TE Vfgh Erkenntnis 1994/3/16 G135/93, G136/93, G234/93, V69/93, V70/93, V77/93

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Veröffentlicht am 16.03.1994
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Index

L7 Wirtschaftsrecht
L7600 Heilvorkommen, Kurort

Norm

B-VG Art18 Abs1
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs3 zweiter Satz lita
Thermalwasser-Regulativ der Ortsgemeinde Bad Hofgastein
Sbg Heilvorkommen- und KurorteG §33 Abs4

Leitsatz

Aufhebung einer Vorschrift des Sbg Heilvorkommen- und KurorteG über die Weitergeltung der allgemein verbindlichen Bestimmungen des Thermalwasser-Regulativs der Ortsgemeinde Bad Hofgastein wegen Widerspruchs zum Determinierungsgebot; in der Folge Aufhebung des als Durchführungsverordnung zum ehemaligen Gesetz über das Salzburger Heilquellen- und Kurortewesen erlassenen Thermalwasser-Regulativs mangels gesetzlicher Grundlage

Spruch

I. Die Wortfolge "und des Thermalwasser-Regulativs der Ortsgemeinde Bad Hofgastein, LGBl. Nr. 144/1936, in der Fassung der Kundmachungen LGBl. Nr. 45/1953, Nr. 48/1956 und Nr. 37/1958," in §33 Abs4 des Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetzes, LGBl. für Salzburg Nr. 39/1960, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Landeshauptmann von Salzburg ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.

II. Das Thermalwasser-Regulativ der Ortsgemeinde Bad Hofgastein, LGBl. für Salzburg Nr. 144/1936 in der Fassung der Kundmachungen LGBl. für Salzburg Nr. 45/1953, Nr. 48/1956 und Nr. 37/1958, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Salzburger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1.1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu B68/92 und B258/92 zwei - von derselben Person angestrengte - Beschwerdeverfahren anhängig, denen folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

Der Beschwerdeführer, der jahrelang in Bad Hofgastein ein Kurhaus und ein Kurhotel jeweils als Einzelunternehmen betrieben hatte, für welche ihm mit Bescheiden des Bürgermeisters der Marktgemeinde Bad Hofgastein zu Beginn der 80er Jahre persönliche Thermalwasserbezugsrechte verliehen worden waren, brachte die genannten Einzelunternehmen im Jahre 1987 aus steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Gründen in eine GmbH ein.

In der Folge wurden mit Bescheiden des Bürgermeisters der Marktgemeinde Bad Hofgastein vom 3. September 1990 die dem Beschwerdeführer für die beiden Einzelunternehmen verliehenen Thermalwasserbezugsrechte gemäß ArtIX Abs1 Z3 des Thermalwasser-Regulativs der Ortsgemeinde Bad Hofgastein für erloschen erklärt.

Gegen die in den darauffolgenden Berufungsverfahren ergangenen abweisenden Bescheide erhob der Beschwerdeführer jeweils Vorstellung an die Salzburger Landesregierung, die mit Bescheiden vom 25. November 1991, Z3/06-52.008/21-1991 und Z3/06-51.950/38-1991, als unbegründet abgewiesen wurden.

1.1.2. Diese Bescheide sind Gegenstand der beiden zu B68/92 und B258/92 protokollierten Beschwerdeverfahren, in welchen eine Rechtsverletzung infolge Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht wird, wobei kompetenzrechtliche Bedenken gegen das Thermalwasser-Regulativ der Ortsgemeinde Bad Hofgastein im allgemeinen und gleichheitsrechtliche Bedenken gegen dessen ArtIX Abs1 Z3 geäußert werden.

1.1.3. Die Salzburger Landesregierung erstattete in beiden Verfahren eine Gegenschrift, in welcher sie das Zutreffen der gleichheitsrechtlichen Bedenken jeweils verneint und - ohne auf das kompetenzrechtliche Vorbringen einzugehen - die Abweisung der Beschwerden beantragt.

1.1.4. Aus Anlaß der Beratung über diese Beschwerden sind im Verfassungsgerichtshof verfassungsrechtliche Bedenken entstanden, sodaß er beschlossen hat, gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Worte "und des Thermalwasser-Regulativs der Ortsgemeinde Bad Hofgastein, LGBl. Nr. 144/1936, in der Fassung der Kundmachungen LGBl. Nr. 45/1953, Nr. 48/1956 und Nr. 37/1958," in §33 Abs4 des Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetzes, LGBl. für Salzburg Nr. 39/1960, einzuleiten.

1.1.5. Für den Fall, daß das Verfahren ergeben sollte, daß ArtIX Abs1 des Thermalwasser-Regulativs nur (mehr) Verordnungsqualität hat, sind aus Anlaß der Beratung über die beiden Beschwerden im Verfassungsgerichtshof weiters Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit des ArtIX Abs1 Z3 des Thermalwasser-Regulativs der Ortsgemeinde Bad Hofgastein, LGBl. für Salzburg Nr. 144/1936 idF der Kundmachungen LGBl. für Salzburg Nr. 45/1953, Nr. 48/1956 und Nr. 37/1958 entstanden, sodaß er gemäß Art139 Abs1 B-VG beschlossen hat, von Amts wegen auch ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit dieser Bestimmung einzuleiten.

1.2.1. Weiters sind zu G234/93, V77/93 zwei Anträge des Verwaltungsgerichtshofes anhängig. Dieser begehrt aus denselben Gründen zum einen gestützt auf Art140 Abs1 B-VG "in §33 Abs4 des Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetzes, LGBl. für Salzburg Nr. 39/1960, die Wortfolge 'und des Thermalwasser-Regulativs der Ortsgemeinde Bad Hofgastein, LGBl. Nr. 144/1936, in der Fassung der Kundmachungen LBGl. Nr. 45/1953, Nr. 48/1956 und Nr. 37/1958' als verfassungswidrig" und zum anderen gemäß Art139 Abs1 B-VG ArtIII und V des zitierten Thermalwasser-Regulativs als gesetzwidrig aufzuheben.

2. Darstellung der Rechtslage:

2.1.1. Gemäß Art12 Abs1 Z1 B-VG sind vom

gesundheitlichen Standpunkt aus an Kurorte sowie Kuranstalten und Kureinrichtungen zu stellende Anforderungen und Regelungen betreffend natürliche Heilvorkommen Angelegenheiten, in denen die Gesetzgebung über die Grundsätze in die Kompetenz des Bundes und die Erlassung von Ausführungsgesetzen sowie die Vollziehung in die Kompetenz der Länder fällt.

2.1.2. In Ausführung des Heilquellen- und Kurortegesetzes des Bundes vom 21. März 1930, BGBl. Nr. 88/1930, beschloß der Salzburger Landtag am 3. Juni 1930 ein Gesetz über das Heilquellen- und Kurortewesen, LGBl. für Salzburg Nr. 59/1930.

2.1.3. Mit Gesetz vom 28. Februar 1935, LGBl. für Salzburg Nr. 31/1935, wurde das Gesetz über das Salzburger Heilquellen- und Kurortewesen abgeändert und insbesondere dessen §13, der zur Erlassung eines Regulativs ermächtigte, neu gefaßt. Sein Abs1 erhielt folgende Fassung:

"(1) Wenn eine Ortsgemeinde eine Heilquelle oder ein Wasserbenutzungsrecht an einer fremden Heilquelle besitzt, hat der Gemeindetag binnen drei Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes über die Verwertung der von der Ortsgemeinde an Andere abgegebenen Wassermenge ein Regulativ zu beschließen und der Landesregierung vorzulegen. Das Regulativ hat insbesondere Bestimmungen über die Abgabe, den Verbrauch und den Entzug des Wassers zu treffen. Das Regulativ und seine Änderungen bedürfen der Genehmigung der Landesregierung. Wenn der Gemeindetag innerhalb der bezeichneten Frist ein Regulativ nicht vorlegt, wird das Regulativ von der Landesregierung erlassen. Das Regulativ wird von der Landesregierung durch Kundmachung im Landesgesetzblatt verlautbart."

2.2.1. In der Folge gab sich die Ortsgemeinde Bad Hofgastein ein Thermalwasser-Regulativ. Es wurde im LGBl. für Salzburg Nr. 144/1936 nach der Genehmigung durch die Landesregierung verlautbart.

In den Jahren 1953, 1956 und schließlich 1958 wurde das Thermalwasser-Regulativ der nunmehrigen Marktgemeinde Bad Hofgastein geändert. Die Abänderungen wurden in den LGBl. für Salzburg Nr. 45/1953, 48/1956 und 37/1958 kundgemacht.

2.2.2. Im Thermalwasser-Regulativ wird insbesondere verfügt:

Gemäß ArtI steht der Ortsgemeinde Bad Hofgastein aufgrund eines Vertrages mit der Ortsgemeinde Badgastein ein tägliches Thermalwasser-Bezugsrecht im Ausmaß von 950 m3 Thermalwasser zu, das Gemeindevermögen darstellt und von dem die Gemeinde 100 m3 selbst in Anspruch nimmt.

Die vom Verwaltungsgerichtshof angefochtenen ArtIII und V des Thermalwasser-Regulativs lauten wie folgt:

"III. Persönliche Thermalwasserbezugsrechte

gegen die Gemeinde.

(1) Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Regulativs werden Thermalwasserbezugsrechte gegen die Gemeinde - von dem im Punkt II bezeichneten abgesehen - nur als persönliche Rechte auf die Dauer von 20 Jahren, gerechnet vom Tage der letzten Verleihung, verliehen. Im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Regulativs unbefristet bestehende persönliche Bezugsrechte bleiben unberührt.

(2) Auf Grund dieses Regulativs verliehene Bezugsrechte beginnen jedoch erst nach völliger Zahlung aller Abgaben- und Gebührenrückstände des Erwerbers gegenüber der Gemeinde und der Kurkommission."

"V. Erwerbung des persönlichen

Thermalwasserbezugsrechtes.

(1) Das Thermalwasserbezugsrecht ist ein an die Person des Besitzers (Eigentümers oder Pächters) einer Thermalbadeanstalt gebundenes Recht, das für ein bestimmtes Objekt verliehen wird.

(2) Die Verleihung des Bezugsrechtes erfolgt über schriftliches Ansuchen des Bewerbers mit Bescheid des Bürgermeisters. Dieser hat in jedem Falle eines Ansuchens einen Beschluß des Gemeindetages einzuholen und ist an diesen Beschluß gebunden. Der Gemeindetag beschließt im freien Ermessen unter Beobachtung der im §13, Abs2, des Gesetzes vom 28. Februar 1935, L.G.Bl. S. 23, enthaltenen und der folgenden Bestimmungen.

(3) Besitzer auf Zeit verliehener persönlicher Thermalwasserbezugsrechte haben ein Vorrecht auf Weiterverleihung des Wasserbezugsrechtes, falls sie darum binnen zwei Monaten nach Ablauf der Zeit schriftlich beim Bürgermeister ansuchen.

(4) Im Falle eines Besitzwechsels wird dem Rechtsnachfolger des bisher Bezugsberechtigten ein Vorrecht vor anderen Bewerbern um das Thermalwasserbezugsrecht eingeräumt, jedoch kann die Verleihung des Bezugsrechtes an die gänzliche oder teilweise Abstattung der vom bisherigen Bezugsberechtigten zu leistenden Rückstände an Abgaben und Gebühren an Gemeinde und Kurkommission geknüpft werden. Das Ansuchen um Verleihung des Thermalwasserbezugsrechtes ist binnen zwei Monaten, vom Tage der grundbücherlichen Eintragung des neuen Eigentümers an gerechnet, beim Bürgermeister schriftlich einzubringen, widrigenfalls das Vorrecht des neuen Eigentümers erlischt. Dieser Termin kann vom Bürgermeister über schriftliches Ansuchen aus rücksichtswürdigen Gründen erstreckt werden.

(5) Im Falle eines Besitzwechsels kann vom bisherigen Thermalwasser-Bezugsberechtigten und im Falle einer Zwangsversteigerung überdies von Kaufinteressenten, die sich über die notwendigen Mittel ausweisen, die Erlassung eines Vorbescheides des Bürgermeisters darüber begehrt werden, unter welchen Bedingungen dieses Regulativs die Verleihung eines Thermalwasserbezugsrechtes an den Erwerber der Thermalbadeanstalt erfolgen kann. Der Bürgermeister ist an diesen Vorbescheid im Falle von Zwangsversteigerungen bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Zuschlag, andernfalls aber nur durch drei Monate nach Zustellung des Vorbescheides gebunden.

(6) Die Ausübung der Thermalwasserbezugsrechte ist durch die Verpflichtungen und Beschränkungen, die der Gemeinde Bad Hofgastein durch den im Abschnitt I bezeichneten Vertrag auferlegt sind, beschränkt."

Des weiteren legt das Regulativ in ArtVI "Allgemeine Bedingungen für die Abgabe von Thermalwasser der Gemeinde Bad Hofgastein", in ArtVII "Allgemeine Bedingungen für die Verwendung (den Verbrauch) des Thermalwassers" und in ArtVIII "Allgemeine Bedingungen für den Entzug des Thermalwassers" fest.

ArtIX des Regulativs enthält Bestimmungen hinsichtlich des Erlöschens und Ruhens der persönlichen Thermalwasserbezugsrechte.

ArtIX Abs1 (auszugsweise wiedergegeben) - die amtswegig in Prüfung gezogene Bestimmung ist hervorgehoben - lautet:

"IX. Erlöschen und Ruhen der persönlichen

Thermalwasserbezugsrechte.

(1) Das persönliche Wasserbezugsrecht erlischt

1.) durch den Ablauf der Zeit, für die es eingeräumt ist,

2.) durch den Wechsel im Eigentum der Realität, für die das Bezugsrecht besteht oder verliehen wurde, sei es durch den Tod des bisher berechtigten Eigentümers, sei es durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden. Nach dem Tode eines auf Zeit bezugsberechtigen kann von dem erbberechtigen Gattenteil oder den erbberechtigten minderjährigen Kindern, welche im Erbwege in den Besitz der begünstigten Realität gelangen, ..., für die restliche Dauer des Bezugsrechtes des Verstorbenen, ..., das auf den Namen des verstorbenen Gatten- oder Elternteiles lautende Thermalwasserbezugsrecht ohne neuerliche Verleihung ausgeübt werden;

3.) durch jeden Übergang der Realität aus dem Eigentum einer physischen in das einer juristischen Person und umgekehrt, ohne Rücksicht auf verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den bisherigen und nachfolgenden Eigentümern (Gesellschaftern);

4.) durch die Aufhebung des Bestandvertrages, ... ."

Außerdem behandelt ArtX des Regulativs die Verpflichtungen der Bezugsberechtigten bei der "Herstellung und Erhaltung der Thermalbäderanlage".

In seinem ArtXI enthält das Regulativ einen umfassenden Haftungsausschluß der Gemeinde für Fälle der Änderung der Beschaffenheit des Thermalwassers oder der Störung der Thermalwasserversorgungsanlage, und ArtXIV des Regulativs handelt schließlich von dem für ein Thermalwasserbezugsrecht zu entrichtenden Entgelt, das sich in Verleihgebühr, Thermalwassergrundgebühr, Thermalwasserzins und Anschlußbeitrag gliedert.

Die ArtXV bis XVIII sind mit "Allgemeine Bestimmungen" überschrieben; ArtXV ordnet die Anlage eines Thermalwasserbuches an, ArtXVI legt die persönliche Verantwortung des Besitzers (Eigentümers oder Pächters) einer Thermalbadeanstalt auch für die in seinem Unternehmen beschäftigen Personen fest, und ArtXVII enthält schließlich Strafbestimmungen bei Übertretungen des Thermalquellenregulativs.

2.3.1. Im Jahre 1958 wurde ein neues Bundes-Grundsatzgesetz über natürliche Heilvorkommen und Kurorte, BGBl. Nr. 272/1958, beschlossen. Es trat an die Stelle des Heilquellen- und Kurortegesetzes, BGBl. Nr. 88/1930, das mit BGBl. Nr. 429/1937 abgeändert worden war.

2.3.2. Am 20. April 1960 beschloß der Salzburger Landtag sodann in Ausführung der grundsatzgesetzlichen Bestimmungen des I. und III. Teiles des Bundesgesetzes vom 2. Dezember 1958 über natürliche Heilvorkommen und Kurorte, BGBl. Nr. 272/1958, das Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetz, LGBl. für Salzburg Nr. 39/1960.

In dessen §24 wird insbesondere festgelegt, unter welchen Voraussetzungen eine Betriebsbewilligung für Kuranstalten und Kureinrichtungen, die der Nutzung eines Heilvorkommens dienen, zu erteilen ist. Nach §25 leg.cit. ist die Verpachtung oder der Übergang einer Kuranstalt oder Kureinrichtung auf einen anderen Rechtsträger der Landesregierung anzuzeigen, die zu prüfen hat, ob die Voraussetzungen weiter gegeben sind, widrigenfalls die Landesregierung den Betrieb zu untersagen hat.

Der unter der Überschrift Schlußbestimmungen stehende §33 Abs4 - die in Prüfung gezogene Wortfolge ist hervorgehoben - lautet:

"(4) Die allgemein verbindlichen Bestimmungen des Thermalquellen-Regulativs der Ortsgemeinde Badgastein, LGBl. Nr. 89/1936, und des Thermalwasser-Regulativs der Ortsgemeinde Bad Hofgastein, LGBl. Nr. 144/1936, in der Fassung der Kundmachungen LGBl. Nr. 45/1953, Nr. 48/1956 und Nr. 37/1958, haben unter Berücksichtigung der seit ihrer Erlassung eingetretenen verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Neuerungen als Gesetze weiter zu gelten."

2.3.3. Mit Gesetz vom 4. Juli 1979, mit dem das Thermalwasser-Regulativ der Ortsgemeinde Bad Hofgastein geändert wird, LGBl. für Salzburg Nr. 75/1979, wurde u.a. verfügt, daß die in diesem Gesetz geregelten Aufgaben der Gemeinde solche des eigenen Wirkungsbereiches sind.

3. Die Bedenken waren im wesentlichen folgende:

3.1. Seine Bedenken gegen die in den Verfahren G135, 136/93, V69,70/93 in Prüfung gezogenen Bestimmungen umschrieb der Verfassungsgerichtshof in seinem Einleitungsbeschluß wie folgt:

"... Der Verfassungsgerichtshof hat zunächst das Bedenken, daß §33 Abs4 des Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetzes gegen das Bestimmtheitsgebot des Art18 B-VG verstößt.

Die Regelung verfügt nämlich, daß nur die 'allgemein verbindlichen Bestimmungen' des Thermalwasser-Regulativs der Ortsgemeinde Bad Hofgastein 'als Gesetz weiter zu gelten' haben, und dies nur unter Berücksichtigung der seit der Erlassung des Regulativs eingetretenen verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Neuerungen; der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, daß den eben wiedergegebenen Einschränkungen normative Bedeutung zukommt.

Im Regulativ finden sich nun aber Regelungen über die Thermalwasserbezugsrechte der Gemeinde, über dingliche und über persönliche Thermalwasserbezugsrechte gegenüber der Gemeinde, des weiteren '(a)llgemeine Bedingungen für die Abgabe' und '(a)llgemeine Bedingungen für den Entzug' des Thermalwassers - zu diesen zählt der Abschnitt IX über das Erlöschen eines persönlichen Wasserbezugsrechtes nicht - sowie weiters auch 'Allgemeine Bestimmungen'. Dafür, daß nicht alle Bestimmungen des Regulativs durch die in Prüfung gezogene Regelung in den Gesetzesrang gehoben wurden, spricht, daß §33 Abs4 leg.cit. nur 'die allgemein verbindlichen Bestimmungen' betrifft. Ob eine Regelung des Regulativs als Gesetz weiter gilt, hängt somit davon ab, ob die jeweilige Bestimmung des Regulativs als allgemein verbindlich angesehen wird. Der Verfassungsgerichtshof meint vorläufig, daß dies hinsichtlich einiger Bestimmungen des Regulativs durchaus unterschiedlich beurteilt werden kann und daß für den Normadressaten nicht mit hinreichender Bestimmtheit erkennbar ist, welche Bestimmungen des Regulativs als Gesetz zu gelten haben. Auch die Materialien des Salzburger Landtages (189 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages der ersten Session der vierten Wahlperiode) scheinen keinen hinreichenden Aufschluß zu geben, da dort lediglich dargelegt wird, daß die Regulative - gemeint sind 'die Thermalquellen-Regulative für Badgastein und Bad Hofgastein' - Regelungen allgemein verbindlichen Charakters für die beiden Kurorte von wesentlicher Bedeutung enthielten und eine Angelegenheit zum Gegenstand hätten, die durch das Grundsatzgesetz nicht erfaßt sei.

Ein Komplex 'allgemein verbindliche Bestimmungen' ist dem Thermalwasser-Regulativ der Ortsgemeinde Bad Hofgastein nicht zu entnehmen, andererseits ist aber offensichtlich - dies ergibt sich daraus, daß nur die 'allgemein verbindlichen Bestimmungen' im §33 Abs4 des Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetzes, LGBl. für Salzburg Nr. 39/1960, genannt sind - nur ein Teil der Bestimmungen des Regulativs von der Aussage erfaßt, daß sie als Gesetz weiter zu gelten haben. Dem Verfassungsgerichtshof scheint die Unbestimmtheit der Regelung mit Art18 B-VG nicht vereinbar zu sein.

Dem Verfassungsgerichtshof scheint auch nicht hinreichend determiniert, welche Bedeutung der Anordnung des §33 Abs4 leg.cit. zukommt, daß die Bestimmungen des Regulativs, die als allgemein verbindliche in Frage kommen, nur unter der zusätzlichen Bedingung einer Berücksichtigung der seit ihrer Erlassung eingetretenen verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Neuerungen als Gesetz weiter zu gelten haben. Auch insofern dürfte der Gesetzgeber eine Aussage getroffen haben, die es für den Normadressaten unklar läßt, ob und in welcher Bedeutung den jeweiligen Bestimmungen des Regulativs Gesetzesrang zukommt.

Dem Verfassungsgerichtshof scheint es des weiteren mit dem Legalitätsgebot unvereinbar, daß Regelungen bestehen, deren Nichteinhaltung - wie dies im Falle der Übertretung von Anordnungen des Regulativs festgelegt ist - unter Strafsanktion steht, wenn dem Normadressaten aufgrund der allgemein gehaltenen Anordnung, verfassungs- und verwaltungsrechtliche Neuerungen zu berücksichtigen, nicht mit hinreichender Klarheit erkennbar ist, wie er sich dem Gesetze gemäß zu verhalten hat.

§33 Abs4 des Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetzes, LGBl. für Salzburg Nr. 39/1960, scheint daher gegen das Bestimmtheitsgebot des Art18 B-VG zu verstoßen.

Da §33 Abs4 leg.cit. jedoch nicht nur das Thermalwasser-Regulativ der Ortsgemeinde Bad Hofgastein, sondern auch das Thermalquellen-Regulativ der Ortsgemeinde Badgastein betrifft, war nur die im Spruch genannte Wortfolge in Prüfung zu ziehen.

... Sollte sich die in Prüfung gezogene Regelung des §33 Abs4 des Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetzes als verfassungswidrig erweisen und aufzuheben sein, oder sollte das Gesetzesprüfungsverfahren ergeben, daß die in Prüfung gezogene Bestimmung des ArtIX Abs1 Z3 des Thermalwasser-Regulativs der Ortsgemeinde Bad Hofgastein, LGBl. für Salzburg Nr. 144/1936, nicht von der Anordnung des §33 Abs4 erfaßt ist, daß sie als Gesetz weiter zu gelten hat, dann hegt der Verfassungsgerichtshof - in beiden möglichen Fällen - das Bedenken, daß ArtIX Abs1 Z3 des Thermalwasser-Regulativs der Ortsgemeinde Bad Hofgastein als Verordnung im Gesetz nicht Deckung findet.

Im Prüfungsverfahren wird allerdings auch zu erwägen sein, ob im Falle einer Aufhebung der in Prüfung gezogenen Wortfolge des §33 Abs4 des Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetzes die in Prüfung gezogene Bestimmung des Thermalwasser-Regulativs der Ortsgemeinde Bad Hofgastein der Rechtsordnung (wieder) als Verordnung angehört, oder ob das Thermalwasser-Regulativ der Ortsgemeinde Bad Hofgastein als Durchführungsverordnung zum Gesetz über das Heilquellen- und Kurortewesen, LGBl. für Salzburg Nr. 59/1930 idF LGBl. für Salzburg Nr. 31/1935, mit Erlassung des Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetzes, LGBl. für Salzburg Nr. 39/1960, außer Kraft getreten ist.

Sollte dies nicht der Fall sein und sollte das Prüfungsverfahren ergeben, daß ArtIX Abs1 Z3 des Thermalwasser-Regulativs der Ortsgemeinde Bad Hofgastein (weiter oder wieder) als Verordnung gilt und diese mit Gesetzwidrigkeit belastet sein, wird der Verfassungsgerichtshof auch zu erwägen haben, ob ein Fall des Art139 Abs3 lita (zweiter Satz) B-VG vorliegt, wonach die ganze Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben ist, wenn dies nicht den rechtlichen Interessen der Partei des Anlaßverfahrens zuwider läuft."

3.2. Zur Begründung seiner den Verfahren G234/93, V77/93 zugrundeliegenden Anträge brachte der Verwaltungsgerichtshof vor, daß er hinsichtlich des §33 Abs4 des Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetzes ebenso wie der Verfassungsgerichtshof das Bedenken des Verstoßes dieser Bestimmung gegen das Bestimmtheitsgebot des Art18 B-VG hege. Hinsichtlich der ArtIII und V des Thermalwasser-Regulativs der Ortsgemeinde Bad Hofgastein führte der Verwaltungsgerichtshof aus, daß er für den Fall, daß das Prüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis führe, daß dem Thermalwasser-Regulativ Verordnungsrang zukomme, das Bedenken hege, daß die ArtIII und V des Thermalwasser-Regulativs keine Deckung im Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetz finden. Im übrigen verwies er auf die im Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Juli 1993, B68/92, B258/92, dargelegten Erwägungen.

4. Gegenäußerungen:

4.1. In den Verfahren G135,136/93, V69,70/93 hat die Salzburger Landesregierung die auf das Thermalwasser-Regulativ der Ortsgemeinde Bad Hofgastein bezughabenden Akten in Kopie vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der sie begehrt, "die in Prüfung gezogene Bestimmung des §33 Abs4 HuKG als nicht verfassungswidrig festzustellen und die eingeleiteten Gesetzes- bzw. Verordnungsprüfungsverfahren einzustellen."

Die verordnungserlassende Behörde hat auf die ihr nachweislich zugestellte Aufforderung zur Erstattung einer Äußerung nicht reagiert.

Zur Verteidigung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen wird von der Salzburger Landesregierung im wesentlichen vorgebracht:

"... Der Verfassungsgerichtshof leitet aus Art18 Abs1 B-VG ab, daß das Legalitätsprinzip die Erfordernisse der Bestimmtheit und Klarheit der gesetzlichen Anordnungen in sich schließt. Dem ist uneingeschränkt beizupflichten.

... Die Bedenken des Gerichtshofes gegen die Bestimmtheit oder Klarheit des §33 Abs4 HuKG werden jedoch nicht geteilt.

Denn entgegen der Annahme des Verfassungsgerichtshofes kann aus den zitierten Materialien des Salzburger Landtages zu dieser Bestimmung doch entnommen werden, von welcher Bedeutung der Worte 'allgemein verbindlich' ausgegangen ist. Nach den Materialien enthalten die Thermalwasser-Regulative für Badgastein und Bad Hofgastein Regelungen 'allgemein verbindlichen Charakters'. Danach wurden offenkundig alle Bestimmungen der Regulative als allgemein verbindlich beurteilt. Das bedeutet, daß der Gesetzgeber mit der Formulierung, daß die allgemein verbindlichen Bestimmungen der Thermalquellen-Regulative als Gesetz weiter gelten, keine Beschränkung der Normaussage verbunden hat. Augenscheinlich sollte nur betont werden, daß den Bestimmungen der Regulative schon bisher allgemein verbindliche Wirkung zugekommen ist und diese, wenn auch auf anderer Grundlage, nämlich als Gesetz, fortgesetzt wird. Eine vom Gesetzgeber gewollte Beschränkung kann bei richtiger Wertung der Gesetzesmaterialien nicht abgeleitet werden. Das heißt aber auch, daß keine - sonst unzulässige - Unterstellung vorliegt, der Gesetzgeber habe überflüssige Formulierungen getroffen. Aber selbst bei objektiver, von der allgemeinen Bedeutung der Worte ausgehenden Betrachtungsweise ist die Gesetzesanordnung nicht so unklar, daß ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des Art18 Abs1 B-VG vorläge. ArtIV des Regulatives bestimmt den Gegenstand des Thermalwasser-Regulatives wie folgt:

'(1) Gegenstand dieses Regulativs ist die Regelung des Erwerbes und des Erlöschens persönlicher Thermalwasserbezugsrechte und der Abgabe, der Verwendung (des Verbrauches) und des Entzuges von Thermalwasser aus den Thermalwassermengen der Gemeinde Bad Hofgastein.

(2) Das im Punkt II angeführte dingliche Thermalwasserbezugsrecht unterliegt den gleichen Beschränkungen wie die persönlichen Thermalwasserbezugsrechte, die im Regulativ allgemein für die Abgabe, die Verwendung (den Verbrauch) und den Entzug von Thermalwasser aufgestellt werden.'

Daß diese Bestimmung nicht ganz zu Beginn des Regulatives steht, mag als systematischer Mangel empfunden werden. Es kann aber auf Grund der darin getroffen Aussagen über den Anwendungsbereich kein Zweifel an der Normqualität der Bestimmungen des Regulatives in dem Sinn entstehen, daß diese sich allesamt an die Normunterworfenen mit verbindlicher Wirkung wenden. Selbst in ArtI und II kommt dem ArtIX Abs3 zufolge im Gesamtgefüge des Regulatives allgemein verbindliche Bedeutung zu. Das Gleiche gilt für ArtX über die Anlage des Thermalwasserbuches.

Es muß dem Verfassungsgerichtshof daher entgegengetreten werden, es sei für einige Bestimmungen des Regulatives durchaus unterschiedlich beurteilbar, ob diese als allgemein verbindlich anzusehen wären. Alle Bestimmungen des Regulatives sind als allgemein verbindlich anzusehen und stehen daher als Gesetz weiter in Geltung.

Auch die zweite Passage 'unter Berücksichtigung der seit ihrer Erlassung eingetretenen verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Neuerungen' kann bei näherer Betrachtung als unproblematisch beurteilt werden. Mit der Formulierung 'verfassungs- und verwaltungsrechtliche Neuerungen' wird auf das Ersetzen des Organes 'Gemeindetag' durch das Organ 'Gemeindevertretung' bzw. 'Gemeinderat' abgezielt.

Zuständigkeiten des Gemeindetages sind in den ArtV Abs2, VI Abs1 Z. 5, X Abs2 und XIV Abs1 Z. 2 und 3 sowie Abs2 enthalten. Sie betreffen in keinem Fall Bestimmungen, deren Übertretung unter Strafsanktion stehen. Bis auf ArtV Abs2 handelt es sich um Zuständigkeiten zur Erlassung allgemeiner Regelungen wie z.B. über die von dem Thermalwasserbezug zu entrichtenden Gebühren usw. Praktisch handelt es sich bei der getroffenen Anordnung um die Anordnung der Anwendung des Regulatives mit der Maßgabe, daß an die Stelle des Gemeindetages die Gemeindevertretung bzw. der Gemeinderat zu treten hat. Gegen derartige Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof bisher noch keine Bedenken gesehen.

... Sollte der Verfassungsgerichtshof entgegen der vorstehend dargelegten Auffassungen die Anordnungen der Weitergeltung des Regulatives im §33 Abs4 HuKG doch als mit Art18 Abs1 B-VG unvereinbar erkennen, hat dies zur Folge, daß das Regulativ dem Rechtsbestand auch nicht als Durchführungsverordnung angehört. Das Thermalwasser-Regulativ der Ortsgemeinde Bad Hofgastein ist auf Grund des §13 des Gesetzes über das Salzburger Heilquellen- und Kurortewesen, LGBl. Nr. 59/1930, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 31/1935 von der Gemeinde Bad Hofgastein erlassen und von der Landesregierung genehmigt und kundgemacht worden. Das Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetz aus dem Jahr 1960 enthält keine Nachfolgebestimmung, die dem Regulativ als Verordnung die notwendige gesetzliche Grundlage geben würde. Aus diesem Grund war auch die Schaffung des §33 Abs4 erforderlich, um die Weitergeltung der Thermalwasser-Regulative für Badgastein und Bad Hofgastein gesetzlich zu fundieren.

... Zusammenfassend wird von der Salzburger Landesregierung daher die Auffassung vertreten, daß §33 Abs4 des Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetzes nicht dem Bestimmtheitsgebot des Art18 Abs1 B-VG widerspricht. ArtIX Abs1 Z. 3 des Thermalwasser-Regulatives der Ortsgemeinde Bad Hofgastein steht daher weiter als Gesetz in Geltung. Damit ist dem Verordnungsprüfungsverfahren die Grundlage entzogen."

4.2. In den Verfahren G234/93, V77/93 haben weder die Salzburger Landesregierung noch die verordnungserlassende Behörde auf die ihr jeweils nachweislich zugestellte Aufforderung zur Erstattung einer Äußerung reagiert.

5. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

5.1. Der Verfassungsgerichtshof ist in seinem den Verfahren G 135,136/93, V69,70/93 zugrundeliegenden Einleitungsbeschluß davon ausgegangen, daß er die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sowohl des Thermalwasser-Regulativs der Ortsgemeinde Bad Hofgastein als auch des Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetzes bei der zu fällenden Entscheidung anzuwenden haben werde. Das Verfahren hat nichts Gegenteiliges ergeben. Die angefochtenen Bescheide stützen sich materiell-rechtlich auf ArtIX Abs1 Z3 des Thermalwasser-Regulativs der Ortsgemeinde Bad Hofgastein, wobei der Verfassungsgerichtshof auch §33 Abs4 des Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetzes anzuwenden hat, um zu beurteilen, ob ArtIX Abs1 Z3 des Thermalwasser-Regulativs der Ortsgemeinde Bad Hofgastein Gesetzesrang zukommt oder nicht. Die in Prüfung gezogenen Regelungen sind somit präjudiziell im Sinne der Art139 Abs1 und 140 Abs1 B-VG.

Da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, sind die Verfahren G135,136/93, V69,70/93 zulässig.

5.2. Auch der Antrag des Verwaltungsgerichtshofes ist zulässig:

Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iS des Art140 B-VG bzw. des Art139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig (denkunmöglich) ist, daß die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlaßfall bildet (zB VfSlg. 7999/1977, 9811/1983, 10296/1984, 11565/1987).

Davon, daß die Annahme des antragstellenden Verwaltungsgerichtshofes über die Präjudizialität der von ihm angefochtenen Vorschriften denkunmöglich wäre, kann nicht die Rede sein. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, sind die Verfahren G234/93, V77/93 zulässig.

5.3. Die Bedenken des Verfassungs- und des Verwaltungsgerichtshofes sind begründet.

5.3.1. Im Erkenntnis VfSlg. 3130/1956 hat der Verfassungsgerichtshof aus dem rechtsstaatlichen Gedanken der Publizität des Gesetzesinhaltes die Schlußfolgerung gezogen, daß der Gesetzgeber der breiten Öffentlichkeit den Inhalt seines Gesetzesbeschlusses in klarer und erschöpfender Weise zur Kenntnis bringen muß, da anderenfalls der Normunterworfene nicht die Möglichkeit hat, sich der Norm gemäß zu verhalten. Diesem Erfordernis entspricht weder eine Vorschrift, zu deren Sinnermittlung subtile verfassungsrechtliche Kenntnisse, qualifizierte juristische Befähigung und Erfahrung sowie geradezu archivarischer Fleiß vonnöten sind, noch eine solche, zu deren Verständnis außerordentliche methodische Fähigkeiten und eine gewisse Lust zum Lösen von Denksport-Aufgaben erforderlich sind (VfSlg. 3130/1956 und 12420/1990).

Diese Beurteilung trifft umso mehr zu, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Sinngehalt einer Anordnung überhaupt nicht erkenn- und ermittelbar ist. Im §33 Abs4 des Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetzes, LGBl. für Salzburg Nr. 39/1960, ist nämlich nicht davon die Rede, daß die Thermalwasser-Regulative der Ortsgemeinden Badgastein und Bad Hofgastein als Gesetz weiter zu gelten haben, sondern davon, daß die "allgemein verbindlichen Bestimmungen" dieser Regulative als Gesetz weiter zu gelten haben. Welche Bestimmungen des Thermalwasser-Regulativs der Ortsgemeinde Bad Hofgastein als solche allgemein verbindlicher Art anzusehen sind, geht entgegen dem Vorbringen der Salzburger Landesregierung aus dem Regulativ nicht hervor.

Die Salzburger Landesregierung verweist auf ArtIV des Regulativs, aus dem sie ableitet, daß sich sämtliche Bestimmungen des Regulativs an die Normunterworfenen mit verbindlicher Wirkung wenden. Auch dies vermag am dargestellten Ergebnis nichts zu ändern, da der Wortlaut der Formulierung des §33 Abs4 des Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetzes, wonach die "allgemein verbindlichen Bestimmungen" der Thermalwasser-Regulative in Gesetzesrang gehoben werden, das Verständnis nahelegt, daß die Regulative auch Vorschriften nicht allgemein verbindlicher Natur enthalten. Damit aber stellt sich die Frage, ob als allgemein verbindliche Bestimmungen des Thermalwasser-Regulativs der Ortsgemeinde Bad Hofgastein lediglich die Vorschriften der ArtXV - XVIII anzusehen sind, die unter der Überschrift "Allgemeine Bestimmungen" stehen, ob dazu auch die Vorschriften der ArtVI, VII und VIII des Regulativs gehören, die "Allgemeine Bedingungen" für die Abgabe von Thermalwasser, für dessen Verwendung und für dessen Entzug festlegen, und/oder ob das Regulativ (noch) andere Bestimmungen allgemein verbindlichen Charakters enthält.

Ebensowenig kann der Auffassung der Salzburger Landesregierung beigepflichtet werden, daß sich aus den Materialien ergebe, daß alle Bestimmungen der beiden Regulative als allgemein verbindlich beurteilt worden sind. Die in den Materialien enthaltene, auf die Thermalwasser-Regulative bezogene Formulierung, daß "deren Regelungen allgemeinverbindlichen Charakters" wesentliche Bedeutung zukomme (189 Beil StenProt Sbg LT, 1. Session der 4. Wahlperiode, S. 47), läßt nämlich auch die Deutung zu, daß die beiden Regulative nicht ausschließlich aus Regelungen allgemein verbindlichen Charakters bestehen, sondern solche neben anderen enthalten.

Da somit für den Normunterworfenen nicht erkennbar ist, welche Bestimmungen des Thermalwasser-Regulativs der Ortsgemeinde Bad Hofgastein als Gesetz zu gelten haben, war die in Prüfung gezogene und vom Verwaltungsgerichtshof angefochtene Wortfolge im §33 Abs4 des Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetzes, LGBl. für Salzburg Nr. 39/1960, wegen Widerspruchs zu Art18 B-VG als verfassungswidrig aufzuheben, ohne daß auf weiteres eingegangen werden mußte.

5.3.2. Als gestützt auf §13 des Gesetzes über das Salzburger Heilquellen- und Kurortewesen, LGBl. für Salzburg Nr. 59/1930 idF LGBl. Nr. 31/1935, erlassene Durchführungsverordnung, war die Weitergeltung der "allgemein verbindlichen Bestimmungen" des Thermalwasser-Regulativs der Ortsgemeinde Bad Hofgastein als Gesetz durch die nunmehr aufgehobene Wortfolge im §33 Abs4 des Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetzes, LGBl. für Salzburg Nr. 39/1960, gewährleistet. Mit der Aufhebung dieser Wortfolge und dem Ausspruch, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, verliert das Regulativ insgesamt die Grundlage seiner Geltung. Mangels gesetzlicher Grundlage ist es daher gemäß Art139 Abs3 lita B-VG zur Gänze als

gesetzwidrig aufzuheben.

6.1. Die Aussprüche unter Punkt I. des Spruches stützen sich auf Art140 Abs5 erster Satz und Abs6 B-VG sowie auf §64 Abs2 VerfGG 1953.

6.2. Die Verpflichtung der Salzburger Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt erfließt aus Art139 Abs5 B-VG und aus §60 Abs2 VerfGG 1953.

7. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Rechtsstaatsprinzip, Gesundheitswesen, Kurorte, Thermalwasser, Geltungsbereich eines Gesetzes, Geltungsbereich einer Verordnung, Verordnung, DurchführungsV, Verständlichkeit einer Norm, Determinierungsgebot, VfGH / Verwerfungsumfang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:G135.1993

Dokumentnummer

JFT_10059684_93G00135_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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