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L67007 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Tirol;Norm
ABGB §6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des J in E, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 12. September 1995, Zl. 60.367-6/95, betreffend Stempelgebühr und Gebührenerhöhung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist allein die Frage strittig, ob eine vom Beschwerdeführer gemäß § 23 Abs. 1 Tiroler Grundverkehrsgesetz LGBl. Nr. 82/1993 (im folgenden kurz: TirGVG) erstattete schriftliche Anzeige (deren Wortlaut den Verwaltungsakten allerdings nicht zu entnehmen ist) eines Rechtserwerbes an einem sogenannten Baugrundstück der erhöhten Eingabengebühr gemäß § 14 TP 6 Abs. 3 GebG unterliegt oder gemäß Abs. 5 Z. 8 leg. cit. gebührenbefreit ist.
Die belangte Behörde vertritt in ihrem im Instanzenzug ergangenen und die erstinstanzliche Gebührenfestsetzung samt einer gemäß § 9 Abs. 1 GebG vorgenommenen Erhöhung bestätigenden Berufungsentscheidung die erstere Meinung. Dies wird im wesentlichen damit begründet, auch die jetzt im TirGVG (anstelle der früheren Rechtslage, die Anträge bzw. Ansuchen kannte) vorgesehene Anzeige diene nur dem Zweck, das grundverkehrsrechtliche Beurteilungs- und Genehmigungsverfahren einzuleiten. Im Rahmen der gebotenen teleologischen Interpretation sei davon auszugehen, daß der vom TirGVG als Anzeige bezeichneten Eingabe zugleich die Wirkung eines Antrags auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Bewilligung zukomme, wenn es sich letztlich um einen genehmigungspflichtigen Erwerb handle. Ein solcher sei aber vorgelegen. Mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde vom 6. Juni 1994 sei die Genehmigung nämlich erteilt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Gebührenfreiheit verletzt.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwere als unbegründet begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 14 TP 6 Abs. 3 GebG unterliegen der erhöhten Eingabegebühr von 240 S Anträge an die Grundverkehrskommission (Grundverkehrsbehörde, Grundverkehrs-Ortskommission, Grundverkehrs-Landeskommission), die Übertragung des Eigentums oder die Einräumung des Fruchtgenußrechtes zuzulassen.
Hingegen unterliegen gemäß Abs. 5 leg. cit. der Eingabengebühr nicht
"...
8. Eingaben nach den landesgesetzlichen Vorschriften über den Grundverkehr, ausgenommen Anträge an die Grundverkehrskommission (Grundverkehrsbehörde, Grundverkehrs-Ortskommission, Grundverkehrs-Landeskommission), die Übertragung des Eigentums, die Einräumung des Fruchtgenußrechtes oder die Verpachtung zuzulassen."
Unter den landesgesetzlichen Vorschriften über den Grundverkehr sind nicht mehr nur die Normen betreffend die Regelung des Verkehrs mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken zu verstehen (wie seinerzeit insbesondere von der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes betont wurde; vgl. dazu das bei Fellner, Gebühren und Verkehrssteuern I, 2. Teil, Stempel- und Rechtsgebühren ErgB. 19 B letzter Absatz und 20 B erster Absatz sowie 30 W zu § 14 TP 6 GebG referierte Erkenntnis VfSlg. 4027), sondern seit Art. II der B-VG Novelle BGBl. Nr. 276/1992 iVm der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über zivilrechtliche Bestimmungen betreffend den Verkehr mit Baugrundstücken BGBl. Nr. 260/1993 insbesondere auch die landesgesetzlichen Regelungen über den Verkehr mit Baugrundstücken.
§ 23 Abs. 1 TirGVG lautet:
"(1) Jeder Rechtserwerb an land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken nach § 4 oder an Baugrundstücken nach § 9 sowie jeder Rechtserwerb an einem Grundstück durch einen Ausländer nach § 12 Abs. 1 ist vom Rechtserwerber binnen acht Wochen nach Abschluß des betreffenden Rechtsgeschäftes oder Rechtsvorganges der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Sprengel das betreffende Grundstück liegt, schriftlich anzuzeigen. Die Anzeige kann auch durch den Veräußerer erfolgen. Bei Rechtserwerben, die eines Notariatsaktes bedürfen, obliegt die Anzeigepflicht dem Notar."
Dazu bestimmt Abs. 2 dieser Vorschrift:
"(2) Die Anzeige hat - außer im Falle des § 10 Abs. 2 - die zur Beurteilung des Vorliegens der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlichen Angaben sowie die zum Nachweis der Richtigkeit dieser Angaben oder zu deren Glaubhaftmachung erforderlichen Unterlagen zu enthalten. Die Anzeige hat jedenfalls zu enthalten:
a) die Urkunde über das Rechstgeschäft oder den Rechtsvorgang im Original und in einer Abschrift
b)
den Staatsbürgerschaftsnachweis des Rechtserwerbers;
c)
Angaben über den beabsichtigten Verwendungszweck des erworbenen Rechtes und die Frist, innerhalb der der Verwendungszweck verwirklicht werden soll;
d) bei Rechtserwerbern an Baugrundstücken einen vom Bürgermeister beglaubigten Auszug aus dem Flächenwidmungsplan;
e) einen Lageplan, wenn mit dem Rechtserwerb eine Grundstücksteilung verbunden ist;
f) Angaben und Unterlagen, mit denen glaubhaft gemacht wird, daß durch den beabsichtigten Rechtserwerb kein Freizeitwohnsitz geschaffen werden soll, außer im Falle des § 14 Abs. 2;
g) im Falle des § 14 Abs. 2 den Nachweis über einen mindestens fünfjährigen ordentlichen Wohnsitz in Österreich."
Nach § 26 Abs. 1 leg. cit. ist betreffend Baugrundstücke die Bezirksverwaltungsbehörde Grundverkehrsbehörde.
Anders als es die belangte Behörde sieht, kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes aus folgenden Gründen nicht gesagt werden, daß eine Anzeige iS des § 23 Abs. 1 TirGVG jedenfalls immer auch als Antrag anzusehen ist, der den Tatbestand der erhöhten Eingabengebühr gemäß § 14 TP 6 Abs. 3 GebG erfüllt.
Nach der hg. Judikatur muß dann, wenn das Gebührengesetz die Gebührenpflicht von einem bestimmten Inhalt einer Schrift oder vom Zweck, der mit dieser Schrift verfolgt wird, abhängig macht, dieser Inhalt oder Zweck in der betreffenden Schrift auch zum Ausdruck kommen (vgl. dazu die bei Fellner, MGA Stempel- und Rechtsgebühren5 unter E 2 zu § 14 TP 6 das referierte hg. Erkenntnis Slg. Nr. 1225/F). Für die Gebührenpflicht kommt es außerdem nicht darauf an, ob und wie die mit der Eingabe angerufene Behörde tätig wird (vgl. dazu die bei Fellner aaO. unter E 3 und 5 referierte hg. Judikatur).
Was zunächst die Frage anlangt, wie eine Anzeige iS des § 23 TirGVG gebührenrechtlich zu qualifizieren ist, ist auf folgendes Bedacht zu nehmen: Während das Tiroler Grundverkehrsrecht idF des GVG 1970 LGBl. Nr. 4/1971 (wiederverlautbart mit LGBl. Nr. 69/1983) von einem Ansuchen um die Zustimmung bei der Grundverkehrsbehörde sprach (siehe dort § 15 Abs. 1), sieht das geltende und auf den Beschwerdefall anzuwendende TirGVG in der Hauptsache nur die Anzeige jedes Falles eines der dort näher umschriebenen Rechtserwerbe vor. Das weitere Schicksal wird insbesondere durch §§ 24, 25 und 26 Abs.2 leg. cit. bestimmt; es kann darin bestehen, daß entweder bescheidmäßig festgesetellt wird, daß ein angezeigter Rechtserwerb keiner grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedarf (§ 24 Abs. 1) oder daß die Genehmigung erteilt (§ 25) bzw. versagt wird (§ 26 Abs. 2 und 3).
Daraus folgt zunächst, daß eine Anzeige gemäß § 23 TirGVG ganz abgesehen von ihrem konkreten inhaltlichen Wortlaut keinesfalls immer den Zweck eines Antrages, "die Übertragung des Eigentums oder die Einräumung des Fruchtgenußrechtes zuzulassen", also zu genehmigen, verfolgen muß. Dazu kommt, daß das TirGVG neben der Anzeige gemäß § 23 Abs. 1 auch noch andere Arten von Eingaben einer Partei an die Grundverkehrsbehörde kennt, so z.B. die Abgabe einer Erklärung des Erwerbers gemäß § 10 Abs. 2 (die östereichische Staatsbürgerschaft zu besitzen und daß kein Freizeitwohnsitz geschaffen werden soll) bzw. die Anträge des Rechtserwerbers gemäß § 11 Abs. 3 (auf Verlängerung der Frist für die Erfüllung einer erteilten Auflage bzw. auf Festlegung eines anderen als den der Genehmigung zugrundeliegenden Verwendungszweckes).
Davon abgesehen unterscheiden sowohl der oben zitierte Art. 15a B-VG Vertrag als auch die einzelnen Grundverkehrsgesetze anderer Bundesländer sehr wohl zwischen Anträgen und Anzeigen:
Art. 2 Abs. 2 des erwähnten Vertrages spricht nämlich einerseits vom "Ansuchen um die verwaltungsbehördliche Genehmigung" und andererseits von der Nachholung der "Anzeige des Rechtsvorganges bei der Behörde". Insbesondere differenzieren aber die einschlägigen Vorschriften der Bundesländer Oberösterreich, Salzburg und Vorarlberg ausdrücklich zwischen Anträgen und Anzeigen, und zwar wie folgt:
Das OÖGVG, LGBl. Nr. 88/1994, normiert in seinem § 9 die Anzeige bestimmter Rechtserwerbe und spricht in § 10 einerseits von der Beantragung der Genehmigung eines Rechtserwerbs und andererseits von der Erstattung einer Anzeige. Daneben kennt dieses Landesgesetz z.B. auch Anträge auf Erlassung von Feststellungsbescheiden bzw. auf die Erteilung von Negativbestätigungen (§ 11).
Im SbgGVG, LGBl. Nr. 152/1993, wird zwischen anzeigebedürftigen (z.B. § 12 Abs. 1) und zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäften (z.B. § 13 Abs. 1) unterschieden, wobei auch verfahrensrechtlich zwischen dem Antrag auf Erteilung der Zustimmung und der Anzeige eines Rechtsgeschäftes differenziert wird (z.B. § 21 Abs. 2).
Das GVG des Landes Vorarlberg, LGBl. Nr. 61/1993, normiert z. B. in seinem § 9 Abs. 2 die Pflicht, bestimmte Vorgänge der Grundverkehrsbehörde zur Kenntnis zu bringen (also anzuzeigen), in anderen Fällen hingegen spricht es von einem Antrag auf Genehmigung (z.B. in § 14 Abs. 6 oder § 17 Abs. 1). Daneben kennt dieses Gesetz auch Anträge auf Feststellung, ob ein Rechtserwerb der Genehmigungspflicht unterliegt (§ 18 Abs. 1) bzw. Anträge auf Ausstellung einer Negativbescheinigung (§ 18 Abs. 3).
Die Grundverkehrsgesetze der Bundesländer Kärnten, Steiermark, Niederösterreich und Burgenland sehen Anträge (Ansuchen) vor (§ 10 Abs. 1 und 2 des KrntnGVG LGBl. Nr. 104/1994; § 7 StmkGVG LGBl. Nr. 134/1993; § 13 NÖGVG 1989 LGBl. Nr. 6800-2 und § 8 BgldGVG 1955 idF zuletzt der Nov.LGBl. Nr. 4/1986). Schließlich spricht auch das Gesetz über den Grunderwerb durch Ausländer in Wien, LGBl. Nr. 33/1967, von einem Antragsteller, dem eine Genehmigung erteilt wurde, setzt also einen Antrag voraus.
Daraus folgt, daß in den einschlägigen Vorschriften sehr wohl zwischen Anträgen (im engeren Sinn), gerichtet z.B. auf die Erteilung der Genehmigung einer Eigentumsübertragung und sonstigen Anträgen bzw. bloßen Mitteilungen (= Anzeigen) unterschieden wird, und daß insbesondere auch das hier maßgebliche TirGVG neben der in seinem § 23 Abs. 1 normierten Anzeige noch andere Arten von Erklärungen des Rechtserwerbers kennt, z.B. die oben erwähnten Anträge gemäß § 11 Abs. 3. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, daß immer dort, wo das Gesetz sich in einer legistisch als Einheit anzusehenden Vorschrift zweier nicht synonymer Ausdrücke bedient, auch die damit gemeinten Begriffe nicht synonym zu verstehen sind (vgl. dazu die in MGA ABGB34 unter E 24 zu § 6 ABGB referierte hg. Judikatur ZfVB 1986/683). Damit hat aber der Tiroler Landesgesetzgeber (anders als nach der früher geltenden Rechtslage) im Wege der Formulierung der Anzeigepflicht gemäß § 23 Abs. 1 einen anderen Weg eingeschlagen als z.B. den der Normierung eines Antrages (Ansuchens) auf Erteilung der Gehehmigung für eine Eigentumsübertragung. Daraus folgt, daß die Erstattung einer Anzeige gemäß § 23 Abs. 1 TirGVG jedenfalls keineswegs in jedem Fall auch als Antrag iS des § 14 TP 6 Abs. 3 GebG anzusehen ist. Dies auch deshalb, weil ja in entsprechend gelagerten Fällen der Zweck einer solchen Anzeige gar nicht der der Erteilung einer einschlägigen Genehmigung sein muß (vgl. § 24 Abs. 1 TirGVG) und weil es andererseits (wie oben schon erwähnt) auf das letztlich eintretende Ergebnis der Anzeige gebührenrechtlich gar nicht ankommt. Maßgeblich ist nach der oben schon angeführten hg. Judikatur immer nur der Inhalt der Eingabe selbst oder der in ihr zum Ausdruck gebrachte Zweck.
Da schließlich die Anzeigepflicht des § 23 Abs. 1 TirGVG
keineswegs ausschließt, daß ein Erwerber gestützt auf die
allgemeine Vorschrift des § 13 Abs. 1 AVG im Einzelfall einen
Antrag auf Erteilung einer Genehmigung stellt, hätte die
belangte Behörde die Aufgabe gehabt, den genauen Wortlaut der
hier relevanten Anzeige zu ermitteln und dazu die
entsprechenden Feststellungen zu treffen, ob darin ein für den
Erhöhungstatbestand des § 14 TP 6 Abs. 3 GebG maßgeblicher
Inhalt oder Zweck (nämlich ein "Antrag ... die Übertragung des
Eigentums ... zuzulassen) zum Ausdruck kommt (vgl. nochmals das
hg. Erkenntnis Slg. 1225/F).
Indem die belangte Behörde diese gebotene Ermittlung ausgehende von der unzutreffenden Rechtsansicht, jede Anzeige gemäß § 23 Abs. 1 TirGVG sei dann, wenn sie im Ergebnis zu einer Genehmigung führe, auch als Antrag iS des § 14 TP 6 Abs. 3 GebG zu sehen, diese Ermittlung unterließ, hat sie ihren Bescheid mit einem sogenannten sekundären Verfahrensmangel (Feststellungsmangel) belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes führen mußte.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994; die Abweisung des Kostenmehrbegehrens betrifft die vom Beschwerdeführer ungeachtet des Pauschalcharakters des Schriftsatzaufwandes in diesem Zusammenhang gesondert angesprochene Umsatzsteuer.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995160300.X00Im RIS seit
11.07.2001