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Auswertung in Arbeit!Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, in der Revisionssache des Z S, vertreten durch Mag. Stefan Errath, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Untere Viaduktgasse 6/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. März 2021, W123 2197201-1/34E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber ist Staatsangehöriger Serbiens und reiste als Minderjähriger gemeinsam mit seiner Familie aus Serbien im September 2014 in das Bundesgebiet ein. Am 30. September 2014 stellte seine Mutter für sich und ihre Kinder einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005, den sie mit der schlechten wirtschaftlichen Lage im Herkunftsstaat sowie der Zerstörung ihres Hauses durch ein Hochwasser begründete.
2 Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 14. Februar 2017, 144 Hv 1/2017y, wurde der Revisionswerber wegen des Verstoßes gegen § 50Paragraph 50, Abs. 1Absatz eins, Z 2 WaffGZiffer 2 W, a, f, f, G und wegen §§ 142Paragraphen 142, Abs. 1Absatz eins,, 143 Abs. 1Absatz eins, 2. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon 5 Monate unbedingt und 13 Monate bedingt nachgesehen auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt.
3 Mit Bescheid vom 24. April 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers (wie auch jene der übrigen Familienmitglieder) auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, erklärte die Abschiebung des Revisionswerbers nach Serbien für zulässig, legte keine Frist für die freiwillige Ausreise des Revisionswerbers fest, sprach aus, dass der Revisionswerber sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verloren habe und erließ gegen ihn ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot.
4 Dagegen erhob der Revisionswerber (ebenso wie seine Familienmitglieder) Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, das am 27. November 2018 eine mündliche Verhandlung durchführte.
5 Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 20. August 2019, wurde der Revisionswerber wegen § 142Paragraph 142, Abs. 1 StGBAbsatz eins S, t, G, B, zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, davon 5 Monate unbedingt und 10 Monate bedingt nachgesehen unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren und Anordnung der Bewährungshilfe verurteilt.
6 Mit Erkenntnis vom 17. September 2019 wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz erhobenen Beschwerden der übrigen Familienmitglieder nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in den Verfahren aller Familienmitglieder ab, erteilte jeweils keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und erklärte jeweils die Rückkehrentscheidung bis zum 1. September 2020 als vorübergehend unzulässig. Die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133Artikel 133, Abs. 4 BAbsatz 4 B,-VG erklärte das Bundesverwaltungsgericht als unzulässig.
7 Die vorübergehende Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung begründete das Bundesverwaltungsgericht mit der schweren Erkrankung des ebenfalls in Österreich aufhältigen Vaters des Revisionswerbers.
8 Die gegen diese Entscheidung erhobene Revision des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juli 2020, Ra 2019/20/0506, hinsichtlich des Bruders des Revisionswerbers und seiner Mutter zurückgewiesen und hinsichtlich seines Vaters aufgrund dessen Ablebens für gegenstandslos erklärt.
9 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer (weiteren) Verhandlung am 26. Jänner 2021 auch die Beschwerde des Revisionswerbers vollinhaltlich ab und sprach weiters aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133Artikel 133, Abs. 4 BAbsatz 4 B,-VG nicht zulässig sei.
10 Begründend führte das BVwG - soweit für das vorliegende Verfahren wesentlich - zur Rückkehrentscheidung aus, dass lediglich eine Schwester im Bundesgebiet über einen Aufenthaltstitel verfügt habe und die Rückkehrentscheidungen betreffend die übrigen Familienmitglieder bereits im Jahr 2020 in Rechtskraft erwachsen seien. Die Lebensgemeinschaft des Revisionswerbers und deren nähere Umstände bezog es in die von ihm durchgeführte Interessenabwägung ebenso mit ein, wie die Aufenthaltsdauer, die Deutschkenntnisse, die Erwerbs- und Kinderlosigkeit des Revisionswerbers sowie dessen strafgerichtliche Verurteilungen. Die öffentlichen Interessen würden jene des Revisionswerbers überwiegen. Bezüglich des Einreiseverbots führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die nach § 9 BFAParagraph 9 B, F, A,-VG durchgeführte Interessenabwägung eine Abstandnahme vom Einreiseverbot nicht rechtfertigen würde. Das in schwerwiegenden Straftaten gipfelnde Verhalten und die daraus resultierende Gefährdung öffentlicher Interessen stehe dem Interesse des Revisionswerbers an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber. Die Erlassung des Einreiseverbotes sei zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen dringend geboten und überwiege dies das Interesse des Revisionswerbers. Die mit fünf Jahren befristete Dauer des Einreiseverbots erachtete das BVwG für verhältnismäßig.
11 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision vom 13. Mai 2021. Am selben Tage wurde der Revisionswerber nach Serbien abgeschoben.
12 Nach Art. 133Artikel 133, Abs. 4 BAbsatz 4 B,-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133Artikel 133, Abs. 4 BAbsatz 4 B,-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133Artikel 133, Abs. 9 BAbsatz 9 B,-VG).
13 Nach § 34Paragraph 34, Abs. 1 VwGGAbsatz eins V, w, G, G, sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133Artikel 133, Abs. 4 BAbsatz 4 B,-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34Paragraph 34, Abs. 3 VwGGAbsatz 3 V, w, G, G, in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
14 Nach § 34Paragraph 34, Abs. 1aAbsatz eins a, VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133Artikel 133, Abs. 4 BAbsatz 4 B,-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25aParagraph 25 a, Abs. 1 VwGGAbsatz eins V, w, G, G, nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133Artikel 133, Abs. 4 BAbsatz 4 B,-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28Paragraph 28, Abs. 3 VwGGAbsatz 3 V, w, G, G,) zu überprüfen.
15 Die vorliegende außerordentliche Revision richtet sich, wie sich aus der Formulierung der Revisionspunkte ergibt, ausschließlich gegen die Rückkehrentscheidung und das damit verbundene Einreiseverbot (vgl.vergleiche zur Festsetzung des Prozessgegenstandes im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch den Revisionspunkt etwa VwGH 20.10.2021, Ra 2020/20/0285, mwN) und begründet dies mit Feststellungs- und Begründungsmängeln sowie einem Verstoß gegen die Verhandlungspflicht und fehlender Rechtsprechung zur neuerlichen Durchführung einer Verhandlung.
16 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass in Bezug auf ein Erkenntnis (oder einen Beschluss) eines Verwaltungsgerichtes eine Rechtswidrigkeit vorliegt, wenn das Verwaltungsgericht entgegen der Bestimmung des § 25Paragraph 25, Abs. 7Absatz 7, zweiter Satz VwGVG trotz geänderter Zusammensetzung des Senates oder Zuweisung an einen anderen Einzelrichter die Verhandlung nicht wiederholt hat (vgl.vergleiche VwGH 19.2.2020, Ra 2019/14/0509, mwN).
17 Der Verwaltungsgerichtshof hat auch in ständiger Rechtsprechung klargestellt, dass die im Beschwerdeverfahren eingeräumte Möglichkeit (dort: zum Inhalt aktueller Länderberichte zur Situation im Herkunftsstaat) schriftlich Stellung zu nehmen, grundsätzlich die Durchführung einer Verhandlung nicht ersetzen kann (vgl.vergleiche VwGH 10.7.2018, Ra 2018/01/0080, mwN).
18 Entgegen dem Vorbringen in der Revision hat das Bundesverwaltungsgericht eine Verhandlung durchgeführt. Zunächst am 27. November 2018 und zuletzt am 26. Jänner 2021 nach erfolgtem Richterwechsel durch Abnahme und Neuzuteilung der Rechtssache mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. April 2020.
19 Zu dieser letzten Verhandlung im Jänner 2021 wurde der Revisionswerber im Dezember 2020 zu Handen seines damaligen Rechtsvertreters, einem näher genannten Verein, nachweislich und ordnungsgemäß geladen, ebenso erging eine nachrichtliche Verständigung an die BBU GmbH. Dass der Revisionswerber die an den Verein erteilte Vollmacht widerrufen hätte, ergibt sich weder aus der Revision noch aus dem vorliegenden Akt des Bundesverwaltungsgerichts (vgl.vergleiche zur Fortwirkung einer vom gesetzlichen Vertreter namens einer minderjährigen Person erteilten Vollmacht nach Eintritt der Volljährigkeit grundsätzlich VwGH 23.2.1995, 94/06/0185). Der Revisionswerber blieb dieser Verhandlung vielmehr unentschuldigt fern. Schon deshalb vermag der Revisionswerber mit dem Vorbringen, es habe keine Verhandlung stattgefunden ebensowenig durchzudringen wie - im Hinblick auf die oben zitierte Rechtsprechung - mit dem bloßen Vorbringen, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob ein Parteiengehör eine Verhandlung ersetzen könne.
20 Werden weiters Verfahrensmängel - wie hier Feststellungs-, Begründungs- und Ermittlungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt (in Bezug auf Feststellungsmängel) voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl.vergleiche VwGH 4.11.2021, Ra 2021/14/0333 bis 0334, mwN). Eine entsprechende Darstellung jener Tatsachen, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten, lässt die Revision vermissen. Mit dem bloß kursorischen Vorbringen, es hätte erhoben werden müssen, ob bestimmte Umstände (im Zusammenhang mit der Rückkehrentscheidung und dem Einreiseverbot) vorlägen, wird nicht konkret dargetan, welche - weiteren - Feststellungen - allenfalls nach welchen weiteren Erhebungen - konkret hätten getroffen werden können.
21 Das Erfordernis der Darlegung der Relevanz gilt auch in jenem Fall, in dem geltend gemacht wird, das Verwaltungsgericht hätte nach bereits erfolgter Verhandlung eine weitere Tagsatzung anberaumen müssen (vgl.vergleiche VwGH 26.4.2021, Ra 2021/20/0006, mwN). Auch dazu gelingt es der Revision mit dem Verweis auf das dem Revisionswerber gewährte Parteiengehör zu Fragen seines Familien- und Privatlebens und seiner Stellungnahme nicht, die Relevanz dieses behaupteten Mangels darzulegen.
22 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133Artikel 133, Abs. 4 BAbsatz 4 B,-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34Paragraph 34, Abs. 1Absatz eins und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 30. August 2022
Schlagworte
Auswertung in Arbeit!European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021140170.L00Im RIS seit
22.09.2022Zuletzt aktualisiert am
22.09.2022