TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/23 95/05/0188

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Veröffentlicht am 23.04.1996
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L80003 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §42 Abs1;
AVG §8;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauO NÖ 1976 §87 Abs1;
BauO NÖ 1976 §87 Abs4;
BauRallg;
ROG NÖ 1976 §16 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der H in P, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 17. Mai 1995, Zl. R/1-V-95003, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben, (mitbeteiligte Parteien:

1. Helga M, 2. Anton M, beide in P, vertreten durch H, Rechtsanwalt in M, 3. Marktgemeinde P, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,--, der erst- und zweitmitbeteiligten Partei insgesamt S 12.740,-- und der drittmitbeteiligten Partei S 12.500,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die erstmitbeteiligte Partei ist Alleineigentümerin des Grundstückes Nr. 509/2 der Liegenschaft EZ 6490, KG P, Dr. Ottokar Kernstock-Gasse 5, mit 3413 m2. Das Grundstück grenzt im Süden an die Dr. Kernstock-Gasse und erstreckt sich Richtung Norden ca. 90 m. Beginnend von der Kernstock-Gasse über eine Länge von rund 50 m ist dieses Grundstück ca. 17,5 m breit und erweitert sich in seinem Südteil sowohl in östlicher als auch in westlicher Richtung. Von der nördlichen Grundstücksgrenze ca. 6 m entfernt ist ein Wohnhaus mit 279 m2 in offener Bauweise errichtet. Ca. 4 m von der Dr. Kernstock-Gasse entfernt ist an der westlichen Grundstücksgrenze zu Grundstück Nr. 506/2 eine Garage in der Größe von 12,40 m x 6,50 m errichtet. An das Grundstück der erstmitbeteiligten Partei grenzt im Osten das Grundstück Nr. 1067/42 der Beschwerdeführerin über eine Länge von rund 49 m beginnend von der Kernstock-Gasse Richtung Norden.

Beide Grundstücke liegen nach dem bestehenden Flächenwidmungsplan der drittmitbeteiligten Partei im Bauland-Wohngebiet.

Mit Eingabe vom 15. Juli 1993 beantragten die erst- und die zweitmitbeteiligte Partei die Erteilung der Baubewilligung für einen "Garagenneubau für vier eigene PKW"s in P,

Dr. Kernstock-Gasse 8 "(gemeint offensichtlich Nr. 5)", Grundstück Nr. 509/2; EZ 6490 auf Grund beigefügter Unterlagen wie Einreichpläne und technischer Beschreibung". Das neue Garagengebäude soll 7,60 m x 10,10 m groß sein und in einem Abstand von 3 m von der westlichen Grundgrenze und 4,50 m von der östlichen Grundgrenze (Grundstück der Beschwerdeführerin) errichtet werden. Der Abstand von der bestehenden Garage beträgt projektsgemäß 3,50 m, von der Dr. Kernstock-Gasse wiederum rund 24 m. Der Fußboden ist mit ca. 10 cm über dem angrenzenden Gelände geplant; die Höhe des Garagengebäudes würde inklusive Flachdach 3,50 m betragen.

Das Gebäude wird durch ein Sektionaltor im Ausmaß von 5 m x 2,40 m sowie durch eine Gehtüre im Ausmaß von 2,40 m x 1,20 m aufgeschlossen. Die Belichtung erfolgt durch Fensterreihen an der Nord- und Ostfassade.

In der Niederschrift zur Bauverhandlung vom 4. August 1993 ist folgendes festgehalten:

"Die Vertreterin der Anrainerin H weist darauf hin, daß das im Akt befindliche Gutachten der NÖ Umweltschutzanstalt vom 26.8.1992 den Garagenzubau betrifft und daher nicht mehr dem Projekt entspricht. Weiters wird darauf hingewiesen, daß nach den Bestimmungen der NÖ BO nur die Errichtung der erforderlichen Garagen geduldet wird. Das Bauvorhaben stellt eine im Wohngebiet unzulässige Belästigung dar. Die Garage ist zu groß und für zuviele Kraftfahrzeuge und für das Wohngebiet eine unzulässige Belästigung."

Nach Einholung eines Gutachtens über die zu erwartende Luftschadstoffbelastung durch die Niederösterreichische Umweltschutzanstalt, eines lärmtechnischen Gutachtens sowie eines medizinisch-hygienischen Gutachtens äußerte sich die Beschwerdeführerin in der fortgeführten Bauverhandlung am 8. August 1994 wie folgt:

"Das Bauansuchen widerspricht der Garagenbauordnung Seite 409 NÖ BO wo gem. § 1 für ein Wohngebäude ein Stellplatz für je eine Wohnung vorgesehen ist und widerspricht ebenfalls dem § 87 NÖ BO; innerhalb des Bauland-Wohngebietes sind private Abstellanlagen nur für KFZ mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 3,5 t und auch nur insoweit zulässig, als sie für die Bewohner des Gebietes oder die dort Beschäftigten erforderlich sind" (Anmerkung: bei der Seitenangabe ist nun offensichtlich Seite 493 der Neufassung der Gesetze gemeint).

Mit Bescheid des Bürgermeisters der drittmitbeteiligten Partei vom 30. August 1994 wurde der erst- und der zweitmitbeteiligten Partei die baubehördliche Genehmigung für die Errichtung eines Garagenneubaus für vier Kraftfahrzeuge (PKW) antragsgemäß unter Auflagen erteilt, die Einwendungen der Beschwerdeführerin wurden abgewiesen.

Mit Bescheid des Gemeinderates der drittmitbeteiligten Partei vom 4. November 1994 wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Die Liegenschaft der Beschwerdeführerin liege im Bauland-Wohngebiet mit einer maximalen Bebauungsdichte von 25 %, Bauklasse I oder II wahlweise, sowie offener Bebauung. Die bestehende Garage sei als Nebengebäude anzusehen. Beim gegenständlichen Projekt handle es sich um ein Hauptgebäude, dessen Errichtung unter der Voraussetzung möglich sei, daß es für die Bewohner des Gebietes oder die dort Beschäftigten errichtet werde. Die Bestimmungen der Niederösterreichischen Bauordnung sowie der Niederösterreichischen Garagenordnung zielten in erster Linie darauf ab, möglichst für Kraftfahrzeuge der einzelnen Bewohner bzw. von beschäftigten Personen und dgl. mehr auf privaten Abstellanlagen eine Möglichkeit zum Parken einzuräumen. Öffentliche Verkehrsflächen sollen von parkenden Fahrzeugen der Anrainer bzw. der Beschäftigten von Betrieben freigehalten werden. Den Nachbarn komme hinsichtlich der Frage der Erforderlichkeit einer Abstellanlage kein Mitspracherecht zu.

In der dagegen erhobenen Vorstellung äußerte die Beschwerdeführerin unter anderem die Befürchtung, daß in der bewilligten Garage gewerblich genutzte Fahrzeuge eingestellt würden.

Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 17. Mai 1995 wurde die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Der Amtssachverständige für technischen Umweltschutz, Fachrichtung Lärm, habe - führt die belangte Behörde in der Begründung hiezu aus - in seinem Gutachten vom 4. Jänner 1994 festgestellt, daß die zu erwartenden Schallimmissionen deutlich unterhalb der für Bauland-Wohngebiet festgelegten Grenzen für den äquivalenten Dauerschallpegel lägen, sodaß aus lärmtechnischer Sicht gegen das Projekt keine Bedenken bestünden. Der Sachverständige für technischen Umweltschutz, Fachrichtung Luftreinhaltetechnik der Niederösterreichischen Umweltschutzanstalt, habe ausgeführt, daß auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin selbst unter Annahme ungünstigster Bedingungen der Immissionsbeitrag durch das gegenständliche Projekt für die Parameter CO, NOx und HC deutlich unter den für die Beurteilung heranzuziehenden Grenzwerten liege. Aufbauend auf dem lärmtechnischen Gutachten bzw. dem luftreinhaltetechnischen Gutachten habe der umwelthygienische Sachverständige ausgeführt, daß die medizinisch relevanten Grenzwerte von Luftschadstoffen im konkreten Fall bei weitem unterschritten würden und daher Gesundheitsgefährdungen durch die prognostizierte Luftschadstoffbelastung und die Gesamtbelastung im Bereich des Grundstückes der Beschwerdeführerin nicht zu erwarten wären. Dies gelte auch für die Schallimmissionen, welche ebenfalls unter den Grenzwerten angesiedelt seien. Beim Grundstück der Beschwerdeführerin träten durch den Bau der geplanten Garage keine Gesundheitsgefährdungen und keine unzumutbaren Belästigungen auf.

Die von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwendungen genügten den von der Rechtsprechung geforderten Voraussetzungen nicht, da sie nicht hinreichend konkretisiert seien. Es hätte einer Präzisierung bedurft, durch welche Art von Immissionen sich die Beschwerdeführerin für belästigt erachte. Mangels entsprechender Konkretisierung ihrer Einwendungen sei daher die Beschwerdeführerin präkludiert. Im übrigen hätten die eingeholten Gutachten ergeben, daß für die Beschwerdeführerin keine das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigenden Immissionen eintreten würden. Diese Gutachten seien schlüssig und auch nachvollziehbar. Da die Beschwerdeführerin diesen Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten sei, sei von deren Richtigkeit auszugehen. Der Niederösterreichischen Bauordnung sei eine absolute, im Bauland-Wohngebiet höchstzulässige Abstellplatzanzahl unbekannt. Es bestehe auf Grund dieses Gesetzes bzw. der Garagenverordnung nur eine Mindestanzahl von Abstellplätzen. Begrenzungen der Zulässigkeit der Errichtung von Abstellanlagen im Bauland-Wohngebiet ergäben sich einerseits aus allfälligen von der Abstellanlage ausgehenden Immissionen bzw. aus § 16 Abs. 1 Z. 1 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1976, wonach im Wohngebiet nur Wohngebäude, die dem täglichen Bedarf der dort wohnenden Bevölkerung dienen, errichtet werden dürften. Die Bedarfsprüfung im Sinne dieser Bestimmung habe abstrakt zu erfolgen, sodaß nur zu fragen sei, ob das Bauwerk seinem Wesen nach den Wohnbedürfnissen der Bevölkerung diene oder nicht, was bei einer zu einem Wohnhaus gehörenden Garage in der Regel der Fall sein dürfte. Der konkrete Bedarf, das heißt die Frage, wieviele Fahrzeuge der Bauwerber benötige, sei für die Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens irrelevant. Da das gegenständliche Bauvorhaben somit sowohl mit der Widmung Bauland-Wohngebiet vereinbar sei als auch keine örtlich unzumutbaren Immissionen zu erwarten seien, sei die Beschwerdeführerin insofern nicht in ihren Rechten verletzt. Auf das erstmals von der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung erhobene Vorbringen sei auf Grund der eingetretenen Präklusion nicht einzugehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht "auf gesetzeskonforme Entscheidung über das vorliegende Bauansuchen, nämlich insbesondere auf Beachtung der Bestimmungen des NÖ Raumordnungsgesetzes betreffend die im Bauland-Wohngebiet zulässigen Bauten, auf Beachtung der Bestimmungen der NÖ BO und der Bebauungsvorschriften der Gemeinde P in bezug auf die Ausnützung von Grundstücken, mögliche Teilbarkeit derselben, Einhaltung der Nebenabstände und überhaupt insbesondere der Art der Errichtung von Garagen verletzt". Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligten Parteien, eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 118 Abs. 8 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976, in der im Hinblick auf die Erlassung des Bescheides des Gemeinderates der drittmitbeteiligten Partei vom 4. November 1994 anzuwendenden Fassung LGBl. 8200/6 (BO), genießen als Anrainer alle Grundstückseigentümer Parteistellung gemäß § 8 AVG, wenn sie in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten berührt werden. Gemäß Abs. 9 dieses Paragraphen werden subjektiv-öffentliche Rechte der Anrainer durch jene Vorschriften begründet, welche nicht nur den öffentlichen Interessen dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer. Hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über

1.

den Brandschutz;

2.

den Schutz vor anderen Gefahren, die sich auf die Anrainergrundstücke ausdehnen können;

3.

die sanitären Rücksichten wegen ihres Einflusses auf die Umgebung;

4.

die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe und die Abstände der Fluchtlinien zur Erzielung einer ausreichenden Belichtung.

Ein Anrainer hat im Baubewilligungsverfahren nur ein auf die Wahrung seiner subjektiv-öffentlichen Rechte beschränktes Mitspracherecht und kann dieses rechtlich zulässigerweise und mit Aussicht auf Erfolg nur unter der Voraussetzung geltend machen, daß er sich auf den Bestand einer im Baurecht verankerten Sachnorm zu berufen vermag, die ihm unter dem Gesichtspunkt seiner Anrainereigenschaft einen subjektiv-öffentlichen Anspruch etwa auf den Schutz vor Gefahren oder sonstigen Beeinträchtigungen gewährleistet, die sich durch ein bestimmtes Bauvorhaben ergeben oder ergeben können (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 30. September 1986, Zl. 85/05/0005, BauSlg. Nr. 766). Die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde ist im Fall des Rechtsmittels einer Partei des Verwaltungsverfahrens mit beschränktem Mitspracherecht, wie dies auf die Anrainer gemäß § 118 Abs. 8 und 9 BO zutrifft, auf jene Fragen beschränkt, hinsichtlich derer dieses Mitspracherecht als ein subjektiv-öffentliches Recht besteht. Wegen dieses von vorneherein beschränkten Mitspracherechtes können Nachbarn Verfahrensmängel nur insoweit geltend machen, als sie dadurch in der Verfolgung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte beeinträchtigt werden. Von der Berufungsbehörde, der Vorstellungsbehörde und den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes dürfen nur diejenigen rechtzeitig - auf Grund einer unter Androhung der Rechtsfolgen des § 42 AVG zur Bauverhandlung ordnungsgemäß geladenen Person - erhobenen Einwendungen berücksichtigt werden, die spätestens bei der mündlichen Verhandlung vorgebracht worden sind (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 1987, Zl. 84/05/0043, BauSlg. Nr. 1021, und vom 22. Jänner 1991, Zl. 87/05/0006).

Eine Einwendung im Rechtssinne liegt nur vor, wenn das Vorbringen die Behauptung der Verletzung eines subjektiven Rechtes durch das den Gegenstand des Bewilligungsverfahrens bildende Vorhaben zum Inhalt hat. Der ordnungsgemäß unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen gemäß § 42 AVG geladene Nachbar muß spätestens bei der mündlichen Verhandlung in seiner Einwendung das Recht anführen, dessen Verletzung er behauptet (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 7. November 1995, Zl. 94/05/0173). Eine dem Gesetz entsprechende Einwendung liegt somit nur vor, wenn dem Parteivorbringen die Verletzung eines bestimmten Rechtes entnommen werden kann (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1995, Zl. 94/05/0284, m.w.N.).

Gemäß § 62 Abs. 2 BO sind für Bauwerke, die nach Größe, Lage und Verwendungszweck erhöhten Anforderungen nach Festigkeit, Brandschutz, Sicherheit und Gesundheit entsprechen müssen oder die Belästigungen der Nachbarn erwarten lassen, welche das örtlich zumutbare Maß übersteigen, die zur Abwehr dieser Gefahren oder Belästigungen nötigen Vorkehrungen zu treffen; diese Auflagen haben sich insbesondere auf Größe und Ausstattung der Stiegen, Gänge, Ausfahrten, Ausgänge, Türen und Fenster, besondere Konstruktionen der Wände und Decken, die Errichtung von Brandwänden sowie das Anbringen von Feuerlösch- und Feuermeldeanlagen zu beziehen. Zur Vermeidung von Umweltbelastungen kann die Baubehörde auch die Pflanzung und Erhaltung von Grünanlagen vorschreiben.

§ 62 Abs. 2 leg. cit. verpflichtet somit die Baubehörde, wenn die in einer geplanten Baulichkeit nach deren Zweckbestimmung zu erwartenden Vorgänge erfahrungsgemäß das ortsübliche Maß übersteigende Belästigungen der Nachbarschaft erwarten lassen, durch Auflagen dafür Sorge zu tragen, daß durch eine entsprechende bautechnische Ausgestaltung der Baulichkeit ein erhöhter Schutz vor den zu erwartenden Belästigungen dieser Art sichergestellt ist. Diese Vorschrift dient nicht nur den öffentlichen Interessen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer. Aus § 62 Abs. 2 BO i.V.m. § 118 Abs. 8 und 9 leg. cit. erwächst daher den Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht auf Schutz vor z. B. Geruchs- und Lärmbelästigung. Der im § 62 Abs. 2 leg. cit. normierte allgemeine Schutz des Nachbarn vor Belästigungen durch Immissionen gewährt allerdings - anders als der durch einzelne Widmungsarten und Nutzungsarten eingeräumte Immissionsschutz - keinen absoluten, zu einer Versagung des Bauvorhabens führenden Immissionsschutz des Nachbarn. Die Baubehörde hat aber jene Anordnungen zu treffen, die Belästigungen der Nachbarn, welche das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigen, hintanhalten. Unter der Voraussetzung der Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit der im Flächenwidmungsplan festgesetzten Widmungs- und Nutzungsart haben die Nachbarn einen Anspruch darauf, daß sie durch die Vorschreibung nötiger Vorkehrungen vor das örtlich zumutbare Maß übersteigenden Gefahren und Belästigungen geschützt werden. Die Grenze des zulässigen Ausmaßes an Immissionen richtet sich nach dem örtlichen Ausmaß, welches je nach der Umgebung der Örtlichkeit verschieden sein kann (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1995, Zl. 94/05/0284).

Die allgemein für Bauwerke geltende Vorschrift des § 62 Abs. 2 BO erfährt hinsichtlich Abstellanlagen im § 87 Abs. 4 BO eine nähere Ausgestaltung. Nach dieser Gesetzesstelle müssen Abstellanlagen so beschaffen sein und sind so zu benützen, daß eine Gefährdung von Personen und eine Beschädigung von Sachen durch Gase oder Dämpfe, durch Brand oder durch Explosion sowie eine das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigende Belästigung durch Lärm, Geruch oder Erschütterung nicht zu erwarten ist. Die Bestimmung über die Benützung von Abstellanlagen gilt nicht für gewerbliche Betriebsanlagen.

Gemäß § 2 Z. 1 BO sind Abstellanlagen "zum Abstellen von Kraftfahrzeugen bestimmte Räume (Garagen) oder freie Flächen (Abstellplätze) samt den Räumen und Anlagen, die deren Betrieb dienen, wie Verbindungswege (Zu- und -Abfahrten), Waschplätze, Werkstätten und zugehörige Lagerräume; das Abstellen eines Kraftfahrzeuges liegt dann nicht vor, wenn die Batterie ausgebaut und der Tank entleert ist; die Abstellanlagen werden nach ihrer Gesamtbodenfläche ohne die im Freien liegenden Zu- und Abfahrten unterschieden in

a) Kleinanlagen bis 100 m2, ..."

Das hier zu beurteilende Bauwerk ist eine Abstellanlage im Sinne der obigen Definition. Die Vorschrift des § 87 Abs. 4 BO dient nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft. Aus ihr erwächst dem Nachbarn das subjektiv-öffentliche Recht, daß die zu beurteilende Abstellanlage so beschaffen ist, daß eine das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigende Belästigung durch Lärm, Geruch oder Erschütterung nicht zu erwarten ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. April 1983, Zlen. 82/05/0179, 0180, BauSlg. Nr. 40). Im Hinblick auf den Schutzzweck des § 87 Abs. 4 BO und ausgehend von dem Erfordernis einer Einwendung im Sinne der oben dargestellten hg. Rechtsprechung konnte die belangte Behörde ohne Rechtsirrtum davon ausgehen, daß die von der Beschwerdeführerin in der Bauverhandlung vom 4. August 1993 erhobene Einwendung keine solche im Rechtssinne darstellt, bedarf eine solche doch der Geltendmachung der Verletzung eines subjektiven Rechtes, wobei dem betreffenden Vorbringen jedenfalls entnommen werden muß, daß überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechtes behauptet wird, und ferner, welcher Art dieses Recht ist. Das heißt im gegebenen Zusammenhang, das Vorbringen muß auf einen oder mehrere der in § 87 Abs. 4 BO erwähnten Alternativtatbestände der behaupteten Belästigung (Lärm, Geruch oder Erschütterung) gestützt sein oder auf eine in anderer Weise - konkretisiert behauptete - auftretende Einwirkung abgestellt sein (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 7. November 1995, Zl. 94/05/0173). Die Beschwerdeführerin hat mit ihren Einwendungen nicht konkret dargetan, welche über das ortsübliche Maß hinausgehende Belästigung und/oder welche Gefährdung aus der Realisierung des in Rede stehenden Bauvorhabens für sie entstehen könnte (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 29. April 1986, Zl. 85/06/0117, BauSlg. Nr. 669), weshalb diesbezüglich eine dem Gesetz entsprechende Einwendung deshalb nicht vorliegt, weil dem Parteivorbringen die Verletzung eines bestimmtes Rechtes nicht entnommen werden kann (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1985, Zl. 82/05/0185, BauSlg. Nr. 440). Die Beschwerdeführerin ist somit bezüglich der von der bewilligten Abstellanlage ausgehenden Immissionen als präkludiert und daher als zustimmend im Sinne des § 42 AVG anzusehen. Den Einwendungen der Beschwerdeführerin ist nicht zu entnehmen, welche über das ortsübliche Maß hinausgehende Belästigung für sie durch die Errichtung der hier zu beurteilenden Garage entstehen könnte. Ihr Vorbringen bezog sich vielmehr allgemein darauf, daß das hier zu beurteilende Projekt "für das Wohngebiet eine unzulässige Belästigung" darstelle. Auch in der Beschwerde wird auf eine der im § 87 Abs. 4 BO aufgezählten Belästigungen nicht Bezug genommen, vielmehr vermeint die Beschwerdeführerin, ihre Einwendung habe sich darauf bezogen, daß nach den Bestimmungen der BO nur die Errichtung der erforderlichen Garagen geduldet werde und die geplante Garage zu groß und für zuviele Fahrzeuge geplant sei und deshalb für das Wohngebiet eine unzulässige Belästigung darstelle. Eine Garage sei nur insoweit zulässig, als sie für die Bewohner des Gebietes und die dort Beschäftigten erforderlich ist.

Bezüglich der Anordnung und Ausgestaltung von Abstellanlagen ordnet § 87 Abs. 1 BO an, daß innerhalb des Bauland-Wohngebietes private Abstellanlagen nur für Kraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 t und auch nur insoweit zulässig sind, als sie für die Bewohner des Gebietes und die dort Beschäftigten erforderlich sind. Diese Bestimmung soll Belästigungen der Anrainer verhindern und einen wesentlichen Beitrag zum Umweltschutz leisten (vgl. hiezu die bei Hauer-Zaussinger, Niederösterreichische Bauordnung, 4. Auflage, Seite 302 wiedergegebenen Erläuterungen zu dieser Gesetzesstelle). Hinsichtlich der Frage der Erforderlichkeit einer Abstellanlage im Sinne des § 87 Abs. 1 BO hat der Verwaltungsgerichtshof aber bereits in seinem Erkenntnis vom 10. November 1992, Zl. 92/05/0129, eingehend dargelegt, daß den Nachbarn diesbezüglich kein Mitspracherecht eingeräumt ist. Ob etwas für die Bewohner des Gebietes und die dort Beschäftigten erforderlich ist, betrifft nach der gesetzlichen Textierung ausschließlich öffentliche Interessen. Die Beschwerdeführerin kann daher durch die Bewilligung der hier zu beurteilenden Abstellanlage nicht deshalb in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt sein, weil sie für die Bewohner dieses Gebietes oder die dort Beschäftigten nicht erforderlich ist. Mit den Ausführungen in der Beschwerde, die belangte Behörde habe sich nicht damit auseinandergesetzt, warum die Bewohner eines Einfamilienhauses acht KFZ-Einstellplätze benötigen, vermag die Beschwerdeführerin daher keinen entscheidungswesentlichen Verfahrensmangel aufzuzeigen, da ihr bezüglich des Tatbestandsmerkmales der Erforderlichkeit im Sinne des § 87 Abs. 1 BO kein subjektiv-öffentliches Recht im oben aufgezeigten Sinn zukommt und die einer Partei eingeräumten prozessualen Rechte nicht weiterreichen können als die durch das Gesetz gewährleistete Sphäre materieller Rechte (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 24. November 1992, Zl. 92/05/0201, uva.)

Insoferne die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auf § 16 Abs. 1 Z. 1 des NÖ ROG 1976 verweist und einen Verstoß gegen diese Gesetzesstelle durch die gegenständliche Baubewilligung darzulegen versucht, ist darauf zu verweisen, daß eine nach dem Flächenwidmungsplan festgesetzte Widmung (hier Bauland-Wohngebiet) bewirkt, daß nur solchen Vorhaben eine baubehördliche Bewilligung erteilt werden darf, die in der bestimmten Widmungskategorie zulässig sind. Die Baubehörde hat daher jedenfalls zu prüfen, ob das Vorhaben mit der vorgeschriebenen Flächenwidmung vereinbar ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1995, Zl. 94/05/0290, mwN.) Auf die Einhaltung der einzelnen Widmungskategorien des Flächenwidmungsplanes besitzt aber der Nachbar nicht schlechthin ein subjektiv-öffentliches Recht. Ein solches ist für den Geltungsbereich der Niederösterreichischen Bauordnung nur dann anzunehmen, wenn eine bestimmte Widmungskategorie auch einen Immissionsschutz gewährleistet (vgl. hiezu Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 4. Auflage, Seite 234, sowie das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1995, Zl. 93/05/0129).

Die im Verfahren vor der Baubehörde erster Instanz von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwendungen lassen die Behauptung eines Verstoßes gegen § 16 Abs. 1 Z. 1 NÖ ROG im Fall der Bewilligung des gegenständlichen Projektes erkennen. Zwar gewährleistet die Widmungskategorie Bauland-Wohngebiet im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 1 NÖ ROG einen Immissionsschutz des Nachbarn (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1990, Zl. 86/05/0144) und hat die Behörde, um den jeweiligen Begriffsinhalt dieser Widmungskategorie zu bestimmen und gegenüber anderen Kategorien abzugrenzen, auf die maßgeblichen Normen dieses Raumordnungsgesetzes zurückzugreifen, wobei für die Baubehörde allein die Widmung des zu bebauenden Grundes entscheidend ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1995, Zl. 94/05/0290), ein Rechtsanspruch kommt dem Anrainer diesbezüglich jedoch nur insoweit zu, als im Hinblick auf seine rechtzeitigen Einwendungen im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung keine Präklusion eingetreten ist. Eine auf § 16 Abs. 1 Z. 1 NÖ ROG gestützte Einwendung hat aber ebenso die Art der befürchteten Immissionen konkret zu bezeichnen. Eine solche Einwendung liegt hier jedoch nicht vor. Bezüglich des im § 16 ROG enthaltenen Tatbestandsmerkmales des Bedarfes kommt dem Nachbarn kein subjektives-öffentliches Recht zu.

Da die Beschwerdeführerin rechtzeitige Einwendungen hinsichtlich der im § 118 Abs. 9 Z. 4 BO aufgezählten Tatbestandsmerkmale betreffend die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe und die Abstände der Fluchtlinien zur Erzielung einer ausreichenden Belichtung nicht erhoben hat, ist sie bezüglich der übrigen in der Beschwerde zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit enthaltenen Beschwerdeausführungen präkludiert.

Mit ihrem Vorbringen unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vermag die Beschwerdeführerin einen entscheidungswesentlichen Verfahrensmangel des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht aufzuzeigen, da nicht dargelegt wird, zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde bei Einhaltung der von der Beschwerdeführerin als Verstoß gegen die Verfahrensvorschriften aufgezeigten Verfahrensfehler hätte kommen sollen.

Insgesamt erweist sich die Beschwerde somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden, da im Hinblick auf die bestehende Rechtslage die Erörterung strittiger Sachverhaltsfragen nicht erforderlich ist.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995050188.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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