch dann nicht gerechtfertigt, wenn eine Wohnung gar nicht genutzt werde, sondern leer stehe, da die touristische Infrastruktur in diesem Fall gar nicht genutzt werde. Würde die tatsächliche Nutzung einer Wohnung nicht berücksichtigt, fehle es einer Abgabe, die gerade für die Abgeltung der Nutzung der (touristischen) Infrastruktur sowie deren Finanzierung eingehoben werde, an einer sachlichen Rechtfertigung. Der dadurch bewirkte sachlich nicht gerechtfertigte Eigentumseingriff führe zur Verfassungswidrigkeit eines solchen Gesetzes.

4.3. Eine Abgabe in der vorliegenden Form sei auch nicht geeignet, eine vermeintliche Leerstandsproblematik in den Griff zu bekommen, zumal auch darin kein Rechtfertigungsgrund für den Grundrechtseingriff gesehen werden könne. Eine solche Abgabe hätte einen unzulässigen Strafcharakter, der mit der Umschreibung des Eigentumsbegriffes in §354 ABGB nicht in Einklang zu bringen wäre. Überdies sei der dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 10.403/1985 zugrunde liegende Sachverhalt mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbar, weshalb die darin geäußerten Bedenken hinsichtlich der Kompetenzwidrigkeit auf Grund des Übergriffs in die Materie der Wohnraumbewirtschaftung auch auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt zu übertragen seien. Auch aus diesem Grund seien die angefochtenen Bestimmungen verfassungswidrig.

4.4. Aus dem Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und EU-Angelegenheiten (Oö Landtag, Beilage 553/2017, XXVIII. GP), demzufolge Zeiten für Sanierungsmaßnahmen nach und vor einem Mieterwechsel berücksichtigt werden sollten, gehe hervor, dass Vermieter von Wohnungen, die als Hauptwohnsitz gedacht seien, von der Abgabepflicht ausgenommen werden sollten. Dabei sei entweder nicht bedacht oder verfassungswidrigerweise in Kauf genommen worden, dass sich solche Sanierungsmaßnahmen auch über einen Zeitraum von mehr als 26 Wochen erstrecken könnten und in einer solchen Zeit auch keine Wohnungsnutzung und auch keine Nutzung touristischer Infrastruktur erfolge. Die Beschwerdeführerin sei in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt, da sie während der Zeit des Leerstandes der Wohnung auf Grund der Sanierungsarbeiten keine Einkünfte erzielt habe und während dieser Zeit zwangsläufig auch keine (touristische) Infrastruktur genutzt worden sei und die Beschwerdeführerin dennoch zur Entrichtung einer Freizeitwohnungspauschale verpflichtet worden sei.

4.5. Gemäß §54 Abs3a Oö TG 2018 gälten Wohnungen, die nicht vermietet seien und im Eigentum einer gemeinnützigen Bau-, Wohnungs- und Sanierungsvereinigung oder eines Unternehmens, dessen Betriebsgegenstand die Schaffung von Wohnraum sei, nicht als Freizeitwohnungen. Es gebe keine sachliche Rechtfertigung dafür, dass Genossenschaften oder Unternehmer, die gewerblich Wohnungen vermieteten, von der Entrichtung einer Freizeitwohnungspauschale ausdrücklich ausgenommen und somit bessergestellt seien, als die Beschwerdeführerin, die ebenfalls im Sinne des einkommensteuerrechtlichen Tatbestandes der Vermietung und Verpachtung Wohnungen zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses anderer vermiete. Daher sei im vorliegenden Fall auch der Gleichheitsgrundsatz verletzt.

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich und der Magistrat der Stadt Linz haben die Gerichts- bzw Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.

II. Rechtslage

Die maßgeblichen Bestimmungen des Landesgesetzes zur Förderung des Tourismus in Oberösterreich (Oö Tourismusgesetz 2018 – Oö TG 2018), LGBl 3/2018, idF LGBl 56/2019 lauten:

"2. Unterabschnitt

Freizeitwohnungen

§54

Abgabenpflicht

(1) Das Land erhebt auf Freizeitwohnungen eine Abgabe nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen.

(2) Freizeitwohnungen sind Wohnungen im Sinn des §2 Z4 des Bundesgesetzes über das Gebäude- und Wohnungsregister (GWR-Gesetz), die

1. in das Gebäude- und Wohnungsregister eingetragen sind und

2. länger als 26 Wochen keinen Hauptwohnsitz darstellen und

3. nicht überwiegend zu folgenden Zwecken benötigt werden:

       a) als Gästeunterkunft im Sinn des §47 Abs2;

b) zur Erfüllung der Schulpflicht oder zur Absolvierung des Besuchs einer allgemein bildenden höheren oder berufsbildenden Schule oder einer Hochschule oder zur Absolvierung einer Lehre;

       c) zur Ableistung des Wehr- oder Zivildienstes;

       d) zur Berufsausübung, insbesondere als Pendlerin bzw Pendler;

       e) zur Unterbringung von Dienstnehmerinnen bzw Dienstnehmern.

(3) Nicht als Freizeitwohnung gilt eine Wohnung, wenn seit mindestens fünf Jahren auf demselben Grundstück

1. zumindest eine Person durchgehend mit Hauptwohnsitz wohnt,

2. keine Wohnung als Gästeunterkunft verwendet wird und

3. nicht Personen wohnen, die keine nahen Angehörigen im Sinn des §2 Abs7 Oö Grundverkehrsgesetz 1994 sind.

Ein Hauptwohnsitz ist nicht erforderlich, solange dieser aus gesundheitlichen oder altersbedingten Gründen aufgegeben werden muss.

(3a) Nicht als Freizeitwohnungen gelten überdies Wohnungen, die nicht vermietet sind und im Eigentum einer gemeinnützigen Bau-, Wohnungs- und Siedlungsvereinigung oder eines Unternehmens, dessen Betriebsgegenstand die Schaffung von Wohnraum ist, stehen.

(4) Länger als zwei Monate auf Campingplätzen abgestellte Wohnwagen, Wohnmobile oder Mobilheime (Dauercamper) gelten als Freizeitwohnungen.

§55

Höhe, Fälligkeit und Entrichtung der Freizeitwohnungspauschale

(1) Die Abgabe ist in Form einer jährlichen Pauschale zu entrichten (Freizeitwohnungspauschale). Die Höhe der Pauschale beträgt:

1. für Wohnungen bis zu 50 m2 Nutzfläche sowie für Dauercamper das 36fache,

2. für Wohnungen über 50 m2 Nutzfläche das 54fache

der für Nächtigungen in einer Gästeunterkunft zu entrichtenden Ortstaxe. Wurde die Höhe der Ortstaxe während des Jahres geändert (§48 Abs2 oder 3), so gilt für die Ermittlung der Pauschale der Jahresdurchschnitt der Ortstaxe. Fallen in ein Kalenderjahr Zeiten, in denen die Wohnung einen Hauptwohnsitz darstellt, vermindert sich die Abgabe für jeden vollen Kalendermonat um ein Zwölftel.

(2) Zur Entrichtung der Abgabe ist die Eigentümerin bzw der Eigentümer der Freizeitwohnung verpflichtet. Bei einem Wechsel in der Person der bzw des Abgabepflichtigen teilt sich die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabe auf die einzelnen Monate so auf, dass für jeden Monat ein Zwölftel der Abgabe zu entrichten ist, wobei der Monat, in dem der Übergang erfolgt, der neuen Eigentümerin bzw dem neuen Eigentümer anzurechnen ist. Dies gilt sinngemäß für die Neuerrichtung und die Aufgabe einer Freizeitwohnung.

(3) Die Abgabe wird mit 1. Dezember für das jeweilige Kalenderjahr fällig. Wird eine Freizeitwohnung vor diesem Zeitpunkt aufgegeben, wird die Abgabenschuld spätestens ein Monat nach der Aufgabe fällig.

(4) Die Freizeitwohnungspauschale ist an die Gemeinde unaufgefordert unter Bekanntgabe der Nutzfläche der Freizeitwohnung sowie allfälliger Berechnungen gemäß Abs2 zu entrichten.

(5) Die Einhebung der Freizeitwohnungspauschale obliegt der Bürgermeisterin bzw dem Bürgermeister als Abgabenbehörde im übertragenen Wirkungsbereich entsprechend den Bestimmungen des Oö Abgabengesetzes und den für Landesabgaben geltenden Bestimmungen der Bundesabgabenordnung. Die Einhebung der Pauschale ist eine Aufgabe im Sinn des §7 Gebäude- und Wohnungsregister-Gesetz. Zu diesem Zweck ist die Abgabenbehörde berechtigt, auf automationsunterstütztem Weg auf die Daten des Melderegisters zuzugreifen und eine Verknüpfungsabfrage mit dem lokalen Gebäude- und Wohnungsregister durchzuführen.

§56

Aufteilung der Freizeitwohnungspauschale

(1) Die eingegangenen Pauschalen auf Freizeitwohnungen in Tourismusgemeinden sind dem jeweiligen Tourismusverband nach Abzug der Beträge gemäß Abs3 bis 15. Dezember und danach in angemessenen Zeitabständen zu übermitteln.

(2) Abs1 gilt für die eingegangenen Pauschalen auf Freizeitwohnungen in Gemeinden der Ortsklasse D mit der Maßgabe sinngemäß, dass die Beträge der LTO zu übermitteln sind.

(3) Als Ersatz für die Kosten der Einhebung der Freizeitwohnungspauschale verbleiben der Gemeinde folgende Beträge:

1. die Erträge aus Nebenansprüchen (§3 BAO) zur Freizeitwohnungspauschale und

2. ein Anteil in Höhe von 5 % der eingegangenen Freizeitwohnungspauschalen.

(4) Bei der Berechnung des Anteils gemäß Abs3 Z2 ist eine Anhebung der Ortstaxe nach §48 Abs2 nicht zu berücksichtigen.

§57

Gemeindezuschlag zur Freizeitwohnungspauschale

(1) Die Gemeinden werden ermächtigt, durch Beschluss des Gemeinderats einen Zuschlag zur Freizeitwohnungspauschale auszuschreiben und einzuheben. Der Höchstbetrag des jährlichen Zuschlags zur Freizeitwohnungspauschale beträgt:

1. für Wohnungen bis zu 50 m2 Nutzfläche sowie für Dauercamper 150 % der Freizeitwohnungspauschale,

2. für Wohnungen über 50 m2 Nutzfläche 200 % der Freizeitwohnungspauschale.

(2) Die der Gemeinde nach Abs1 zukommenden Aufgaben sind solche des eigenen Wirkungsbereichs."

III. Erwägungen

1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.

2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn das Verwaltungsgericht der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

Ein solcher Fehler ist dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich unterlaufen.

3. Folgender Regelungszusammenhang ist im vorliegenden Beschwerdefall zu beachten:

3.1. Mit dem Landesgesetz zur Förderung des Tourismus in Oberösterreich hat der Landesgesetzgeber 2018 umfassende Regelungen erlassen, die an die Stelle des Oö Tourismus-Gesetzes 1990 und des Oö Tourismusabgabe-Gesetzes 1991 getreten sind. Das Oö TG 2018 enthält im ersten Teil Bestimmungen über die Landestourismusstrategie, die Einrichtung einer Landestourismusorganisation (im Folgenden: LTO), die Festlegung von Ortsklassen und Tourismusgemeinden sowie über die Mitgliedschaft in den Tourismusverbänden und über die Organisation der Tourismusverbände.

Aufbauend auf diese Vorschriften enthält der zweite Teil des Oö TG 2018 abgabenrechtliche Regelungen, die neben der Entrichtung von Tourismusbeiträgen (§§36-46) die Erhebung von Tourismusabgaben (§§47-57) vorsehen.

3.2. Das Oö TG 2018 regelt als Tourismusabgaben neben der Ortstaxe (§§47-53) eine Abgabe auf Freizeitwohnungen (§§54-57). Weiters hat die Neuregelung die Abgabepflicht auf Gemeinden erstreckt, die nicht als Tourismusgemeinden im Sinne des Oö TG 2018 gelten, da sie als Gemeinden der Ortsklasse D eingestuft werden (vgl den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und EU-Angelegenheiten betreffend das Landesgesetz zur Förderung des Tourismus in Oberösterreich [Oö Tourismusgesetz 2018], Oö Landtag, Beilage 553/2017, XXVIII. GP, 1).

3.2.1. Der Ortstaxe unterliegen Personen, die in einer Gästeunterkunft (§47 Abs2 Oö TG 2018) nächtigen, sofern sie in der betreffenden Gemeinde nicht ihren Hauptwohnsitz haben (§47 Abs1 Oö TG 2018). Sie beträgt unabhängig von der jeweiligen Ortsklasse zwei Euro je Nächtigung (§48 Abs1 Oö TG 2018).

3.2.2. Die Abgabepflicht für Freizeitwohnungen knüpft gemäß §54 Abs1 Oö TG 2018 an das Vorliegen einer Freizeitwohnung an. Sie beträgt für Wohnungen bis 50 m2 das 36fache, für Wohnungen über 50 m2 das 54fache der für Nächtigungen in Gästeunterkünften zu entrichtenden Ortstaxe.

3.2.3. Ortstaxe und Freizeitwohnungspauschale sind jeweils Landesabgaben, deren Einhebung den Bürgermeistern als Abgabenbehörde im übertragenen Wirkungsbereich obliegt (§51 Abs1 bzw §55 Abs5 Oö TG 2018). Die eingegangenen Ortstaxen aus Unterkünften in Tourismusgemeinden und die eingegangenen Pauschalen für Freizeitwohnungen in Tourismusgemeinden sind dem jeweiligen Tourismusverband zu übermitteln. Dies gilt auch für solche Ortstaxen aus Unterkünften in Gemeinden der Ortsklasse D, die freiwillige Mitglieder eines Tourismusverbandes sind; besteht keine freiwillige Mitgliedschaft, hat die Übermittlung an die LTO zu erfolgen (§53 Abs1 und Abs2 Oö TG 2018). Pauschalen auf Freizeitwohnungen in Gemeinden der Ortsklasse D sind der LTO zu übermitteln.

3.2.4. §57 Oö TG 2018 sieht ferner eine Ermächtigung der Gemeinden vor, einen Zuschlag zur Freizeitwohnungspauschale auszuschreiben und einzuheben. Der Höchstbetrag des jährlichen Zuschlags beträgt für Wohnungen bis zu 50 m2 150 % der Pauschale, für Wohnungen über 50 m2 200 % der Pauschale. Die Einhebung des Zuschlags obliegt den Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich.

3.2.5. Das angefochtene Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich betrifft eine der Beschwerdeführerin vom Bürgermeister der Stadt Linz vorgeschriebene Freizeitwohnungspauschale. Gemäß §9 Abs1 Oö TG 2018 bilden die Städte Linz, Steyr und Wels die Ortsklasse Statutarstadt (St), sofern nicht auf Grund eines Antrags gemäß Abs5 leg cit eine Einstufung in eine der Ortsklassen A, B oder C erfolgt. Eine solche Einstufung ist für die Stadt Linz bislang nicht erfolgt (s die Einordnung der Stadt Linz in die Ortsklasse "Statutarstadt" in der Anlage zur Verordnung der Oö Landesregierung über die Einstufung der Gemeinden in Ortsklassen [Oö Ortsklassenverordnung 2019], LGBl Nr 124/2018, idF LGBl 121/2019). Für das Gebiet Linz ist nach der Verordnung der Oö Landesregierung über die Errichtung von Tourismusverbänden, LGBl 17/2003, idF LGBl 127/2019 der Tourismusverband Linz eingerichtet worden.

4. Mit der Abgabe auf Freizeitwohnungen hat der Landesgesetzgeber finanzverfassungsrechtlich eine Fremdenverkehrsabgabe geregelt:

4.1. Auszugehen ist davon, dass Tourismusbeiträge von Unternehmern, die aus dem Tourismus geschäftlichen Nutzen ziehen, und Ortstaxen, die den Aufenthalt des Fremden im Gemeindegebiet belasten, finanzverfassungsrechtlich den Fremdenverkehrsabgaben zuzurechnen sind (vgl §16 Abs1 Z6 FAG 2017). Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes entspricht dabei die Anknüpfung von Tourismusbeiträgen an den Umsatz von Unternehmern, gestaffelt nach Beitragsgruppen und nach – der Bedeutung für den Tourismus entsprechend abgestuften – Ortsklassen ebenso dem Gleichheitssatz (vgl zB VfSlg 6205/1970, 7082/1973, 11.025/1986, 12.419/1990, 18.377/2008, 20.042/2016) wie die Anknüpfung der Ortstaxe an die Nächtigung in gewerblichen Beherbergungsbetrieben oder in Privatzimmern (VfSlg 5577/1967, 8452/1978).

4.2. Hinsichtlich einer Besteuerung von Ferien- oder Freizeitwohnsitzen kann sich der Landesgesetzgeber finanzverfassungsrechtlich bei der Regelung der Abgabepflicht auf die Kompetenz zur Erhebung von Fremdenverkehrsabgaben, alternativ aber auch auf jene zur Erhebung von Zweitwohnsitzabgaben stützen (VfGH 7.3.2022, V54/2021). Die Belastung der Ferien- und Freizeitwohnsitze im Rahmen einer Fremdenverkehrsabgabe zielt darauf ab, durch die Einbeziehung von Inhabern von Ferienwohnungen eine Gleichstellung mit den Benützern gewerblicher oder privater Unterkünfte herbeizuführen, die eine Ortstaxe zu entrichten haben. Ortstaxen und Ferien- bzw Freizeitwohnsitzabgaben sind hiebei als Abgeltung des Nutzens aus nicht gebührenfähigen Fremdenverkehrseinrichtungen zu betrachten, jedenfalls aber als Beitrag zu den fremdenverkehrsbedingten Mehrkosten der Hoheitsverwaltung (Ruppe, Zweitwohnungssteuern, in: Funk [Hrsg.], Grundverkehrsrecht, 1996, 229 [237 f.]). Die Belastung im Rahmen einer Zweitwohnsitzabgabe zielt demgegenüber darauf ab, die in der Innehabung einer Zweitwohnung zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit zu erfassen und den Gemeinden zu ermöglichen, jene Aufwendungen abzudecken, die durch Zweitwohnsitze in Gemeinden entstehen (VfGH 7.3.2022, V54/2021).

4.3. Für den Verfassungsgerichtshof besteht kein Zweifel, dass die im Oö TG 2018 geregelte Freizeitwohnungspauschale eine Fremdenverkehrsabgabe iSd §16 Abs1 Z6 FAG 2017 ist. Diese Einordnung ergibt sich aus den mit der Ortstaxe im systematischen Zusammenhang stehenden Regelungen des Steuergegenstandes und der Bemessungsgrundlage, die mit einer pauschal angenommenen Nächtigungszahl festgelegt ist, und der Anwendung des Ortstaxensatzes auf diese Nächtigungszahl. Hinzu kommt, dass das Aufkommen aus den Pauschalen auf Freizeitwohnungen in Tourismusgemeinden dem jeweiligen Tourismusverband zu übermitteln ist (vgl §56 Abs1 Oö TG 2018).

4.4. Auch der Umstand, dass das Oö TG 2018 eine Abgabepflicht nicht nur für Freizeitwohnungen in Tourismusgemeinden (somit Gemeinden der Ortsklasse A, B und C), sondern auch für solche in Gemeinden vorsieht, die als Gemeinden der Ortsklasse D einzustufen sind, steht der Einordnung als Fremdenverkehrsabgabe nicht entgegen. Der Ortsklasse D sind Gemeinden zuzuordnen, deren "Nächtigungsintensität" weniger als den halben Wert der Landes-Nächtigungsintensität erreicht (vgl §9 Abs2 Oö TG 2018). Auch bei sehr geringem touristischen Angebot dient die Erhebung dem sachlichen Ziel der Förderung des Tourismus, kommt doch der Abgabenertrag der LTO zugute und dient dieser somit den von der LTO zu erfüllenden Aufgaben einer landesweiten Wahrnehmung touristischer Interessen.

4.5. Der Einordnung als Fremdenverkehrsabgabe steht ferner nicht entgegen, dass der Landesgesetzgeber die Gemeinden ermächtigt, zum Freizeitwohnungspauschale einen Zuschlag bis zu einem bestimmten Höchstbetrag auszuschreiben und zu erheben. Diese Ermächtigung beruht auf §8 Abs5 F-VG. Danach müssen Landesgesetze, die die Gemeinden ermächtigen, bestimmte Abgaben auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung zu erheben, die wesentlichen Merkmale dieser Abgabe, insbesondere auch ihr zulässiges Höchstausmaß bestimmen. Diesen Anforderungen wird die Regelung des §57 Oö TG 2018 gerecht, da sich die wesentlichen Merkmale der Abgabe bereits aus der Stammabgabe ergeben. Der Zuschlag knüpft dabei an das Vorliegen einer Freizeitwohnung iSd §54 Oö TG 2018 an. Innerhalb des Höchstsatzes steht die Entscheidung über die Höhe der Abgabenbelastung der Gemeinde unter Beachtung des Belastungsgrundes der Abgabe zu, ohne dass es einer weiteren landesgesetzlichen Konkretisierung bedarf (vgl auch VfSlg 15.107/1998).

5. Strittig ist im Beschwerdefall, ob für eine Wohnung, die von der Eigentümerin bis zum 31. Mai 2019 vermietet worden ist und in der nach den Feststellungen des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich nach Beendigung des Mietverhältnisses und vor Abschluss eines neuen Mietverhältnisses Sanierungsarbeiten durchgeführt worden sind, die Freizeitwohnungspauschale einzuheben ist. Nach Auffassung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich bestehe eine Abgabepflicht, da die Wohnung im Kalenderjahr 2019 länger als 26 Wochen keinen Hauptwohnsitz dargestellt habe und auch nicht für einen der in §54 Abs2 Z3 lita-e Oö TG 2018 genannten Zwecke genutzt worden sei.

Mit dieser Auslegung hat aber das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich der Bestimmung des §54 Abs2 Oö TG 2018 einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt:

5.1. Freizeitwohnungen sind nach der Bestimmung des §54 Abs2 Oö TG 2018 Wohnungen im Sinne des §2 Z4 GWR-Gesetz, die in dieses Register eingetragen sind (Z1), im Kalenderjahr länger als 26 Wochen keinen Hauptwohnsitz darstellen (Z2) und gemäß Z3 nicht überwiegend als Gästeunterkunft iSd §47 Abs2 Oö TG 2018, zur Absolvierung der Schulpflicht oder einer Lehre, zur Ableistung des Wehr- oder Zivildienstes, zur Berufsausübung oder zur Unterbringung von Dienstnehmern dienen.

Mit der Definition der Freizeitwohnung in §54 Abs2 Oö TG 2018 soll nach den Materialien gewährleistet werden, dass "[d]ie tatsächliche zumindest zeitweilige Benutzung der die Abgabepflicht auslösenden Wohnung […] künftig keine Rolle mehr spielen [soll]", knüpfte doch die Vorgängerregelung des §2 Abs1 Oö Tourismusabgabe-Gesetz 1991 an Personen an, die in einer Ferienwohnung nächtigen. Mit der Neuregelung sollte einerseits ein großes Vollzugsproblem für die Verwaltung beseitigt und andererseits "auch der Leerstandsproblematik entsprechend Rechnung getragen werden" (vgl den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und EU-Angelegenheiten betreffend das Landesgesetz zur Förderung des Tourismus in Oberösterreich [Oö Tourismusgesetz 2018], Oö Landtag, Beilage 553/2017, XXVIII. GP, 32).

5.2. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes kann aus §54 Abs2 Oö TG 2018 nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden, dass eine Wohnung allein auf Grund des Umstandes, dass sie länger als 26 Wochen keinen Hauptwohnsitz darstellt und nicht überwiegend zu einem der in §54 Abs2 Z3 leg cit genannten Zwecke benötigt wird, als Freizeitwohnung im Sinne der genannten Bestimmung zu qualifizieren ist:

5.2.1. Wenn der Landesgesetzgeber in §54 Oö TG 2018 im Rahmen seiner finanzverfassungsrechtlichen Kompetenz zur Regelung einer Fremdenverkehrsabgabe eine Abgabepflicht für "Freizeitwohnungen" vorsieht, regelt er eine Abgabepflicht für Wohnungen, die Aufenthalte während der Freizeit, des Wochenendes, des Urlaubs, der Ferien oder sonstiger Freizeitgestaltung außerhalb beruflicher Zwecke ermöglichen. Aus dieser Belastungskonzeption der Abgabe folgt aber, dass für eine Wohnung eine Abgabepflicht nach §54 Abs1 und 2 Oö TG 2018 nicht entstehen kann, wenn keine Umstände ersichtlich sind, die eine Freizeitwohnsitznutzung indizieren, und somit nach der Lage des Falles eine solche auszuschließen ist.

5.2.2. Nach dem System des §54 Oö TG 2018 kann somit die Abgabenbehörde bzw das Verwaltungsgericht für eine Wohnung, die länger als 26 Wochen keinen Hauptwohnsitz darstellt und nicht überwiegend zu einem der in §54 Abs2 Z3 leg cit genannten Zwecke benötigt wird, zwar zunächst vom Bestehen einer Abgabepflicht ausgehen. Eine Abgabepflicht kann aber in verfassungskonformer Auslegung des §54 Abs1 und 2 leg cit nicht für den Zeitraum der Sanierung einer Wohnung eintreten, die bis zur Sanierung vermietet war und nach Abschluss der Sanierung zur weiteren Vermietung bestimmt ist, da in einem solchen Fall keine Umstände ersichtlich sind, die eine Freizeitwohnsitznutzung indizieren, und somit eine solche auszuschließen ist. Eine Abgabepflicht führte nämlich zur Verletzung des Gleichheitssatzes, würde doch dieser Fall – ohne dass eine sachliche Rechtfertigung erkennbar wäre – mit jenem der Möglichkeit der Nutzung als Freizeitwohnung gleichbehandelt, obwohl sich die Fälle vor dem Hintergrund der Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe wesentlich unterscheiden.

5.3. Der Verfassungsgerichtshof übersieht in diesem Zusammenhang nicht, dass der Landesgesetzgeber im Rahmen des ihm finanzverfassungsrechtlich zustehenden Abgabenerfindungsrechtes außerhalb seiner Kompetenz zur Regelung von Fremdenverkehrsabgaben auch eine Abgabe auf leerstehenden Wohnraum vorsehen kann, sofern eine solche Regelung nicht als Missbrauch der Abgabenform zu qualifizieren ist (VfSlg 10.403/1985). Die Regelung des §54 Abs1 und 2 Oö TG 2018 lässt allerdings nicht erkennen, dass der Gesetzgeber diese Kompetenz zur Schaffung einer umfassenden Leerstandsabgabe im Rahmen des Oö TG 2018 wahrgenommen hätte. Auch den Materialien kann ein solches Anliegen nicht entnommen werden, zumal sich der Hinweis auf die "Leerstandsproblematik" in Anbetracht der Vorgängerregelung offenbar darauf bezieht, dass diese die Abgabepflicht für Ferienwohnungen an den Sachverhalt der (tatsächlichen) Nächtigung geknüpft hat.

5.4. Indem das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich der Vorschrift des §54 Abs2 Oö TG 2018 einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt und vor dem Hintergrund des vorliegenden Sachverhaltes Ermittlungen dahingehend unterlassen hat, ob die Wohnung eine Freizeitwohnung im Sinne des §54 Abs1 und 2 Oö TG 2018 ist, hat es Willkür geübt.

IV. Ergebnis

1. Die Beschwerdeführerin ist somit durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

2. Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

Schlagworte

Fremdenverkehr, Abgaben, Wohnsitz Freizeit-, Entscheidungsbegründung, Auslegung verfassungskonforme, Finanzverfassung, Abgabenwesen, Abgabenerfindungsrecht der Gemeinden und Länder, Finanzausgleich

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2022:E710.2021

Zuletzt aktualisiert am

27.09.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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