TE Lvwg Erkenntnis 2022/9/2 LVwG-2020/24/0284-9

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Veröffentlicht am 02.09.2022
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Entscheidungsdatum

02.09.2022

Index

60/02 Arbeitnehmerschutz
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

ArbeitsmittelV 2000 §18 Abs3
VwGG §63 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Monica Voppichler-Thöni über die Beschwerde des AA, **** Z, vertreten durch BB & CC Rechtsanwälte, Adresse 1, **** Y, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 07.01.2020, Zl ***, betreffend eine Übertretung nach der Arbeitsmittelverordnung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das verfahrensgegenständliche Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

2.       Gegen dieses Erkenntnis ist gem § 25a Abs 4 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 07.01.2020, Zl ***, wurde dem Beschwerdeführer spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

„Sie haben es als Arbeitgeber der DD e.U., mit Sitz in **** Z, Gewerbegebiet 1, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass nicht dafür Sorge getragen wurde, dass die Bestimmungen bzw Vorschriften des Arbeitnehmerinnenschutzgesetzes (im gegenständlichen Fall nach der Arbeitsmittelverordnung - AM-VO) eingehalten wurde.

Der Arbeitsinspektor EE, des Arbeitsinspektorates Tirol, Adresse 2, **** X, hat aufgrund der Sachverhaltsdarstellung der Polizeiinspektion Z, GZI.: ***, vom 27.05.2019 betreffend den Arbeitsunfall von FF, sowie der eigenen Erhebungen am 29.05.2019 festgestellt, dass am 16.05.2019, gegen 11:25 Uhr GG und FF, mit einem Gabelstapler einen ca. 3,6 m langen vorgefertigten Kamin vom Fertigungstisch vom Zwischenlagerpalt im Areal der Firma DD in **** Z, Gewerbegebiet 1, transportierten. Dazu wurde der Kamin mit Hebebändern an den Gabelzinken des Staplers angehängt und ca 1,6 m in der Höhe gehoben. GG lenkte den Gabelstapler und FF ging neben dem Kamin, um diesen in der Luft zu stabilisieren. Kurz vor dem Zwischenlagerplatz brach plötzlich der Kamin auseinander und stürzte zu Boden. FF wurde dabei von Teilen des gebrochenen Kamins eingeklemmt und schwer verletzt.“

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs 3 Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) begangen, wonach dafür zu sorgen sei, dass sich keine Arbeitnehmer/innen unter hängende Lasten aufhalten und wurde über ihn gemäß § 18 Abs 3 Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) iVm § 130 Abs 1 Ziffer 16 Arbeitnehmerinnenschutzgesetz (ASchG) eine Geldstrafe in Höhe von Euro 600,00 (EFS 24 Stunden) verhängt.

Dagegen hat der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer binnen offener Frist Beschwerde erhoben.

Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 11.12.2020 wurde die Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen.

Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer Revision an den Verwaltungsgerichtshof. Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 16.8.2022, GZ Ra 2021/02/0029, die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes im Wesentlichen mit der Begründung auf, dass das Tatbild des § 18 Abs 3 AM-VO nicht erfüllt wurde.

Wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben hat, sind die Verwaltungsgerichte nach § 63 Abs 1 VwGG verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Nach § 45 Abs 1 Ziff 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

Angewendet auf den gegenständlichen Fall war mit der für eine Bestrafung notwendigen Sicherheit nicht feststellbar, dass der Beschwerdeführer tatsbestandsmäßig gehandelt hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrens-hilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr.in Voppichler-Thöni

(Richterin)

Schlagworte

Nichterfüllung des Tatbildes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2020.24.0284.9

Zuletzt aktualisiert am

23.09.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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