Entscheidungsdatum
29.06.2022Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §6Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Stöbich über die Beschwerde des AA, **** Z, vertreten durch die BB Rechtsanwälte-Partnerschaft, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Landes-polizeidirektion Tirol vom 25.02.2022, Zl ***, betreffend eine Übertretung der Straßenverkehrsordnung (StVO),
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Der Spruch wird wie folgt verbessert:
Die Übertretungsnorm lautet § 20 Abs 2 Straßenverkehrsordnung (StVO) BGBl 159/1960 idF BGBl I Nr 2/2005.
3. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz (VwGVG) einen Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind Euro 60,00 zu leisten.
4. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer Folgendes vorgeworfen:
„Datum/Zeit: 23.01.2022, 15:50 Uhr
Ort: Y, Adresse 1, B *** bei Str.km ***, Richtung Osten
Betroffenes Fahrzeug: PKW, Kennzeichen: ***(A)
Sie haben die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 71 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.“
Dadurch habe der Beschwerdeführer gegen § 20 Abs 2 StVO verstoßen. Es wurde über ihn gemäß § 99 Abs 2e StVO idF BGBl I Nr 154/2021 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 300,00 verhängt. Weiters wurden Ersatzfreiheitsstrafen und Verfahrenskostenbeiträge festgesetzt.
Die Verwaltungsbehörde stützte ihre Entscheidung vor allem auf die Anzeige der Polizeiinspektion Y vom 25.01.2022 und verwies darauf, dass die Messung mit einem geeichten Messgerät erfolgt sei.
In der Begründung wurde auch auf die Ausführungen im Einspruch eingegangen, wonach der Beschwerdeführer als Arzt in Rufbereitschaft gewesen wäre und zu zwei chirurgischen Notfällen gerufen worden sei. Die Behörde verwies darauf, dass dem Beschwerdeführer in Bezug auf das verfahrensgegenständliche KFZ die Bewilligung zum Anbringen von Warnleuchten mit blauem Licht und Folgetonhorn für die Leistung dringender ärztlicher Hilfe im Falle der Rufbereitschaft erteilt worden sei. Unter Punkt 3) des zitierten Bescheides sei jedoch ausgeführt, dass die blaue Drehleuchte während der Einsatzfahrt auf dem Dach des Fahrzeuges von allen Seiten sichtbar angebracht sein müsse. Im gegenständlichen Fall sei jedoch zum Tatzeitpunkt kein Blaulicht am PKW montiert gewesen. Für die Qualifikation eines Fahrzeuges als Einsatzfahrzeug wäre es erforderlich gewesen, das Blaulicht oder das Folgetonhorn tatsächlich zu verwenden. Auch wenn die Rechtsgüterabwägung zu Gunsten des Beschuldigten ausgehe, bleibe die Geschwindigkeitsüberschreitung unzulässig, wenn der Arzt auf der Fahrt andere Verkehrsteilnehmer gefährde oder wenn seine Fahrweise eine solche Gefährdung befürchten lasse.
Überhöhte Geschwindigkeit sei immer wieder Ursache für schwere Verkehrsunfälle. Durch das Fehlen der Kennzeichnung als Einsatzfahrzeug (Blaulicht), könnten sich andere Verkehrsteilnehmer nicht auf die Situation (Platzmachen durch Anhalten oder Rechtsfahren) einstellen, wodurch gefährliche Situationen entstehen würden. Der Beschwerdeführer hätte wissentlich eine weit überhöhte Geschwindigkeit gewählt und habe dabei das Fahrzeug bescheidwidrig als Einsatzfahrzeug gekennzeichnet.
Die belangte Behörde setzte allerdings mit dem angefochtenen Straferkenntnis den mit Strafverfügung vom 02.02.2022 festgesetzten Strafbetrag in Höhe von Euro 600,00 auf die Hälfte (Euro 300,00) herab.
Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bestrafte mit Schreiben (E-Mail) seiner Rechtsvertretung vom 21.03.2022 innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. In der Begründung wurde vor allem geltend gemacht, dass der Beschwerdeführer sich zum maßgeblichen Zeitpunkt in Rufbereitschaft befunden hätte und zu zwei chirurgischen Notfällen auf die Intensivstation des LKH Y gerufen worden sei. Die Patienten hätten sich dabei in Lebensgefahr befunden. Der Beschwerdeführer habe zum Zeitpunkt der Messung (stressbedingt) das Blaulicht nicht eingeschalten gehabt. Die Verwaltungsbehörde habe zwar die Besonderheit des Einzelfalls im Rahmen der Strafbemessung gewürdigt. Beim vorliegenden Sachverhalt liege kein Verschulden vor. Dabei wurde auf § 6 VStG sowie auf eine Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates Steiermark verwiesen, derzufolge bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung das Vorliegen eines entschuldigenden Notstandes im Zusammenhang mit der Rettung eines Pferdes bejaht worden sei.
Der gegenständliche Akt wurde von der Landespolizeidirektion Tirol mit Schreiben vom 21.03.2022 mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol übermittelt.
II. Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer ist als Facharzt und stellvertretender ärztlicher Direktor am Landeskrankenhaus Y tätig. Er ist in Z, Adresse 2, wohnhaft. Der Beschwerdeführer ist im Besitz einer Bewilligung des Landeshauptmannes für Tirol vom 17.04.2018, Zl ***, zum Anbringen von Warnleuchten mit blauem Licht und Folgetonhorn für den PKW der Marke CC mit dem polizeilichen Kennzeichen
***.
Die Bewilligung wurde im Hinblick auf § 20 Abs 5 lit h Kraftfahrgesetz erteilt, somit für die Leistung dringender ärztlicher Hilfe durch Fachärzte (in verkehrsreichen Gebieten), sofern sie sich auf Grund krankenanstaltenrechtlicher Organisationsvorschriften in Rufbereitschaft befinden.
Die Bewilligung wurde unter Erteilung mehrerer Auflagen erteilt, nämlich:
„1. Der Lenker darf Blaulicht und das Signal nur bei Gefahr im Verzuge, zum Beispiel bei Fahrten zum Ort der dringenden Hilfeleistung, verwenden.
2. Nach Beendigung jeder Einsatzfahrt sind vom Lenker fahrtenbuchähnliche Aufzeichnungen anzufertigen. Die Aufzeichnungen, haben insbesondere den Ort, die Zeit, den Tag sowie den Grund der Einsatzfahrt zu beinhalten und sind auf Verlangen der Behörde vorzulegen.
3. Die blaue Drehleuchte muss während der Einsatzfahrt auf dem Dach des Fahrzeuges von allen Seiten sichtbar angebracht sein (eine Verwendung des Drehlichts innerhalb des Fahrzeuges ist verboten).
(…)“
Der Beschwerdeführer wurde am Nachmittag des 23.01.2022 vom Landeskrankenhaus Y im Zusammenhang mit der damals bestehenden Rufbereitschaft kontaktiert. Aufgrund zweier Notfälle führte der Beschwerdeführer schließlich eine Fahrt mit dem PKW von Z zum Krankenhaus in Y durch. Dabei brachte er das Blaulicht nicht am Fahrzeug an. Er verwendete keines der beiden von der vorgenannten kraftfahrrechtlichen Bewilligung umfassten Einsatzmittel.
Auf dieser Fahrt am 23.01.2022 lenkte der Beschwerdeführer um 15.50 Uhr den auf ihn zugelassenen Pkw CC mit dem Kennzeichen *** (A) auf der B *** bei Str.km *** im Ortsgebiet im Gemeindegebiet von Y, in Fahrtrichtung Osten. Dabei hat der Beschwerdeführer die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 71 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz (das sind 5 % des bei der Messung angezeigten Messwertes) wurde bereits zu seinen Gunsten abgezogen.
III. Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt sowie in den Akt des Landesverwaltungsgerichtes. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist nicht strittig.
IV. Rechtsgrundlagen:
§ 6 Verwaltungsstrafgesetz BGBl Nr 52/1991 lautet wie folgt:
Eine Tat ist nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.
Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) BGBl I 159/1960 idF BGBl I 52/2005 (§ 20), BGBl Nr 518/1994 (§ 26) und BGBI I 154/2021 (§ 99), maßgeblich:
§ 20 Abs 2
(2) Sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.
§ 26 Abs 1 bis 3
(1) Die Lenker von Fahrzeugen, die nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften mit Leuchten mit blauem Licht oder blauem Drehlicht und mit Vorrichtungen zum Abgeben von Warnzeichen mit aufeinanderfolgenden verschieden hohen Tönen ausgestattet sind, dürfen diese Signale nur bei Gefahr im Verzuge, zum Beispiel bei Fahrten zum und vom Ort der dringenden Hilfeleistung oder zum Ort des sonstigen dringenden Einsatzes verwenden. Außerdem dürfen die angeführten Signale soweit als notwendig nur noch zur Abwicklung eines protokollarisch festgelegten Programms für Staatsbesuche oder sonstige Staatsakte sowie in Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen verwendet werden. Die Leuchten mit blauem Licht oder blauem Drehlicht dürfen aus Gründen der Verkehrssicherheit auch am Ort der Hilfeleistung oder des sonstigen Einsatzes oder bei einer behördlich vorgeschriebenen Transportbegleitung verwendet werden.
(2) Außer in den in Abs. 3 angeführten Fällen ist der Lenker eines Einsatzfahrzeuges bei seiner Fahrt an Verkehrsverbote oder an Verkehrsbeschränkungen nicht gebunden. Er darf jedoch hiebei nicht Personen gefährden oder Sachen beschädigen.
(3) Organe der Straßenaufsicht, die auf einer Kreuzung den Verkehr durch Arm- oder Lichtzeichen regeln, haben Einsatzfahrzeugen „Freie Fahrt“ zu geben. Die Lenker von Einsatzfahrzeugen dürfen auch bei rotem Licht in eine Kreuzung einfahren, wenn sie vorher angehalten und sich überzeugt haben, daß sie hiebei nicht Menschen gefährden oder Sachen beschädigen. Einbahnstraßen und Richtungsfahrbahnen dürfen sie in der Gegenrichtung nur befahren, wenn der Einsatzort anders nicht oder nicht in der gebotenen Zeit erreichbar ist oder wenn Ausnahmen für andere Kraftfahrzeuge oder Fuhrwerke bestehen.
§ 99 Abs 2e
(2e) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 300 bis 5000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 48 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet.
V. Rechtliche Erwägungen:
Seitens des Beschwerdeführers wird in Bezug auf die festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung geltend gemacht, dass kein Verschulden vorliege, wobei auf das Vorliegen einer Notstandssituation gemäß § 6 VStG verwiesen wird.
Ein rechtfertigender Notstand liegt vor, wenn der Täter als ultima ratio ein – einer unmittelbar drohenden Gefahr ausgesetztes – höherwertiges (nicht notwendig notwehrfähiges) Individualrechtsgut dadurch errettet, dass er ein geringwertigeres Rechtsgut opfert. Die Verletzung des entgegenstehenden verwaltungsrechtlichen Gebots muss in concreto einziges Mittel zur Gefahrenabwehr sein (vgl. Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 6, Rz. 6).
Der entschuldigende Notstand erfordert ebenfalls das Vorliegen eines unmittelbar drohenden bedeutenden Nachteils für ein Rechtsgut. Gemäß § 10 Abs 1 StGB ist der Täter entschuldigt, wenn der aus der Tat drohende Schaden nicht unverhältnismäßig schwerer wiegt als der Nachteil, den sie abwenden soll, und in der Lage des Täters von einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen kein anderes Verhalten zu erwarten war. Gemäß § 10 Abs 2 StGB ist der Täter nicht entschuldigt, wenn er sich der Gefahr ohne einen von der Rechtsordnung anerkannten Grund bewusst ausgesetzt hat. Die genannten Kriterien gelten grundsätzlich auch im VStG (vgl. Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 6, Rz. 11).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann unter Notstand iSd § 6 VStG nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, dass er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht. Des Weiteren gehört es zum Wesen des Notstandes auch, dass die Gefahr zumutbarerweise nicht in anderer Art als durch die Begehung der objektiv strafbaren Handlung zu beheben ist, und ferner, dass die Zwangslage nicht selbst verschuldet ist (vgl VwGH 25.11.1986, 86/04/0116).
Es geht im gegenständlichen Fall darum, inwieweit dem Beschwerdeführer ein rechtmäßiges Alternativverhalten möglich gewesen wäre. Dies ist auf der Grundlage des hier vorliegenden Sachverhalts jedenfalls zu bejahen. Die Bewilligung zum Anbringen von Warnleuchten mit blauem Licht und Folgetonhorn bzw die damit verbundene Verpflichtung, das Blaulicht anzubringen und zumindest ein Einsatzmittel zu verwenden, dient eben gerade dazu, dem in Rufbereitschaft befindlichen Arzt bei einem Notfall ein rasches Erreichen des Einsatzortes (in vorliegenden Fall das Krankenhaus) zu ermöglichen und die mit einer diesfalls erlaubten höheren Geschwindigkeit verbunden Gefahren für den Bewilligungsinhaber sowie für andere Verkehrsteilnehmer durch die Kennzeichnung als Einsatzfahrzeug auf einer Einsatzfahrt entsprechend herabzusetzen. Da mit der Anbringung des Blaulichts nahezu kein nennenswerter zeitlicher Aufwand verbunden ist, ist dieses Verhalten auch zumutbar.
Im Ergebnis bedeutet dies, dass den Beschwerdeführer an der Begehung des Geschwindigkeitsdeliktes auch ein Verschulden trifft.
Der Beschwerdeführer hat daher die ihm angelastete Tat in objektiver und subjektiver Hinsicht begangen.
VI. Strafbemessung:
Gemäß § 99 Abs 2e StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist (in der hier anzuwendenden Fassung, somit noch nicht unter Heranziehung der mit 01.09.2021 verschärften Strafdrohung) mit einer Geldstrafe von 150 bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 48 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet.
Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach Abs 2 sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und allfälligen Sorgepflichten des Beschwerdeführers sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
In Hinblick auf das überaus hohe Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung und die fehlende Möglichkeit der anderen Verkehrsteilnehmer, sich auf das Herannahen dieses Fahrzeuges einzustellen, war eine erhebliche Gefährdung der Verkehrssicherheit damit verbunden.
Der Beschwerdeführer musste sich im Klaren darüber sein, dass der von ihm gelenkte Pkw ohne Verwendung der Einsatzmittel nicht das Einsatzfahrzeug gilt und er dann auch Geschwindigkeitsbeschränkungen gebunden ist.
Dem Beschwerdeführer mag durchaus zugutegehalten werden, dass er die hohe Fahrgeschwindigkeit wählte, um raschestmöglich Notfall-Patienten helfen zu können. Diesem Umstand hat die Verwaltungsbehörde durch Reduzierung der ursprünglich mit der Strafverfügung festgesetzten Geldstrafe um die Hälfte bereits ausreichend Rechnung getragen.
Die mit Straferkenntnis festgesetzte Geldstrafe scheint daher schuld- und tatangemessen und lässt sich auch mit zumindest durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen sowie dem Verwaltungsstrafvormerk (dieser weist drei geringfügige verkehrsrechtliche Übertretungen auf) in Einklang bringen.
VII. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im Ergebnis war spruchgemäß zu entscheiden.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrens-hilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Hinweis:
Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Stöbich
(Richter)
Schlagworte
GeschwindigkeitsübertretungAnmerkung
Der Verwaltungsgerichtshof wies die gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 29.06.2022, Z LVwG-2022/20/0772-1, erhobene außerordentliche Revision mit Beschluss vom 01.09.2022, Z Ra 2022/02/0160-3, zurück.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.20.0772.1Zuletzt aktualisiert am
21.09.2022