Gbk 2022/7/11 GBK II/461/21

JUSLINE Allgemeines Dokument

Veröffentlicht am 11.07.2022
beobachten
merken

Diskriminierungsgrund

Alter

Diskriminierungstatbestand

Diskriminierung auf Grund des Alters bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses

Text

Senat II der Gleichbehandlungskommission

Anonymisiertes Prüfungsergebnis GBK II/461/21 gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) hat über den Antrag von Herrn Dr. A (in Folge: Antragsteller) wegen behaupteter Diskriminierung auf Grund des Alters bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG durch B (in Folge: Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Aktenverfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO, BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013, erkannt:

Eine Diskriminierung des Antragstellers auf Grund des Alters bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin

l i e g t n i c h t v o r.

VORBRINGEN

Im Antrag wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass sich der Antragsteller bei der Antragsgegnerin über das Online-Bewerbungsportal für 2 Positionen – „Erfahrene/r JuristIn mit Schwerpunkt … (m/w/d)“ und „Erfahrene/r JuristIn mit Schwerpunkt … (m/w/d)“ - beworben habe.

Beide Positionen seien einerseits über das B-Portal und andererseits über das AMS inseriert gewesen. Bei beiden Positionen habe er einen Tag später die automatisierten Absagen erhalten, dass „dass die ausgeschriebene Stelle derzeit nicht besetzt wird. Aus diesem Grund können wir Ihre Bewerbung für diese Position nicht weiter berücksichtigen.".

Beide Stellen seien nach den Absagen weiterhin für einen langen Zeitraum inseriert gewesen. Seiner Rechtansicht nach handle es sich konkret um ein Scheinargument, indem man ihm faktisch im Ergebnis keinen Grund für die Absage nenne.

Ergänzend gab er an, dass er 53 Jahre alt und als Jurist in der Privatwirtschaft, im öffentlichen Dienst und im semi-öffentlichen Dienst tätig gewesen sei. Sein beruflicher Werdegang decke sich in hohem Grad mit der Stellenannonce.

Dass ohne zwingende Angabe zum Alter keine Bewerbung über das Onlineportal möglich gewesen sei, die Absage umgehend erfolgt und dieselben Stellen rasch wieder online ausgeschrieben worden seien, seien für ihn Indizien für seine Diskriminierung auf Grund des Alters bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses, ebenso wie die erfolgte Ablehnung ohne Grund, welche für ihn ebenfalls ein Indiz für seine Diskriminierung sei.

In der Stellungnahme der Antragsgegnerin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Antragsteller sich bei der Antragsgegnerin für die Stellen „Erfahrene/r JuristIn mit Schwerpunkt … (m/w/d)“ und „Erfahrene/r JuristIn mit Schwerpunkt ... (m/w/d)“ beworben habe.

Zum Zeitpunkt der Bewerbung des Antragstellers habe die Antragsgegnerin bereits anderen Personen für diese Positionen zugesagt. Aus diesem Grund hätten alle anderen Bewerber und Bewerberinnen, welche sich ebenfalls zu diesem Zeitpunkt für die ausgeschriebenen Stellen beworben hätten - und somit auch der Antragsteller - Absagen erhalten.

Typischerweise lasse die Antragsgegnerin Stellenausschreibungen noch für eine kurze Zeit nach bereits getätigter Zusage veröffentlicht, bis der gesamte Einstellungsprozess der zugesagten Personen abgeschlossen sei. Darunter falle etwa die Ausfertigung und Übermittlung der jeweiligen Verträge und deren Unterschrifteneinholung. Die Vertragsunterzeichnung finde in der Regel nämlich erst zu einem späteren Zeitpunkt statt. Des Weiteren würden Bewerber bzw. Bewerberinnen oftmals vor dem tatsächlichen Dienstantritt absagen, sodass die zuständige HR-Abteilung die „Pipeline“ entsprechend füllen wolle, um der Antragsgegnerin gegebenenfalls kurzfristig andere Bewerber bzw. Bewerberinnen anbieten zu können.

Es werde jedoch vom Antragsteller vorgebracht, dass beide Stellen, für welche er sich beworben habe, weiterhin für einen langen Zeitraum inseriert gewesen seien. Als Beweis füge er drei Stellenangebote der B–Jobbörse an. Wie jedoch bereits an den Stellenbezeichnungen und an den Ausschreibungsnummern zu erkennen sei, handle es sich hierbei um andere Stellenausschreibungen.

In der Folge seien nämlich beide Stellenanzeigen, auf die sich der Antragsteller beworben habe, offline genommen worden, da sie besetzt worden seien.

Bedauerlicherweise habe der Antragsteller, wie von ihm richtig vorgebracht, eine Absage unter dem Hinweis, „dass die ausgeschriebene Stelle derzeit nicht besetzt wird“ erhalten. Hierbei sei es zu einem Eingabefehler im System der Antragsgegnerin gekommen, wodurch der falsche Absagegrund verschickt worden sei.

Der richtige Grund sei gewesen, wie bereits vorgebracht, dass die Antragsgegnerin bereits anderen Personen für die Positionen zugesagt habe.

Darüber hinaus werde angemerkt, dass für die Stelle „Erfahrene/r JuristIn mit Schwerpunkt … (m/w/d)“ vorzugsweise jemand mit Rechtsanwaltsprüfung gesucht worden sei - diese Anforderung habe der Antragsteller nicht erfüllt.

Zusammengefasst sei daher der Grund für die Absage beim Antragsteller nicht sein Alter, sondern die Tatsache gewesen, dass bereits andere Personen für diese Stellen Zusagen erhalten hätten.

An dieser Stelle werde auch angemerkt, dass man sich unter anderem für eine Person entschieden habe, der/die bereits über 40 Jahre alt gewesen seien.

Der Antragsteller behaupte kurz zusammengefasst, dass er bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses auf Grund seines Alters diskriminiert worden sei. Diese unsubstantiierte Behauptung werde bestritten und sei unrichtig, wie im Folgenden aufgezeigt werde:

Vorauszuschicken sei, dass B als einer der größten Arbeitgeber Österreichs sowie ein im Fokus der Öffentlichkeit stehender Arbeitgeber seine Vorbildrolle im Bereich der Antidiskriminierung sehr ernst nehme. Er trete entschieden gegen jegliche Art von Diskriminierung ein.

In diesem Zusammenhang sei beispielhaft darauf zu verweisen, dass ein eigenes Gleichstellungsmanagement implementiert, eine Gleichstellungsbeauftragte bestellt sowie eine Gleichstellungspolicy, die auch die Antragsgegnerin unterschrieben habe, abgeschlossen worden sei.

Mit dem Voranschreiten des demographischen Wandels werde bei B dem Thema "Alter" eine immer größere Bedeutung zugeschrieben. Um innovativ und wettbewerbsfähig zu bleiben, sei eine Integration von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen unterschiedlicher Altersgruppen erforderlich.

Dabei werde größter Wert darauf gelegt, dass niemand unmittelbar oder mittelbar auf Grund seines Alters diskriminiert werde. Das gelte selbstverständlich nicht nur für bestehende Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von B, sondern auch für Bewerber und Bewerberinnen bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses.

Das zeige sich auch deutlich am Durchschnittsalter bei B bei 44,4 Jahren (exklusive Lehrlinge) liege.

Die genannten Maßnahmen würden eindeutig Zeugnis darüber abgeben, dass im Unternehmen der Antragsgegnerin die Themen Gleichstellung, Diversity und Antidiskriminierung oberste Priorität hätten und dass Gleichbehandlung im betrieblichen Alltag auch tatsächlich stattfinde und gelebt werde.

Auch auf der Bewerbungsplattform von B habe Gleichstellung, Diversity und Antidiskriminierung oberste Priorität, weshalb sämtliche Stellenausschreibungen dem Gebot des § 23 Gleichbehandlungsgesetzes (GlBG) entsprechen würden und kein Bewerber und keine Bewerberin auf Grund des Alters, Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, Religion und Weltanschauung, sexueller Orientierung oder Behinderung benachteiligt werde.

Der Antragsteller bringe vor, dass er sich ohne Altersangabe auf der Bewerbungsplattform für die ausgeschriebenen Stellen überhaupt nicht bewerben hätte können und seine Bewerbungen daher in altersdiskriminierender Weise behandelt worden seien.

Dem könne entgegengehalten werden, dass der Senat II der Gleichbehandlungskommission erst jüngst in einer Entscheidung zu dem Ergebnis gekommen sei, dass „bei der Abfrage eines Personenstandsmerkmals, wie etwa das Geburtsdatum, auf einer Online-Plattform ArbeitgeberInnen nicht von vornherein und ohne weitere Indizien eine Diskriminierungsabsicht im Hinblick auf ältere ArbeitnehmerInnen unterstellt werden darf, da gerade in durch den demographischen Wandel bedingten Zeiten knapper werdender Personalresourcen die (Berufs-)Erfahrung älterer ArbeitnehmerInnen für ArbeitgeberInnen zunehmend eine interessante Ressource darstellen kann […]“.

Insofern kann also der Argumentation, dass bereits allein die verpflichtende Angabe des Geburtsdatums auf einer Online-Bewerbungsplattform altersdiskriminierend sein soll, seitens des Senates nicht gefolgt werden, zumal – der Argumentationslinie der Antragsgegnerin folgend – das ungefähre Lebensalter einer Person bereits aus den in einem Lebenslauf üblichen Angaben betreffend die Absolvierung von Schulzeiten eingeschätzt werden könne und somit eine Aussonderung von Bewerbungen älterer Personen auch anhand dieser Angaben ohne großen Aufwand erfolgen könnte.

Auch im gegenständlichen Fall habe sich das „fortgeschrittene“ Alter des Antragstellers bereits aus der freiwillig in seinem Lebenslauf angegebenen langjährigen Berufserfahrung erschließen lassen.

Nichtsdestotrotz sei es ungeachtet dieser Entscheidung im Bewerbungsmanagementsystem der Antragsgegnerin zu einer Änderung gekommen und die Altersangabe sei kein Pflichteingabefeld mehr. Seit diesem Zeitpunkt sei daher die Altersangabe bei allen neu erstellten Stellenausschreibungen für externe Bewerber und Bewerberinnen optional.

Im gegenständlichen Fall sei die Stelle „Erfahrene/r JuristIn mit Schwerpunkt … (m/w/d)“ … angelegt worden, weshalb es sich bei der Altersangabe für diese Stelle um kein Pflichtfeld mehr gehandelt habe.

Richtig sei, dass die Altersangabe für die Stelle „Erfahrene/r JuristIn mit Schwerpunkt … (m/w/d)“ noch ein Pflichtfeld gewesen sei, da diese Stelle … angelegt worden sei.

Es werde diesbezüglich jedoch auf Ausführungen in der oben zitierten Entscheidung verwiesen.

Allein im letzten Jahr seien bei der Antragsgegnerin 12 externe Bewerber und Bewerberinnen im Alter von 50+ neu aufgenommen sowie 1 Person im Alter von 50+ reaktiviert worden. Darunter seien auch 6 externe Personen gewesen, die bei der Aufnahme über 55 Jahre alt gewesen seien.

Die Absagen beim Antragsteller seien daher keineswegs auf Grund seines Alters erfolgt. Der Vollständigkeit halber werde nochmals darauf hingewiesen, dass der Grund für die Absage beim Antragsteller nicht sein Alter, sondern die Tatsache, dass für die beiden Stellen bereits anderen besser geeigneten Bewerbern bzw. Bewerberinnen zugesagt worden sei, gewesen.

Das Vorliegen einer unmittelbaren bzw. mittelbaren Diskriminierung werde ausdrücklich bestritten. Die Antragsgegnerin habe sich für andere Bewerber bzw. Bewerberinnen entschieden, weil man sich bereits für diese entschieden gehabt hätte. Die Absage sei jedenfalls in keinerlei Zusammenhang mit dem Alter des Antragstellers gestanden und rechtmäßig gewesen.

PRÜFUNGSGRUNDLAGEN

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission (GBK) stu?tzt sein Prüfungsergebnis auf die schriftlichen Vorbringen des Antragstellers und der Antragsgegnerin.

Von einer Befragung von Auskunftspersonen wurde abgesehen, da die vorliegenden Unterlagen zu einer Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes ausreichend waren (§ 11 Abs. 4 Gleichbehandlungskommissions-Geschäftsordnung).

Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass das GlBG die GBK nicht zur Prüfung von jeglichen Vorwürfen auf Grund einer subjektiv empfundenen Ungerechtigkeit oder von Mobbing im Allgemeinen ermächtigt, sondern dass sich die Kognitionsbefugnis der GBK ausschließlich auf die Prüfung von Diskriminierungsvorwürfen im Zusammenhang mit den in § 17 genannten Gründen beschränkt, wobei dieser Zusammenhang bei Antragseinbringung vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin glaubhaft zu machen ist.

Für eine solche Glaubhaftmachung genügt nach der Rsp zwar eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei der zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist. Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des Antragstellers sprechen als dagegen (OGH 9 ObA 144/14p, ARD 6455/14/2015 = Arb 13.203; 9 ObA 177/07f, ZAS 2009/29, 186 [Klicka] = DRdA 2010/11, 137 [Eichinger]; vgl. auch Windisch-Graetz, in ZellKomm3 [2018] § 12 GlBG Rz 16). Wird zB eine Bewerbung mit dem Hinweis abgelehnt, man verfüge über keine Sanitäreinrichtungen für männliche Mitarbeiter, liegt ein starkes Indiz für eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts vor (OGH 9 ObA 46/04m, ecolex 2004, 420 = ASoK 2005, 26).

Wesentlich ist dabei, dass das GlBG von einem gestuften Beweislastmodell ausgeht (dazu eingehend Weberndorfer, Glaubhaftmachung von Diskriminierung am Arbeitsplatz, in Ulrich/Rippatha, Glaubhaftmachung von Diskriminierung – Hilfe oder Hemmnis beim Rechtszugang [2018] 35 [72]). Der Antragsteller bzw. die Antragstellerin ist aufgefordert, das verpönte Merkmal sowie die darauf basierende Benachteiligung zu benennen und mittels ausführlicher Darstellung des Geschehens zu konkretisieren. Der Senat der GBK ist dabei von der Richtigkeit und vom Vorliegen der entscheidungsrelevanten Tatsachen zu überzeugen mit dem Ziel, die Kausalität einer besonderen Eigenschaft (hier Alter) mit einer Benachteiligung so zu verknüpfen, dass der damit befasste Senat der GBK vom Vorliegen einer Diskriminierung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit überzeugt ist.

Erst wenn dies gelungen ist, obliegt es dem Antragsgegner bzw. der Antragsgegnerin in einem weiteren Schritt zu beweisen, dass ein anderer als der glaubhaft gemachte Grund für die Ungleichbehandlung maßgeblich war (so überzeugend Weberndorfer, in Ulrich/Rippatha, Glaubhaftmachung von Diskriminierung 72).

BEGRÜNDUNG

Der Senat II der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004 idgF, lauten:

§ 17. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf in Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

1. bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses

[…]“

„§ 19. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 17 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, oder Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Orientierung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.“

Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren anzumerken, dass gemäß § 26 Abs. 12 GlBG eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 17, 18 oder 21 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) eine „Bescheinigung“ des behaupteten nach dem GlBG verbotenen Motivs, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist. Vereinfacht gesagt muss – wie bereits oben ausgeführt – mehr für die Darstellung des Antragstellers oder der Antragstellerin sprechen als dagegen (vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen).

Das Diskriminierungsverbot des § 17 Abs. 1 Z 1 GlBG begründet keinen Anspruch auf die Begründung eines bestimmten Arbeitsverhältnisses, sondern konkretisiert vorvertragliche Sorgfaltspflichten, die ein anerkanntes Element des arbeitsrechtlichen Schutzprinzips darstellen und bei deren Verletzung als Rechtsfolge Schadenersatzansprüche zugunsten der diskriminierten Person vorgesehen sind. Dieses Diskriminierungsverbot ist dabei extensiv zu interpretieren - alle mit dem Zustandekommen eines Arbeitsvertrages in Zusammenhang stehenden Vorgänge sind hiervon umfasst.

In einem Verfahren vor einem Senat der Gleichbehandlungskommission soll grundsätzlich nicht das jeweilige Auswahlverfahren wiederholt werden, sondern es soll überprüft werden, ob die Entscheidung, die zur Ablehnung eines Bewerbers oder einer Bewerberin geführt hat, transparent, objektiv und sachlich nachvollziehbar war, wenn dem Bewerber bzw. der Bewerberin eine Glaubhaftmachung der Diskriminierung iSd § 26 Abs 12 GlBG gelungen ist.

Wenn dem Antragsteller oder der Antragstellerin die Glaubhaftmachung von Umständen, die einen nachvollziehbaren Zusammenhang zwischen der Nichtbegründung des Arbeitsverhältnisses und dessen/deren Alter herstellen, gelungen ist, obliegt es dem Antragsgegner oder der Antragsgegnerin zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom Antragsgegner oder der Antragsgegnerin glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne der §§ 19 Abs. 2 oder 20 GlBG vorliegt.

Der Senat geht bei seiner Prüfung von folgenden Erwägungen aus:

Der Antragsteller hat auf seine Bewerbung eine – wie sich im Verlauf des Verfahrens herausgestellt hat – nicht richtig begründete Absage der Antragsgegnerin erhalten.

Entgegen der Darstellung im Absageschreiben an den Antragsteller, dass die Stelle nicht besetzt worden sei, hat die Antragsgegnerin im GBK-Verfahren jedoch für den Senat glaubhaft argumentiert, dass zu dem für den Antragsteller relevanten Zeitpunkt bereits anderen Personen Zusagen erteilt worden seien.

Auch der dabei ins Treffen geführte Umstand, dass – entsprechend den auch dem Senat bekannten Realitäten in Recruitingprozessen – Absagen oftmals erst kurz vor Dienstantritt bzw. überhaupt keine Dienstantritte erfolgen würden, erschien dem Senat lebensnah und nachvollziehbar. Die daraus resultierende Praxis der Antragsgegnerin, Stellenanzeigen über die konkrete Zusage an eine Person hinaus eine Zeitlang weiterhin online zu belassen, bis der tatsächliche Dienstantritt erfolgt ist, ist – sofern sich im Einzelfall kein Hinweis auf ein diskriminierendes Verhalten bzw. eine allfällige Diskriminierungsabsicht des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin ergibt – daher per se nicht zu kritisieren.

Für das Verfahren vor der GBK müssen für eine gesetzeskonforme Glaubhaftmachung einer behaupteten Diskriminierung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses bereits ein oder mehrere Anhaltspunkte zum Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen, die über eine bloße und nicht weiter belegte Vermutung, dass z.B. das Alter im Auswahlverfahren eine Rolle spielen könnte, hinausgehen; so beispielsweise durch eine auf einen Diskriminierungsgrund des § 17 GlBG gerichtete konkrete Bezugnahme im Bewerbungsgespräch oder im Absageschreiben.

Als keine ausreichende Glaubhaftmachung ist es hingegen anzusehen, wenn ein Antragsteller oder eine Antragstellerin versucht, erst aus der Stellungnahme des Antragsgegners oder der Antragsgegnerin überhaupt das Substrat für das von ihm/ihr behauptete Vorliegen einer Diskriminierung zu gewinnen.

Aus einer verpflichtenden Angabe des Geburtsdatums (und somit dem daraus möglichen Rückschluss auf das Alter eines Bewerbers oder einer Bewerberin) auf einer Online-Bewerbungsplattform per se und losgelöst von weiteren Indizien auf eine unzulässige Benachteiligung von älteren Personen zu schließen, wäre implizit eine a priori-Unterstellung einer Diskriminierungsabsicht durch einen potentiellen Arbeitgeber oder eine potentielle Arbeitgeberin. Dem ist aus Sicht des Senates entgegenzuhalten, dass – auch wenn für den Senat die oftmals schwierige Situation älterer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Bewerbungssituationen evident ist – bei der Abfrage eines Personenstandsmerkmals, wie etwa dem Geburtsdatum, auf einer Online-Plattform Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen nicht von vornherein und ohne weitere Indizien eine Diskriminierungsabsicht älterer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen unterstellt werden darf.

Gerade in durch den demographischen Wandel bedingten Zeiten knapper werdender Personalressourcen ist die (Berufs-)Erfahrung älterer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen für Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen zunehmend – auch im Hinblick auf die mittlerweile vielerorts beklagte und auch medial immer wieder thematisierte Personalnot in Unternehmen – eine nicht unbedeutende Ressource.

Im Hinblick auf die Frage, ob im konkreten Fall gemäß den Beweismaßregeln des GlBG überhaupt eine Glaubhaftmachung der vom Antragsteller behaupteten Diskriminierung auf Grund des Alters erfolgt ist, wird festgestellt, dass der Antragsteller nach Meinung des Senates mangels einer gemäß den Ausschreibungsvoraussetzungen hinreichend einschlägigen beruflichen Vorerfahrung in den von der Antragsgegnerin gewünschten Bereichen für die in Rede stehenden Positionen als nicht ausreichend geeignet anzusehen ist.

Gemäß den gestuften Beweislastregeln des GlBG ist es dem Antragsteller daher nicht gelungen, dem Senat glaubhaft zu machen, dass der von ihm für die Nichtbegründung eines Arbeitsverhältnisses zur Antragsgegnerin behauptete Grund des Alters für die Ablehnung seiner Bewerbung durch die Antragsgegnerin (mit)ausschlaggebendes Kriterium gewesen sei. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die in Bezug auf die annoncierten Kriterien der Antragsgegnerin zu wenig einschlägige Qualifikation des Antragstellers – und nicht dessen Lebensalter – für die Entscheidung, dem Antragsteller abzusagen, (mit)ausschlaggebend gewesen ist.

Aus diesem Umstand folgt, dass gemäß den Beweismaßregeln des GlBG die Beweislast somit formal nicht auf die Antragsgegnerin übergegangen ist.

Ungeachtet dessen hat der Senat die Argumentation der Antragsgegnerin, dass bereits anderen, einschlägiger qualifizierten Personen jeweils eine Jobzusage erteilt worden ist, als glaubhaft, lebensnah und auch dem Stand des Unternehmens als einem der größten heimischen Arbeitgeber mit differenzierter Gleichstellungspolicy gerecht werdend eingestuft, weshalb das Vorliegen einer Diskriminierung des Antragstellers auf Grund des Alters bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses in Bezug auf beide Positionen zu verneinen war.

Zuletzt aktualisiert am

15.09.2022
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten