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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §28;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der "X" Luftfahrzeugvermietung Gesellschaft mbH in W, vertreten durch Dr. A in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 3. November 1993, Zl 6/2-78/5/93-10, betreffend Veranlagung zur Umsatzsteuer 1991, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin betätigt sich schwerpunktmäßig mit der Vermietung von Luftfahrzeugen. Laut Gesellschaftsvertrag umfaßt der Gegenstand des Unternehmens der Beschwerdeführerin auch den Handel mit Waren aller Art. In einer berichtigten Umsatzsteuervoranmeldung für September 1991 wies die Beschwerdeführerin unter Anschluß einer Rechnung über den Ankauf eines Personenkraftwagens, Marke Mercedes Benz Type 600 SLE, ua eine diesbezügliche Vorsteuer in Höhe von S 428.031,-- aus. Über Vorhalt des Finanzamtes wurde mitgeteilt, daß dieser Personenkraftwagen nicht für Leasingzwecke angekauft, sondern unverzüglich an einen Kunden in München weiterverkauft worden sei.
Mit Bescheid vom 4. Dezember 1991 wies das Finanzamt das Ansuchen um Berichtigung der Umsatzsteuervoranmeldung ab. Der Erwerb eines einzigen Personenkraftwagens zum Verkauf stelle keinen solchen zur gewerblichen Weiterveräußerung im Sinne des § 12 Abs 2 Z 2 lit c UStG 1972 dar. Eine dagegen eingebrachte Berufung wurde nach den Verwaltungsakten mit Bescheid vom 26. August 1992 infolge Zurücknahme der Berufung gemäß § 256 Abs 3 BAO als gegenstandslos erklärt.
Am 2. Februar 1992 langte beim Finanzamt die Umsatzsteuererklärung 1991 ein, in welcher eine Vorsteuer von insgesamt S 620.843,-- ausgewiesen ist.
Am 11. Februar 1993 stellte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde einen Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht hinsichtlich der Veranlagung zur Umsatzsteuer 1991. Über Vorhalt der belangten Behörde legte die Beschwerdeführerin eine Reihe von Unterlagen vor, welchen zu entnehmen ist, daß die geltend gemachte Vorsteuer auch eine solche für den Ankauf des oben genannten Personenkraftwagens enthält.
Mit dem angefochtenen Bescheid veranlagte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf den Devolutionsantrag zur Umsatzsteuer 1991, wobei im Gesamtbetrag der Entgelte der (in der Folge steuerfrei behandelte) Verkauf des Personenkraftwagens erfaßt, die für dessen Ankauf geltend gemachte Vorsteuer jedoch nicht anerkannt wurde. In der Begründung wurde zunächst auf eine Beantwortung eines nach der Geschäftszahl näher bezeichneten Vorhaltes (vom 13. Mai 1992) hingewiesen, wonach "derzeit keine weiteren Autoankäufe getätigt wurden". Nach Wiedergabe der §§ 2 Abs 1 und 12 Abs 2 Z 2 lit c UStG 1972 vertrat die belangte Behörde gestützt auf Kranich-Siegl-Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, Tz 94 zu § 2 und das hg Erkenntnis vom 20. Jänner 1986, 84/15/0074, die Ansicht, daß eine einmalige Handlung das Erfordernis der Nachhaltigkeit in der Regel nicht erfülle. Nur wenn aus den Umständen des Falles auf den Willen geschlossen werden könne, das Geschäft bei sich bietender Gelegenheit zu wiederholen, genüge ein einmaliger Umsatz für die Annahme der Nachhaltigkeit. Die Beschwerdeführerin betreibe ein Luftfahrzeugvermietungsunternehmen; besondere Umstände, die in bezug auf den Unternehmensgegenstand "Autohandel" eine Wiederholungsabsicht erkennen ließen, lägen nicht vor. Der einmalige An- und Verkauf eines Personenkraftwagens erfülle somit nicht den Tatbestand eines gewerblichen Autohandels im Sinne des § 2 bzw der gewerblichen Weiterveräußerung im Sinne des § 12 Abs 2 Z 2 lit c UStG.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den VfGH, welcher deren Behandlung aber mit Beschluß vom 13. Juni 1994, B 126/94-3, ablehnte und sie über nachträglichen Antrag mit Beschluß vom 20. Juli 1995 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf richtige Berechnung der Umsatzsteuer 1991, insbesondere im Recht "auf den strittigen Vorsteuerabzug" für den Ankauf des Personenkraftwagens verletzt und beantragt Bescheidaufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens (mit Ausnahme des oben erwähnten Vorhaltes vom 13. Mai 1992) vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs 1 UStG 1972 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfaßt die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
Gemäß § 12 Abs 2 Z 2 lit c UStG 1972 in der für das Streitjahr geltenden Fassung gelten nicht als für das Unternehmen ausgeführt Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Zusammenhang mit der Anschaffung (Herstellung), Miete oder dem Betrieb von Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen oder Krafträdern stehen, ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge, Vorführkraftfahrzeuge, Kraftfahrzeuge, die ausschließlich zur gewerblichen Weiterveräußerung bestimmt sind, sowie Kraftfahrzeuge, die zumindest 80 % dem Zweck der gewerblichen Personenbeförderung oder der gewerblichen Vermietung dienen.
Nicht in Zweifel gezogen hat die belangte Behörde, daß der Beschwerdeführerin Unternehmereigenschaft im Sinne des § 2 Abs 1 UStG 1972 zukommt. Die belangte Behörde vertritt aber die Ansicht, daß der einmalige An- und Verkauf eines Personenkraftwagens nicht den Tatbestand eines gewerblichen Autohandels im Sinne des § 2 bzw der gewerblichen Weiterveräußerung im Sinne des § 12 Abs 2 Z 2 lit c UStG 1972 erfülle, weil eine einmalige Handlung das Erfordernis der Nachhaltigkeit in der Regel nicht erfülle, besondere Umstände, die in bezug auf den Unternehmensgegenstand "Autohandel" eine Wiederholungsabsicht erkennen ließen, aber nicht vorlägen.
Demgegenüber vertritt die Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Ansicht, daß bei gegebener Unternehmereigenschaft der Unternehmer durch sein Tätigwerden im Rahmen seines Unternehmens das Erfordernis der gewerblichen ("gewerbsmäßigen") Weiterveräußerung des Personenkraftwagens automatisch (mit)erfülle, weshalb es nicht gerechtfertigt sei, die gewerbliche Weiterveräußerung im Sinn einer zusätzlichen nachhaltigen Tätigkeit zu fordern.
Der Beschwerdeführerin ist einzuräumen, daß im Fall einer infolge nachhaltiger Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen bestehenden Unternehmereigenschaft (§ 2 Abs 1 UStG 1972) die Nachhaltigkeit nicht für jedes einzelne Tätigkeitsgebiet des Unternehmens gegeben sein muß (vgl Kranich-Siegl-Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, Rz 151 zu § 2). Dennoch kann der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht gefolgt werden, daß es verfehlt sei, für die Frage der Zulässigkeit des Vorsteuerabzuges für den Ankauf eines Personenkraftwagens neuerlich zu prüfen, ob eine nachhaltige Betätigung im Sinn eines gewerblichen Autohandels vorliegt, weil dies dem umsatzsteuerlichen Prinzip der Unternehmenseinheit widerspräche bzw im Gesetzeswortlaut keine Deckung fände. § 12 Abs 2 Z 2 lit c UStG 1972 fingiert nämlich im Zusammenhang mit Personenkraftwagen einen außerunternehmerischen Bereich, von welchem ua nur abgegangen werden kann, wenn auch die mit dem Personenkraftwagen im Zusammenhang stehende Betätigung - isoliert betrachtet - eine gewerbliche und insofern nachhaltige Betätigung darstellt.
Ihre Beurteilung einer nicht gegebenen gewerblichen (insbesondere nachhaltigen) Betätigung im Zusammenhang mit der Weiterveräußerung des Personenkraftwagens stützt die belangte Behörde aber auf eine Vorhaltsbeantwortung vom 13. Mai 1992, wonach "derzeit" keine weiteren Autoankäufe getätigt "wurden". Da diese Vorhaltsbeantwortung in den vorgelegten Verwaltungsakten ebensowenig enthalten ist wie der Vorhalt selbst, kann weder die Art der Fragestellung nachvollzogen, noch die entsprechend zitierte Antwort verifiziert werden. Die Beschwerdeführerin führt dazu in der Beschwerde aus, daß angefragt worden wäre, ob die Beschwerdeführerin bis zur Anfrage noch ein weiteres derartiges Geschäft getätigt hätte. Geht man von dieser Fragestellung aus, so ist diese aber tatsächlich nicht geeignet, den Sachverhalt in einer Weise zu ermitteln, daß eine Beurteilung der Frage möglich wäre, ob in bezug auf die Weiterveräußerung von Personenkraftwagen eine gewerbliche, insbesondere nachhaltige Betätigung anzunehmen oder auszuschließen ist, weil für die Annahme einer nachhaltigen Betätigung die Wiederholungsabsicht ausreicht (vgl Kranich-Siegl-Waba, aaO, Rz 94a f zu § 2 UStG 1972). Das Vorliegen einer Wiederholungsabsicht wird freilich nicht auf bloße Bekundungen des Abgabepflichtigen gestützt werden können, sondern müßte durch nach außen in Erscheinung tretende Umstände objektivierbar sein.
Der Sachverhalt bedarf daher in einem wesentlichen Punkt der Ergänzung, weshalb der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b VwGG aufzuheben war, wobei von der beantragten Verhandlung aus dem Grunde des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden konnte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995130178.X00Im RIS seit
20.11.2000