Index
L91009 Hausbesorger Wien;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 4. März 1992, Zl. MA 62 - III/145/91/Str, betreffend Übertretungen der Kundmachung des Magistrates der Bundeshauptstadt Wien über die Haustorsperre und die Hausbeleuchtung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis vom 17. Jänner 1991 erkannte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 2. Bezirk, den Beschwerdeführer für schuldig, es als Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der T. Liegenschaftsverwertungsgesellschaft m.b.H. zu verantworten, daß diese Gesellschaft I) als Eigentümerin des Hauses in W, L-Gasse 4, an insgesamt fünfzehn näher bezeichneten Tagen zu bestimmten Tageszeiten des Jahres 1990 nicht dafür gesorgt habe, daß das Tor dieses Hauses "gesperrt war, als ein Schloß fehlte", II) als Eigentümerin des Hauses in W, U-Straße 39, an den angeführten fünfzehn Tagen zu den angeführten Tageszeiten nicht dafür gesorgt habe, daß das Tor dieses Hauses "gesperrt war, als das vorhandene Schloß derart beschädigt war, daß ein Versperren der Türe nicht möglich war", und III) als Eigentümerin des letztangeführten Hauses in der Zeit vom 27. Juli 1990, 00.10 Uhr, bis 5. November 1990, 22.00 Uhr, ihrer Verpflichtung zur Anbringung einer Hausglocke unmittelbar neben dem Hauseingang nicht nachgekommen sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch zu I) und II) § 6 i.V.m. § 1 der Kundmachung des Magistrates der Bundeshauptstadt Wien über die Haustorsperre und die Hausbeleuchtung vom 7. Februar 1972, Zl. MA 62-I/120/71, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 11/1972 (im folgenden Kdm.), und zu III) § 6 i.V.m. "§ 4 (2) 2. Absatz" der genannten Kdm. verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen verhängte die Behörde über den Beschwerdeführer jeweils gemäß § 4 der Kdm. zu I) (1. bis 15.) Geldstrafen von je S 600,--, zusammen S 9.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von je 18 Stunden, zusammen 270 Stunden), zu II) (1. bis 15.) Geldstrafen von je S 600,--, zusammen S 9.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von je 18 Stunden, zusammen 270 Stunden), und zu III) eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden). Weiters wurde der Beschwerdeführer gemäß § 64 VStG zur Bezahlung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von S 2.000,-- verpflichtet.
Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung bestätigte die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid in seinen Punkten I) und II) mit der Maßgabe, daß die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat dahingehend zu lauten habe, er habe es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der angeführten Gesellschaft zu verantworten, daß diese nicht dafür Sorge getragen habe, "daß die Haustore dieser Häuser an folgenden Tagen jeweils von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr versperrt gehalten wurden, indem diese" zu den bereits im erstinstanzlichen Bescheid angeführten Zeiten "unversperrt waren". Die zu diesen Punkten verletzte Strafnorm habe gemäß diesem Bescheid "§ 1 iVm § 6" der Kdm. und die angewendete Gesetzesstelle "§ 108 Abs. 2 Wiener Stadtverfassung in der zur Tatzeit geltenden Fassung" zu lauten. Die wegen dieser beiden Verwaltungsübertretungen verhängten Strafen wurden mit je S 5.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafen mit je 7 Tagen festgesetzt. Zu Punkt III) des erstinstanzlichen Bescheides wurde die Strafe von S 2.000,-- auf S 1.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden herabgesetzt. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde zu I) und II) mit je S 500,-- und zu III) mit S 100,-- festgesetzt.
Gegen die Punkte I) und II) dieses Bescheides (Punkt III) wird ausdrücklich nicht bekämpft) richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat.
Gemäß § 1 der genannten, auf Grund des § 76 Z. 3 und des § 108 der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien i.d.F. der Kdm. der Wiener Landesregierung LGBl. Nr. 28/1968 erlassenen Kdm. müssen die Tore aller im Gebiet der Stadt Wien gelegenen Häuser (sofern dem - was für den Beschwerdefall nicht zutrifft - nicht § 2 oder § 3 der Kdm. entgegensteht) in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr gesperrt sein. In der Zeit von 7 Uhr bis 21 Uhr sind sie offen zu halten. Gemäß § 6 der Kdm. werden Verletzungen der durch diese ortspolizeiliche Verordnung bestimmten Verpflichtungen vom Magistrat mit Geldstrafen bis zu S 3.000,-- oder Arreststrafen bis zu drei Wochen geahndet.
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid im wesentlichen damit begründet, es sei auf Grund von Anzeigen mehrerer Meldungsleger und von Zeugenaussagen als erwiesen anzusehen, daß die Tore der angeführten Häuser zu den Tatzeitpunkten nicht versperrt gewesen seien. Dies könne auch aus dem im Instanzenzug gegen den Beschwerdeführer ergangenen Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 28. August 1991 entnommen werden, in welchem dem Beschwerdeführer die Einhaltung der Torsperre aufgetragen worden sei und aus dessen Begründung sich ergebe, daß der Beschwerdeführer dieser Verpflichtung im gegenständlichen Tatzeitraum nicht nachgekommen sei und daß keine oder nur beschädigte Schlösser vorhanden gewesen seien. Eine Sanktion gegen Mieter hätte nur insoweit in Betracht kommen können, als diese der Sperrpflicht des Hauseigentümers entgegengewirkt hätten. Dies hätte aber vorausgesetzt, daß überhaupt funktionstüchtige Schlösser vorhanden gewesen wären.
Der Beschwerdeführer hat die ihm gegenüber verhängte, auf die beiden angeführten Paragraphen der Kdm. gestützte Bestrafung insbesondere mit der Argumentation bekämpft, Adressat des § 1 der Kdm. seien "unbestrittenermaßen nach den Regeln der Grammatik die TORE aller im Gebiet der Stadt Wien gelegenen Häuser", sodaß die Bestrafung von Personen unter Zugrundelegung dieser Gesetzesstelle nicht in Frage komme. Dem ist entgegenzuhalten, daß die Annahme eines nicht Rechtspersönlichkeit besitzenden Normadressaten dem österreichischen Rechtsverständnis fremd ist, wobei eine solche Auslegung dem Gebot der grundsätzlich gesetzeskonformen Auslegung von Verordnungen widersprechen würde. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann der Kdm. auch durchaus entnommen werden, wer Normadressat der in ihrem § 1 enthaltenen Anordnung ist. Bereits aus § 2 der Kdm., der Ausnahmen von der in § 1 genannten Verpflichtung auf Antrag des Hauseigentümers oder dessen verantwortlichen Stellvertreters vorsieht, ist mit hinreichender Klarheit erkennbar, daß die in § 1 normierte Verpflichtung diese - zur Beantragung von Ausnahmen berechtigten - Personen trifft (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 30. April 1980 , Zl. 1639/79). Demgemäß kann auch nicht - wie dies in der Beschwerde geltend gemacht wird - davon die Rede sein, daß diese Bestimmung dem Bestimmtheitsgebot des § 18 B-VG nicht genüge. Der in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer gemachten Anregung, beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung der Kdm. wegen Verstoßes gegen das Determinierungsgebot des Art. 18 B-VG zu beantragen, war somit nicht nachzukommen.
Zum Tatbestand der in einem Verstoß gegen § 1 in Verbindung mit § 6 der Kdm. gelegenen Verwaltungsübertretung gehört weder der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr, noch enthalten diese Verwaltungsvorschriften Bestimmungen über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden. Bei dieser Verwaltungsübertretung handelt es sich daher um ein Ungehorsamsdelikt, bei dem gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG schon das bloße Zuwiderhandeln gegen das genannte Gebot (§ 1) Strafe nach sich zieht, es sei denn, der Täter beweist, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei.
Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde nichts dagegen vor, daß in den im angefochtenen Bescheid genannten Tatzeitpunkten die Tore der besagten Häuser nicht versperrt gewesen seien oder daß er ohne sein Verschulden gehindert gewesen wäre, der Sperrpflicht nachzukommen. Demnach entspricht insoweit die Bestrafung wegen Verstoßes gegen das in § 1 der Kdm. normierte Gebot der Rechtslage.
Der Beschwerdeführer hat sich auch nicht dagegen gewendet, daß die für das Versperren der Haustore der beiden angeführten Häuser erforderlichen Schlösser gefehlt bzw. nicht funktionsfähig gewesen seien oder daß ihm diese Umstände ohne sein Verschulden nicht bekannt gewesen wären. Er macht aber geltend, das darin gelegene Verhalten unterliege keiner Strafdrohung. Mit dieser Argumentation gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die belangte Behörde hat in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides das Fehlen bzw. Nichtfunktionieren der Schlösser nicht mehr in den Strafvorwurf übernommen, sie ist aber in der Begründung des angefochtenen Bescheides im Ergebnis richtig davon ausgegangen, daß die in § 1 der Kdm. normierte Anordnung auch die Verpflichtung des Normadressaten miteinschließe, durch Anbringung und Instandhaltung entsprechende Sperrvorrichtungen dafür Sorge zu tragen, daß der Normanordnung entsprochen werden kann (vgl. abermals das o.a. Erkenntnis).
Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, der belangten Behörde sei Widersprüchlichkeit anzulasten, weil sie auch von einer Verpflichtung der Mieter, das Haustor zu versperren, ausgegangen sei und somit indirekt zugegeben habe, daß der Normadressatenkreis der maßgeblichen Bestimmung unbestimmt sei, ist festzuhalten, daß die Frage, ob auch Mieter von der Verpflichtung des § 1 der Kdm. betroffen sein könnten, im Beschwerdefall auf sich beruhen kann, weil die Verpflichtung des Beschwerdeführers, für die Sperre der Haustore zu sorgen, und die ihm zuzurechnende Verletzung dieser Pflicht jedenfalls feststehen und, selbst wenn eine solche Verpflichtung der Mieter bestehen sollte, sie mangels Vorhandenseins (funktionstüchtiger) Sperrvorrichtungen dieser Verpflichtung nicht hätten nachkommen können.
Ebensowenig ist aus der Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe zu Unrecht zivilgerichtliche Entscheidungen herangezogen, etwas für ihn zu gewinnen, weil die belangte Behörde ein eigenständiges, vom Beschwerdeführer nicht beanstandetes Ermittlungsverfahren durchgeführt und dessen Ergebnisse in schlüssiger Weise gewürdigt hat, wobei sie lediglich zur Bekräftigung dieser Ergebnisse auch auf das den gleichen Sachverhalt beschreibende, bereits angeführte Gerichtsurteil hingewiesen hat.
Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Andere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1992010476.X00Im RIS seit
07.06.2001Zuletzt aktualisiert am
19.09.2011