TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/23 96/04/0037

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Veröffentlicht am 23.04.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
58/01 Bergrecht;

Norm

AVG §8;
BergG 1975 §94;
BergG 1975 §98 Abs1;
BergG 1975 §98 Abs2;
BergG 1975 §99;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde

1)

der Gemeinde J, 2) der Gemeinde W, 3) der Gemeinde S und

4)

der Gemeinde B, alle vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid des Bundesministers

für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 7. April 1995, Zl. 63.220/181-VII/A/4/94, betreffend Gewinnungsbewilligung nach dem Berggesetz (mitbeteiligte Partei: G-Gesellschaft m. b.H. in J), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei stellte am 11. August 1994 bei der Berghauptmannschaft Innsbruck den Antrag auf Erteilung einer Gewinnungsbewilligung für ein näher bezeichnetes Abbaufeld. Die mündliche Verhandlung über dieses Ansuchen wurde für den

18. Oktber 1994 anberaumt. Am 14. Oktober 1994 erhoben die Beschwerdeführerinnen schriftlich Einwendungen gegen die Erteilung der begehrten Gewinnungsbewilligung. Gleichzeitig stellten sie den Antrag auf Feststellung, daß ihnen im gegenständlichen Verfahren Parteistellung zukomme. An der am 18. Oktober 1994 durchgeführten mündlichen Verhandlung haben auch die Beschwerdeführerinnen durch ihren Vertreter teilgenommen und im wesentlichen den Inhalt ihrer schriftlichen Einwendungen vorgebracht.

Mit Bescheid vom 8. November 1994 erteilte die Berghauptmannschaft Innsbruck die beantragte Gewinnungsbewilligung unter Vorschreibung einer Auflage. Gleichzeitig wurden die Anträge der Beschwerdeführerinnen auf Zuerkennung der Parteistellung im gegenständlichen Verfahren zurückgewiesen. Gegen diesen Bescheid erhoben neben dem Land Tirol auch die Beschwerdeführerinnen Berufung.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 7. April 1995 wurde der erstbehördliche Bescheid insofern abgeändert, als die Anträge der Beschwerdeführerinnen auf Zuerkennung der Parteistellung gemäß § 98 in Verbindung mit § 99 Berggesetz 1975 abgewiesen wurden (Spruchpunkt I). Mit Spruchpunkt II wurde die Berufung des Landes Tirol als unbegründet abgewiesen und mit Spruchpunkt III wurden die Berufungen der Beschwerdeführerinnen, soweit sie sich auf Punkt 2 des erstbehördlichen Bescheides bezogen, als unbegründet abgewiesen, im übrigen mangels Berufungslegitimation als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Bundesminister, soweit dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung ist, aus, die Berufung der Beschwerdeführerinnen richte sich gegen die Erteilung der Gewinnungsbewilligung sowie die Zurückweisung des Antrages auf Zuerkennung der Parteistellung. Beantragt werde, den erstinstanzlichen Bescheid zu beheben und der mitbeteiligten Partei die Gewinnungsbewilligung nicht zu erteilen bzw. ihren Antrag auf Erteilung der Gewinnungsbewilligung abzuweisen, in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und der Behörde erster Instanz aufzutragen, die nötigen Ermittlungen und Erhebungen einzuholen und neuerlich zu entscheiden. Nach § 98 Abs. 1 des Berggesetzes 1975 seien Parteien im Verfahren zur Erteilung einer Gewinnungsbewilligung der Bewilligungswerber, die Eigentümer der Grundstücke, auf denen das begehrte Abbaufeld zu liegen komme, ferner, soweit sie durch die Erteilung der Gewinnungsbewilligung berührt würden, Gewinnungs- und Speicherberechtigte sowie Personen und Personengesellschaften des Handelsrechtes, denen der Grundeigentümer das Gewinnen sonstiger mineralischer Rohstoffe einschließlich des Rechtes der Aneignung dieser mineralischen Rohstoffe überlassen habe. Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle komme auch noch dem Land, in dessen Gebiet das begehrte Abbaufeld gelegen sei, in einem näher bezeichneten Rahmen die Stellung einer Formalpartei zu. Es sei nicht hervorgekommen und auch nicht behauptet worden, daß die Beschwerdeführerinnen Parteien im Sinne des § 98 Abs. 1 leg. cit. seien. § 99 leg. cit. räume zwar Verwaltungsbehörden, die zur Wahrnehmung berührter öffentlicher Interessen berufen seien, eine verstärkte Beteiligtenstellung ein, jedoch nicht die Stellung einer Formalpartei. Das den Gemeinden nach dieser Gesetzesstelle zustehende Anhörungsrecht sei von der Erstbehörde gewahrt worden. Da den Beschwerdeführerinnen im Verfahren über die Erteilung der begehrten Gewinnungsbewilligung keine Parteistellung zukomme, seien ihre im Verfahren vor der Erstbehörde gestellten Anträge auf Zuerkennung der Parteistellung zu Recht abgewiesen worden. Im übrigen stehe das Recht, Berufung zu erheben, nur einer vom Bescheid betroffenen Partei zu. Da die Beschwerdeführerinnen nicht Partei des Verfahrens seien, hätten sie auch kein Recht zur Einbringung einer Berufung.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführerinnen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluß vom 4. Oktober 1995, B 1572/95-5, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführerinnen nach ihrer ausdrücklichen Erklärung in dem "Recht auf Anhörung im gegenständlichen, bergbaurechtlichen Verfahren verletzt". Aus ihrem gesamten Vorbringen ist allerdings erkennbar, daß sie sich vor allem in dem Recht auf Anerkennung ihrer Parteistellung im gegenständlichen Verfahren und auf meritorische Erledigung ihrer Berufung gegen den erstbehördlichen Bescheid verletzt erachten. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes tragen sie in der ergänzten Beschwerde vor, es sei nunmehr davon auszugehen, daß der Verfassungsgerichtshof daran festhalte, daß im bergbaurechtlichen Verfahren der Gebietskörperschaft Gemeinde Parteistellung nicht zukomme. Dennoch werde im Berggesetz für das Verfahren zur Erteilung einer Gewinnungsbewilligung vorgesehen, daß vor Erteilung der Gewinnungsbewilligung die geologische Bundesanstalt und, soweit hiedurch öffentliche Interessen berührt würden, die zu ihrer Wahrnehmung berufenen Verwaltungsbehörden zu hören seien. Das gelte besonders in den Fällen des § 172 Abs. 4 leg. cit. In dieser Gesetzesstelle sei verdeutlicht, in welchem Umkreis ein Anhörungsrecht deshalb eingeräumt werde, da andere (schützenswerte) öffentliche Interessen der Erteilung einer Gewinnungsbewilligung entgegenstehen könnten, wie im Bereich von öffentlichen Straßen, öffentlichen Gewässern, Regulierungsbauten, öffentlichen Wasserversorgungs- oder Abwasserbeseitigungsanlagen etc. Die Aufzählung der schützenswerten Interessen sei nicht als taxative Darstellung zu werten. Zu den schützenswerten Interessen einer Gemeinde gehörten daneben mit Sicherheit noch jene Aufgaben, die sich aus dem landesgesetzlichen Auftrag insbesondere des Tiroler Raumordnungsgesetzes ergäben. Daneben habe die Gemeinde die Interessen ihrer Bürger auch in wirtschaftlicher Hinsicht, insbesondere im Interesse des Fremdenverkehrs, zu vertreten. Der erstbehördliche und auch der angefochtene Bescheid ließen erkennen, daß das Recht auf Anhörung der Gemeinden übergangen worden sei. Grundsätzlich sei maßgebend für die Legitimation, also für die Parteistellung, daß die Sachentscheidung in die Rechtssphäre des Betreffenden bestimmend eingreife und weiters, daß darin eine unmittelbare, nicht bloß abgeleitete und mittelbare Wirkung zum Ausdruck komme. Sei nun aus verfassungsrechtlicher Sicht das Berggesetz in seiner gültigen Fassung bezüglich der Parteistellung der Gemeinden unbedenklich, so stehe dennoch auf Grund der wohl einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fest, daß auf Grund der von den Beschwerdeführerinnen zu vertretenden Interessen durch den angefochtenen Bescheid unmittelbar in ihre Rechtssphäre eingegriffen werde. Durch die Novelle zum Berggesetz und die damit einhergehende Novellierung der Gewerbeordnung sei die Rechtsposition der Länder und damit einhergehend der Gemeinden drastisch verschlechtert worden, obwohl der Aufgabenbereich der Gemeinden, insbesonders was den Bereich der Raumordnung betreffe, deutlich zugenommen habe. Mit dem Tiroler Raumordnungsgesetz seien den Gemeinden zukunftsorientierte Aufgaben auferlegt worden. Gerade im gegenständlichen Rechtsfall ergebe sich, daß in Ausübung ihrer gesetzlichen Aufgaben die Gemeinde ihr zugewiesene Kompetenzen der Raumordnungsvorschriften, der Abwasserbeseitigung und ähnliches nicht oder nur behindert verfolgen könne. Ungeachtet der den Gemeinden nach Ansicht der Beschwerdeführerinnen zustehenden Parteistellung hätten der Bescheid der Behörde erster Instanz und der angefochtene Bescheid schlichtweg deren Anhörungsrecht übergangen. Im Gegensatz zur Meinung des angefochtenen Bescheides berechtige die verstärkte Beteiligtenstellung des § 99 Berggesetz 1975 sehr wohl zur Erhebung von Rechtsmitteln gegen einen Bescheid, der eben dieses Anhörungsrecht verletze. Tatsächlich sei in den angefochtenen Bescheiden auf die Sacheinwendungen der Beschwerdeführerinnen nicht eingegangen worden. Nach deren Meinung hätte sich die belangte Behörde mit diesen Einwendungen auseinandersetzen müssen. Der angefochtene Bescheid habe sich jedoch darauf zurückgezogen, daß die Erteilung einer Gewinnungsbewilligung nichts anderes als eine Konzessionserteilung gemäß den Bestimmungen der Gewerbeordnung sei. Es werde darauf hingewiesen, daß die schützenswerten Interessen sodann in den weiteren Verfahren verfolgt werden könnten. Dem widerspreche jedoch der Inhalt der bergrechtlichen Bestimmungen allein schon bei logischer Interpretation. Der Gesetzgeber hätte den II. Abschnitt des Berggesetzes (§§ 94 ff) nicht derart ausgestaltet, daß die dort genannten Betroffenen sowohl Parteistellung oder Anhörungsrechte besäßen, der Gesetzgeber hätte auch schützenswerte Interessen in diesem Abschnitt des Gesetzes gar nicht besonders hervorheben müssen, hätte er die legistische Überlegung angestellt, daß die Erteilung der Gewinnungsbewilligung nur daran geknüpft werden sollte, daß der Konsenswerber (wie in der Gewerbeordnung) die nötigen Voraussetzungen unterbreite und nachweise. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften machen die Beschwerdeführerinnen geltend, sie hätten bereits im Verfahren erster Instanz mit ihren Einwendungen zeitgerecht diverse Beweisanträge eingebracht. In der Verhandlung vom 18. Oktober 1994 seien diese Beweisanbote noch ergänzt worden. Keinem dieser Beweisanträge bzw. Anregungen sei Folge gegeben worden, obwohl das Gesetz im § 95 Abs. 2 Berggesetz 1975 eindeutig normiere, daß auf öffentliche Interessen einzugehen sei. Der Bescheid erster Instanz und auch der angefochtene Bescheid seien auf diese "Bedachtnahme" nicht näher oder nur in Scheinbegründungen eingegangen. Es werde darin sogar das Amtssachverständigengutachten lediglich mit Scheinbegründungen abgetan. Das Gutachten des Amtssachverständigen, das mehrfache schlüssige und überzeugende Aspekte der Verletzung öffentlicher Interessen darstelle, werde nicht näher erörtert, es würden keine Überlegungen oder sonstigen Erwägungen angestellt und es würde wiederum nur auf das von der belangten Behörde als wesentlich empfundene Verfahren betreffend die Gewinnungsbewilligung Bezug genommen. Es werde unter diesem Beschwerdepunkt also moniert, daß die von den Beschwerdeführerinnen angebotenen bzw. angeregten Beweise nicht aufgenommen worden seien.

Gemäß § 98 Abs. 1 des Berggesetzes 1975 sind Parteien im Verfahren zur Erteilung einer Gewinnungsbewilligung der Bewilligungswerber, die Eigentümer der Grundstücke, auf denen das begehrte Abbaufeld zu liegen kommt, ferner, soweit sie durch die Erteilung der Gewinnungsbewilligung berührt werden (§ 95 Abs. 1 Z. 4), Gewinnungs- und Speicherberechtigte sowie Personen und Personengesellschaften des Handelsrechtes, denen der Grundeigentümer das Gewinnen sonstiger mineralischer Rohstoffe einschließlich des Rechtes der Aneignung dieser mineralischen Rohstoffe überlassen hat. Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist als Partei auch das Land, in dessen Gebiet das begehrte Abbaufeld gelegen ist, anzusehen, soweit durch die Erteilung der Gewinnungsbewilligung ihm zur Vollziehung zukommende Angelegenheiten des Naturschutzes, der Raumordnung, des Fremdenverkehrs oder des Umweltschutzes berührt werden. Hiedurch wird eine allfällige Parteistellung des Landes als Träger von Privatrechten (Abs. 1) nicht beeinträchtigt.

Nach § 99 leg. cit. sind vor Erteilung der Gewinnungsbewilligung die geologische Bundesanstalt und, soweit hiedurch öffentliche Interessen berührt werden, die zu ihrer Wahrnehmung berufenen Verwaltungsbehörden zu hören. Dies gilt besonders in den Fällen des § 172 Abs. 4.

Soweit sich die Beschwerdeführerinnen in einem ihnen aus der zuletzt genannten Gesetzesstelle zukommenden Recht auf Anhörung im gegenständlichen bergbaurechtlichen Verfahren verletzt erachten, ist darauf hinzuweisen, daß nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Gesetzesstelle nicht Rechtsträger, insbesonders nicht Gebietskörperschaften, sondern die zur Wahrnehmung bestimmter öffentlicher Interessen berufenen Verwaltungsbehörden anzuhören sind. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher schon aus diesem Grund eine Verletzung dieses im Beschwerdepunkt geltend gemachten Rechtes der Beschwerdeführerinnen nicht zu erkennen. Im übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1995, Zl. 94/04/0095) dargelegt, daß im Verfahren zur Erteilung einer Gewinnungsbewilligung nach dem Berggesetz nach den hiefür in Frage kommenden Bestimmungen der §§ 98 und 99 leg. cit. der Standortgemeinde, soweit sie nicht gleichzeitig eines der Tatbestandselemente des § 98 Abs. 1 leg. cit. erfüllt, Parteistellung nicht zukommt. Zur näheren Begründung wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die diesbezüglichen Ausführungen im zitierten hg. Erkenntnis verwiesen. Besaßen aber solcherart die Beschwerdeführerinnen im zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren nicht die Stellung einer Partei, so wurden weder durch die Abweisung ihrer Anträge auf Zuerkennung der Parteistellung noch durch die Zurückweisung ihrer Berufung Rechte der Beschwerdeführerinnen verletzt.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von den Beschwerdeführerinnen behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996040037.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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