Entscheidungsdatum
11.12.2020Index
90/01 StraßenverkehrsordnungNorm
StVO 1960 §52 lita Z10aText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Mag. Rappold über die Beschwerde des Mag. A B, geb. ***, vertreten durch C D Rechtsanwälte OG, Hstraße, V, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld vom 15.10.2020, GZ: BHHF/622190279909/2019,
z u R e c h t e r k a n n t:
I. Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird aus Anlass der Beschwerde der genannte Bescheid insofern abgeändert, als der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 30.09.2020 als unzulässig
zurückgewiesen
wird.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit dem im Spruch näher bezeichneten Bescheid der belangten Behörde vom 15.10.2020 wurde der Antrag des Mag. A B (im Folgenden Beschwerdeführer) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 30.09.2020 gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung eines fristgerechten Einspruchs gegen die Strafverfügung vom 12.05.2020 abgewiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, vom Beschwerdeführer sei gegen die Strafverfügung vom 12.05.2020 rechtzeitig Einspruch erhoben worden. Mit diesem Einspruch sei jedoch klar und eindeutig lediglich Spruchpunkt 2. der Strafverfügung bekämpft worden und sei deshalb Spruchpunkt 1. in Rechtskraft erwachsen. Der Beschwerdeführer habe zudem keine unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisse vorgebracht, welche die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen würden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, im Wesentlichen mit der Begründung, durch den Einspruch sei die gesamte Strafverfügung außer Kraft getreten. Richtig sei, dass der Beschwerdeführer lediglich zum Spruchpunkt 2. eine Rechtfertigung abgegeben habe, es sei jedoch mit keinem Wort erwähnt worden, dass der Beschwerdeführer den Spruchpunkt 1. nicht bekämpfen habe wollen. Der Einspruch sei gegen die gesamte Strafverfügung gerichtet gewesen. Spruchpunkt 1. wäre nur dann in Rechtskraft erwachsen, wenn der Beschwerdeführer im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Kostenentscheidung angefochten hätte.
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat erwogen:
Nach Art. 130 Abs 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß §§ 3, 7, 38 VwGVG iVm Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.
Der Begriff Verwaltungsstrafsachen im Art 132 B-VG ist umfassend zu verstehen und schließt auch rein verfahrensrechtliche Entscheidungen, die in einem Verwaltungstrafverfahren ergehen, ein. Er erstreckt sich auf alle Verfahren vor den Verwaltungsbehörden wegen Verwaltungsübertretungen einschließlich der Verfahren über Wiederaufnahme und Wiedereinsetzungsanträge (VwGH vom 27.06.1990, 90/03/0160).
Ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht gestellt. Gemäß § 44 Abs 2 VwGVG entfällt die Verhandlung, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. (siehe dazu VwGH vom 09.09.2015, Ra 2015/03/0032, zur Verhandlungspflicht bei Anträgen auf Wiedereinsetzungen den vorigen Stand in Verwaltungsstrafsachen)
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark geht von nachstehendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:
Mit Strafverfügung vom 12.05.2020, GZ: BHHF/622190279909/2019, wurde dem Beschwerdeführer zu Spruchpunkt 1. vorgeworfen, er habe am 05.12.2019 um 19:26 Uhr in der Gemeinde G bei der A2, bei StrKM ***, Knoten R, Fahrtrichtung G, mit dem PKW mit dem Kennzeichen ***, die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 53 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits seinen Gunsten abgezogen worden. Zu Spruchpunkt 2. wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe es als § 9 VStG Verantwortlicher der Firma E F GmbH, diese sei Zulassungsbesitzerin des PKW mit dem Kennzeichen ***, zu verantworten, dass der mit Schreiben der belangten Behörde vom 04.02.2020 ergangenen Aufforderung, binnen 2 Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer das angeführte KFZ am 05.12.2019 und 19:26 Uhr Uhr in der Gemeinde G, auf der A2, bei Höhe StrKM ***, Fahrtrichtung G, gelenkt habe, nicht entsprochen worden sei. Zu Spruchpunkt 1. wurde wegen Verletzung der Rechtsvorschrift des § 52 lit. a Z 10 a StVO gemäß § 99 Abs. 2 e StVO eine Geldstrafe i.H.v. € 250,00 (im Falle der Uneinbringlichkeit 3 Tage und 23 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Zu Spruchpunkt 2. wurde wegen Verletzung der Rechtsvorschrift des § 103 Abs. 2 KFG gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe i.H.v. € 80,00 (im Falle der Uneinbringlichkeit 16 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Gegen diese Strafverfügung erhob der Beschwerdeführer am 19.05.2020 und damit fristgerecht Einspruch mit nachstehendem Wortlaut:
„Betrifft: GZ: BHHF/622190279909/2019 – Strafverfügung vom 12.05.2020
Sehr geehrte Damen und Herren!
Gegen die o. a. Strafverfügung erhebe ich innerhalb offener Frist
Einspruch
und begründe wie folgt:
Es ist nicht richtig, dass ich der gemäß § 9 VStG Verantwortlicher der Firma E F GmbH, Bstraße, V, bin und es zu verantworten habe, dass der mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld vom 04.02.2020 ergangenen Aufforderung, binnen 2 Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer das angeführte Kraftfahrzeug mit dem angeführten Kennzeichen am 05.12.2019 um 19:26 Uhr, in der Gemeinde G auf der A2, bei Höhe StrKM ***, Fahrtrichtung G, gelenkt hat, nicht entsprochen wurde.
Richtig ist, dass Herr Ing. G H im o.g. Unternehmen der verantwortliche Beauftragte gem. § 9 VStG betreffend Fuhrpark ist und dies der Bezirksverwaltungsbehörde nachweislich zur Kenntnis gebracht wurde.
Hochachtungsvoll
Mag. A B“
Nachdem der Beschwerdeführer offenbar die Mahnung vom 16.09.2020 erhalten hatte, tätigte der nunmehr durch einen Rechtsanwalt vertretene Beschwerdeführer am 30.09.2020 eine Eingabe. In dieser wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 19.05.2020 gegen die Strafverfügung vom 12.05.2020 fristgerecht Einspruch erhoben habe und die Strafverfügung damit außer Kraft getreten sei. Ein Straferkenntnis sei gegenüber dem Beschwerdeführer bislang nicht erlassen bzw. zugestellt worden. Bei der Mahnung vom 16.09.2020 könne sich daher nur um einen Irrtum der Behörde handeln, zumal es infolge Einspruchserhebung keinerlei rechtskräftigen oder vollstreckbaren Bescheid bzw. Straferkenntnis geben könne. Die Mahnung vom 16.09.2020 wolle ersatzlos behoben werden und dem Beschuldigten schriftlich mitgeteilt und bestätigt, dass ein rechtskräftiger oder vollstreckbarer Bescheid (Straferkenntnis) gegen ihn nicht vorliegt. Aus prozessualer Vorsicht wurde unter einem ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. Dieser Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 15.10.2020 als unbegründet abgewiesen.
Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus dem vorliegenden Verfahrensakt der belangten Behörde. Widersprechende Beweisergebnisse liegen nicht vor.
Rechtliche Beurteilung:
§ 71 AVG in der Fassung BGBl I Nr. 33/2013 lautet wie folgt:
„Wiedereinsetzung in den vorigen Stand(1) Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:
1.
die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder
2.
die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, daß kein Rechtsmittel zulässig sei.
(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.
(3) Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.
(4) Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat.
(5) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages findet keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand statt.
(6) Die Behörde kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung aufschiebende Wirkung zuerkennen.
(7) Der Wiedereinsetzungsantrag kann nicht auf Umstände gestützt werden, die die Behörde schon früher für unzureichend befunden hat, um die Verlängerung der versäumten Frist oder die Verlegung der versäumten Verhandlung zu bewilligen.“
§ 49 VStG in der Fassung BGBl I Nr. 57/2018 lautet wie folgt:
(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.
(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht und nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch, soweit er nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.
(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben oder zurückgezogen wird, ist die Strafverfügung zu vollstrecken.“
Im gegenständlichen Fall war in rechtlicher Hinsicht zu klären, ob der Beschwerdeführer mit seinem Einspruch vom 19.05.2020 die gesamte Strafverfügung oder lediglich deren Spruchpunkt 2. (Nichterteilung der Lenkerauskunft) beeinsprucht hat damit deren Spruchpunkt 1. (Geschwindigkeitsüberschreitung) mangels Erhebung eines Einspruchs in Rechtskraft erwachsen ist.
Dazu ist auszuführen, dass es in einem Einspruch keines ausdrücklichen Antrags bedarf. Der Einschreiter muss daher nicht die Einleitung des ordentlichen Verfahrens oder die Einstellung des Verfahrens beantragen. Erforderlich ist lediglich, dass das Anbringen zumindest die angefochtene Strafverfügung bezeichnet und erkennen lässt, dass der Beschuldigte die Bestrafung ablehnt. Aus dem – gegebenenfalls amtswegig zu klärenden – Inhalt muss sich jedoch objektiv und zweifelsfrei ableiten lassen können, ob der Einschreiter die Strafverfügung nur teilweise (zum Beispiel hinsichtlich einzelner Strafaussprüche, d.h. wegen einzelner Verwaltungsübertretungen), die Strafverfügung zur Gänze, die Zuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde, den Schuldspruch, die verhängte Strafe bzw. die Entscheidung über die Kosten bekämpft. Für die Beurteilung des Umfangs der Anfechtung ist daher der Inhalt der Eingabe in seiner Gesamtheit maßgebend. Geboten ist eine objektive Betrachtungsweise auf Basis der Aktenlage. Im Zweifel ist anzunehmen, dass sich ein Einspruch gegen die gesamte Strafverfügung richtet (ZVR 1999,9 mwN). Eine Strafverfügung muss nicht zur Gänze angefochten werden. Der Beschuldigte kann auch nur Teile der in einer Strafverfügung enthaltenen Spruchpunkte, mithin einzelne Strafaussprüche bzw. die Kostenentscheidung separat bekämpfen, soweit sie keine untrennbare Einheit bilden (VwGH vom 02.08.1996, 96/02/0165). Die nicht angefochtenen Teile einer Strafverfügung werden rechtskräftig. Ein Einspruch bedarf keiner Begründung, wenngleich es dem Einschreiter freisteht, schon im Einspruch die Gründe anzugeben, aus denen er sich durch die Strafverfügung beschwert erachtet und gleichzeitig mit dem Einspruch die seiner Verteidigung dienenden Beweismittel vorzulegen. (Raschauer in Raschauer/Wessely (Hrsg), Kommentar zum Verwaltungsstrafgesetz2 (2016) zu § 49 VStG)
Bei der Beurteilung des Umfangs eines Einspruchs ist der Umstand maßgebend ob „ausdrücklich nur“ das Ausmaß der verhängten Strafe angefochten wird. Im Zweifel hat die Behörde davon auszugehen, dass sich der Einspruch gegen die gesamte Strafverfügung richtet (VwGH vom 22.04.1999, Zl. 99/07/0010)
Im gegenständlichen Fall wurde der Einspruch ohne weitere Einschränkung erhoben sowie in weiterer Folge lediglich zu Spruchpunkt 2. der Strafverfügung begründet. Daraus schloss die belangte Behörde, der Beschwerdeführer habe einen Einspruch lediglich gegen Spruchpunkt 2. der Strafverfügung erhoben und Spruchpunkt 1. der Strafverfügung sei in Rechtskraft erwachsen.
Dieser Rechtsansicht kann sich die erkennende Richterin unter Berufung auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 23.03.2016, Ra 2015/02/0247, nicht anschließen. Dem Sachverhalt der zitierten Entscheidung ist zu entnehmen, dass eine Strafverfügung mit 10 gesonderten Spruchpunkten erlassen wurde. Dagegen wurde - ebenfalls ohne weitere Einschränkung - Einspruch erhoben und wurde der Einspruch lediglich zu 9 von 10 Spruchpunkten begründet bzw. ausgeführt und dazu beantragt. Spruchpunkt 10. der Strafverfügung wird in der Begründung des Einspruches überhaupt nicht erwähnt. Der Verwaltungsgerichtshof führt in seiner Entscheidung aus:
„Geht man davon aus, dass der Revisionswerber ohne Einschränkung "gegen die Strafverfügung ... vom 10.03.2014" Einspruch erhob, im Einspruch nur die Überladungen behandelt werden, auch der abschließende Antrag auf Einleitung des ordentlichen Verfahrens und Aufnahme der beantragten Beweise ausschließlich die Überladungsdelikte zum Gegenstand hatte und Spruchpunkt 10., somit die Bestrafung wegen unberechtigten Verwendens eines Probefahrtkennzeichens, überhaupt nicht erwähnt wird, durfte das Verwaltungsgericht vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung nicht davon ausgehen, dass hinsichtlich dieses Spruchpunktes "ausdrücklich nur" das Ausmaß der verhängten Strafe angefochten wurde. Vielmehr war nach dem Inhalt des Einspruches in seiner Gesamtheit davon auszugehen, dass sich auch der - oben wiedergegebene - abschließende Antrag nur auf die Spruchpunkte 1. bis 9. im Zusammenhang mit der Überschreitung der höchstzulässigen Gewichte bezog, während Spruchpunkt 10. von der einleitend ohne Einschränkung erfolgten Einspruchserhebung (Punkt II. des Einspruches) umfasst war.“
Dieser Sachverhalt ist nach Ansicht erkennenden Richterin auf den gegenständlichen Sachverhalt uneingeschränkt übertragbar und muss man auch im gegenständlichen Fall zum Ergebnis kommen, dass Spruchpunkt 1. der Strafverfügung von der einleitend ohne Einschränkung erfolgten Einspruchserhebung umfasst war.
Verwiesen wird zudem auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.09.2000, 2000/02/0193, wo dieser zu dem Ergebnis kommt, dass mit dem Einspruch nicht die gesamte Strafverfügung, sondern lediglich ein Spruchpunkt bekämpft wurde. Dies jedoch lediglich deshalb, da bereits zu Beginn des Einspruchs eine wesentliche Einschränkung bezüglich des Umfangs der Bekämpfung der Strafverfügung vorgenommen wurde, indem unmissverständlich lediglich eine bestimmte Übertretung im Schriftsatz angeführt wurde. Gerade dies ist gegenständlich jedoch nicht der Fall, sodass auch hier der Umkehrschluss zulässig und geboten ist, dass mit dem Einspruch die gesamte Strafverfügung beeinsprucht wurde.
Da der Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall somit fristgerecht Einspruch auch gegen Spruchpunkt 1. der Strafverfügung erhoben hat, ist dieser Spruchpunkt nicht in Rechtskraft erwachsen und wird in weiterer Folge klar, dass der Beschwerdeführer – wie er selbst ausführt – gar keine Frist (für die Erhebung des Einspruches) versäumt hat. Im Gegenteil führte der fristgerecht erhobene Einspruch dazu, dass die Strafverfügung zur Gänze außer Kraft getreten ist.
Gemäß § 71 Abs. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt erweist sich der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet. Eine solche Bewilligung setzt nämlich voraus, dass überhaupt eine Frist versäumt wurde. Wurde keine Frist versäumt, ist einem Wiedereinsetzungsantrag schon aus diesem Grund nicht stattzugeben (VwGH vom 07.10.1993, Zl. 92/01/0864, u.a.). Erfolgsvoraussetzung eines Antrages auf Wiedereinsetzung ist daher jedenfalls die Behauptung eines Sachverhaltes, aus dem sich rechtlich beurteilt eine Fristversäumnis ergibt. Aus dem Tatsachenvorbringen des Beschwerdeführers ergibt sich jedoch, dass keine Fristversäumung vorliegt, weil er ohnehin fristgerecht Einspruch erhoben hat. Schon aus diesem Grund kommt eine Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht. (VwGH vom 23.03.2001, 98/19/0014)
Wird in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, obwohl eine Frist gar nicht versäumt worden ist, so ist dieser Antrag als unzulässig zurückzuweisen. (VwGH vom 21.12.1989, 89/14/0272)
Aus diesem Grund war das erkennende Gericht verpflichtet, den diesbezüglichen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde entsprechend abzuändern.
Die belangte Behörde wird in weiterer Folge das ordentliche Verfahren einzuleiten haben.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Strafverfügung, Einspruch, kein Antrag auf Einleitung des ordentlichen Verfahrens notwendig, Anfechtung zur Gänze, teilweise Anfechtung, objektive Betrachtungsweise aufgrund der Aktenlage, im Zweifel Anfechtung zur Gänze anzunehmenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGST:2020:LVwG.40.22.2847.2020Zuletzt aktualisiert am
16.09.2022