Entscheidungsdatum
17.08.2022Index
46/01 BundesstatistikgesetzNorm
BundesstatistikG 2000 §6Text
I.
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Mair über die Beschwerde der AA, Rechtsanwältin, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 12.07.2021, Zl ***, betreffend ein Verfahren nach dem Bundesstatistikgesetz 2000 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
II.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol fasst weiters den
B E S C H L U S S
1. Der Antrag, die belangte Behörde, der Bund oder ein sonstiger zuständiger Rechtsträger
möge zum Ersatz der Kosten (Schriftsatzaufwand, Verhandlungsaufwand/Zeitversäumnis) im gesetzlichen Ausmaß an die Beschwerdeführerin verpflichtet werden, wird als unzulässig zurückgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang, Beschwerdevorbringen:
Über Anzeige der Statistik Austria vom 16.03.2021 erging folgender Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 12.07.2021, Zl ***, an die Beschwerdeführerin:
„Bescheid
Sie sind als Auskunftspflichtige, nämlich als volljährige Angehörige des in die Stichprobe einbezogenen Haushalts in **** Y, Adresse 2, gegenüber der Statistik Austria, Bundesanstalt Statistik Österreich, in **** X, Adresse 3, Ihrer Auskunftspflicht nicht nachgekommen, indem Sie der Erhebungsperson die Auskunftserteilung im Rahmen einer Mikrozensus-Stichprobenerhebung für das 4. Quartal 2020 trotz Zusendung des Rückscheinbriefes vom 07.01.2021 (Fristsetzung: 29.01.2021) verweigert haben.
Sie haben dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 66 Abs 1 iVm § 9 Bundesstatistikgesetz 2000 iVm §§ 7 Abs 5 und 8 Abs 1 EWStV 2010 begangen.
Es wird jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und Ihnen eine
Ermahnung erteilt.“
In dagegen erhobener Beschwerde verwies die Beschwerdeführerin auf einen an sie gerichteten eingeschriebenen Brief der Statistik Austria vom 05.01.2021, bis spätestens 29.01.2021 ihrer Auskunftspflicht entweder persönlich oder telefonisch nachzukommen, weiters auf ihr daraufhin an die Statistik Austria gerichtetes Antwortschreiben vom 26.01.2021, in welchem sie auf ihre im Jahre 2020 zweimalige telefonische Fragebeantwortung hingewiesen hätte, wobei während der zweiten Befragung der Erhebungsperson BB bekannt gegeben worden wäre, dass sie zu ihren beiden volljährigen Kindern aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Daten weitergeben dürfe, sie hinsichtlich ihrer eigenen Person der Auskunfts- und Mitwirkungspflicht selbstverständlich – allerdings nur mehr in schriftlicher Form, wobei um Übersendung des Fragekatalogs ersucht worden wäre – nachkomme, sie jedoch keinesfalls Fragen über Gesundheit, Konsum- und Reisegewohnheiten, Hobbys, politische Meinung, Religion oder sexuelle Neigungen etc beantworte.
Die Beschwerdeführerin verweist weiters auf ihr Einspruchsvorbringen gegen die Strafverfügungen zu GZ *** (und GZ ***) des Inhalts, dass zu Unrecht Verletzung der Auskunftspflicht (für das dritte Quartal 2020 mit Fristsetzung am 23.10.2020 und) für das vierte Quartal 2020 mit Fristsetzung am 10.01.2021 vorgeworfen worden wäre, vielmehr wäre die Beschwerdeführerin den Fragestellungen des Herrn BB nach bestem Wissen und Gewissen telefonisch nachgekommen, wäre es jedoch bei – ihr erinnerlich - der zweiten telefonischen Befragung zu Unstimmigkeiten zwischen ihr und der Erhebungsperson gekommen, da nicht nur Informationen zu höchstpersönlichen Daten der Beschuldigten, sondern zu den im gemeinsamen Haushalt lebenden volljährigen Kindern (vorallem Telefonnummern usw) nachgefragt worden wären, was unter Hinweis auf datenschutzrechtliche Gründe abgelehnt worden sei, zumal der Beschwerdeführerin auch deren Einkommens- und Lebenssituationen nicht hinreichend bekannt seien. Aufgrund äußerst ungehörigen Verhaltens der Erhebungsperson wäre eine weitere telefonische Befragung über das Geschäftshandy abgelehnt worden, welcher Umstand auch am 26.01.2021 schriftlich an die Statistik Austria mitgeteilt worden wäre. Mitgeteilt im Einspruch sei weiters worden, dass aufgrund Vertrauensverlustes gegenüber Herrn BB es ihr nicht möglich wäre, im Zuge eines Telefongespräches (Geschäftshandy) die korrekte Festhaltung ihrer Angaben zu kontrollieren, eine telefonische Befragung über das Geschäftshandy untunlich wäre (Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes), eine Verpflichtung zur Teilnahme für Unternehmen (Rechtsanwaltskanzlei) nicht bestünde und die Beschuldigte auch über kein privates Handy verfüge. Die ersten zwei telefonischen Auskünfte wären nur erteilt worden, da sich erst im Zuge der zweiten Befragung auch der tatsächliche zeitliche Aufwand herausgestellt hätte, erst im Rahmen der zweiten Befragung der Beschuldigten die Erforderlichkeit weiterer Befragungen mitgeteilt worden wäre, die Beschuldigte daher eine schriftliche Übermittlung des Fragebogens gefordert hätte, kein vernünftiger Grund für eine Verweigerung einer schriftlichen Befragung bleibe, für die Beschwerdeführerin besonderer psychischer Druck bestehe, die Bereitschaft zur Auskunft mittels Fragebogens in schriftlicher Form immer noch bestehe. Verletzung des Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz durch behördliche Willkür wurde vorgebracht, unterschiedliche Behandlung in den Erhebungsmethoden durch die Statistik Austria sei rechtlich nur dann gedeckt, wenn sie sachlich begründet und den Zielsetzungen per legem (Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit) entspräche. Die belangte Behörde habe im Ergebnis die Verletzung auf Achtung des Privat- und Familienlebens durch die Statistik Austria genehmigt. Zu keiner Zeit habe eine Erstbefragung (wie zwingend) face-to-face stattgefunden, das der Statistik Austria eingeräumte Ermessen in der Wahl der Erhebungsmethoden beziehe sich lediglich auf die Folgebefragungen (§ 7 Abs 5 EWStV 2010 idgF). Gründe für die Entscheidung einer bloß telefonischen Befragung der Folgebefragungen gingen aus dem angefochtenen Bescheid nicht hervor, die Nichtdurchführung von face-to-face Befragungen oder schriftlichen Befragungen wäre nicht plausibel erklärbar, hätte die Beschwerdeführerin doch eine Störung durch die telefonisch durchgeführten Erhebungen mehrfach erklärt. Um personenbezogene Daten von ihren Kindern zu erhalten, hätte die Befragungsperson BB massiv Druck aufgebaut. Bei richtiger Anwendung des § 8 Abs 1 EWStV 2010 wäre nicht die Beschwerdeführerin, sondern die im Haushalt lebenden volljährigen Personen selbst auskunftspflichtig. Eine Beendigung dieser Erhebungsform per Telefon sei keine Verweigerung. Der Statistik Austria wäre eine Überschreitung ihres Ermessens anzulasten. Kostenersatz an die Beschwerdeführerin wurde beantragt.
II. Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einschau in den behördlichen Strafakt.
Zur Klärung des Sachverhalts forderte das Landesverwaltungsgericht Tirol eine Stellungnahme der Statistik Austria ein. Diese wurde mit E-Mail vom 22.06.2022 erteilt.
Am 11.08.2022 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol durchgeführt. In dieser wurde entsprechend ihrem Beweisantrag die Beschwerdeführerin einvernommen. Die Stellungnahme der Statistik Austria vom 22.06.2022 wurde der Beschwerdeführerin in Kopie zur Kenntnis übergeben und mit ihr erörtert.
III. Rechtslage:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesstatistikgesetzes 2000, BGBl I Nr. 163/1999 (§ 9) und in der Fassung BGBl II Nr 111/2010 (§§ 6 und 66) lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Arten statistischer Erhebungen
§ 6
(1) Sofern in der Anordnung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 oder 2 nichts anderes bestimmt ist, können statistische Erhebungen durch Verordnung auf folgende Arten angeordnet werden:
….
5. Befragung der Auskunftspflichtigen.
[….]
Mitwirkungspflichten der Auskunftspflichtigen
§ 9
Bei einer Befragung gemäß § 6 Abs. 1 Z 5 oder einer Ermittlung von Daten gemäß § 6 Abs. 1 Z 4 sind die Auskunftspflichtigen zu folgendem verpflichtet:
1. Zur rechtzeitigen, vollständigen und dem besten Wissen entsprechenden Auskunftserteilung über jene Daten, die Erhebungsmerkmal der angeordneten statistischen Erhebung sind. Der Auskunftspflichtige kann jedoch auch einen Dritten mit der Wahrnehmung dieser Verpflichtung betrauen.
….
Verwaltungsübertretung
§ 66
(1) Wer den Mitwirkungspflichten gemäß §§ 9 und 10 sowie § 25a Abs. 3 nicht nachkommt oder im Rahmen einer Befragung gemäß § 9 oder § 25 Abs. 4 wissentlich unvollständige oder nicht dem besten Wissen entsprechende Angaben macht, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2 180 Euro zu bestrafen.
[….]“
§ 5 Abs 3 der Erwerbs- und Wohnungsstatistikverordnung 2010 – EWStV 2010, BGBl II Nr 111/2010 (bis 31.12.2020) samt Überschrift lautete:
„Art der Erhebung
Im Rahmen der Stichprobe gemäß § 6 (Mikrozensus) sind durch Befragung der Angehörigen privater Haushalte zu erheben:
1. die Merkmale gemäß § 4 Z 1 und 2, ausgenommen den Gehalt oder Lohn des Betroffenen, soweit diese als Verwaltungsdaten zum Erhebungszeitpunkt nicht verfügbar sind, und
2. die Merkmale gemäß § 4 Z 3 sowie die Größe und die Ausstattung der Wohnung, das Rechtsverhältnis an der Wohnung, die Zahl der Wohnungen im Gebäude und das Jahr der Errichtung des Gebäudes.“
§ 5 Abs 3 der Erwerb- und Wohnungsstatistikverordnung 2010 – EWStV 2010, BGBl II Nr 111/2010 idF BGBl II Nr 475/2020 (in Kraft mit 1.1.2021) samt Überschrift lautet:
„Art der Erhebung
Im Rahmen der Stichprobe gemäß § 6 (Mikrozensus) sind durch Befragung der Angehörigen privater Haushalte zu erheben:
1. die Merkmale gemäß § 4 Z 1 und 2, ausgenommen den Gehalt oder Lohn des Betroffenen, soweit diese als Verwaltungsdaten zum Erhebungszeitpunkt nicht verfügbar sind, und
2. die Merkmale gemäß § 4 Z 3 sowie die Größe und die Ausstattung der Wohnung, das Rechtsverhältnis an der Wohnung, Art der Beheizung, Aufzug im Gebäude, die Zahl der Wohnungen im Gebäude und das Jahr der Errichtung des Gebäudes.“
§ 7 Abs 5 der Erwerb- und Wohnungsstatistikverordnung 2010 – EWStV 2010, BGBl II Nr 111/2010 (bis 31.12.2020) samt Überschrift lautete:
„Durchführung der Erhebung
Die Befragungen sind entweder durch persönliche Vorsprache von Interviewern (Face-to-Face-Interviews), im Wege telefonischer Interviews oder schriftlich durchzuführen. Die Auswahl aus diesen Erhebungsmethoden ist von der Bundesanstalt nach den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu treffen.“
§ 7 Abs 5 der der Erwerb- und Wohnungsstatistikverordnung 2010 – EWStV 2010, BGBl II Nr 111/2010 idF BGBl II Nr 475/2020 (in Kraft mit 1.1.2021) samt Überschrift lautet:
„Durchführung der Erhebung
Die Erstbefragungen im Stichprobenhaushalt sind in Form persönlicher Befragungen durch Interviewer (Face-to-Face) durchzuführen. Die Folgebefragungen können auch im Wege telefonischer Interviews oder online durchgeführt werden. Die Auswahl aus diesen Erhebungsmethoden ist von der Bundesanstalt nach den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit sowie unter Berücksichtigung der Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung zu treffen. Zur Durchführung der Folgebefragungen ist die Verwendung der Befragungsinhalte der Vorquartale in personenbezogener Form zulässig.“
§ 8 der Erwerbs- und Wohnungsstatistikverordnung 2010 – EWStV 2010, BGBl Nr 111/2010 (bis 31.12.2020) samt Überschrift lautete:
„Auskunftspflicht
Alle volljährigen Angehörigen der Privathaushalte, die in die Stichprobe einbezogen sind, sind zur Auskunftserteilung verpflichtet. Bei minderjährigen Personen obliegt die Auskunftserteilung dem zum Haushalt zugehörenden gesetzlichen Vertreter. Das Gleiche gilt bei auf Grund eines körperlichen oder geistigen Gebrechens nicht befragbaren volljährigen Personen. Der Auskunftspflichtige kann jedoch einen anderen volljährigen Haushalts- oder Familienangehörigen mit der Auskunftserteilung betrauen“.
§ 8 der Erwerbs- und Wohnungsstatistikverordnung 2010 – EWStV 2010, BGBl II Nr 111/2010 igF BGBl II Nr 475/2020 (in Kraft mit 1.1.2021) samt Überschrift lautet:
„Auskunftspflicht
Alle volljährigen Angehörigen der Privathaushalte, die in die Stichprobe einbezogen sind, sind zur Auskunftserteilung verpflichtet. Bei minderjährigen Personen obliegt die Auskunftserteilung dem zum Haushalt zugehörenden gesetzlichen Vertreter. Können Menschen mit Behinderung, die volljährig sind, die erforderlichen Auskünfte auch unter Einsatz von alternativen Kommunikationsformen, wie etwa Gebärdensprache, nicht erteilen, sind diese Auskünfte vom Erwachsenenvertreter oder einer für diesen Zweck bevollmächtigten Person einzuholen. Der Auskunftspflichtige kann jedoch einen anderen volljährigen Haushalts- oder Familienangehörigen mit der Auskunftserteilung betrauen.“
§ 9 Abs 1 der Erwerbs- und Wohnungsstatistikverordnung 2010 – EWStV 2010, BGBl Nr 111/2010 (bis 31.12.2020) samt Überschrift lautete:
„Mitwirkungspflicht der Auskunftspflichtigen
Die Auskunftspflichtigen (§ 8) sind verpflichtet, vollständig und nach bestem Wissen Auskunft zu erteilen und im Falle einer schriftlichen Erhebung die von der Bundesanstalt aufgelegten Erhebungsformulare auszufüllen und diese der Bundesanstalt innerhalb von drei Wochen an die in der Erhebungsunterlage angegebene Adresse zu übermitteln.“
§ 9 Abs 1 der Erwerbs- und Wohnungsstatistikverordnung 2010 – EWStV 2010, BGBl II Nr 111/2010 igF BGBl II Nr 475/2020 (in Kraft mit 1.1.2021) samt Überschrift lautet:
„Mitwirkungspflicht der Auskunftspflichtigen
Die Auskunftspflichtigen (§ 8) sind verpflichtet, vollständig, rechtzeitig und nach bestem Wissen Auskunft zu erteilen.“
IV. Erwägungen:
Objektive Tatseite:
§ 66 Abs 1 Bundesstatistikgesetz 2000 stellt es unter Strafe, der Mitwirkungspflicht gemäß § 9 nicht nachgekommen zu sein. Bis zum 31.12.2020 galt die Rechtslage der EWStV 2010, BGBl I Nr 111/2010, ab dem 01.01.2021 die Rechtslage in der Fassung der Novelle BGBl II Nr 475/2020. Bezogen auf das 4. Quartal 2020 wurde der Beschwerdeführerin eine letztliche Frist bis 29.01.2021 gesetzt.
In ihrer Sachverhaltsdarstellung vom 22.06.2022 teilte die Statistik Austria bezogen auf das 4. Quartal 2020 wie folgt mit:
„….
3. Folgebefragung (4. Quartal 2020; MZ72):
Berichtszeitraum: 30.11.2020 – 06.12.2020
Frist bis: 29.01.2021
Vom 07.12.2020 bis 18.12.2020 wurde wieder mehrmals durch unser Telefonstudio versucht, Fr. AA zu erreichen.
Am 19.12.2020 erfolgte wieder eine Umstellung auf eine persönliche Erhebung.
Anmerkung zu Kontaktversuchen unserer Erhebungsperson vor Ort:
Frau AA 3.1. 11:45 unter Nr. ***. Meldete mich mit „BB, Bundesanstalt Statistik“.
Frau AA: „Ich habe keine Zeit“ und legte auf.
26.01.2020: E-Mail von Fr. AA inkl. Antwort (siehe Beilage)
Es wurde keine Auskunft erteilt. Eine Anzeige wurde erstattet.“
§ 8 EWStV 2010 verpflichtet alle volljährigen Angehörigen der Privathaushalte, die in die Stichprobe einbezogen sind, zur Auskunftserteilung. Der Auskunftspflichtige kann jedoch einen anderen volljährigen Haushalts- oder Familienangehörigen mit der Auskunftserteilung betrauen.
Aufgrund des behördlichen Aktengeschehens, eigenem diesbezüglichem Beschwerdevorhalt, der Sachverhaltsschilderungen im Schreiben der Statistik Austria vom 22.06.2022 sowie des Ergebnisses der Parteieneinvernahme in der mündlichen Verhandlung steht fest, dass die Auskunft für das 4. Quartal 2020 von der Beschwerdeführerin de facto nicht erteilt wurde. Dies gilt insbesondere auch dadurch als erwiesen, als die Beschwerdeführerin selbst in ihrer Beschwerde und in ihrer Parteienvernehmung argumentierte, infolge bereits im Zuge des Vorgeschehens eingetretenen Vertrauensverlustes zur Befragungsperson BB über dessen Anruf (und zuvor auch schon über Anrufe des Telefonstudios) auf telefonischem Weg keine Auskunft geben zu wollen (und dies für das 4. Quartal 2020 auch nicht tat).
Im Einspruch vom 10.05.2021 gegen die Strafverfügung vom 26.04.2021 schilderte die Beschwerdeführerin das Vorabgeschehen in der Weise, dass infolge eingetretenen Vertrauensverlustes zur Befragungsperson BB im Rahmen der zweiten Befragung sowie aufgrund des zeitlichen Aufwandes und der Tatsache, dass es sich bei angewählter Nummer um ein Geschäftshandy handle, die Beschuldigte eine schriftliche Übermittlung des Fragebogens gefordert habe, und forderte die Beschwerdeführerin zur Erfüllung ihrer Auskunftspflicht noch im Einspruch vom 10.05.2021 mit gleichem Inhalt neuerlich die postalische Übermittlung des Fragebogens in schriftlicher Form und werde sie diesen ausgefüllten Fragebogen ebenfalls im postalischen Wege an die Statistik Austria übermitteln.
Ein Begehren, der Auskunftspflicht online nachkommen zu können (wie dies ab dem 01.01.2021 an sich möglich wäre), erwog die rechtskundige Beschwerdeführerin aufgrund dieser noch im Mai 2021 gestellten Forderung nach ausdrücklich postalischer Übermittlung (und postalischer Rückmittlung) des Fragebogens und damit nach postalischer Erledigung ihrer Auskunftspflicht somit nicht.
Mit diesem Vorbringen zur Sache monierte die Beschwerdeführerin daher nicht eine Rechtsverletzung durch Ermessenfehler der Statistik Austria im Hinblick auf die ab 01.01.2021 grundsätzlich eingeräumte Möglichkeit der Auskunftserteilung in online-Form.
Zu vorgehaltenen unzureichenden Ermessensübung und –begründung in der Auswahl der Erhebungsmethode nach den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit ist darüber hinaus festzuhalten:
Mit Schreiben vom 22.06.2022 teilte die Statistik Austria mit, dass die Statistik Austria einen Großteil ihrer Erhebungen mittels computerunterstützter persönlicher Interviews (CAPI) und computerunterstützter telefonischer Interviews (CATI) durchführe und auch den Mikrozensus aufs Effizienz-, Qualitäts- und somit auch Kostengründen in ihrem routinemäßigen organisatorischen Ablauf auf diese beiden Erhebungsmethoden fokussiert habe. Die Erstbefragungen fänden daher mittels CAPI, die Folgebefragungen mittels CATI statt (ab dem 1. Quartal 2021 könne die Folgebefragung auch Online durchgeführt werden).
Ein physischer Fragebogen stehe nicht zur Verfügung. (Anm: Hervorhebung im Original).
2004 sei daher die Erhebungsmethode Paper-Pencil (Papierfragebogen) eingestellt und seien die Abteilungen Datenerfassung und Plausibilitätskontrolle aufgelöst worden. Die Plausibilitätskontrolle werde in den derzeitigen Erhebungsmethoden bereits während der Befüllung des Fragebogens durchgeführt und sei somit betreffend die Qualitätssteigerung und Kostensenkung das Hauptargument der Methodenwahl.
Damit konnte die Statistik Austria für das Landesverwaltungsgericht aber schlüssig und nachvollziehbar darlegen, weshalb sie für die (hier) Folgebefragung des Mikrozensus die Erhebungsmethode über telefonischem Wege wählte.
Durch das Beharren der rechtskundigen Beschwerdeführerin (dies selbst noch im Mai 2021) auf einer postalischen Erledigung mittels physischem Fragebogen kam diese damit aber – wie vorgeworfen – ihrer Auskunftspflicht nicht nach. Der Tatvorwurf besteht daher in objektiver Hinsicht zu Recht.
Für sog. „Ungehorsamsdelikte“ – ein solches liegt auch mit der angelasteten Verwaltungsübertretung vor – ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, Fahrlässigkeit anzunehmen. „Glaubhaftmachung“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Richtigkeit einer Tatsache wahrscheinlich gemacht wird. Der Täter hat zur Glaubhaftmachung initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Er hat also ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und entsprechende Beweismittel vorzulegen oder konkrete Beweisanträge zu stellen.
Eine Glaubhaftmachung in diesem Sinne ist der Beschwerdeführerin nicht gelungen.
In Anbetracht der Bedeutung der Informationsgewinnung als wirtschaftlich und gesellschaftlich bedeutender Faktor kommt einer rechtzeitigen Gewinnung von statistischem Informations- und Datenmaterial für das Funktionieren eines modernen Leistungsstaates besondere Bedeutung zu. Im Europäischen Kontext hat die statistische Datenverwertung einen umso größeren Stellenwert. Durch die Missachtung der Auskunftspflicht hat die Beschwerdeführerin die mit der Gewinnung entsprechenden Datenmaterials verbundenen Interessen in einem nicht unbedeutenden Ausmaß verletzt und ist daher der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung als nicht unerheblich anzusehen.
Der Beschwerdeführerin wurde bei vorliegender Sachlage (lediglich) eine Ermahnung erteilt. Eine Ermahnung kann nur erteilt werden, wenn gemäß § 45 Abs 1 VStG zulässiger Weise von der Einleitung oder Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und eine Einstellung zu verfügen ist. Gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG darf dies nur erfolgen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.
Die Voraussetzungen für ein Absehen bzw Fortführen des Strafverfahrens und eine Einstellung nach § 45 Abs 1 Z 4 VStG liegen nun aber nicht vor, dies deshalb, da beide in dieser Bestimmung genannten Kriterien kumulativ (arg: „und“) vorliegen müssen. Vorliegend ist aber bereits der Unrechtsgehalt der übertretenen Verwaltungsvorschrift – wie angeführt – nicht gering. Das konkrete Ausmaß des in der betroffenen Strafdrohung typisierten Schuldgehaltes durch das tatbildmäßige Verhalten der Beschwerdeführerin braucht bei dieser Sachlage schon nicht auch noch weiter hinterfragt zu werden. Wäre damit ein Absehen bzw ein Fortführen des Strafverfahrens und eine Einstellung nicht zulässig zu verfügen gewesen, hätte damit aber auch die vorliegende Ermahnung nicht ausgesprochen werden dürfen.
Dem Landesverwaltungsgericht Tirol ist es aber schon jedenfalls verwehrt, dies aufzugreifen und die Beschwerdeführerin über diese Ermahnung hinaus durch eine Bestrafung schlechter zu stellen.
Die Beschwerde war aus den angeführten Gründen abzuweisen.
Zum Vorwurf, das Erstgespräch wäre nicht face-to-face durchgeführt worden, sei letztlich der Vollständigkeit halber festgehalten, dass nach im Zeitpunkt der Ersterhebung (1. Quartal 2020) geltender Rechtslage (BGBl II Nr 111/2010) die Erstbefragung (noch) nicht zwingend face-to-face durchzuführen war, sondern wahlweise entweder durch persönliche Vorsprache, im Wege telefonischer Interviews oder schriftlich erfolgen konnte (§ 7 Abs 5 EWStV 2010, BGBl II Nr 111/2010).
Zum Antrag auf Kostenersatz:
Diesbezüglich ist festzuhalten, dass im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ein – wie geltend gemachter - Kostenersatz nicht vorgesehen ist. Mangels abweichender Regelungen in den Verwaltungsvorschriften bleibt es damit bei der allgemeinen Regelung des § 74 AVG, wonach jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selber zu bestreiten hat (Abs 1) und wonach ein Kostenersatz gegen einen anderen Beteiligten nur dann zusteht, wenn dies die Verwaltungsvorschriften bestimmen (Abs 2).
Auch kann die belangte Behörde zu derartigem Kostenersatz nicht durch das Verwaltungsgericht verpflichtet werden.
Der Antrag war daher als unzulässig zurückzuweisen.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr.in Mair
(Richterin)
Schlagworte
MikrozensusEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2021.39.2280.4Zuletzt aktualisiert am
20.09.2022