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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §6 Abs1;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 95/11/0197 E 23. April 1996 95/11/0198 E 23. April 1996 95/11/0200 E 23. April 1996 95/11/0309 E 23. April 1996Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des S in B, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. September 1995, Zl. 201701/1-ZDF/95, betreffend Feststellung der Unwirksamkeit einer Zivildiensterklärung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde am 7. April 1995 (erstmals) von der Stellungskommission des zuständigen Militärkommandos für tauglich zum Wehrdienst befunden. Bei dieser Gelegenheit wurde ihm eine "Zivildienstinformation anläßlich der Stellung" ausgehändigt, in der über die Möglichkeit der Abgabe einer Zivildiensterklärung binnen eines Monats informiert wurde; diese Information enthielt u.a. folgenden Satz: "Die Zivildiensterklärung ist im Stellungsverfahren bei der Stellungskommission, sonst bei dem nach Ihrem Wohnsitz zuständigen Militärkommando schriftlich einzubringen (formloses Schreiben, eigenhändige Unterschrift) oder mündlich zur Protokoll zu geben."
Am 5. Mai 1995 gab der Beschwerdeführer eine an den Bundesminister für Inneres adressierte Zivildiensterklärung zur Post.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 5a Abs. 4 in Verbindung mit § 5a Abs. 3 Z. 2 ZDG in der Fassung BGBl. Nr. 187/1994 festgestellt, daß die am 11. Mai 1995 eingebrachte Zivildiensterklärung "wegen Fristversäumnis Zivildienstpflicht nicht eintreten lassen" könne.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, die - durch die Kopie eines Aufgabescheines belegte - am 5. Mai 1995 erfolgte Postaufgabe ziehe die "Richtigkeit der Abgabe der Zivildiensterklärung" nach sich; "weitere Ausführungen erübrigen sich".
Die in Rede stehende Zivildienstinformation enthielt dem Gesetz entsprechend die Belehrung, daß die Zivildiensterklärung innerhalb eines Monates von der Zustellung (Verkündung) des Bescheides, mit dem der Beschwerdeführer erstmals für tauglich befunden wird, beim zuständigen Militärkommando einzubringen ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 21. März 1995, Zl. 94/11/0232, 0233 - im Zusammenhang mit der Zuständigkeit zur Entscheidung über Wiedereinsetzungsanträge wegen Versäumung der Fristen zur Einbringung von Zivildiensterklärungen - ausgesprochen, daß das Militärkommando zu einer solchen Entscheidung nicht zuständig ist, weil es ohne jede Entscheidungskompetenz über die Erklärung ist; es ist lediglich aus verwaltungsökonomischen Gründen als Einbringungsstelle vorgesehen und hat das Anbringen ohne jegliche Entscheidungsbefugnis an den zur Entscheidung zuständigen Bundesminister für Inneres weiterzuleiten.
Wird diese Überlegung auf die vorliegende Problematik übertragen, so liegt es nahe, die Postaufgabe der Zivildiensterklärung an den Bundesminister für Inneres - wenn sie innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist erfolgt - als fristwahrend anzusehen. Es würde einen übertriebenen Formalismus bedeuten, wenn man die innerhalb der in Betracht kommenden Frist erfolgte Postaufgabe an die zur Entscheidung zuständige Stelle als rechtlich unerheblich und der lediglich aus Gründen der Verwaltungsökonomie vorgesehenen Einschaltung des Militärkommandos (welches zum Unterschied von der Erstbehörde im Falle der Berufung oder der Gemeinde im Falle einer Vorstellung nach Art. 119a Abs. 5 B-VG keinerlei Entscheidungsbefugnis besitzt) im Wege des § 6 Abs. 1 AVG - also auf Gefahr des Einschreiters - entscheidende Bedeutung zukommen lassen würde. Die Befassung des Militärkommandos kann durchaus auch durch den direkt angerufenen Bundesminister für Inneres erfolgen. Diese Überlegung liegt im übrigen auf derselben Linie, die der Gesetzgeber bei der Novellierung des § 63 Abs. 5 AVG mit den Bundesgesetzen BGBl. Nr. 357/1990 und BGBl. Nr. 471/1995 verfolgt hat, wenn er neben der schon bisher aus Gründen der Verwaltungsökonomie vorgesehenen Erstbehörde als Einbringungsstelle für Berufungen auch die zur Entscheidung über die Berufung zuständige Berufungsbehörde zugelassen hat.
Die Feststellung der Unwirksamkeit der Zivildiensterklärung des Beschwerdeführers wegen Fristversäumung entspricht daher nicht dem Gesetz. Der angefochtene Bescheid war aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer in den Pauschalsätzen nach der zitierten Verordnung bereits enthalten ist.
Schlagworte
Weiterleitung an die zuständige Behörde auf Gefahr des Einschreiters Zuständigkeit der Vorstellungsbehörde Verhältnis zwischen gemeindebehördlichem Verfahren und Vorstellungsverfahren Rechtsstellung der Gemeinde im VorstellungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995110329.X00Im RIS seit
20.11.2000