TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/23 93/08/0252

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Veröffentlicht am 23.04.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §413;
ASVG §415;
AVG §38;
AVG §68 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der I in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes für Oberösterreich vom 22. September 1993, Zl. SV (SanR)-1086/3-1993-Tr/Ma, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei:

Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, Gruberstraße 77, 4020 Linz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 19. Jänner 1993 sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, daß die Beschwerdeführerin gemäß § 58 Abs. 2 ASVG verpflichtet sei, für die in der angeschlossenen Beitragsrechnung vom 19. Jänner 1993 genannten (zwei) Versicherten allgemeine Beiträge in der Höhe von S 157.396,50 und Sonderbeiträge in Höhe von S 19.512,20 zu bezahlen. Außerdem wurde gemäß § 113 Abs. 1 ASVG ein Beitragszuschlag in der Höhe von S 15.200,-- verhängt.

Mit zwei weiteren Bescheiden vom 8. Februar 1993 sprach die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse ferner aus, daß (diese) zwei Personen aufgrund ihrer Beschäftigung als Kellner bzw. Kellnerin bei der Beschwerdeführerin der Pflicht(Voll)Versicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG und damit auch der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs. 1 AlVG 1977 in bestimmten, näher genannten Zeiträumen unterlegen seien.

Alle drei Bescheide der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse enthielten die Rechtsmittelbelehrung, daß der Einspruch u.a. den Bescheid zu bezeichnen habe; sie wurden der Beschwerdeführerin am 9. Februar 1993 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 4. März 1993 erhob die Beschwerdeführerin einen als Berufung bezeichneten Einspruch gegen den Bescheid vom 19. Jänner 1993, mit dem von ihr eine Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und ein Zuschlag in der Höhe von insgesamt S 192.108,70 gefordert werde. Begründet wurde dieser Einspruch im wesentlichen damit, daß die (von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse mit den Bescheiden vom 8. Februar 1993) festgestellten Versicherungsverhältnisse der zwei Personen von der Beschwerdeführerin bestritten würden. Ein Hinweis auf die beiden Bescheide vom 8. Februar 1993 erfolgte auch hiebei nicht.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Einspruch keine Folge gegeben und der Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 19. Jänner 1993 bestätigt. Nach der Begründung seien die mit den zwei Bescheiden der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 8. Februar 1993 festgestellten Versicherungsverhältnisse von der Beschwerdeführerin nicht bekämpft worden. Der vorliegende Einspruch richte sich ausschließlich und ausdrücklich nur gegen den Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 19. Jänner 1993 (Beitragsbescheid). Im Verfahren betreffend die Beitragspflicht bilde die Frage der Versicherungspflicht eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG. Sei über eine Vorfrage von der zuständigen Behörde als Hauptfrage rechtskräftig abgesprochen worden, so seien an solche rechtskräftigen Bescheide sowohl die Behörden als auch die Parteien gebunden. Im gegenständlichen Fall sei die belangte Behörde somit an die rechtskräftigen Versicherungsbescheide vom 8. Februar 1993 gebunden. Damit bestehe auch die Beitragsverrechnung dem Grunde nach zu Recht. Die Höhe der Nachverrechnung sei an sich von der Beschwerdeführerin nicht bestritten worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift - ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Einspruch der Beschwerdeführerin vom 4. März 1993 richtet sich eindeutig nur gegen den Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 19. Jänner 1993, mit dem die Beschwerdeführerin verpflichtet wurde, allgemeine Beiträge, Sonderbeiträge und einen Beitragszuschlag in der Höhe von insgesamt S 192.108,70 zu bezahlen. Dies ergibt sich nicht nur aus der ausdrücklichen Bezeichnung dieses Bescheides im "Betreff" des Einspruches, sondern auch aufgrund der Wiederholung dieser Bezeichnung und der Benennung der nachgeforderten Beitragssumme im Einleitungssatz. Für ein Vorgehen nach § 13 AVG - wie in der Beschwerde behauptet - bestand daher für die belangte Behörde keine Veranlassung.

Im Verfahren betreffend die Beitragspflicht des Dienstgebers für bestimmte Dienstnehmer bildet die Frage der Versicherungspflicht dieser Dienstnehmer in diesen Zeiträumen eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG (vgl. z.B. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. November 1978, VwSlg. Nr. 9689/A). Wird über diese Vorfrage von der zuständigen Behörde als Hauptfrage noch vor Erlassung des Beitragsbescheides rechtskräftig abgesprochen, so sind an solche rechtskräftigen Bescheide innerhalb der Grenzen der Rechtskraft sowohl die Behörde als auch die Parteien gebunden. Eine neuerliche Aufrollung der bereits rechtskräftigen entschiedenen Vorfrage der Versicherungspflicht im Beitragsverfahren ist den Behörden verwehrt (vgl. das Erkenntnis vom 30. September 1994, Zl. 91/08/0099, mit weiteren Judikaturhinweisen; zur Bindung grundlegend bereits das Erkenntnis vom 5. März 1991, VwSlg. 13.399/A).

Da im Zeitpunkt der ERLASSUNG des angefochtenen Bescheides die Bescheide der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 8. Februar 1993, mit der die Versicherungspflicht der zwei Personen (auf die sich die Beitragsnachverrechnung bezieht) als Dienstnehmer der Beschwerdeführerin festgestellt worden ist, mangels Bekämpfung durch die Beschwerdeführerin in Rechtskraft erwachsen waren, handelte die belangte Behörde nicht rechtswidrig, wenn sie von der Versicherungspflicht der genannten Dienstnehmer ausging, ohne diese Vorfrage einer Prüfung zu unterziehen. Ob die Bescheide vom 8. Februar 1993 im Zeitpunkt der Erhebung des Einspruches bereits rechtskräftig waren, was in der Beschwerde für maßgeblich erachtet wird, ist nicht entscheidend.

Die vorliegende Beschwerde, die hinsichtlich der Beitragsnachforderungen keinerlei Ausführungen enthält, erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1993080252.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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