TE Lvwg Erkenntnis 2020/10/12 LVwG-2020/13/1858-1

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Veröffentlicht am 12.10.2020
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Entscheidungsdatum

12.10.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §64
GebAG 1975 §5a Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Dr.in Strele über die Beschwerde des AA, in **** Z, Adresse 1, gegen die mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 07.08.2020, Zl ***, auferlegte Verpflichtung zur Bezahlung von Barauslagen (Alkotest, Blutalkoholbestimmung und Drogentest),

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und das Straferkenntnis in seinem Ausspruch, der Beschwerdeführer habe Barauslagen in Höhe von Euro 780,00 (Barauslagen für den Alkotest, die Blutalkoholbestimmung und den Drogentest) zu bezahlen, behoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Angefochtener Bescheid, Beschwerdevorbringen und Beweisaufnahme:

Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 07.08.2020, Zl ***, wurde dem nunmehrigen Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe am 23.06.2020 um 23.57 Uhr in **** Z, Adresse 2, den LKW mit dem Kennzeichen *** gelenkt, obwohl er sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden habe.

Dem Beschwerdeführer wurde damit eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs 1 in Verbindung mit § 99 Abs 1b StVO angelastet und es wurde über ihn gemäß § 99 Abs 1b StVO eine Geldstrafe in Höhe von Euro 800,00 verhängt. Für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser Geldstrafe wurde eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Tagen festgesetzt. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag zum Verfahren der Verwaltungsbehörde in Höhe von Euro 80,00 vorgeschrieben sowie der Ersatz der Barauslagen in Höhe von Euro 780,00 für den Alkotest, die Blutalkoholbestimmung und den Drogentest.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass sich die Gebührennote des GMI vom 14.07.2020 auf die StVO gründet.

In seiner fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass die Bestimmung des § 64 VStG keine Rechtsgrundlage für die Verpflichtung zur Zahlung der im Bescheid angegebenen Barauslagen, die allesamt bereits vor Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens entstanden seien, darstelle. Diese Verpflichtung sei somit rechtswidrig.

In diesem Rechtsmittel wurde beantragt, der Beschwerde Folge zu geben und den Bescheid im Punkte der zu zahlenden Barauslagen im Sinne einer Streichung abzuändern und den zu zahlenden Gesamtbetrag damit auf Euro 880,00 festlegen.

Mit Vorlageschreiben der belangten Behörde, der Landespolizeidirektion Tirol, vom 27.08.2020 wurde der verwaltungsbehördliche Akt dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung über diese Beschwerde vorgelegt.

II.      Demnach steht nachfolgender, entscheidungsrelevante Sachverhalt als erwiesen fest:

Der Beschwerdeführer hat am 23.06.2020 um 23.57 Uhr den LKW mit dem behördlichen Kennzeichen *** in **** Z, Adresse 2, gelenkt. Im Rahmen einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle durch Beamte der Polizeiinspektion Y wurden beim Beschwerdeführer Merkmale einer möglichen Suchtgiftbeeinträchtigung festgestellt. Die Symptome äußerten sich in Form von Augenlidzittern und einer leicht verzögerten Pupillenreaktion. Ein sodann freiwillig beim Beschwerdeführer durchgeführter Harntest auf Suchtgift verlief positiv auf Tetrahydrocannabinol (THC), weshalb er in weiterer Folge zur klinischen Untersuchung dem Amtsarzt vorgeführt wurde.

Der Amtsarzt attestierte eine Beeinträchtigung durch Suchtgift sowie Übermüdung und stellte fest, dass der Beschwerdeführer nicht fahrfähig ist. Im Rahmen der klinischen Untersuchung wurde am Beschwerdeführer eine Blutabnahme durchgeführt und die Blutprobe zur Untersuchung auf Suchtgift an das gerichtsmedizinische Institut in Z, Adresse 3, übermittelt. Die Blutuntersuchung erbrachte den Nachweis von Alprazolam (Schlaf- und Beruhigungsmittel aus der Gruppe Benzodiazepine) in einer Konzentration von 22 µ/l.

Die Honorarnote des BB, Gerichtsarzt am Institut für gerichtliche Medizin der medizinischen Universität Z vom 14.07.2020 über Euro 780,00 wurde der Verwaltungsstrafbehörde am 17.07.2020 übermittelt und um Überweisung ersucht.

Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung am 21.07.2020 wurde der Beschwerdeführer schließlich erstmals mit dem Tatvorwurf konfrontiert.

III.     Beweiswürdigung:

Dieser entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden unbedenklichen Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde zu Zl *** und wird auch vom Beschwerdeführer in der Sache nicht bestritten.

Das Rechtsmittel des Beschwerdeführers gegen das angefochtene Straferkenntnis richtet sich ausdrücklich nur gegen die Vorschreibung der Barauslagen, näher definiert als Kostenersätze für Alkotest, Blutalkoholbestimmung und Drogentest. Der Schuldspruch ist daher ebenso in Rechtskraft erwachsen wie das Strafausspruch und die Vorschreibung des Kostenbeitrages. Vom erkennenden Gericht ist somit ausschließlich die Rechtmäßigkeit der im Straferkenntnis vorgenommenen Vorschreibung von Barauslagen zu überprüfen.

IV.      Rechtliche Beurteilung:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der StVO lauten wie folgt:

„§ 5. Besondere Sicherungsmaßnahmen

gegen Beeinträchtigung durch Alkohol.

(1) Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

[…]

(5) Die Organe der Straßenaufsicht sind weiters berechtigt, Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Landespolizeidirektion tätigen, bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden oder im Sinne des § 5a Abs. 4 ausgebildeten und von der Landesregierung hierzu ermächtigten Arzt zu bringen, sofern eine Untersuchung gemäß Abs. 2

1.   keinen den gesetzlichen Grenzwert gemäß Abs. 1 erreichenden Alkoholgehalt ergeben hat oder

2.   aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war.

Wer zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem Arzt

gebracht wird, hat sich einer Untersuchung durch diesen zu unterziehen; die genannten Ärzte

sind verpflichtet, die Untersuchung durchzuführen.

[...]

(9) Die Bestimmungen des Abs. 5 gelten auch für Personen, von denen vermutet werden

kann, daß sie sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befinden; wer zum Arzt

gebracht wird, hat sich der Untersuchung zu unterziehen. Die in Abs. 5 genannten Ärzte sind

verpflichtet, die Untersuchung durchzuführen.

[...]

(10) (Verfassungsbestimmung) An Personen, die gemäß Abs. 9 zu einem Arzt gebracht

werden, ist nach Feststellung einer Beeinträchtigung, die auf eine Suchtgifteinnahme schließen

lässt, eine Blutabnahme vorzunehmen. Die Betroffenen haben die Blutabnahme vornehmen zu

lassen.

§5a.

[…]

(2) Ist bei einer Untersuchung nach § 5 Abs. 2, 4a, 5, 6 oder 8 Z 2 eine Alkoholbeeinträchtigung festgestellt worden, so sind die Kosten der Untersuchung vom Untersuchten zu tragen. Dasselbe gilt im Falle der Feststellung einer Suchtgiftbeeinträchtigung.

Die Kosten der Untersuchung sind nach den Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 136, vorzuschreiben.“

Die maßgeblichen Bestimmungen des VStG lauten wie folgt:

„§ 64.

Kosten des Strafverfahrens

[…]

(3) Sind im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens Barauslagen erwachsen (§ 76 AVG), so ist dem Bestraften der Ersatz dieser Auslagen aufzuerlegen, sofern sie nicht durch Verschulden einer anderen Person verursacht sind; der hienach zu ersetzende Betrag ist, wenn tunlich, im Erkenntnis (der Strafverfügung), sonst durch besonderen Bescheid ziffernmäßig festzusetzen. Dies gilt nicht für Gebühren, die dem Dolmetscher und Übersetzer zustehen, der dem Beschuldigten beigestellt wurde.“

Im hier vorliegenden Straferkenntnis ist unter der Überschrift

„Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG zu zahlen,

auf Seite 1 Folgendes ausgeführt:

?    Euro 80,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, jedoch mindestens Euro 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich Euro 100,00 angerechnet)

sowie weiter auf der Seite 2

?    Euro 780,00 als Ersatz der Barauslagen für Kostenersätze für Alkotest, Blutalkoholbestimmung und Drogentest-Strafamt.

Hiezu wird festgehalten, dass die Kostenregelung des § 5a Abs 2 StVO insofern von der des § 64 Abs 3 VStG abweicht, als diese Kosten nicht im Zuge des Verfahrens entstanden sind, sondern noch vor dessen Einleitung (vgl Pürstel, StVO-ON 14.01. (2017) §§ 5 bis 5b StVO Anm 46). Nur dann, wenn der Behörde im Verwaltungsstrafverfahren wegen Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs 1 StVO Barauslagen gemäß § 76 Allgemeines Verwaltungsverfahren 1991 (AVG) erwachsen sind (zB Kostenersatz für im Verfahren notwendig gewordene gutachterliche Äußerung eines gerichtlich beeideten Sachverständigen), hat sie den Bestraften den Ersatz dieser Barauslagen gemäß § 64 Abs 3 VStG aufzuerlegen (VwGH 95/02/0490).

Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der belangten Behörde ohne gesondertes Verfahren der Ersatz der Gebührennote des gerichtsmedizinischen Institutes vom 14.07.2020 (Auswertung der am 24.06.2020 abgenommenen Blutprobe auf Suchtgift) vorgeschrieben. Diese Kosten sind allerdings nicht im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens, sondern noch vor dessen Einleitung entstanden. Es ist daher nicht zulässig, den Ersatz dieser Kosten dem Beschuldigten als der Behörde erwachsene Barauslagen im Sinn der Bestimmung des VStG aufzuerlegen. Die Kosten der Untersuchung der abgenommenen Blutprobe auf Suchtgift sind vielmehr gemäß § 5a Abs 2 StVO nach den Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes unter Berücksichtigung der dort festgelegten Verfahrensschritte vorzuschreiben.

Unter Zugrundlegung obiger Ausführungen war der Beschwerde somit Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Dr.in Strele

(Richterin)

Schlagworte

Auferlegung von Barauslagen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.13.1858.1

Zuletzt aktualisiert am

20.09.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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