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33 Bewertungsrecht;Norm
BewG 1955 §10;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Steiner, Dr. Mizner und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde der Mag. B in W, vertreten durch Dr. A in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 17. Juni 1992, Zl. GA 8-1063-1986, betreffend Einheitsbewertung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Einheitswert für die wirtschaftliche Einheit Gewerbeberechtigung (Apothekengerechtigkeit iS des § 61 Abs. 1 letzter Halbsatz BewG) betreffend die Apotheke in H - es handelte sich um eine Realapotheke im Sinne des § 21 Apothekengesetz in der zu den nachfolgend angeführten Zeitpunkten in Geltung gestandenen Fassung - zum 1. Jänner 1978 (Artfortschreibung), zum 1. Jänner 1979 (Zurechnungsfortschreibung) und zum 1. Jänner 1982 (Zurechnungsfortschreibung) mit S 4,783.000,-- festgestellt. Die Zurechnung des Einheitswertes der Gewerbeberechtigung erfolgte jeweils an die Beschwerdeführerin, und zwar ursprünglich in ihrer Eigenschaft als Erbin nach zwei verschiedenen Personen, zuletzt ohne einen solchen Beisatz.
Im Zeitpunkt der Erhebung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gegen den angefochtenen Bescheid war das Berufungsverfahren gegen den dieselbe wirtschaftliche Einheit betreffenden, das Datum 7. März 1991 tragenden Einheitswertbescheid des Finanzamtes zum 1. Jänner 1973 mit Wirksamkeit zum 1. Jänner 1974 (Einheitswert: S 3,339.000,--) noch nicht abgeschlossen.
Vor Erlassung des zuletzt genannten Bescheides war für die in Rede stehende wirtschaftliche Untereinheit kein Einheitswert festgestellt worden. Statt dessen hatte das Finanzamt bei der Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1974 den Bilanzansatz "Firmenwert" in Höhe von S 62.221,-- übernommen.
Das in Rede stehende Apothekenunternehmen wurde mit Vertrag vom 27. Oktober 1976 mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 1977 verpachtet.
Im Berufungsverfahren gegen den dem angefochtenen Bescheid vorausgegangenen erstinstanzlichen Einheitswertbescheid hatte die Beschwerdeführerin beantragt, den Einheitswert nur mit dem "historischen Bilanzansatz für den Firmenwert" (von S 62.221,--) festzustellen; dies im wesentlichen mit der Begründung, es sei aus rechtlichen Gründen verfehlt, den für den vorliegenden Fall der Betriebsaufgabe bei Berechnung des Veräußerungsgewinnes gemäß § 24 EStG 1972 zugrunde gelegten Firmenwert auch als gemeinen Wert der (ins Privatvermögen übernommenen) Apothekenberechtigung anzusehen und den Einheitswert in der entsprechenden Höhe festzustellen. Ein Wertansatz für eine Gewerbeberechtigung komme in der Regel nur dann in Frage, wenn die Berechtigung entgeltlich erworben worden sei oder zu ihrer Erlangung aktivierungspflichtige Aufwendungen gemacht worden seien.
Die belangte Behörde begründete ihre abweisliche Berufungsentscheidung nach Darstellung des Sachverhaltes und der maßgeblichen Rechtsgrundlagen im wesentlichen folgendermaßen:
Die Artfortschreibung zum 1. Jänner 1978 sei erforderlich geworden, weil die bis dahin dem Betriebsvermögen der Apotheke als wirtschaftliche Untereinheit zugeordnete Apothekengerechtigkeit durch die (Dauer-)Verpachtung der Apotheke nunmehr dem sonstigen Vermögen im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 7 BewG zuzuordnen sei. Wertmaßstab für den Einheitswert sei gemäß § 61 Abs. 4 BewG bei Gewerbeberechtigungen der gemeine Wert. Nach dem zweiten Satz der zuletzt zitierten Gesetzesstelle gelte als gemeiner Wert der zum maßgebenden Stichtag in einer Vermögensübersicht (Bilanz) anzusetzende Wert. Dieser Wert sei nicht mit dem tatsächlich angesetzten historischen Bilanzwert identisch, sondern es sei auf Veränderungen der Wertverhältnisse Rücksicht zu nehmen, zumal § 23 BewG, wonach bei Fortschreibungen und bei Nachfeststellungen der Einheitswerte für Grundbesitz der tatsächliche Zustand des Grundbesitzes vom Fortschreibungszeitpunkt oder vom Nachfeststellungszeitpunkt und die Wertverhältnisse vom Hauptfeststellungszeitpunkt zugrundezulegen seien, für Gewerbeberechtigungen nicht gelte. Der gemeine Wert von Gewerbeberechtigungen (hier: der Apothekengerechtigkeit) sei daher nach den Wertverhältnissen, die im Falle einer am maßgeblichen Stichtag stattfindenden Veräußerung des Unternehmens für den Firmenwert anzusetzen wären, zu ermitteln. Im vorliegenden Fall entspreche der in die zum Stichtag zu erstellende Aufgabebilanz eingestellte gemeine Wert der in das Privatvermögen übergeführten Gewerbeberechtigung von S 4,783.262,-- dem gemeinen Wert im Sinne des § 61 Abs. 4 zweiter Satz BewG. Der Bilanzansatz in der Aufgabebilanz gelte auch als Grundlage für die Vermögensteuer ab 1. Jänner 1978. Die Pächterbilanz sei hingegen nicht von Bedeutung, weil die Apothekengerechtigkeit (als beim Verpächter verbleibend) nicht zum Vermögen des Pächters gehöre. Bei Ermittlung des gemeinen Wertes der Apothekengerechtigkeit sei nach einem gebräuchlichen Verfahren die Hälfte der Umsätze der Apotheke in den Jahren 1974 bis 1976 angesetzt worden.
Mit Beschluß vom 28. September 1993, B 1097/92-7, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und brachte in seiner Begründung zum Ausdruck, daß die Verpachtung des Betriebes eine gewisse vermögensmäßige Realisierung der Wertsteigerung einer Berechtigung darstellt. Mit weiterem Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 18. November 1993 wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem "Recht auf richtige Einheitswertberechnung verletzt, insbesondere deshalb, weil die Apothekengerechtigkeit nur mit dem seinerzeitigen Bilanzansatz für den Firmenwert anzusetzen ist". Die Gegenschrift der belangten Behörde vor dem Verfassungsgerichtshof sei die Antwort schuldig geblieben, welche materiellen Gründe es rechtfertigten, § 61 Abs. 1 (richtig wohl: Abs. 4) BewG nach Verpachtung nicht mehr anzuwenden.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof legte die Beschwerdeführerin zur behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums dar, Grundüberlegung des Rechtsmittelverfahrens sei der auch vor dem Verfassungsgerichtshof weiterverfolgte Gedanke, daß es sachlich nicht gerechtfertigt und daher gleichheitswidrig erscheine, aus Anlaß der Verpachtung eines Unternehmens bewertungsrechtlich Maßnahmen zu setzen, die zu einer (hier: kraß) höheren Bemessungsgrundlage (vordringlich für die Vermögensteuer) führten. Es sei denkunmöglich anzunehmen, daß - aus der Sicht des Eigentümers - eine verpachtete Apotheke für den Eigentümer einen höheren Wert haben solle als eine selbst betriebene. Es liege auf der Hand, daß bei Verpachtung auf Pächterseite eine gewisse Gewinnkomponente verbleibe, die im Fall des Eigenbetriebs der Eigentümer lukrieren könne. Ebenso dürfe zur Vermeidung eines gleichheitswidrigen Ergebnisses bewertungsrechtlich der gemeine Wert einer Apotheke durch ihre Verpachtung bzw. durch die Betriebsaufgabe nicht erhöht werden. Die Beschwerdeführerin bestreitet, daß im Fall einer (eine Betriebsaufgabe darstellenden) dauerhaften Verpachtung einer Apothekengerechtigkeit ein Veräußerungsgewinn in der Vermögensübersicht (Bilanz) anzusetzen wäre. Selbst wenn dem so wäre, träfe dies ausschließlich für den Einkommensteuerbereich zu. Es wäre sachlich nicht gerechtfertigt, die Überlegung, daß aus Anlaß der Betriebsaufgabe realisierte stille Reserven einer Besteuerung zugeführt werden sollen, (auch über eine vermeintliche Brückenfunktion des § 61 Abs. 4 BewG) auf den Bereich des Bewertungsrechtes (und solcherart z.B. auf die Vermögensteuer) zu übertragen. Zur Vermeidung eines gleichheitswidrigen Ergebnisses müsse man daher verlangen, daß im Fall der Verpachtung (selbst wenn dies eine Betriebsaufgabe darstellen sollte) betreffend § 61 Abs. 4 zweiter Satz BewG weiterhin dem Anschaffungskostenprinzip und dem Grundsatz der Bilanzkontinuität Rechnung zu tragen sei und daß es nicht (deshalb) zu einer Änderung des Ansatzes kommen dürfe. Die Verpachtung stelle "sicherlich" keine sachliche Rechtfertigung dafür dar, dem Eigentümer (= Verpächter) - isoliert betrachtet allein für den nunmehrigen Pachtgegenstand - höhere Vermögensteuern vorzuschreiben. Das Vermögen der Beschwerdeführerin habe sich im Jahr 1978 im Vergleich zum Jahr 1977 nicht dadurch, daß die Apotheke nicht mehr selbst betrieben, sondern verpachtet worden sei, geändert.
In ihrer Sukzessivbeschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof beruft sich die Beschwerdeführerin auf das eben geschilderte Vorbringen in der Urbeschwerde, welches sie als Verletzung einfach-gesetzlicher Bestimmungen mit dem Bemerken relativiert, daß im Zweifel einer gleichheitskonformen, verfassungswidrige Ergebnisse vermeidenden Interpretation der Vorzug zu geben sei.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Beschwerdeführerin übersieht, daß § 61 Abs. 4 BewG sich ausschließlich auf die Bewertung von Betriebsvermögen bezieht. Dies ergibt sich nicht nur aus seinem Wortlaut, weil als "in einer Vermögensübersicht (Bilanz)" anzusetzender Wert nur der Wert eines betriebszugehörigen Wirtschaftsgutes verstanden werden kann, sondern auch aus der systematischen Einordnung der zitierten Bestimmung im Bewertungsgesetz unter Punkt "III. Betriebsvermögen". Da unbestritten ist, daß die Gewerbeberechtigung nicht zum Betriebsvermögen gehört, sondern sonstiges Vermögen i.S. des § 69 Abs. 1 Z. 7 darstellt, kann mangels einer anderen Bewertungsvorschrift nur der gemeine Wert gemäß § 10 BewG, also OHNE BEGRENZUNG MIT DEM "BUCHWERT", in Betracht kommen. Darüber hinaus wären die Beschwerdeargumente selbst auf dem Boden der Beschwerde nur zielführend, wenn angenommen werden könnte bzw. müßte, daß die Auslegung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zu einem sachlich nicht zu rechtfertigenden Ergebnis geführt hat. Dies ist jedoch angesichts des vom Verfassungsgerichtshof in seinem Ablehnungsbeschluß angeführten Umstandes, daß die Verpachtung des Betriebes eine gewisse vermögensmäßige Realisierung der Wertsteigerung einer Berechtigung darstellt, welcher Beurteilung sich der Verwaltungsgerichtshof anschließt, nicht der Fall.
Das Bewertungsgesetz enthält auch keine Vorschrift, aus der gefolgert werden könnte, daß bei Gewerbeberechtigungen ganz allgemein oder bei nicht zu einem Betriebsvermögen gehörenden Gewerbeberechtigungen im besonderen die Stichtagsbewertung statt mit "aktuellen" gemeinen Werten mit "historischen" gemeinen Werten vorzunehmen ist.
Da die Beschwerde nur die im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck kommende Rechtsansicht der belangten Behörde bekämpft, der "historische Bilanzansatz für den Firmenwert" von S 62.221,-- dürfe nicht beibehalten werden, aber sonst nichts gegen die Höhe des zu den einzelnen Stichtagen festgestellten Einheitswertes der Apothekengerechtigkeit vorbringt, erübrigen sich Ausführungen zur Höhe des im angefochtenen Bescheid festgestellten Einheitswertes.
Auf Grund des Gesagten mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1993150226.X00Im RIS seit
14.01.2002