TE Vwgh Erkenntnis 1996/4/24 92/12/0288

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Veröffentlicht am 24.04.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

AVG §1;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
GehG 1956 §12 Abs3;
VwGG §27;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde der D in E, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in M, gegen den Bundesminister für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit Vorrückungsstichtag nach § 12 GG 1956, zu Recht erkannt:

Spruch

Die mangelnde Zustimmung des Bundeskanzlers hindert die belangte Behörde nicht an der fristgerechten Erlassung des Bescheides.

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG wird der belangten Behörde aufgetragen, den versäumten Bescheid unter Bindung an diese Rechtsansicht zu erlassen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Sie wurde mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1991 (Dekret vom 5. Oktober 1990) auf die Planstelle einer Landesschulinspektorin ernannt. Ihre Dienststelle ist der Landesschulrat für Oberösterreich. Im Zuge des Verfahrens zur Ermittlung des Vorrückungsstichtages für die Verwendungsgruppe S1 beantragte die Beschwerdeführerin, ihre Auslandsdienstzeit bei einem näher genannten Unternehmen in Deutschland vom 1. Jänner 1971 bis 31. Juli 1975 gemäß § 12 Abs. 3 GG zur Gänze anzurechnen.

Die belangte Behörde stellte mit Schreiben vom 19. November 1991 den Antrag auf Zustimmung zur Ermittlung des Vorrückungsstichtages (Anrechnung von Vordienstzeiten gemäß § 12 Abs. 3 GG) an das Bundeskanzleramt, das hiezu im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen am 17. Jänner 1992 eine ablehnende Stellungnahme abgab.

Mit Bescheid vom 24. April 1992 hat der Landesschulrat für Oberösterreich für die Beschwerdeführerin den 17. November 1991 als Vorrückungsstichtag der Verwendungsgruppe S1 festgesetzt und ausgesprochen, daß die Zeit vom 1. Jänner 1971 bis 31. Juli 1975 zur Hälfte angerechnet werde. In der Begründung führte die Dienstbehörde aus, das Bundesministerium für Unterricht und Kunst habe im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und dem Bundesministerium für Finanzen die Zustimmung zur (Voll)Anrechnung der Auslandsdienstzeiten für die Vorrückung in höhere Bezüge verweigert, weil die Beschwerdeführerin vor dem 1. Jänner 1991 bereits mehr als 14 Jahre als Lehrerin bzw. Sonderschuldirektorin beschäftigt gewesen sei. Es sei anzunehmen, daß sie sich in diesem langen Zeitraum die für ihre Dienstobliegenheiten notwendigen Fähigkeiten habe aneignen können.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin am 12. Mai 1992 Berufung und begehrte die Vollanrechnung ihrer Auslandsdienstzeit. Die belangte Behörde ersuchte daraufhin mit Schreiben vom 13. Juli 1992 das Bundeskanzleramt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen erneut um Zustimmung zur Vollanrechnung des strittigen Zeitraumes.

Mit Schreiben vom 6. Oktober 1992 lehnte das Bundeskanzleramt einvernehmlich mit dem Bundesministerium für Finanzen unter Hinweis auf das Schreiben vom 17. Jänner 1992 abermals die Anrechnung von Praxiszeiten nach § 12 Abs. 3 GG ab.

Am 14. Dezember 1992 erhob die Beschwerdeführerin Säumnisbeschwerde gemäß Art. 132 B-VG. Mit Verfügung vom 7. Jänner 1993 hat der Verwaltungsgerichtshof hierüber gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren eingeleitet und der belangten Behörde die Beschwerde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG mit der Aufforderung zugestellt, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege und hiezu die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

Mit Schriftsatz vom 12. Februar 1993 (beim Verwaltungsgerichtshof am 16. Februar 1993 eingelangt) teilte die belangte Behörde mit, sie habe mehrmals versucht, eine Zustimmung des Bundeskanzleramtes sowie des Bundesministeriums für Finanzen zu erreichen, dies sei aber abgelehnt worden; die belangte Behörde könne daher ihrer Entscheidungspflicht nicht nachkommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG erwogen:

Wie sich aus dem dargestellten Sachverhalt ergibt, liegen die Voraussetzungen des § 27 VwGG vor. Da die belangte Behörde innerhalb der ihr eingeräumten Frist den versäumten Bescheid nicht nachgeholt hat, ist die Zuständigkeit zur Entscheidung auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen.

Die anläßlich der Aktenvorlage von der belangten Behörde zum Ausdruck gebrachte Beurteilung, sie sehe sich mangels Zustimmung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen außerstande zu entscheiden, ist unzutreffend: Wie der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise bereits im Erkenntnis vom 15. Jänner 1976, Zl. 897/75 = Slg. NF 8959/A, ausgesprochen hat, enthebt das Verhalten einer anderen Zentralstelle die belangte Behörde ihrerseits nicht der vom Gesetz auferlegten Pflicht, über den von der Beschwerdeführerin gestellten Antrag zu entscheiden, wenn auch diese Entscheidungspflicht mangels des gemäß § 12 Abs. 3 GG 1956 für die Anrechnung eines Zeitraumes zur Gänze statuierten essentiellen Erfordernisses der Zustimmung des Bundeskanzlers nur durch Abweisung des Ansuchens der Beschwerdeführerin ausgeübt werden kann. Das von der belangten Behörde im vorliegenden Verfahren angenommene Entscheidungshindernis besteht somit nicht (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 19. April 1995, Zl. 94/12/0314).

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG war dies klarzustellen und der Behörde aufzutragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung dieser hiemit festgelegten Rechtsanschauung zu erlassen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 55 Abs. 1 erster Satz VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der nach § 49 Abs. 1 VwGG vorgesehene Pauschalbetrag auch die Umsatzsteuer umfaßt.

Schlagworte

ZustimmungserfordernisAnspruch auf Sachentscheidung Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1992120288.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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