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L8500 StraßenNorm
B-VG Art139 Abs1 Z2Leitsatz
Aufhebung von Wortfolgen einer Verordnung der Landeshauptstadt Linz betreffend die Erklärung von Grundflächen zu einer Gemeindestraße und deren Widmung für den Gemeingebrauch mangels ausdrücklicher Ausweisung des Aufschließungszwecks in der Verordnung; Gesetzwidrigkeit mangels Feststellung, dass die Straße vorwiegend der Aufschließung der an dieser Verkehrsfläche liegenden Grundstücke dientRechtssatz
Gesetzwidrigkeit der Wortfolgen "1 und" sowie "dargestellte Erklärung von Grundflächen zur Gemeindestraße und deren Widmung für den Gemeingebrauch sowie die" in §1 und der Wortfolge "der zur Gemeindestraße erklärten Grundflächen sowie" in §2 der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 20.11.2014 "gemäß §11 Abs1 und 3; Oö. Straßengesetz 1991; Bebauungsplan NW 105/7; 'Mühlbachstraße', KG Pöstlingberg und Katzbach; Erklärung von Grundflächen zur Gemeindestraße - Widmung für den Gemeingebrauch; Auflassung von Verkehrsflächen - Entziehung des Gemeingebrauchs" (Mühlbachstraßen-VO). Fristsetzung: Inkrafttreten der Aufhebung mit Ablauf des 30.11.2022.
Bis zur Novelle der Oö Bauordnung 1994, LGBl 70/1998, war alleinige Voraussetzung für eine verpflichtende Grundabtretung das Bestehen eines rechtskräftigen Bebauungsplanes, der die Straßenfluchtlinien ausweist. Mit der Novelle der Oö Bauordnung 1994, LGBl 70/1998, wurde ein weiterer Tatbestand eingeführt, wonach die Verpflichtung zur Grundabtretung auch dann besteht, wenn eine straßenrechtliche Verordnung gemäß §11 Abs1 dritter Satz Oö Straßengesetz 1991 vorliegt, in der die Straßengrundgrenzen ausgewiesen sind.
§11 Abs1 Oö Straßengesetz 1991 sieht vor, dass insoweit die Straße vorwiegend der Aufschließung der an dieser Verkehrsfläche liegenden Grundstücke dient, dies in der Verordnung ausdrücklich festzustellen ist. In den Erläuterungen wird im "Allgemeinen Teil" darauf hingewiesen, dass die Oö. Bauordnungs-Novelle 1998 "eine Verpflichtung zur Grundabtretung auch in jenen Fällen vor[sieht], in denen zwar (noch) kein Bebauungsplan, aber bereits eine straßenrechtliche Verordnung vorliegt, in der die geplanten Straßengrundgrenzen entsprechend bestimmt sind". Im "Besonderen Teil" wird festgehalten, dass "[d]urch die Anfügung eines weiteren Satzes im §11 Abs1 [...] die korrespondierende Bestimmung zu §16 Oö. Bauordnung 1994 in der Fassung der im Entwurf vorliegenden Oö. Bauordnungs-Novelle 1998 betreffend die Verpflichtung zur Grundabtretung geschaffen [wird]. Soll bei Verkehrsflächen der Gemeinde mit der Verordnung eine Verpflichtung zur Grundabtretung verbunden sein, ist in der Verordnung festzustellen, daß die Straße vorwiegend der Aufschließung der an dieser Verkehrsfläche liegenden Grundstücke dient".
Die vom Gemeinderat der Landeshauptstadt Linz vorgebrachte Auslegung, eine ausdrückliche Ausweisung des Aufschließungszweckes sei dann nicht als zwingend anzusehen, wenn bereits ein rechtswirksamer Bebauungsplan mit Straßenfluchtlinien vorliege, übersieht, dass dies im klaren Wortlaut von §11 Abs1 dritter Satz Oö Straßengesetz 1991 - aber auch aus den Erläuterungen zu dieser Bestimmung - in keiner Weise zum Ausdruck kommt. Vielmehr knüpft §16 Abs1 Z2 Oö Bauordnung 1994 an §11 Abs1 dritter Satz Oö Straßengesetz 1991 lediglich an. §11 Abs1 Oö Straßengesetz 1991 ordnet allerdings keine Subsidiärverpflichtung in dem Sinne an, dass eine Feststellungspflicht nur dann besteht, wenn (noch) kein Bebauungsplan vorliegt. Vielmehr statuiert §11 Abs1 Oö Straßengesetz 1991 - insoweit die Straße vorwiegend der Aufschließung dient - eine eigenständige Verpflichtung zur ausdrücklichen Ausweisung dieses Zweckes in der Verordnung selbst.
Der VfGH legt seiner Entscheidung die Annahme zugrunde, dass das in der Mühlbachstraßen-VO geplante Straßenbauvorhaben vorwiegend der Aufschließung der an dieser Verkehrsfläche liegenden Grundstücke dient: Dies ergibt sich einerseits aus den Verordnungsakten, andererseits aus der im Anlassverfahren angefochtenen Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich. Auch die Beschwerdeführerin im Anlassfall ist der Auffassung, dass die Straße vorwiegend der Aufschließung dient. Ebenso ist der Gemeinderat der Landeshauptstadt Linz dieser Annahme des VfGH im Prüfungsbeschluss des Anlassverfahrens nicht entgegengetreten.
Die zugrundeliegende Verordnung weist jedoch entgegen §11 Abs1 Oö Straßengesetz 1991 keine Feststellung auf, dass die Straße vorwiegend der Aufschließung der an dieser Verkehrsfläche liegenden Grundstücke dient. Die Wortfolgen "1 und" sowie "dargestellte Erklärung von Grundflächen zur Gemeindestraße und deren Widmung für den Gemeingebrauch sowie die" in §1 und die Wortfolge "der zur Gemeindestraße erklärten Grundflächen sowie" in §2 der zugrundeliegenden Verordnung sind daher mit Gesetzwidrigkeit belastet.
(Anlassfall E 140/2021, E v 29.06.2022; Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Straßenverwaltung, Gemeingebrauch (einer Straße), Verordnung, VfGH / Fristsetzung, Widmung (einer Straße), Bebauungsplan, VerkehrsflächenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:V259.2021Zuletzt aktualisiert am
15.09.2022