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Auswertung in Arbeit!Norm
Auswertung in Arbeit!Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofräte Dr. Pürgy und Dr. Chvosta als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Seiler, über die Revision des M M B, vertreten durch Dr. Sebastian Siudak, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Blütenstrasse 15/5/5.13, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Juli 2022, L525 2198439-1/44E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein iranischer Staatsangehöriger, stellte am 16. September 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er unter anderem damit begründete, zum Christentum konvertiert zu sein und sich deshalb im Iran nicht mehr sicher zu fühlen.
2 Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 6. Februar 2018 wurde der Revisionswerber wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung gemäß § 84 Abs. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, wobei die Strafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
3 Mit Bescheid vom 23. Mai 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei, gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise, sprach aus, dass der Revisionswerber sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 6. Februar 2018 verloren habe, und erließ ein Einreiseverbot für die Dauer von fünf Jahren. Zudem sprach das BFA aus, dass einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt werde.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit der Maßgabe, dass die für die freiwillige Ausreise gewährte Frist 14 Tage betrage und die Dauer des Einreiseverbotes auf drei Jahre herabgesetzt werde - als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Im vorliegenden Fall wendet sich die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten und bringt zusammengefasst vor, das BVwG habe eine unvertretbare Beweiswürdigung vorgenommen und eine überzogene Erwartungshaltung an das Antwortverhalten des Revisionswerbers gelegt.
7 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung in Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht im Einzelfall die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 1.9.2021, Ra 2021/19/0253, mwN).
8 Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist (vgl. VwGH 13.2.2020, Ra 2019/19/0398, mwN). Maßgebliche Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel sind beispielsweise das Wissen über die neue Religion, die Ernsthaftigkeit der Religionsausübung, die sich etwa in regelmäßigen Gottesdienstbesuchen oder sonstigen religiösen Aktivitäten manifestiert, eine mit dem Religionswechsel einhergegangene Verhaltens- bzw. Einstellungsänderung des Konvertiten sowie eine schlüssige Darlegung der Motivation bzw. des auslösenden Moments für den Glaubenswechsel (vgl. VwGH 18.10.2021, Ra 2021/19/0262, mwN).
9 Das BVwG führte im vorliegenden Fall eine mündliche Verhandlung durch, in der es sich einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber verschaffen konnte und zwei Zeugen einvernommen wurden. In seiner Beweiswürdigung setzte sich das BVwG mit den für die Beurteilung einer Konversion maßgeblichen Aspekten auseinander und kam zu dem Ergebnis, dass der Revisionswerber nicht ernstlich und aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert sei, weshalb es sich bei der behaupteten Konversion um eine Scheinkonversion handle. Diese Annahme stützte das BVwG insbesondere auf die vagen, oberflächlichen und nicht nachvollziehbaren Angaben des Revisionswerbers zu seiner behaupteten Hinwendung zum Christentum. So habe der Revisionswerber kein ausschlaggebendes Moment für eine Hinwendung zum Christentum sowie die persönliche Bedeutung des Christentums für ihn anzugeben vermocht. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben sei nicht zu erkennen gewesen. Ebenso sei der Revisionswerber nur teilweise in der Lage gewesen, christliche Lehrinhalte in einfachen Worten wiederzugeben. Das BVwG würdigte auch die zugunsten des Revisionswerbers sprechenden Beweisergebnisse, wie die Taufe und Firmung des Revisionswerbers sowie dessen Besuch von Gottesdiensten und Bibelkursen, hielt jedoch fest, dass der Revisionswerber nicht aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert sei.
Vor diesem Hintergrund vermag die Revision nicht aufzuzeigen, dass die - ausführlich begründete - Beweiswürdigung fallbezogen unvertretbar wäre oder dass das BVwG eine überzogene Erwartungshaltung an das Aussageverhalten des Revisionswerbers angelegt hätte.
10 Werden überdies Verfahrensmängel - wie hier Feststellungs- und Ermittlungsmängel in Bezug auf eine mögliche Apostasie - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 27.5.2021, Ra 2021/19/0162, mwN).
Die Revision zeigt mit ihren Ausführungen - im Lichte der vom BVwG getroffenen Länderfeststellungen zur Apostasie - nicht auf, welche weiteren Ermittlungen vom BVwG, das vertretbar von einer Scheinkonversion des Revisionswerbers ausging, notwendig gewesen wären.
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 30. August 2022
Schlagworte
Auswertung in Arbeit!European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022190204.L00Im RIS seit
26.09.2022Zuletzt aktualisiert am
26.09.2022