TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/24 95/12/0298

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Veröffentlicht am 24.04.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/02 Gehaltsgesetz;
64/03 Landeslehrer;

Norm

BDG 1979 §1 Abs1;
GehG 1956 §15 Abs1;
GehG 1956 §15 Abs5;
GehG 1956 §15 Abs6;
GehG 1956 §16;
GehG 1956 §3;
GehG 1956 §61 Abs1;
GehG 1956 §61;
LDG 1984 §1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des H in M, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 19. September 1995, Zl. Bi-010012/29-1995-Zei, betreffend Nachzahlung von Vergütungen für Mehrdienstleistung gemäß § 61 des Gehaltsgesetzes 1956 während der Zeit eines Pensionierungsverfahrens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Verwaltungsgerichtshof geht auf Grund der Beschwerde, dem vorgelegten angefochtenen Bescheid sowie den weiteren Beilagen und dem Vorerkenntnis vom 16. November 1994, Zl. 94/12/0158, von Folgendem aus:

Der Beschwerdeführer steht als Hauptschuloberlehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Oberösterreich.

Mit Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz vom 13. Dezember 1993 wurde der Beschwerdeführer aus gesundheitlichen Gründen gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 LDG 1984 mit Ablauf des 31. Dezember 1993 in den Ruhestand versetzt. Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 3. Mai 1994 keine Folge gegeben. Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. November 1994, Zl. 94/12/0158, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben (Hinweis im Sinne des § 43 Abs. 2 VwGG). Im fortgesetzten Verfahren wurde der Berufung des Beschwerdeführers Folge gegeben und die erstinstanzliche Pensionierung mit Bescheid der belangten Behörde vom 28. Februar 1995 behoben.

Mit Schreiben vom 9. Februar 1995 verlangte der Beschwerdeführer für die Zeit seiner "Ruhestandsversetzung" die Nachzahlung jener Mehrdienstleistungen (Überstunden), die er im Aktivstand ansonsten bezogen hätte.

Mit "Anweisungsverfügung" des Landesschulrates vom 22. März 1995 wurde die Flüssigmachung der Bezüge infolge Wiederaufnahme in den Dienststand verfügt. Auf dieser "Anweisungsverfügung" findet sich ein "AV" mit folgendem Text:

"Durchschn. MDL-Nachzahlg. f. die Zeit v. 1.1.94 bis 7.3.95 im Ausmaß von 5 Std. Unleserliches Handzeichen mit Datum 17.5."

Daneben findet sich die Bemerkung "einverstanden" mit der Unterschrift des Beschwerdeführers und der Datumsbeifügung "17.5.95".

Im Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz vom 9. August 1995 wurde dann zwar grundsätzlich bestätigt, daß der Beschwerdeführer bis zum 31. Dezember 1993 dauernde Mehrdienstleistungen im Ausmaß von fünf Stunden erbracht habe, aber die Nachzahlung einer Vergütung für Mehrdienstleistungen für den Zeitraum des Pensionierungsverfahrens vom 1. Jänner 1994 bis 7. März 1995 unter Hinweis auf § 61 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 (GG 1956) abgewiesen.

In seiner Berufung gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, daß er in diesem Zeitraum gemäß § 12 Abs. 7 LDG 1984 zwar als beurlaubt gelte, dies aber durch das "VwGH-Urteil" nicht rechtskräftig geworden sei, daß auch die freigestellten Personalvertreter Mehrdienstleistungen bezahlt erhielten, die von diesen gar nicht erbracht würden, und daß er von einer Beamtin der Volksanwaltschaft auf ein "Erkenntnis des OGH" aufmerksam gemacht worden sei, daß sich der Arbeitgeber durch eine einseitig angeordnete Dienstfreistellung und die Inkaufnahme der Rechtsfolgen nach § 1155 ABGB der Möglichkeit der Einflußnahme auf die Gestaltung der Entgeltbedingungen begebe.

Diese Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen.

Zur Begründung führt die belangte Behörde nach zusammengefaßter Wiedergabe des Verfahrensablaufes und der Rechtslage weiter aus, auf Grund der Aktenlage stehe fest, daß der Beschwerdeführer bis zum 31. Dezember 1993 Überstunden im Ausmaß von fünf Stunden geleistet und durch die amtswegig erfolgte Ruhestandsversetzung für die Zeit vom 1. Jänner 1994 bis 7. März 1995 keine Vergütung für Überstunden erhalten habe. Die Aktivbezüge für den genannten Zeitraum seien ihm hingegen von der Dienstbehörde erster Instanz nachgezahlt worden. Aus der Formulierung des § 61 Abs. 1 Z. 1 GG 1956 sei klar zu folgern, daß der Anspruch auf Vergütung von Mehrdienstleistungen nur dann bestehe, wenn durch eine tatsächliche dauernde Unterrichtserteilung das Ausmaß der Lehrverpflichtung überschritten werde. Diese Interpretation entspreche auch der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, der davon ausgehe, daß unter "Unterrichtserteilung" im Sinne des § 61 Abs. 1 GG 1956 eine TATSÄCHLICHE TÄTIGKEIT zu verstehen sei, weil sich ein Anhaltspunkt für einen hievon abweichenden Begriffsinhalt weder aus der Wortbedeutung "Unterrichtserteilung" als solcher noch auch etwa im Zusammenhang mit dem übrigen Wortlaut gesehen ergebe. Im Fall einer Ruhestandsversetzung bzw. eines Urlaubes auf Grund der Bestimmung des § 12 Abs. 7 LDG 1984 erfolge jedoch überhaupt keine Unterrichtserteilung und schon gar nicht Unterricht, der über das Ausmaß der normalen Lehrverpflichtung hinausgehe und somit einen Anspruch nach § 61 Abs. 1 GG 1956 begründen würde. Bedingt durch den Umstand, daß die amtswegig erfolgte Ruhestandsversetzung mit Bescheid der belangten Behörde vom 28. Februar 1995 aufgehoben worden sei, sei eine Nachzahlung der Aktivbezüge für diesen Zeitraum an den Beschwerdeführer im Sinne des § 3 Abs. 2 GG 1956 erfolgt. Der Monatsbezug nach § 3 Abs. 2 GG 1956 bestehe nämlich aus dem Gehalt und allfälligen genau angeführten Zulagen. Vergütungen für Mehrdienstleistungen gemäß § 61 GG 1956 seien jedoch in dieser Bestimmung nicht angeführt; sie bildeten daher keinen Bestandteil des Monatsbezuges im Sinne des § 3 Abs. 2 GG 1956. Auf Grund des tatsächlichen Unterbleibens der Unterrichtserteilung durch den Beschwerdeführer ab 1. Jänner 1994 sei daher die Vergütung für dauernde Mehrdienstleistungen im Grunde der Bestimmung des § 61 GG 1956 einzustellen gewesen; aus den dargelegten Gründen sei auch zu Recht keine Nachzahlung einer Vergütung für dauernde Mehrdienstleistungen in der Zeit vom 1. Jänner 1994 bis 7. März 1995 zu leisten gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in dem ihm gewährleisteten Recht gemäß § 61 GG 1956 in Verbindung mit § 3 des genannten Gesetzes, für den Zeitraum vom 1. Jänner 1994 bis 7. März 1995 auch Vergütungen für Mehrdienstleistungen (Überstunden) nachgezahlt zu erhalten, verletzt.

Nach § 106 Abs. 1 LDG 1984, BGBl. Nr. 302, gilt für das Besoldungsrecht der Landeslehrer das Gehaltsgesetz 1956.

Nach § 61 Abs. 1 Z. 1 GG 1956, BGBl. Nr. 54, gebührt dem Lehrer anstelle der in den §§ 16 bis 18 angeführten Nebengebühren eine besondere Vergütung für Mehrdienstleistung, wenn durch dauernde Unterrichtserteilung das Ausmaß der Lehrverpflichtung überschritten wird.

§ 61 GG 1956 stellt demnach eine Sonderregelung der Vergütung für Mehrdienstleistungen für Lehrer dar, die die Anwendung der §§ 16 ff GG 1956 ausschließt (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1974, Slg. Nr. 8725/A). Unter "Unterrichtserteilung" im Sinne des § 61 Abs. 1 GG 1956 ist eine tatsächliche Tätigkeit zu verstehen, weil sich Anhaltspunkte für einen hievon abweichenden Begriffsinhalt weder aus der Wortbedeutung "Unterrichtserteilung" als solcher noch aus dem Zusammenhang mit dem übrigen Wortlaut ergeben (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. April 1983, Zl. 82/09/0104). Die Mehrdienstleistungsvergütung nach § 61 GG 1956 wird neben den nach den Dienstrechtsvorschriften gebührenden Monatsbezügen und Sonderzahlungen ALS NEBENGEBÜHR ausgezahlt. Sie unterscheidet sich von den laufenden Bezügen durch den Rechtstitel. Die Mehrdienstleistungsvergütung gebührt somit auch nicht laufend auf Grund des GG 1956 oder eines darauf beruhenden Bescheides, weil sie an die Stelle der in den §§ 16 bis 18 GG 1956 angeführten Nebengebühren tretenden Vergütung für Mehrdienstleistungen der Lehrer nach § 61 GG 1956 nicht pauschalierungsfähig ist (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. November 1983,

Zlen. 83/09/0042, 0049, 0050, 0060 und 0089).

Der Anspruch auf Nebengebühren (gleichgültig, ob sie in Form der Einzelbemessung oder pauschaliert festgesetzt wurden) ist verwendungsbezogen gegeben. Fällt daher die Verwendung weg, mit der die Erbringung der anspruchsbegründenden Leistung bzw. das Entstehen anspruchsbegründender Aufwendungen verbunden ist, führt dies grundsätzlich auch zum Wegfall der Nebengebühren (siehe das zu einer vergleichbaren Rechtslage ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Jänner 1996, Zl. 95/12/0178).

Der Beschwerdeführer bringt als Rechtswidrigkeit des Inhaltes im wesentlichen vor, wenn der Dienstnehmer vom Dienstgeber dienstfrei gestellt werde, gelte nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes das sogenannte Ausfallsprinzip. Durch seine Ruhestandsversetzung sei ihm durch Umstände, die ausschließlich in der Sphäre des Dienstgebers gelegen gewesen seien, die Möglichkeit genommen worden, so wie bisher die gebührenden Vergütungen für Mehrdienstleistungen gemäß § 61 GG 1956 zu erhalten. Bei Ermittlung der nachzuzahlenden Bezüge für die Dauer der Ruhestandsversetzung hätte daher dieses Ausfallsprinzip zugrunde gelegt werden müssen. Die einschlägigen Bestimmungen seien jedenfalls im Lichte dieses Prinzips auszulegen. Daß der Beschwerdeführer tatsächlich den Unterricht im bisherigen Ausmaß nicht habe erteilen können, sei ausschließlich an seiner Ruhestandsversetzung gelegen gewesen. Durch die ersatzlose Aufhebung des Ruhestandsversetzungsbescheides sei daher eine Restitution eingetreten; er müsse daher bei der Nachzahlung der Bezüge so behandelt werden, wie wenn seine Bezüge im Aktivstand fiktiv weitergelaufen wären. Soweit § 61 Abs. 1 GG 1956 von einer tatsächlichen dauernden Unterrichtserteilung spreche, könne sich dies nur darauf beziehen, daß eben in den Ferien keine solche dauernde Unterrichtserteilung erfolge und daher für diese Zeiträume auch keine Vergütungen für Mehrdienstleistungen gebühren könnten.

Bereits die einleitend wiedergegebene Rechtsprechung zum § 61 GG 1956 zeigt die Unrichtigkeit der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers. Bei der Mehrdienstleistungsvergütung nach § 61 GG 1956 handelt es sich um eine Nebengebühr, die nur bei Vorliegen der Tatbestandserfordernisse des § 61 Abs. 1 GG 1956, insbesondere also bei Erbringung der dauernden Unterrichtserteilung, und demnach nicht während eines Urlaubes - wie der Beschwerdeführer selbst einräumt - zusteht. Da der Beschwerdeführer während des in Frage stehenden Zeitraumes gemäß § 12 Abs. 7 LDG 1984 als beurlaubt gilt, steht ihm für diese Zeit schon deshalb keine Vergütung für Mehrdienstleistungen nach § 61 Abs. 1 GG 1956 zu. Er hat während dieser Zeit nicht dauernd Unterricht erteilt. Aus welchen Gründen dies erfolgt ist, kann unter dem Gesichtspunkt des geltend gemachten besoldungsrechtlichen Anspruches keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden, weil der Wesenskern des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses darin gelegen ist, daß Personen in einem Dienstverhältnis in Bindung an das Gesetz tätig werden und bezugsrechtliche Ansprüche nur nach besoldungsrechtlichen Vorschriften geltend gemacht werden können (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. September 1990, Zl. 90/12/0195, oder vom 18. Februar 1994, Zl. 93/12/0065). Soweit der Beschwerdeführer auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu privatrechtlichen Dienstverhältnissen verweist, ist ihm insbesondere entgegenzuhalten, daß es sich bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis nicht um ein Rechtsverhältnis zwischen zwei Vertragspartnern handelt. Die aus einem solchen Dienstverhältnis abgeleiteten Rechte und Pflichten sind daher im Gegensatz zu privatrechtlichen Dienstverhältnissen - sofern nicht Gestaltungsrechte gesetzlich ausdrücklich eingeräumt sind - weder vom Dienstgeber noch vom Dienstnehmer gestaltbar, sondern haben sich direkt aus dem Gesetz zu ergeben. Maßgeblich für einen Anspruch ist daher nur, ob die im Gesetz enthaltenen Tatbestandserfordernisse erfüllt sind (siehe dazu beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. November 1994, Zl. 93/12/0305, mit weiterer Vorjudikatur).

Wenn der Beschwerdeführer schließlich auf eine andere Vorgangsweise bei Personalvertretern hinweist, so ist ihm entgegenzuhalten, daß für diese Bedienstetengruppe diesbezüglich die Sonderbestimmung des § 25 Abs. 4 PVG maßgebend ist.

Der Verwaltungsgerichtshof kann dem Beschwerdeführer auch nicht folgen, wenn er meint, es habe sich bei dem "AV" vom 17. Mai 1995 auf der "Anweisungsverfügung" um einen mündlichen Bescheid gehandelt; dieser Aktenvermerk weist doch weder darauf hin, daß es sich hiebei um die Beurkundung der mündlichen Verkündung eines Bescheides als Formalakt gehandelt habe, noch daß dieser als "AV" bezeichneten handschriftlichen Bemerkung eine normative Bedeutung im Sinne eines Bescheides beizumessen ist.

Da bereits diese Überlegungen zeigen, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war der Beschwerde gemäß § 35 VwGG ohne weiteres Verfahren und ohne weitere Kosten für den Beschwerdeführer nicht stattzugeben.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995120298.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

15.12.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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